Finanzgericht Niedersachsen
Urt. v. 10.04.2001, Az.: 6 K 810/98
Rückwirkende Aufhebung des Kindergeldbescheides wegen zu hoher Einkünfte des Kindes beiÜbereinstimmung von prognostizierten und tatsächlichen Einkünften
Bibliographie
- Gericht
- FG Niedersachsen
- Datum
- 10.04.2001
- Aktenzeichen
- 6 K 810/98
- Entscheidungsform
- Urteil
- Referenz
- WKRS 2001, 24729
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- ECLI:DE:FGNI:2001:0410.6K810.98.0A
Rechtsgrundlage
- § 175 Abs. 1 Nr. 2 AO
Fundstelle
- EFG 2001, 1019-1021 (Volltext mit red. LS)
Tatbestand
Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob der Beklagte berechtigt war, in der Vergangenheit gewährtes Kindergeld zurückzufordern, obwohl die tatsächlich erzielten Einkünfte des Kindes der im vorhinein vorgelegten Ausbildungsbescheinigung entsprachen.
Ab Januar 1996 erhielt der Kläger für seinen am 05.09.1978 geborenen Sohn J. (erneut) Kindergeld. Da sein Sohn am 05.09.1996 das 18. Lebensjahr vollendete, legte der Kläger dem Beklagten eine Ausbildungsbescheinigung für seinen Sohn vom 13.08.1996 vor, in der bestätigt wurde, dass J. sich in einer Berufsausbildung als Kaufmann im Einzelhandel befinde, die vom 01.08.1995 bis voraussichtlich 31.07.1998 dauern werde. Weiterhin wurde bestätigt, dass die Ausbildungsvergütung seit August 1995 1.017,00 DM monatlich betrage und sich im Laufe der weiteren Ausbildung nach dem derzeit geltenden Tarif ab August 1996 auf 1.112,00 DM und ab August 1997 auf 1.267,00 DM erhöhen werde. Daraufhin wurde das Kindergeld weiterhin gewährt.
Am 06.11.1996 legte der Kläger eine weitere Ausbildungsbescheinigung für seinen Sohn vom 04.11.1996 vor, deren Angaben mit denen der Bescheinigung vom 13.08.1996 identisch waren (Bl. 74 der KG-Akte). Daraufhin errechnete der Beklagte die voraussichtlichen Einkünfte des Kindes für das Jahr 1997 wie folgt:
7 x 1.112,00 DM = | 7.784,00 DM |
---|---|
5 x 1.267,00 DM = | 6.335,00 DM |
14.119,00 DM | |
./. 2.000,00 DM | |
12.119,00 DM |
In einer internen "KG-Terminanzeige/Verfügung/Kassenanordnung" verfügte der Beklagte unter dem 18.11.1996 die Weiterzahlung des Kindergeldes für J. befristet bis Dezember 1997. In der Folgezeit wurde das Kindergeld weiter gezahlt, ohne dass dem Kläger die Befristung bekanntgegeben worden wäre.
Am 10.12.1997 legte der Kläger dem Beklagten eine Ausbildungsbescheinigung für seinen Sohn vom 04.12.1997 vor, in dem die Ausbildungsvergütung ab August 1997 mit 1.267,00 DM angegeben war. Daraufhin setzte der Beklagte mit Bescheid vom 16.12.1997 das Kindergeld für J. unter Hinweis auf die zu hohen Einkünfte des Kindes mit Ablauf des Monats Dezember 1997 auf 0,00 DM fest.
Nach einem Hinweis des Finanzamtes, dass J. im Kalenderjahr 1997 Einkünfte in Höhe von 12.119,00 DM erzielt habe, hob der Beklagte mit Bescheid vom 07.09.1998 die Festsetzung des Kindergeldes für J. von Januar 1997 bis Dezember 1997 auf. Die rückwirkende Festsetzung wurde auf § 175 Abs. 1 Nr. 1 Abgabenordnung (AO) gestützt. Im selben Bescheid wurde das für den genannten Zeitraum gezahlte Kindergeld in Höhe von 2.640,00 DM zurückgefordert.
Im Einspruchsverfahren stützte der Beklagte dieÄnderung auf § 175 Abs. 1 Nr. 2 AO. Die Nennung einer anderen Rechtsgrundlage im Bescheid vom 07.09.1998 sei unbeachtlich. Als rückwirkendes Ereignis sei die tatsächliche Einkunftserzielung des Sohnes i.V.m. der Gesetzesänderung zum 01.01.1997 zu sehen. So habe der Beklagte aufgrund der vorgelegten Ausbildungsbescheinigungen die voraussichtlichen Einkünfte des Sohnes für 1997 zutreffend mit 12.119,00 DM prognostiziert. Zum Zeitpunkt der Entscheidung über die Weiterbewilligung am 18.11.1996 habe der Beklagte aufgrund der gesetzlichen Regelungen im Jahressteuergesetz 1996 davon ausgehen können, dass die maßgebliche Einkunftsgrenze ab dem 01.01.1997 12.360,00 DM betragen werde. Die damalige Entscheidung des Beklagten sei somit richtig gewesen. Erst am 27.12.1996 sei das Jahressteuergesetz 1997 verkündet worden, in dem die Erhöhung der Einkommensgrenze von 12.000,00 DM auf 12.360,00 DM um ein Jahr auf Januar 1998 verschoben worden sei. Als sich dann nach Ablauf des Jahres 1997 herausgestellt habe, dass die tatsächlichen Einkünfte des Sohnes mit 12.119,00 DM über dem zulässigen Höchstbetrag lagen, hätte die rückwirkendeÄnderung erfolgen müssen.
Gegen die Aufhebung der Kindergeldfestsetzung und die Rückforderung der gezahlten Beträge wendet sich der Kläger nach erfolglosem Einspruchsverfahren mit der vorliegenden Klage. Zur Begründung beruft sich der Kläger in erster Linie auf Vertrauensschutz. Er habe immer rechtzeitig und ordnungsgemäß über sämtliche Einkünfte seines Sohnes informiert. Spätestens als der Beklagte erkannt habe, dass die für 1997 geltende Einkommensgrenze nicht von 12.000,00 DM auf 12.360,00 DM erhöht worden sei, hätte dieser das Kindergeld nicht weiter auszahlen dürfen. Da er dies in Kenntnis aller maßgeblichen Umstände dennoch getan habe, dürfe er es nun nicht mehr zurückfordern, da der Kläger dieses Geld im Vertrauen auf die Richtigkeit der Auszahlung verbraucht habe.
Der Kläger beantragt,
den Änderungs- und Rückforderungsbescheid des Beklagten vom 07.09.1998 in der Form des Einspruchsbescheides vom 29.10.1998 aufzuheben.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Er hält an seiner in der Einspruchsentscheidung geäußerten Rechtsauffassung fest. Insbesondere habe der Kläger auf den Bestand der Prognoseentscheidung über die Gewährung von Kindergeld nicht vertrauen und die Leistungen verbrauchen dürfen. Der Verbrauch des Geldes stehe auch der Rückforderung nicht entgegen, da der Rechtsgedanke des Wegfalls der Bereicherung im öffentlichen Recht keine Anwendung finde.
Gründe
I.
Die Klage ist begründet. Die rückwirkende Aufhebung der Kindergeldfestsetzung für das Jahr 1997 und die Rückforderung der gezahlten Beträge sind zu unrecht erfolgt; hierdurch ist der Kläger in seinen Rechten verletzt (§ 100 Abs. 1 Satz 1 Finanzgerichtsordnung FGO -).
Zwar bestand ein Kindergeldanspruch des Klägers ab Januar 1997 nicht mehr, weil die Einkünfte seines Sohnes im Jahr 1997 die Einkunftsgrenze des § 32 Abs. 4 Satz 2 EStG von 12.000,00 DM überstiegen haben. Der Beklagte war jedoch nicht berechtigt, die Kindergeldfestsetzung deswegen rückwirkend aufzuheben.
1.
Die rückwirkende Aufhebung der Kindergeldfestsetzung kann nicht auf § 175 AO gestützt werden. Der vom Beklagten im Aufhebungsbescheid als Rechtsgrundlage genannte § 175 Abs. 1 Nr. 1 AO kommt als Rechtsgrundlage nicht in Betracht, da der Einkommensteuerbescheid des Sohnes für 1997 kein Grundlagenbescheid für die Kindergeldfestsetzung gegenüber dem Kläger ist. Allerdings ist die Nennung einer falschen Änderungsnorm unschädlich, wenn die Voraussetzungen einer anderen Änderungsnorm vorliegen (vgl. BFH-Urteil vom 24. März 1981 VIII R 85/80, BFHE 134, 1, BStBl II 1981, 778). Es liegen jedoch auch die Voraussetzungen des § 175 Abs. 1 Nr. 2 AO, auf den sich der Beklagte nunmehr beruft, im Ergebnis nicht vor.
§ 175 Abs. 1 Nr. 2 AO setzt ein rückwirkendes Ereignis voraus. Dies bedeutet, dass sich der Sachverhalt, den die Behörde beim Erlass des ursprünglichen Bescheides zugrunde gelegt hat, geändert hat (BFH-Beschluss vom 19. Juli 1993 GrS 2/92, BFHE 172, 66, BStBl II 1993, 897, 901; Beermann, Steuerliches Verfahrensrecht, § 175 AO, Rdnr. 48 m.w.N.).
a)
Die am 27.12.1996 verkündete Gesetzesänderung, nach der die Erhöhung der Einkommensgrenze von 12.000,00 DM auf 12.360,00 DM um ein Jahr auf Januar 1998 verschoben wurde, ist kein rückwirkendes Ereignis. Zum einen fehlt der Gesetzesänderung die Eigenschaft eines Ereignisses, da sich durch sie nicht der der Kindergeldfestsetzung zugrunde gelegte Sachverhalt geändert hat (vgl. BFH-Urteil vom 09. August 1990 X R 5/88, BFHE 162, 355, BStBl II 1991, 55; Beermann, a.a.O., Rdnr. 49; Tipke/Kruse, AO, 16. Aufl., § 175 Tz. 43, jeweils m.w.N. auch zur a. A.). Allein dieÄnderung der tatbestandlichen Voraussetzungen reicht insoweit nicht aus. Im Übrigen ist auch das Vorliegen der erforderlichen Rückwirkung zweifelhaft. Zwar fand die interne Willensbildung zur Weitergewährung des Kindergeldes beim Beklagten am 18.11.1996 in der internen Verfügung ihren Abschluss; die konkludente Bekanntgabe der Weiterbewilligung erfolgte nach § 70 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 Einkommensteuergesetz (EStG) durch die (weitere) Zahlung des Kindergeldes ab Januar 1997.
b)
Ebenso ist der Umstand, dass der Sohn in 1997 Einkünfte von 12.119,00 DM erzielte, kein rückwirkendes Ereignis i.S.d.§ 175 Abs. 1 Nr. 2 AO. Zwar geht die inzwischen wohl herrschende Meinung davon aus, dass § 175 Abs. 1 Nr. 2 AO die richtige Änderungsvorschrift sei, wenn die Einkünfte des Kindes mit Ablauf des betreffenden Kalenderjahres die jeweils maßgeblichen Grenzbeträge überschreiten (Hessisches FG, Urteil vom 13. Mai 1997 2 K 5477/96, EFG 1997, 1261; FG Baden-Württemberg, Außensenate Stuttgart, Urteil vom 27. Mai 1998 4 K 383/97, EFG 1998, 1177; Niedersächsisches FG, Urteil vom 05. Mai 1999 II 651/97 Ki, EFG 1999, 906; FG Sachsen-Anhalt, Urteil vom 01. März 2000 2 K 597/98 EFG 2797; Blümich/Heuermann,§ 70 EStG, Rz. 40; a. A. Niedersächsisches FG, Urteil vom 19. August 1997 VII 604/96 Ki, EFG 1998, 109 Revision VI R 186/97 -; FG Brandenburg, Urteil vom 17. November 1999 6 K 1286/98, juris); Schmidt/Weber-Grellet, EStG, 19. Aufl., § 72 Rdnr. 4). Die rückwirkende Änderung des Kindergeldbescheides bei Überschreiten der Einkunftsgrenzen durch das Kind hat ihre Rechtfertigung in folgendem Dilemma: Auf der einen Seite ist nach § 32 Abs. 4 Satz 2 EStG die Berücksichtigung von über 18 Jahre alten Kindern in den Fällen des § 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 und Nr. 2 EStG davon abhängig, dass die eigenen Einkünfte und Bezüge des Kindes nicht über der gesetzlichen Einkunftsgrenze liegen. Somit liegen die tatbestandlichen Voraussetzungen des Kindergeldanspruchs erst am Ende des Kalenderjahres vor. Auf der anderen Seite ist das Kindergeld nach§ 71 EStG monatlich zu zahlen, so dass die Familienkasse gezwungen ist, ihrer Entscheidung über die Gewährung von Kindergeld eine Prognose über die Einkünfte des Kindes zugrunde zu legen. Wenn sich nun nach Ablauf des Kalenderjahres herausstellt, dass die Einkünfte des Kindes von der Prognose abweichen, so ist eine Änderung des Kindergeldbescheides nach § 175 Abs. 1 Nr. 2 AO gerechtfertigt.
Eine solche Konstellation liegt hier aber nicht vor. Die tatsächlichen Einkünfte des Kindes im Jahre 1997 entsprachen mit 12.119,00 DM exakt den vom Beklagten prognostizierten. Es hat sich also der von der Familienkasse bei Erlass des ursprünglichen Bescheides (prognostisch) zugrunde gelegte Sachverhalt nicht geändert. Die ursprüngliche Festsetzung war vielmehr im Zeitpunkt der Weitergewährung im Januar 1997 bereits rechtsfehlerhaft. § 175 Abs. 1 Nr. 2 AO dient jedoch nicht der Korrektur von Rechtsanwendungsfehlern (FG Düsseldorf, Urteil vom 19. November 1999 18 K 8117/98 Kg, EFG 2000, 272 m.w.N.). Allein der Umstand, dass aus einer mit den üblichen Unwägbarkeiten behafteten Prognose ein feststehender Sachverhalt geworden ist, rechtfertigt keine rückwirkende Änderung nach § 175 Abs. 1 Nr. 2 AO (a. A. möglicherweise FG Berlin, Urteil vom 12. Oktober 1999 5 K 5118/98, juris).
c)
Daran ändert auch der Umstand nichts, dass die Rechtsentscheidung im Zeitpunkt der Willensentscheidung des Sachbearbeiters des Beklagten am 18.11.1996 sachlich richtig war und erst durch die Verkündung des Jahressteuergesetzes 1997 am 27.12.1996 fehlerhaft wurde. Denn zu diesem Zeitpunkt hätte der Beklagte die Möglichkeit gehabt, die Kindergeldfestsetzung entsprechend § 70 Abs. 3 EStG mit Wirkung für die Zukunft auf 0 DM festzusetzen.
2.
Der Beklagte konnte die Kindergeldfestsetzung auch nicht nach § 70 Abs. 2 EStG rückwirkend aufheben. Die dazu erforderliche Änderung der Verhältnisse, die für den Anspruch auf Kindergeld erheblich sind, liegt weder in der Gesetzesänderung noch in der Überschreitung der Einkunftsgrenze.
a)
Unter einer Änderung der Verhältnisse i.S.d.§ 70 Abs. 2 EStG ist lediglich die Veränderung der persönlichen Lebensumstände und nicht die Änderung der gesetzlichen Anspruchsvoraussetzungen zu verstehen (vgl. Niedersächsisches Finanzgericht, Urteil vom 17. November 1998 VI 592/96 Ki, EFG 1999, 569rechtskräftig-; FG Köln, Beschluss vom 17. September 1997 1 V 5741/97, EFG 1998, 213 Beschwerde abgelehnt durch BFH vom 20. Februar 1998 VI B 205/97; so wohl auch Ramisch in Littmann/Bitz/Hellweg, EStG § 70, Rdnr. 17; a. A. Seewald/Felix in Kirchhof/Söhn, EStG § 70, Rdnr. C 8, C 15; Dürr in Frotscher, EStG, § 70, Rdn. 12; differenzierend Berlebach, Steuerlicher Familienlastenausgleich, A I Rdn. 13). Die Einschränkung der Verhältnisse i.S.d. § 70 Abs. 2 EStG auf persönliche Verhältnisse, d.h. tatsächliche oder auch personenbezogene rechtliche Lebensumstände, die den Anspruchsberechtigten oder sein Kind betreffen, wird durch folgende Überlegung gerechtfertigt: Von einer solchen Änderung der persönlichen Verhältnisse erfährt die Behörde oftmals erst mit erheblicher Verspätung. Damit der Anspruchsberechtigte durch ein Verzögern der nach § 68 Abs. 1 Satz 1 EStG gebotenen Mitteilung keine Vorteile erlangt, muss es der Verwaltung möglich sein, die Kindergeldfestsetzung mit Rückwirkung nach§ 70 Abs. 2 EStG in diesen Fällen zu ändern. Von einer Gesetzesänderung erhält die Behörde jedoch unverzüglich Kenntnis, so dass sie die sich hieraus ergebendenÄnderungen zeitnah umsetzen kann. Insoweit reicht dieÄnderungsmöglichkeit entsprechend § 70 Abs. 3 EStG für die Zukunft aus.
b)
Ebenso führt die Einkunftserzielung des Sohnes von 12.119,00 DM im Kalenderjahr 1997 nicht zu einer Änderung der Verhältnisse, die den Beklagten zu einer rückwirkenden Änderung der Kindergeldfestsetzung berechtigen würde. Unabhängig von dem bereits erörterten Streit, ob in diesen Fällen § 175 Abs. 1 Nr. 2 AO oder § 70 Abs. 2 EStG die richtige Änderungsnorm ist, fehlt es vorliegend an einer Änderung der Verhältnisse, da sich der tatsächlich ereignete Sachverhalt nicht von demjenigen unterscheidet, den die Behörde bei der Weitergewährung des Kindergeldes im November 1996 zugrunde gelegt hat (vgl. FG Brandenburg, Urteil vom 15. November 2000 6 K 1690/99 Kgrechtskräftig-, EFG 2001, 144). Die tatsächlich erzielten Einkünfte entsprachen insoweit exakt den prognostizierten.
3.
Die mit Bescheid vom 07.09.1998 ausgesprochene rückwirkende Aufhebung der Kindergeldfestsetzung kann auch nicht auf § 70 Abs. 3 EStG gestützt werden, da diese Norm nur eineÄnderung für die Zukunft zulässt.
4.
Weiterhin kann der angefochtene Aufhebungs- und Rückforderungsbescheid auch nicht auf § 173 AO gestützt werden. Voraussetzung einer Änderung nach§ 173 AO ist, dass ein tatsächlicher Umstand, der zur Zeit der Festsetzung bereits eingetreten war, der Behörde erst später bekannt wird. Daran fehlt es hier. Zum einen war die Einkunftserzielung kein Umstand, der bereits zum Zeitpunkt der Festsetzung eingetreten war (FG Berlin, Urteil vom 12. Oktober 1999 5 K 5118/98, juris). Zum anderenänderte sich der Kenntnisstand des festsetzenden Beamten nicht nachträglich, da die tatsächlich erzielten Einkünfte den prognostizierten entsprachen.
5.
Da den Beklagten für den Aufhebungs- und Rückforderungsbescheid vom 07.09.1998 keine Rechtsgrundlage zur Verfügung steht, kann offen bleiben, ob die Rückforderung aus Gesichtspunkten des Vertrauensschutzes rechtswidrig ist und der Kläger das Kindergeld im Vertrauen auf die Richtigkeit der Auszahlungen verbrauchen durfte. Zwar ist der Einwand der Entreicherung nach § 818 Abs. 3 des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB) im öffentlichen Recht grundsätzlich nicht anwendbar (BFH-Beschluss vom 27. April 1998 VII B 296/97, BFHE 185, 364, BStBl II 1998, 499). Beim Vorliegen besonderer Umstände kann die Behörde jedoch nach Treu und Glauben an der Rückforderung gehindert sein. Es spricht einiges dafür, in der Weiterzahlung von Kindergeld einen Vertrauenstatbestand zu sehen, wenn der Zeitraum der unberechtigten Weiterzahlung erheblich ist (vgl. FG Brandenburg, Urteil vom 15. November 2000 6 K 1690/99 Kgrechtskräftig-, EFG 2001, 144). Die insoweit als Anhaltspunkt dienende Frist des § 171 Abs. 8 AO (vgl. FG Köln, Urteil vom 31. August 2000 2 K 4876/99, EFG 2000, 1394 rechtskräftig) ist vorliegend überschritten, da die Aufhebung am 07.09.1998 erst über 20 Monate nach dem Zeitpunkt erfolgte, in dem die Festsetzung durch die Gesetzesänderung rechtswidrig geworden war.
II.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 135 Abs. 1 Finanzgerichtsordnung (FGO). Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 151 Abs. 1 und 3, 155 FGO i.V.m. §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.