Finanzgericht Niedersachsen
Urt. v. 25.04.2001, Az.: 2 K 491/98
Voraussetzungen der Liebhaberei bei langjährigen Verlusten aus dem Betrieb einer Damenboutique; Zusammenzählung der Tätigkeit aus unterschiedlichen Geschäftszweigen für die Beurteilung der Erzielung des Totalgewinns
Bibliographie
- Gericht
- FG Niedersachsen
- Datum
- 25.04.2001
- Aktenzeichen
- 2 K 491/98
- Entscheidungsform
- Urteil
- Referenz
- WKRS 2001, 14648
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- ECLI:DE:FGNI:2001:0425.2K491.98.0A
Rechtsgrundlage
- § 15 Abs. 2 EStG
Fundstelle
- NWB 2002, 2338
Tatbestand
Zwischen den Parteien ist streitig, ob die Klägerin eine Damenboutique mit Gewinnerzielungsabsicht betrieben hat, oder aber ob ein Fall der Liebhaberei vorliegt.
Nach Abitur und Studium erwarb die Klägerin einen Abschluss als Auslandskorrespondentin. Aus besonderer Neigung beschäftigte sie sich nebenbei mit dem Entwurf von Strickwaren. In den Jahren 1981 bis zur Eröffnung der streitigen Boutique in X entwarf sie in ihrer Privatwohnung Pullover und veräußerte sie an Freundinnen und Bekannte. Zum 15.08.1982 meldete sie sodann ein Gewerbe "Herstellung von Pullovern - Stricken" an. Sie beschäftigte auch Strickerinnen, die sodann für sie nach ihren Entwürfen Pullover strickten. Zudem kaufte sie auch im Jahre 1983 Stoffe ein, um Blusen nähen zu lassen und zu veräußern.
Aus dieser Tätigkeit entstanden folgende Verluste:
1981 | 1982 | 1983 |
---|---|---|
./. 7.199,00 DM | ./. 20.756,00 DM | ./. 44.268,00 DM |
Das Finanzamt erkannte diese erklärten Verluste an.
Zum 20.06.1984 eröffnete die Klägerin eine Boutique für Damenoberbekleidung in X. Das Ladengeschäft war ca. 38 qm groß, der Mietvertrag wurde auf 10 Jahre abgeschlossen. Angeboten wurden gehobene Modemarkenartikel, wie z.B. der Marke Y, mit der die Klägerin einen Exklusiv-Vertrag mit Gebietsschutz abschloss. Zielgruppe war dabei eine gehobene Käuferschicht.
Vor Eröffnung der Modeboutique gab die Klägerin ein Existenzgründungsgutachten in Auftrag. Der Berater kam dabei zu dem Ergebnis, dass die Klägerin durch ihre vorhergehende Tätigkeit in der Werbebranche und aufgrund ihrer Erfahrung im Entwerfen und Beurteilen von Kollektionen Kenntnisse habe, die sie befähigten, eine Modeboutique zu führen. Die Tatsache, dass einige bekannte Markenhersteller ihr die exklusiven Vertriebsrechte für den Raum X angeboten hätten, würden dieses bestätigen. Ebenfalls schätzte der Berater die Marktchancen für eine gehobene Modeboutique als gut ein. Das Kaufpotential der Stadt X sowie des Umlandes seien ausreichend für die Lebensfähigkeit eines derartigen Geschäftes. Es wurde eine Ertragsplanung für die ersten drei Jahre nach Gründung des Geschäftes kalkuliert. Nach der Unternehmenskonzeption wurde dabei von einer Rohgewinnspanne von 56 v.H. ausgegangen. Wegen der Einzelheiten wird auf das Gutachten verwiesen (Sonderordner).
In den Folgejahren 1984 bis 1988 erwirtschaftete die Klägerin jedoch gleichwohl Verluste, und zwar wie folgt:
1984 | 1985 | 1986 | 1987 | 1988 |
---|---|---|---|---|
32.735,00 DM | 196.515,00 DM | 120.609,00 DM | 130.387,00 DM | 212.925,00 DM |
Der Wert des Warenbestandes betrug per 31.12.1988 350.046 DM, das Anlagevermögen 102.498 DM.
Das Finanzamt erkannte zunächst die Verluste für die Jahre 1984 bis 1988 vorläufig an. Im Jahr 1995 prüfte das Finanzamt sodann das Vorliegen der Einkünfteerzielungabsicht abschließend. Das Finanzamt kam dabei zu dem Ergebnis, dass die Klägerin die Boutique nicht mit Gewinnerzielungsabsicht betreibe. Für die Jahre 1984 bis 1985 erkannte das Finanzamt Anfangsverluste an. Es rechnete dabei die Verluste aus dem ursprünglichen Gewerbebetrieb "Herstellung von Pullovern - Stricken" sowie aus dem Betrieb der Modeboutiquen zusammen. Nach einer Anlaufphase von insgesamt fünf Jahren könnten weitere Verluste ab dem Streitjahr 1986 nicht mehr berücksichtigt werden. Das Finanzamt erließ daraufhin für die Jahre 1986 bis 1988 die streitigen Einkommensteueränderungsbescheide vom 10.04.1995 und berücksichtigte nun nicht mehr die Verluste für die Jahre 1986 bis 1988.
Auch in den Folgejahren 1989 bis 1991 habe die Klägerin nur mit Verlusten gewirtschaftet, und zwar
1989 | 1990 | 1991 | |
---|---|---|---|
Verlust | 340.603,00 DM | 401.941,00 DM | 409.229,00 DM |
Aus dem Betrieb der Modeboutique seien daher keine Gewinne zu erzielen gewesen. Die Klägerin habe nicht die prognostizierte Rohgewinnspanne von 56 v.H. erzielen können, sondern tatsächlich nur folgende Rohgewinnspanne:
1984 | 1985 | 1986 | 1987 | 1988 | 1989 | 1990 |
---|---|---|---|---|---|---|
39,3 % | 19,1 % | 31,4 % | 33,14 % | 24,98 % | 17,51 % | 22,9 % |
Diese geringen Gewinnspannen sowie die hohen Warenbestände hätten die Klägerin veranlassen müssen, ihre Unternehmenskonzeption zu überprüfen und den Betrieb zur Schadensbegrenzung möglichst rechtzeitig einzustellen.
Der Einspruch blieb ohne Erfolg.
Hiergegen richtet sich die Klage.
Die Klägerin ist der Ansicht, dass die Verluste aus dem ursprünglichen Gewerbebetrieb, den sie in ihrer Privatwohnung betrieben habe, nicht mit den Verlusten aus dem Betrieb der Modeboutique zusammenzurechnen seien. Es handele sich dabei um eine völlig andere Unternehmenskonzeption und einen völlig andersartigen Betrieb. Die Modeboutique sei daher für sich zu betrachten. Die Klägerin habe sich nach erfolgter Existenzgründungsberatung ab 1984 mit der Modeboutique einem völlig anderen Geschäftsbereich gewidmet. Sie habe aus ihrer vorhergehenden Tätigkeit gute Kontakte zur Modeindustrie gehabt, so dass sie entsprechende Exklusivverträge mit herausgehobenen Modelieferanten erhalten habe. Die Gründe für die schlechten Umsätze hätten nicht in der Art der Geschäftsführung gelegen, sondern in einer nicht voraussehbaren Entwicklung. Nach Gründung des Betriebes im Juni 1984 habe sie bereits im Mai und Juni 1985 in A und X - unstreitig - zwei weitere Filialen gegründet, die insbesondere dazu dienten, die Ware, die im Hauptgeschäft nicht abgesetzt werden konnte, an einen anderen Kundenkreis zu veräußern. Die Umsätze und Erträge hätten sich allerdings in den Streitjahren nicht in dem Umfang entwickelt, wie im Existenzgründungsgutachten prognostiziert. Die Gründe hierfür seien aber nicht auf eine schlechte Geschäftsführung durch die Klägerin zurückzuführen, sondern auf nicht vorhersehbare äußere Umstände. In den Jahren 1986/1987 sei die Straße, in der das Hauptgeschäft gelegen habe, verkehrsberuhigt worden, die Passagen zu zwei weiteren Straßen seien geschlossen worden. Das Geschäft habe sich plötzlich in einer Sackgasse befunden. Sie habe vergeblich versucht, bei der Baubehörde wieder einen Durchbruch zu den anderen Straßen durchzusetzen. Da ihr dies nicht gelungen sei, habe sie beschlossen, in der C-straße ein neues Ladengeschäft zu eröffnen und das ursprüngliche Ladengeschäft zu vermieten. Die Untervermietung gelang allerdings aufgrund der fehlenden Nachfrage und der nicht mehr vorhandenen Attraktivität des Standortes erst ab 1. März 1988. Im Jahr 1988 hätten zudem in der C-straße umfangreiche Sielbauarbeiten stattgefunden, gleichzeitig sei die Straße zur Fußgängerzone umgestaltet worden.
Zu Bedenken sei auch, dass in der Branche der Klägerin nur zweimal im Jahr die Ware geordert werde, die entsprechenden Mengen für die Frühjahrs- und Herbstkollektion daher etwa ein halbes Jahr vorher bestellt werden müssten und die georderte Menge auch abgenommen und bezahlt werden müsse, auch wenn durch nicht vorhersehbare Umstände die erwarteten Umsätze nicht getätigt werden können.
Ab 01.06.1987 sei die Klägerin dann in ein neues und größeres (250 qm) Ladengeschäft in der C-straße umgezogen. Sie habe sich zudem in der Folgezeit nochmals beraten lassen, um durch Verbesserung des Unternehmenskonzeptes in die Gewinnzone zu gelangen. Die Klägerin habe daher mit Gewinnerzielungsabsicht gehandelt, die Verluste in den Jahren 1986 bis 1988 seien als Anfangsverluste zu berücksichtigen.
Die Kläger beantragen,
die Einkommensteueränderungsbescheide für die Jahre 1986 bis 1988, alle vom 10.04.1995, in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 24.06.1998 aufzuheben.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Die Klägerin habe bereits ab 10.10.1982 ihre Tätigkeit in Z auch auf den Handel mit Pullovern bzw. Damenkonfektion ausgedehnt. Die Verluste aus dem ursprünglichen Gewerbebetrieb in Z seien daher mit den Verlusten aus dem Betrieb der Modeboutiquen zusammenzurechnen. Anfangsverluste könnten daher nur für die Zeit von 1981 bis 1985 berücksichtigt werden.
Der Klägerin seien zudem betriebswirtschaftliche Fehler bei der Geschäftsführung vorzuhalten. Sie habe nicht, wie deutlich im Existenzgründungsgutachten hervorgehoben, auf die notwendige Rohgewinnspanne geachtet. Der Betrieb sei zudem nach seiner Wesensart und Art der Geschäftsführung nicht in der Lage gewesen, nachhaltig Gewinne zu erwirtschaften.
Gründe
Die Klage ist begründet.
Die Klägerin hat die Modeboutique nebst Filialen in den Jahren 1984 bis 1988 in Gewinnerzielungsabsicht betrieben. Die entstandenen Verluste sind als sog. "Anfangsverluste" zu berücksichtigen.
1.
Gewerbebetrieb ist nach § 15 Abs. 2 Einkommensteuergesetz die selbständige nachhaltige Betätigung, die mit der Absicht, Gewinn zu erzielen, unternommen wird, sich als Beteiligung am wirtschaftlichen Verkehr darstellt und über den Rahmen einer Vermögensverwaltung hinausgeht. Gewinnerzielungsabsicht ist dabei das Streben nach Betriebsvermögensmehrung in Form eines Totalgewinns (BFH-Beschluss des Großen Senats vom 25.06.1984 GrS 4/82, BStBl II 1984, 751). Ob eine solche Absicht vorliegt, ist wie jede innere Tatsache anhand äußerer Merkmale zu beurteilen. Dabei muss aus objektiven Umständen auf das Vorliegen oder Fehlen der Absicht geschlossen werden, wobei alle Umstände des Einzelfalles zu berücksichtigen sind. Aus objektiven Umständen muss auf das Vorliegen oder das Fehlen der Absicht zur Gewinnerzielung geschlossen werden, wobei einzelne Umstände einen Anscheinsbeweis liefern können. Beweisanzeichen für das Vorliegen einer Gewinnerzielungsabsicht kann eine Betriebsführung sein, bei der der Betrieb nach seiner Wesensart und der Art seiner Bewirtschaftung auf die Dauer gesehen dazu geeignet und bestimmt ist, mit Gewinn zu arbeiten. Dies fordert eine in die Zukunft gerichtete und langfristige Beurteilung, wofür die Verhältnisse eines bereits abgelaufenen Zeitraumes wichtige Anhaltspunkte bieten können (BFH-Urteil vom 22. April 1998 XI R 10/97, BStBl II 1998, 663). Die ernsthafte Möglichkeit, das ein jahrelang ausschließlich mit Verlusten arbeitender Betrieb nicht in der Absicht der Gewinnerzielung geführt wird, ist dann gegeben, wenn feststeht, dass der Betrieb nach seiner Wesensart oder der Art seiner Bewirtschaftung auf die Dauer gesehen nicht nachhaltig mit Gewinn arbeiten kann (BFH-Urteil vom 15.11.1984 IV R 139/81, BStBl II 1985, 205). Dies kommt insbesondere in Betracht, wenn der Steuerpflichtige es trotz ständiger und nachhaltiger Verluste unterlässt, Maßnahmen zur Herstellung und Steigerung der Rentabiliät des Betriebes zu ergreifen (BFH-Urteil vom 7. August 1991, X R 10/88, BFH/NV 1992, 108).
Verluste innerhalb einer angemessenen Anlaufzeit allerdings können nur dann steuerlich nicht anerkannt werden, wenn aufgrund der Betriebsführung und der Entwicklung des Betriebes insgesamt eindeutig feststeht, dass das Unternehmen, so wie es vom Steuerpflichtigen betrieben wurde, von vornherein nicht in der Lage war, nachhaltige Gewinne zu erzielen und deshalb von Anfang an keine Einkommensquelle im Sinne des Einkommensteuerrechts darstellt (BFH-Urteil vom 6. März 1980 IV R 182/78, BStBl II 1980, 718).
Im Streitfall geht es allein um die Frage, ob der Betrieb der Klägerin von vornherein nicht in der Lage war, nachhaltige Gewinne zu erzielen, da es sich bei den Verlusten in den Streitjahren 1986 bis 1988 um Anlaufjahre handelt.
2.
Im Streitfall hat die Klägerin zunächst einen Betrieb in ihrer privaten Wohnung in Z gegründet. Dieser im Jahr 1981 eröffnete Betrieb "Entwurf und Herstellen von Pullovern" ist nicht der in 1984 gegründeten Modeboutique in X zuzurechnen. Es handelt sich um einen völlig anders gearteten Betrieb. Die Klägerin hatte sich in den Jahren 1981 bis 1984 zunächst bloß mit dem Entwurf, dem Fertigen und der Veräußerung von Pullovern beschäftigt. Sie übte diese Tätigkeit in ihrer privaten Wohnung nebenberuflich aus. Sie beschäftigte teilweise Strickerinnen, die für sie Pullover fertigten, ferner ab 1983 erweiterte sie ihren Betrieb um das Fertigen von Blusen. Sie hatte einen sehr eingeschränkten Käuferkreis, nämlich insbesondere Freunde und Bekannte. Ein eigentliches Ladengeschäft betrieb sie nicht. Der ursprüngliche Geschäftsbetrieb kann deshalb nicht als übliches Einzelhandelsgeschäft der Damenoberbekleidung angesehen werden.
Die in den Jahren 1981 bis 1983 erzielten Verluste können deshalb nicht mit der im Juni 1984 eröffneten Modeboutique in Verbindung gesetzt werden. Die im Jahr 1984 in X eröffnete Modeboutique ist isoliert zu betrachten. Demnach sind im Streitfall lediglich die Verluste der Jahre 1984 bis 1988 zu berücksichtigen, mithin ein Zeitraum von fünf Jahren. Hierbei handelt es sich um Anfangsverluste, die steuerlich zu berücksichtigen sind.
Der Bundesfinanzhof hat mit Urteil vom 05.05.1983 (IV R 53/80, NV) den Fall der Anfangsverluste bei dem Betrieb einer Modeboutique entschieden. Er hat dabei ausgeführt, dass der Betrieb einer Modeboutique von vornherein mit einem Erfolgsrisiko behaftet ist, das vor allem in der Unsicherheit besteht, ob es bei der begrenzten Käuferschicht eingeführt werden kann. Es könne daher erhebliche Zeit dauern, bis ein solcher Betrieb nach den erforderlichen Investitionen in die Gewinnzone gelange. Die ernsthafte Möglichkeit, dass ein jahrelang ausschließlich mit Verlust arbeitender Betrieb nicht in der Absicht der Gewinnerzielung geführt wird, ist gegeben, wenn feststeht, dass der Betrieb nach seiner Wesensart und der Art seiner Bewirtschaftung auf die Dauer gesehen nicht nachhaltig mit Gewinn arbeiten kann. Dies setzt allerdings voraus, das der Betrieb aus objektiven Gründen nicht zur Erzielung von Gewinnen geeignet erscheint (BFH-Urteil vom 22.04.1998 IX R 10/97, BStBl II 1998, 663 [BFH 22.04.1998 - XI R 10/97]). Das subjektive Merkmal einer schlechten Betriebsführung hingegen stellt die Geeignetheit eines Betriebes, Gewinne zu erzielen, nicht in Frage.
3.
Bei einem Unternehmen, das den Handel mit Damenmoden zum Gegenstand hat, spricht bereits der Beweis des ersten Anscheins zunächst dafür, dass es in der Absicht der Gewinnermittlung betrieben hat. Unternehmen dieser Art sind nach der Lebenserfahrung nicht typischerweise dazu bestimmt und geeignet, der Befriedigung persönlicher Neigungen des Steuerpflichtigen oder der Erlangung wirtschaftlicher Vorteile außerhalb der Einkommenssphäre zu dienen, zumal wenn, wie hier, der Betrieb noch um mehrere Filialen erweitert wird.
Im Streitfall war der Betrieb auch objektiv geeignet gewesen, nachhaltig Gewinn zu erzielen. Die Klägerin hat sich vor Eröffnung des Betriebes eine umfangreiche Existenzgründungsberatung eingeholt. Danach war für eine durchschnittliche Rohgewinnspanne von 56 % auszugehen und ein Gewinn nachhaltig zu erzielen. Die Klägerin hat sich insbesondere auch bemüht, in den Folgejahren, aus dem Betrieb der Modeboutique Gewinne zu erzielen. So hat sie insbesondere bereits im Jahre nach Betriebsöffnung, nämlich 1985 zwei weitere Filialen in A und X eröffnet, um die im Hauptgeschäft nicht abgesetzten Waren anderweitig zu veräußern. Sie hat dies allerdings nur mit hohen Verlusten erreichen können. Die Klägerin hat zudem ihr Konzept geändert, nach dem die Straße in X in den Jahren 1986 - 1987 durch verkehrsberuhigte Maßnahmen abgehängt wurde. Sie hat im Jahr 1988 an geeigneterer Stelle ein neues Ladengeschäft eröffnet und versucht, somit die Gewinne zu steigern. Dass ihr dies tatsächlich nicht gelungen ist, vermag die objektive Geeignetheit des Geschäftes, Gewinne zu erzielen, nicht zu erschüttern. Zumindest für eine Anlaufphase sind daher der Klägerin die Verluste steuerlich zuzurechnen.
Der Senat hält eine Anlaufphase von zumindest fünf Jahren, wie im Streitfall, für angemessen. Wie bereits der BFH mit Urteil vom 05.05.1983 (IV R 53/80 a.a.O.) entschieden hat, kann es gerade bei einem Geschäft der gehobenen Modebranche erhebliche Zeit dauern, bis ein derartiger Betrieb bei dem beschränkten Käuferkreis eingeführt ist.
Der Senat vermag insbesondere auch nicht festzustellen, dass der Klägerin hier eine schlechte Betriebsführung vorzuhalten ist. Die Klägerin war bemüht gewesen, durch Personaleinsparungen, Verlegung des Geschäftssitzes sowie durch eine weitere Beratung durch die Industrie und Handelskammer im Jahre 1988 die Konzeption zu ändern, um Gewinne zu erzielen. Die hohen Verluste sind insbesondere deshalb entstanden, weil die Klägerin aufgrund der Exklusivverträge mit den Modeartikelherstellern verpflichtet war, ganze Kollektionen abzunehmen. Hierfür allerdings fehlte ihr dann in der Folge der Käuferkreis. Die Klägerin durfte jedoch in den Anfangsjahren davon ausgehen, aufgrund der getroffenen Maßnahmen, insbesondere durch die Geschäftsverlegung, einen größeren Kundenstamm aufzubauen.
Die Verluste in den Streitjahren 1986 bis 1988 sind deshalb als sog. "Anfangsverluste" steuerlich zu berücksichtigen.
4.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 135 Abs. 1 FGO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit hat ihre Rechtsgrundlage in § 151 Abs. 3 FGO in Verbindung mit §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.