Sozialgericht Lüneburg
Urt. v. 22.07.2003, Az.: S 9 KR 25/02

Bibliographie

Gericht
SG Lüneburg
Datum
22.07.2003
Aktenzeichen
S 9 KR 25/02
Entscheidungsform
Urteil
Referenz
WKRS 2003, 40142
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
ECLI:DE:SGLUENE:2003:0722.S9KR25.02.0A

In dem Rechtsstreit

Kläger, Prozessbevollmächtigte: Rechtsanwälte ...

gegen

Deutsche Angestellten-Krankenkasse, vertreten durch den Geschäftsführer, Nagelsweg 27-35, 20097 Hamburg, Beklagte,

hat die 9. Kammer des Sozialgerichts Lüneburg auf die mündliche Verhandlung vom 22. Juli 2003 durch d. Vorsitzende(n), den Direktor des Sozialgerichts Taubert, sowie die ehrenamtlichen Richter Herr Wulf und Herr Brammer für Recht erkannt:

Tenor:

  1. Die Klage wird abgewiesen. Kosten sind nicht zu erstatten.

TATBESTAND

1

Der Kläger begehrt die Neufestsetzung der Krankenversicherungsbeiträge für die Zeit vom 1. Januar bis 30. September 2000.

2

Der Kläger bezog bis zum 1. Dezember 1996 Leistungen des Arbeitsamtes und war bei der Beklagten pflichtversichert. Mit Antrag vom 11. Dezember 1996 beantragte er die Fortsetzung der Mitgliedschaft als freiwillige Versicherung als Selbständiger.

3

Mit Einstufungsbescheid vom 17. Dezember 1996 wurde der Kläger von der Beklagten in die (günstige) Beitragsklasse F 12 eingestuft. Diese Einstufung wurde in der Folgezeit zuletzt durch Bescheid vom 9. Februar 1998 aufrechterhalten. Nachdem die Beklagte Anhaltspunkte dafür bekommen hatte, dass das Einkommen des Klägers sich erhöht hatte und seine Einstufung in eine andere Beitragsklasse erforderlich wurde, kündigte sie dies gegenüber dem Kläger mit Schreiben vom 21. August 2000 an und bat um einen Besuch in der Geschäftstelle bis zum 31. August 2000.

4

Da eine Reaktion des Klägers nicht erfolgte, stufte die Beklagte den Kläger mit Bescheid vom 14. September 2000 ab 1. November 1999 in die Beitragsklasse F 11 ein. Dagegen legte der Kläger am 16. Oktober 2000 Widerspruch ein und gab laut einem Aktenvermerk der Beklagten vom 16. Oktober 2000 an, er sei nicht selbständig tätig. Darüber hinaus erfolgte keine Begründung des Widerspruchs. Am 11. Dezember 2000 mahnte die Beklagte die Zahlung der Beiträge für den 1. Januar bis 30. September 2000 an. Auch dagegen erhob der Kläger Widerspruch, ohne ihn zu begründen. Die Beklagte holte daraufhin eine Auskunft des Gewerberegisters vom 9. Dezember 2001 ein. Der Kläger legte während des Widerspruchsverfahrens keine nachweise über sein Einkommen vor, sondern kündigte am 19. September 2001 die Mitgliedschaft bei der Beklagten zum 30. November 2001. Den Widerspruch des Klägers gegen den Einstufungsbescheid vom 14. September 2000 wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 10. Januar 2002 zurück.

5

Gegen diese Entscheidung wendet sich der Kläger mit seiner Klage. Er macht geltend, er habe in dem streitigen Zeitraum geringere Einkünfte gehabt, die eine Einstufung in die Beitragsklasse F 11 nicht gerechtfertigt hätte. Die Beklagte habe versäumt ihn darauf hinzuweisen, dass er durch einen Nachweis seiner niedrigeren Einkünfte die Einstufung in eine günstigere Beitragsklasse hätte erreichen können.

6

Der Kläger beantragt,

die Bescheide der Beklagten vom 14. September 2000 und 11. Dezember 2000 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 10. Januar 2002 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, den Beitrag für die Zeit vom 1. Januar bis 30. September 2000 aufgrund der nachgewiesenen Einnahmen festzusetzen.

7

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

8

Sie hält an ihrer Auffassung fest, ihr sei erst nach Beendigung der Mitgliedschaft bekannt geworden, dass die Einkünfte des Klägers geringer als angenommen gewesen seien. Während des Verwaltungsverfahrens und der Mitgliedschaft des Klägers bei ihr habe es dafür keinerlei Anhaltspunkte gegeben. Der Kläger habe auch darauf nicht hingewiesen. Mit Bescheid vom 5. Dezember 2002 hat die Beklagte während des Gerichtsverfahrens die Beitragsforderung auf 4.797,53 € korrigiert. Wegen der übrigen Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird Bezug genommen auf die Gerichtsakten und die Verwaltungsakten der Beklagten, die in der mündlichen Verhandlung vorgelegen haben.

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE

9

Die Klage ist zulässig aber nicht begründet. Der angefochtene Beitragsbescheid ist nicht zu beanstanden, denn die Beklagte hat die Beiträge des Klägers in der Zeit vom 1. Januar bis 30. September 2000 zutreffend festgesetzt.

10

Nach §240 Abs. 1 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB V) wird die Beitragsbemessung für freiwillige Mitglieder durch die Satzung geregelt. Dabei ist sicherzustellen, dass die Beitragsbelastung die gesamte wirtschaftliche Leistungsfähigkeit des freiwilligen Mitglieds berücksichtigt. Nach §240 Abs. 4 Satz 2 SGB V gilt für freiwillige Mitglieder, die hauptberuflich selbständig erwerbstätig sind, als beitragspflichtige Einnahmen für den Kalendertag der 30. Teil der monatlichen Beitragsbemessungsgrenzung (§223), bei Nachweis niedrigerer Einnahmen jedoch mindestens der 40., für freiwillige Mitglieder, die Anspruch an einen monatlichen Existenzgründungszuschuss nach §421 l des Dritten Buches haben, der 60. Teil der monatlichen Bezugsgröße. §240 Abs. 4 Satz 3 bestimmt, dass Veränderungen der Beitragsbemessung aufgrund eines vom Versicherten geführten Nachweises nach Satz 2 nur zum 1. Tag des auf die Vorlage dieses Nachweises folgenden Monats wirksam werden.

11

Im vorliegenden Fall ist es so, dass der Kläger die Einnahmen, die eine Festsetzung eines geringeren Krankenversicherungsbeitrages für den hier streitigen Zeitraum ermöglicht hätten, erst im gerichtlichen Verfahren nachgewiesen hat. Da zu diesem Zeitpunkt der streitige Zeitraum abgelaufen und der Kläger nicht mehr Mitglied der Beklagten war, konnte eine Neufeststellung des Beitrages für die Zeit vom 1. Januar bis 30. September 2000 nicht mehr erfolgen.

12

Eine rückwirkende Neufestsetzung der Beiträge abweichend von §240 Abs. 4 Satz 3 SGB V käme nur in Betracht, wenn der Beklagten ein fehlerhaftes Verhalten bei der ursprünglichen Festsetzung des Beitrags oder eine Verletzung von Hinweispflichten vorzuwerfen wäre. Dies ist jedoch nicht der Fall. Vielmehr ist festzustellen, dass die Ursache für mögliche Missverständnisse über das Einkommen des Klägers allein zu dessen Lasten gehen. Er hat während des Verwaltungsverfahrens in keiner Weise mit der Beklagten kooperiert und sie von sich aus auch nicht auf mögliche Änderungen seiner Einkünfte hingewiesen. Auch die Veränderung seiner Einkommensverhältnisse, die eine Neueinstufung überhaupt erforderlich machten, ist der Beklagten nur zufällig bekannt geworden. Auch hier wäre der Kläger verpflichtet gewesen, von sich aus tätig zu werden. Der Kläger ist von der Beklagten vor einer Einstufung in die Beitragsklasse F 11 ausdrücklich zur Kontaktaufnahme mit der Beklagten aufgefordert worden. Wenn er darauf nicht reagiert und auch während des Widerspruchsverfahrens keinerlei Angaben macht, kann er der Beklagten keinen Beratungsmangel anlasten.

13

Die Kostenentscheidung beruht auf §193 Sozialgerichtsgesetz. RECHTSMITTELBELEHRUNG Dieses Urteil kann mit der Berufung angefochten werden.