Sozialgericht Lüneburg
Urt. v. 20.11.2003, Az.: S 9 KR 167/02

Bibliographie

Gericht
SG Lüneburg
Datum
20.11.2003
Aktenzeichen
S 9 KR 167/02
Entscheidungsform
Urteil
Referenz
WKRS 2003, 40141
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
ECLI:DE:SGLUENE:2003:1120.S9KR167.02.0A

In dem Rechtsstreit

...

hat die 9. Kammer des Sozialgerichts Lüneburg auf die mündliche Verhandlung am 20. November 2003 durch den Direktor des Sozialgerichts Taubert - Vorsitzender - sowie die ehrenamtlichen Richter Hapke und Ehlbeck

für Recht erkannt:

Tenor:

  1. Die Klage wird abgewiesen.

  2. Die Beteiligten haben einander keine Kosten zu erstatten.

TATBESTAND

1

Der Kläger begehrt die Übernahme der Kosten für eine zusätzliche Oberschenkelprothese.

2

Der Kläger trägt eine Oberschenkelprothese rechts. Sein behandelnder Arzt verordnete ihm eine Prothese zum Wechseln wegen der Gefahr der Ekzembildung im Stumpfbereich. Die Beklagte holte das Gutachten des Medizinischen Dienstes der Krankenkassen Niedersachsen (MDKN) (Dr. P....) vom 8. Oktober 2001 ein. Nachdem Dr. P.... die Notwendigkeit einer Wechselprothese verneint hatte, lehnte die Beklagte den Antrag mit Bescheid vom 10. Oktober 2001 ab. Den dagegen eingelegten Widerspruch wies sie mit Widerspruchsbescheid vom 6. Juni 2002 zurück.

3

Gegen diese Entscheidung wendet sich der Kläger mit seiner Klage.

4

Gestützt auf die Äußerungen seiner behandelnden Ärzte vertritt er die Auffassung, die Hautreizungen, die durch das Tragen der Oberschenkelprothese auftreten, ließen sich nur dadurch mildern bzw. beseitigen, das er in der Lage sei, im Laufe des Tages die Prothese zu wechseln. Er neige zu vermehrter Schweißbildung und dies führe zur Ekzembildung im Stumpfbereich. Er versuche seit vielen Jahren durch Einlegung von Silikagel-Beuteln in die Prothese die entstehende Feuchtigkeit aufzufangen und behandele den Stumpf konsequent mit Salben, um ein Ekzembildung zu mildern.

5

Der Kläger beantragt,

  1. den Bescheid der Beklagten vom 10. Oktober 2001 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 6. Juni 2002 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, die Kosten für eine Wechseloberschenkelprothese zu übernehmen.

6

Die Beklagte beantragt,

  1. die Klage abzuweisen.

7

Sie hält an ihrer Auffassung fest, die Versorgung des Klägers mit einer zweiten Prothese sei nicht notwendig. Erforderlich sei vielmehr eine hautärztliche Behandlung.

8

Zur weiteren Aufklärung des medizinischen Sachverhalts hat das Gericht die Befundberichte von Dr. L.... vom 16. November 2002 und von Dr. W.... vom 16. Januar 2003 eingeholt. Außerdem hat das Gericht das hautärztliche Gutachten von Dr. K.... vom 13. Mai 2003 erstatten lassen. Dieser stellte nach einer ambulanten Untersuchung des Klägers im Bereich des Amputationsbereiches des Oberschenkels auf dermatologischem Gebiet ein leichtes Irritationsekzem fest, welches im Wesentlichen durch Schwitzen und Reiben verursacht werde. Der Sachverständige Dr. K.... vertrat die Auffassung, die zur Zeit leichte Ekzembildung sei nicht durch die Verwendung einer Wechselprothese zu vermeiden. Es gebe ebenso wirksame andere Behandlungsmethoden wie kurzfristiges Nutzen eines Rollstuhls für ein bis zwei Tage, kurzfristige Nutzung von Gehstützen z.B. für einen Tag, wenn das Ekzem ausgeprägt sein sollte, reduzieren der Arbeitszeit und/oder kurzfristige intermittierende Arbeitsunfähigkeit oder stundenweise Entfernen der Prothese, damit Luft an den Oberschenkelstumpf herankomme und dabei Aufenthalt im sitzen.

9

Wegen der übrigen Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird Bezug genommen auf die Gerichtsakten und die Verwaltungsakten der Beklagten, die in der mündlichen Verhandlung vorgelegen haben.

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE

10

Die Klage ist zulässig, aber nicht begründet.

11

Nach § 33 Abs. 1 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB V) haben Versicherte Anspruch auf Versorgung mit Seh- und Hörhilfen, Körperersatzstücken, orthopädischen und anderen Hilfsmitteln, die im Einzelfall erforderlich sind, um den Erfolg der Krankenbehandlung zu sichern, einer drohenden Behinderung vorzubeugen oder eine Behinderung auszugleichen, soweit die Hilfsmittel nicht als allgemeine Gebrauchsgegenstände des täglichen Lebens anzusehen oder nach § 34 Abs. 4 SGB V ausgeschlossen sind.

12

Die von dem Kläger begehrte Wechselprothese ist kein Gegenstand des täglichen Lebens und auch nicht nach § 34 Abs. 4 SGB V ausgeschlossen. Gleichwohl hat der Kläger keinen Anspruch auf Übernahme der Kosten für die von ihm begehrte Wechselprothese, denn sie ist nicht erforderlich, um den Erfolg der Krankenbehandlung zu sichern, einer drohenden Behinderung vorzubeugen oder eine Behinderung auszugleichen. Die Behinderung selbst wird bei dem Kläger durch die bereits vorhandene Prothese ausgeglichen, soweit dies möglich ist. Die bei der Prothesenversorgung auftretende Hautreizung mit einer möglichen Ekzembildung ist nach dem Gutachten von Dr. K.... eine regelmäßige Begleiterscheinung des Tragens einer Oberschenkelprothese. Diese wird durch die Reibung der Haut gegen die Prothese verursacht und durch die Bildung von Feuchtigkeit in Folge des Schwitzens verstärkt. Diese Hautirritationen lassen sich durch das Anlegen einer Wechselprothese nicht beheben. Der Sachverständige Dr. K.... hat darauf hingewiesen, dass eine Abheilung eines Ekzems nur dadurch eintreten könne, wenn eine dermatologische Behandlung erfolge und für eine angemessene Zeit die Ursache für die Bildung des Ekzems, die Reibung der Haut an der Prothese, beseitigt werde. Dies lässt sich nur erreichen, wenn zeitweise keine Prothese getragen wird. Bei einem bloßen Wechsel der Prothese bleibt die Druckbelastung ebenso erhalten wie die Reibung, so dass eine Abheilung des Ekzems nicht zu erwarten ist. Da somit das angestrebte Ziel, eine Verminderung bzw. Abheilung der Ekzembildung im Bereich des Oberschenkelstumpfes durch die Verordnung einer Wechselprothese nicht erreicht werden kann, ist diese nicht erforderlich im Sinne von § 33 Abs. 1 SGB V und damit nicht zu Lasten der Beklagten verordnungsfähig.

13

Im Hinblick darauf konnte die Klage keinen Erfolg haben.

14

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 Sozialgerichtsgesetz (SGG).

Taubert
Hapke
Ehlbeck