Finanzgericht Niedersachsen
Urt. v. 18.04.2001, Az.: 13 K 15/96
Tätigkeit als Projektmanager als gewerbliche oder freiberufliche Tätigkeit ; Teilnahme am allgemeinen wirtschaftlichen Verkehr, wenn der Steuerpflichtige nur für einen Auftraggeber tätig wird; Beurteilung der Selbständigkeit unter Würdigung des Gesamtbildes der Verhältnisse; Weisungsgebundenheit als tragendes Kriterium der Selbständigkeit; Voraussetzungen der freiberuflichen Tätigkeit als beratender Betriebswirt
Bibliographie
- Gericht
- FG Niedersachsen
- Datum
- 18.04.2001
- Aktenzeichen
- 13 K 15/96
- Entscheidungsform
- Urteil
- Referenz
- WKRS 2001, 14622
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- ECLI:DE:FGNI:2001:0418.13K15.96.0A
Rechtsgrundlagen
- § 18 Abs. 1 Nr. 1 S. 2 EStG
- § 2 Abs. 1 S. 2 GewStG
- § 15 Abs. 2 EStG
Fundstellen
- EFG 2001, 1146-1147
- NWB DokSt 2001, 1065-1066
- StLex 2002
- ZKF 2002, 88
Redaktioneller Leitsatz
- 1.
Gewerbebetrieb ist eine selbständige nachhaltige Betätigung, die mit der Absicht Gewinn zu erzielen, unternommen wird und sich als Beteiligung am allgemeinen wirtschaftlichen Verkehr darstellt, wenn die Betätigung weder als Ausübung von Land- und Forstwirtschaft, noch als Ausübung eines freien Berufes noch als eine andere selbständige Arbeit anzusehen ist.
- 2.
Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs ist die Selbständigkeit unter Würdigung des Gesamtbildes der Verhältnisse zu beurteilen, insbesondere im Hinblickauf die Weisungsgebundenheit.
- 3.
Die freiberufliche Tätigkeit als beratender Betriebswirt erfordert eine anerkante betriebswirtschaftliche Ausildung.
Tatbestand
Die Parteien streiten darüber, ob die Tätigkeit des Klägers als Projektmanager im Jahr 1992 als gewerbliche oder freiberufliche Tätigkeit anzusehen ist.
Der Kläger wurde 19.. auf Borkum geboren. Nach Erlangung des Realschulabschlusses im Jahr 19.. wurde der Kläger 19.. bis 19.. als Kaufmannsgehilfe im Verkehrsgewerbe ausgebildet. 19.. bis 19.. war der Kläger in den Bereichen Schiffsmaklerei und Binnenschifffahrt sowie als Fahrtgebietsleiter für den Persischen Golf tätig. 19.. bis 19.. arbeitete der Kläger als Sachgebietsleiter einer Klarierungs- und Operationsabteilung. Im Jahr 19.. war der Kläger Volontär in London. Im Jahr 19.. erhielt er Handlungsvollmacht. In den Jahren 19.. und 19.. ging der Kläger als Reederei-Repräsentant nach B./USA. 19.. erhielt der Kläger Gesamtprokura. Im Jahr 19.. wurde der Kläger innerhalb einer Unternehmensgruppe Alleingeschäftsführer für eine GmbH & Co KG. 19.. wurde er Geschäftsführer einer weiteren GmbH & Co KG und 19.. erhielt der Kläger Einzelprokura für die Muttergesellschaft. Im Jahr 19.. wechselte der Kläger zu einer anderen Unternehmensgruppe und wurde dort Geschäftsführer einer GmbH & Co KG einschließlich dreier Tochtergesellschaften.
In den von dem Kläger vorgelegten Zeugnissen wird bescheinigt, dass der Kläger in den Bereichen der Akquisition, Verkauf, Marketing, Logistik, Koordination, strategische Planung, Kostenmanagement, Versicherungs-, Vertrags-, und Schadensersatzangelegenheiten und der Interpretation von betriebswirtschaftlichen Kennzahlen und Bilanzen tätig war. Im Einzelnen wird auf die in der Gerichtsakte befindlichen Zeugnisse verwiesen.
Der Kläger schloss mit Wirkung ab dem 1. Juni 1992 mit der Firma R. AG einen als "Beratungsvertrag - freier Mitarbeiter -" bezeichneten Vertrag als Projektmanager für die Neugestaltung des Bereichs D. im Zusammenhang mit dem Neubau einer Lagerhalle. Ausweislich der Präambel hatte der Kläger die Leistungen ausschließlich und ohne Ersetzungsbefugnis zu erbringen. Die Aufgaben des Klägers bestanden nach Ziff. 1 des Vertrages in der Koordination der Bauplanungs- und Bauarbeiten, der Kosten- und Zeitkontrolle, der Verhandlungen mit internen und externen Partnern und der organisatorischen und operationellen Eingliederung der Lagerhalle in die Organisation der Firma. Nach Ziff. 2 des Vertrages war der Kläger in der Bestimmung seiner Arbeitszeit frei. Er hatte jedoch der Firma seine volle Arbeitskraft ausschließlich zur Verfügung zu stellen. Nach Ziff. 9 des Vertrages wurde der Vertrag zunächst auf 6 Monate abgeschlossen.
Ab 1993 war der Kläger bei der R. AG als Angestellter beschäftigt.
Der Kläger erklärte in seiner Einkommensteuererklärung für 1992 aus der Tätigkeit als Projektmanager Einkünfte aus selbständiger Arbeit in Höhe von DM 55.399,-. Der Beklagte folgte dem nicht und setzte mit Bescheid vom 20. April 1994 Einkünfte aus Gewerbebetrieb in Höhe von DM 59.584,- und negative Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit in Höhe von DM ./. 4.185,- fest. In dem Gewerbesteuermessbescheid 1992 vom 9. September 1994 wurde ein einheitlicher Gewerbesteuermessbetrag in Höhe von DM 1.175,- festgesetzt. Hiergegen legte der Kläger mit am 27. September 1994 eingegangenem Schreiben Einspruch ein.
Im Einspruchsverfahren verzichtete der Kläger von sich aus auf einen Betriebsausgabenabzug in Höhe von DM 5.887,-. Der Beklagte erkannte weitere DM 3.000,- nicht als Betriebsausgaben an und berücksichtigte bei der Gewinnermittlung die Gewerbesteuerrückstellung. Die Verböserung wurde mit Schreiben vom 28. Februar 1995 angedroht. Mit am 14. Dezember 1995 zur Post gegebenem Einspruchsbescheid, wurde der Einspruch gegen den Gewerbesteuermessbescheid als unbegründet zurückgewiesen und der einheitliche Gewerbesteuermessbetrag auf DM 1.370,- festgesetzt. Mit am 11. Januar 1996 eingegangener Klage verfolgt der Kläger sein Begehren weiter.
Aus der Tätigkeit als Projektmanager habe der Kläger Einkünfte aus selbständiger Arbeit bezogen. Der Kläger sei mit einem beratenden Betriebswirt vergleichbar. Zwar habe der Kläger kein Studium absolviert, er habe aber einen Lebenslauf und ein persönliches Profil, wonach die theoretischen Kenntnisse in der erforderlichen fachlichen Breite erlangt worden seien. Die Tätigkeiten hätten alle Hauptbereiche der Betriebswirtschaftslehre umfasst.
Bei einer Tätigkeit als Projektmanager komme es entscheidend auf die Qualität und Integrität des Projektmanagers an. Der Kläger sei aufgrund eigener Fachkenntnisse leitend und eigenverantwortlich tätig geworden. Die Tätigkeit als "Projektmanager" habe eine umfassende projektbezogene Beratung für die Niederlassung D. bedeutet. Dabei habe der Kläger sowohl mit der Fertigung als auch der Materialwirtschaft, Finanzierung, Verwaltung, Rechnungswesen sowie Personalfragen intensiv zu tun gehabt. Der Kläger beherrsche auf Grund der Berufserfahrung auch die Sparten Produktion, Absatz und Investition.
Der Kläger habe auf der Insel Borkum keine Möglichkeit gehabt, eine Hochschulausbildung zu erhalten. Heutzutage würden vergleichbare Positionen mit Volks- oder Betriebswirten besetzt werden. Es stelle einen Verstoß gegen den Gleichheitsgrundsatz dar, wenn lediglich wegen der fehlenden Ausbildungsmöglichkeiten in früheren Zeiten eine unterschiedliche Besteuerung vorgenommen werde.
Entgegen der Auffassung des Beklagten sei die Investitionsentscheidung für den Bau der Lagerhalle noch nicht gefallen gewesen, als der Kläger seine Tätigkeit aufgenommen habe. Im Vordergrund der Tätigkeit in D. habe nicht die Beaufsichtigung der Umsetzung des Investitionsvorhabens gestanden, sondern beratende Elemente.
Der Kläger beantragt sinngemäß,
- 1.
den Einspruchsbescheid vom 29. November 1995 und den Gewerbesteuermessbescheid 1992 vom 9. September 1994 ersatzlos aufzuheben
- 2.
im Falle des Unterliegens des Klägers die Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache zuzulassen.
Der Beklagte beantragt,
- 1.
die Klage abzuweisen
- 2.
für den Fall des Unterliegens des Finanzamts die Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache zuzulassen.
Es lägen keine Einkünfte aus selbständiger Arbeit im Sinne des § 18 Einkommensteuergesetz (EStG) vor. Der von dem Kläger ausgeübte Beruf des "Projektmanagers" gehöre weder zu den typisch freien Berufen noch zu den ähnlichen Berufen. Der Kläger sei nicht als beratender Betriebswirt tätig geworden. Hierfür fehle es schon an dem Hochschulstudium oder einer vergleichbaren Ausbildung.
Die projektbezogene Tätigkeit sei die Bauaufsicht und das Führen entsprechender Verhandlungen gewesen. Zwar habe der Kläger behauptet, dass Fragen der Führung, der Fertigung, der Materialwirtschaft und der Finanzierung Bestandteil seiner Tätigkeit gewesen seien. Dies ergebe sich aber nicht aus den Aufgabengebieten laut Vertrag.
Die Tätigkeiten des Klägers gehörten nach dem Bundesfinanzhof -BFH- Urteil vom 14. März 1991 zu der unternehmerischen Tätigkeit an sich und seien nicht typisch für einen beratenden Betriebswirt. Dies zeige sich auch daran, dass der Kläger die Vertragsmuster des R.-Konzerns zu verwenden gehabt habe und die Vertragsverhandlungen in enger Abstimmung mit der Rechtsabteilung der R. AG vornehmen sollte. Eine solche Art der Tätigkeit sei nicht typisch für einen beratenden Betriebswirt, sondern für eine gewerblichen Subunternehmer, sofern nicht sogar von einem Arbeitsverhältnis auszugehen sei. Nicht beratende Elemente, sondern die qualifizierte Beaufsichtigung und Umsetzung der schon getroffenen Investitionsentscheidung hätten im Vordergrund gestanden.
Der Kläger berufe sich ausschließlich auf Berufserfahrungen. Dies reiche nach höchstrichterlicher Rechtsprechung nicht aus. Außerdem habe der Kläger seine beruflichen Erfahrungen nur auf dem Spezialgebiet der Verkehrswirtschaft erworben.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf den Inhalt der gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen sowie auf die Einkommensteuer-, Bilanz-, Gewerbesteuer-, Umsatzsteuer- und Rechtsbehelfsakte unter der Steuernummer ... und die Niederschrift vom 18. April 2001 Bezug genommen.
Gründe
Die Klage ist unbegründet.
I.
Die von dem Kläger in dem Streitjahr für die R. AG vorgenommene Tätigkeit als Projektmanager erfüllt die Merkmale eines gewerblichen Unternehmens im Sinne des § 2 Abs. 1 Satz 2 Gewerbesteuergesetz (GewStG) in Verbindung mit § 15 Abs. 2 EStG.
Nach § 15 Abs. 2 EStG ist eine selbständige nachhaltige Betätigung, die mit der Absicht Gewinn zu erzielen, unternommen wird und sich als Beteiligung am allgemeinen wirtschaftlichen Verkehr darstellt, ein Gewerbebetrieb, wenn die Betätigung weder als Ausübung von Land- und Forstwirtschaft, noch als Ausübung eines freien Berufes noch als eine andere selbständige Arbeit anzusehen ist. Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs muss die Betätigung zusätzlich den Rahmen privater Vermögensverwaltung überschreiten (BFH-Beschluss vom 25. Juni 1984 GrS 4/82, Bundessteuerblatt - BStBl - II 1984, S. 751).
1)
Es bedarf keiner näheren Begründung, dass der Kläger nachhaltig, mit Gewinnerzielungsabsicht und unter Teilnahme am allgemeinen wirtschaftlichen Verkehr tätig geworden ist. Für die Nachhaltigkeit ist eine Tätigkeit von sieben Monaten ausreichend. Die Teilnahme am allgemeinen wirtschaftlichen Verkehr ist auch gegeben, wenn der Steuerpflichtige nur für einen Auftraggeber tätig wird (BFH-Urteil vom 2. Dezember 1998 X R 83/96, BStBl II 1999, S. 534; BFH-Urteil vom 7. Dezember 1995 IV R 112/92, BStBl II 1996, S. 367). Dies gilt jedenfalls dann, wenn sich die Tätigkeit - wie im Fall des Klägers - als typische Leistungserbringung gegen Entgelt darstellt, die nach Abschluss eines Auftrags prinzipiell auch gegenüber weiteren Interessenten angeboten werden würde. Die insoweit von dem Kläger zunächst vorgetragenen Einwände sind in den späteren Schriftsätzen auch nicht weiterverfolgt worden.
2)
Der Kläger ist auch selbständig tätig gewesen. Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs ist die Selbständigkeit unter Würdigung des Gesamtbildes der Verhältnisse zu beurteilen. Für diese Würdigung ist u.a. von Bedeutung, ob Weisungsgebundenheit hinsichtlich Zeit, Ort und Inhalt der Tätigkeit besteht, feste Arbeitszeiten und feste Bezüge vereinbart wurden, Urlaubsanspruch und Ansprüche auf sonstige Sozialleistungen bestehen, Überstundenvergütung vereinbart wurde, Unternehmerrisiko und Unternehmerinitiative besteht, inwieweit der Betroffene in der Organisation eingebunden ist und ob die Arbeitskraft oder der Arbeitserfolg geschuldet wird (z.B. BFH-Urteil vom 14. Juni 1985 VI R 150-152/82, BStBl II 1985, S. 661; BFH-Urteil vom 2. Dezember 1998 X R 83/96, BStBl II 1999, S. 534).
a)
Ausweislich des Beratungsvertrages wies die Tätigkeit des Klägers durchaus Elemente auf, die gegen die Selbständigkeit sprechen. So hatte der Kläger die Leistung ausschließlich und ohne Ersetzungsbefugnis zu erbringen. Er hatte nach Ziff. 2 des Vertrages seine volle Arbeitskraft ausschließlich der R. AG zur Verfügung zu stellen. Hinsichtlich des Arbeitsortes sollte sich der Kläger mit der R. AG abstimmen. Auch wurde die Tätigkeit des Klägers nach Ziff. 3 des Vertrages unabhängig von dem Arbeitserfolg durch ein gleichbleibendes Honorar abgegolten und ihm wurde nach Ziff. 10 des Vertrages ein Firmenfahrzeug zur Verfügung gestellt.
b)
Entscheidend für die Selbständigkeit spricht aber, dass dem Kläger hinsichtlich der Aufgaben nur stichwortartige Vorgaben in dem Beratungsvertrag gemacht wurden und auch aus dem übrigen Akteninhalt nicht ersichtlich ist, dass die Art der Aufgabenerfüllung von einengenden Vorgaben gesteuert wurde. Demnach hatte der Kläger zur Bewältigung der gestellten Aufgaben faktisch "freie Hand" und wurde von dem Auftraggeber nur hinsichtlich des Erfolges kontrolliert. Eine derartige Tätigkeit ist gepaart mit freien Arbeitszeiten, der fehlenden Überstundenregelung und dem fehlenden Urlaubsanspruch als selbständig einzustufen. Auch die kurze Dauer der vereinbarten Tätigkeit spricht gegen ein nichtselbständiges Beschäftigungsverhältnis. In Hinblick auf die kurze Dauer des Engagements relativiert sich auch die Bedeutung der erfolgsunabhängigen Honorierung. Der Auftraggeber hätte bei Erfolglosigkeit des Klägers jederzeit die Möglichkeit gehabt, durch Kündigung des Vertrages die kurzfristige Beendigung der Tätigkeit herbeizuführen. Schließlich sprechen auch das in Ziff. 8 vereinbarte Wettbewerbsverbot und die steuerrechtliche und sozialversicherungsrechtliche Behandlung entscheidend für die Selbständigkeit.
3)
Dass die Tätigkeit des Klägers weder die Ausübung von Land- und Forstwirtschaft oder sonstiger selbständiger Arbeit noch private Vermögensverwaltung darstellt, ist unstreitig und bedarf keiner weiteren Begründung.
4)
Der Kläger hat keine freiberufliche Tätigkeit im Sinne des § 18 Abs. 1 Nr. 1 Satz 1 EStG ausgeübt. Weder hat der Kläger gemäß § 18 Abs. 1 Nr. 1 Satz 2 EStG den Katalogberuf des beratenden Betriebswirts ausgeübt, noch einen dem beratenden Betriebswirt "ähnlichen Beruf".
a)
Der Kläger ist nicht als beratender Betriebswirt tätig geworden. Voraussetzung für die Anerkennung als beratender Betriebswirt ist der Nachweis der hierfür erforderlichen Ausbildung und der Nachweis einer dem Berufsbild entsprechenden Tätigkeit (ebenso für "ähnlicher Beruf": BFH-Beschluss vom 13. Dezember 1999 IV B 68/99, BFH/NV 2000, S. 705; BFH-Urteil vom 11. August 1999, XI R 47/98, BStBl II 2000, S. 31; BFH-Beschluss vom 23. September 1998 IV B 95/97, BFH/NV 1999, S. 459; BFH-Beschluss vom 28. Mai 1998 IV B 118/97, juris; BFH-Urteil vom 11. Juli 1991 IV R 73/90, BStBl II 1991, S. 878).
aa)
Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs kommt als beratender Betriebswirt nur derjenige in Betracht, der nach einem entsprechenden Studium oder einem vergleichbaren Selbststudium, verbunden mit praktischer Erfahrung mit den hauptsächlichen Bereichen der Betriebswirtschaft und nicht nur mit einzelnen Spezialgebieten vertraut ist, und diese fachliche Breite seines Wissens auch bei seiner praktischen Tätigkeit einsetzen kann und auch tatsächlich einsetzt (z.B. BFH-Urteil vom 4. Mai 2000 IV R 51/99, BStBl II 2000, S. 616). Die erforderliche fachliche Breite der Kenntnisse umfasst Fragen der Führung, der Fertigung, der Materialwirtschaft, der Finanzierung, des Vertriebs, des Verwaltungs- und Rechnungswesens sowie des Personalwesens (BFH-Urteil vom 14. März 1991 IV R 135/90, BStBl II 1991, S. 769). Die notwendige Breite der Betätigung ist demgegenüber schon dann vorhanden, wenn sie sich wenigstens auf einen dieser betrieblichen Hauptbereiche erstreckt (BFH-Urteil vom 14. März 1991 IV R 135/90, BStBl II 1991, S. 769; BFH-Urteil vom 11. Juni 1985 VIII R 254/80, BStBl II 1985, S. 584). Die erforderliche Vorbildung kann durch den Abschluss eines einschlägigen Studienganges nachgewiesen werden. Bei Autodidakten - wie dem Kläger - verlangt die Rechtsprechung, dass sie nicht nur das "Selbststudium" als solches, sondern auch den Erfolg der autodidaktischen Ausbildung nachweisen. Wegen der Schwierigkeiten des Erfolgsnachweises kann der Steuerpflichtige den erforderlichen Nachweis der theoretischen Kenntnisse anhand eigener praktischer Arbeiten führen (BFH-Urteil vom 4. Mai 2000 IV R 51/99, BStBl II 2000, S. 616; BFH-Beschluss vom 13. Dezember 1999 IV B 68/99, BFH/NV 2000, S. 705; BFH-Beschluss vom 23. September 1998 IV B 95/97, BFH/NV 1999, S. 459; BFH-Urteil vom 11. Juli 1991 IV R 73/90, BStBl II 1991, S. 878; BFH-Urteil vom 14. März 1991 IV R 135/90, BStBl II 1991, S. 769).
bb)
Der Kläger hat zum Nachweis der erforderlichen theoretischen Kenntnisse in allen hauptsächlichen Bereichen der Betriebswirtschaft seinen Lebenslauf und sein persönliches Profil dargestellt und auf die vorgelegten Zeugnisse seiner Arbeitgeber verwiesen. Der Senat ist der Auffassung, dass die vorgelegten Unterlagen ausreichen, um eine hinreichende Ausbildung in den hauptsächlichen Bereichen der Betriebswirtschaft nachzuweisen. Hierbei berücksichtigt der Senat, dass der Nachweis der vergleichbaren Ausbildung für einen Autodidakten besonders schwierig ist. Von dem Kläger konnte insbesondere nicht verlangt werden, praktische Arbeiten im Sinne bestimmter Werke o.ä. vorzulegen, weil sich nach Auffassung des Senats Art und Umfang der theoretischen Kenntnisse des Klägers nicht an einzelnen Projekten festmachen lassen. Die Art der Tätigkeit des Klägers bringt es mit sich, dass die theoretische Weiterbildung nur über die intensive praktische Beschäftigung mit den unterschiedlichen Bereichen der Betriebswirtschaft erfolgen konnte. Am ehesten kann der Umfang der praktischen Beschäftigung mit den Hauptbereichen der Betriebswirtschaft anhand der Zeugnisse des Arbeitgebers beurteilt werden.
Der Kläger hat in seiner beruflichen Laufbahn vielfältige Aufgaben wahrgenommen. Der Kläger war ausweislich der Zeugnisse in den betriebswirtschaftlichen Bereichen der Führung, Finanzierung, Vertrieb, Verwaltungs- und Rechnungswesen sowie des Personalwesens intensiv tätig. Nach Überzeugung des Senats hat der Kläger in den betriebswirtschaftlichen Bereichen der Produktion und der Materialwirtschaft zumindest die für den spezifischen Sektor der Verkehrswirtschaft erforderlichen Kenntnisse erlangt. Insbesondere in der Position des Alleingeschäftsführers hatte sich der Kläger wegen der ihm obliegenden Gesamtverantwortung für das geleitete Unternehmen intensiv mit den hauptsächlichen Bereichen der Betriebswirtschaft auseinanderzusetzen. Es erscheint dem Senat ausgeschlossen, dass die von dem Kläger bewältigten Aufgaben allein aufgrund praktischer Erfahrung ohne fundierte theoretische Kenntnisse in den Hauptbereichen der Betriebswirtschaft lösbar waren (vgl. hierzu: BFH-Urteil vom 11. Juli 1991 IV R 73/90, BStBl II 1991, S. 878). Insofern lassen sich von der beeindruckenden Karriere des Klägers in den verschiedenen Unternehmen Rückschlüsse auf seine theoretische Befähigung ziehen.
Dass der Kläger im Wesentlichen in Unternehmen der Verkehrswirtschaft gearbeitet hat, ist für die Beurteilung nicht ausschlaggebend. Der Kläger war auch als freier Mitarbeiter in einer Unternehmensberatungsgesellschaft tätig. Außerdem können nach Auffassung des Senats - jedenfalls bei Bekleidung von leitenden Positionen - auch dann alle wesentlichen Bereiche der Betriebswirtschaft erlernt werden, wenn die "Ausbildungsbetriebe" allesamt in demselben Sektor tätig sind.
cc)
Letztlich kann aber die Frage der erforderlichen Ausbildung offen bleiben, da der Kläger als Projektmanager nicht als beratender Betriebswirt tätig war. Nach dem Gesetzeswortlaut des § 18 Abs. 1 Nr. 1 Satz 2 EStG ist nicht jeder Betriebswirt freiberuflich tätig, sondern nur der "beratende" Betriebswirt. Der Bundesfinanzhof hat in seinem Urteil vom 14. März 1991 (IV R 135/90, BStBl II 1991, S. 769) hierzu ausgeführt, dass Verhandlungs- und Vermittlungstätigkeiten für einen beratenden Betriebswirt nicht typisch sind. Sie gehören zu der unternehmerischen Tätigkeit an sich und sind daher als gewerblich zu qualifizieren.
aaa)
Prägend für die Tätigkeit eines beratenden Betriebswirts ist, dass dieser seinen Auftraggeber auf der Grundlage der von ihm aufgrund eines einschlägigen Studiums bzw. autodidaktisch erworbener betriebswirtschaftlicher Kenntnisse in unternehmerischen Entscheidungen berät. Hierbei muss der Schwerpunkt der Beratung auf den typischen Gebieten der Betriebswirtschaft liegen, also auf den Feldern der Produktion, des Absatzes, der Investition, der Unternehmensführung, der Finanzierung oder des betrieblichen Rechnungswesens (Urteil des FG Neustadt (Weinstraße) vom 27. Oktober 1999, 1 K 1495/97, juris). Entscheidend ist die persönliche Beratungsleistung. Insoweit ähnelt das von dem Typusbegriff des beratenden Betriebswirts umschriebene Berufsbild den Berufsbildern der Steuerberater und Wirtschaftsprüfer, die ebenfalls in § 18 Abs. 1 Nr. 1 Satz 2 EStG aufgezählt sind. Das eigenständige Treffen von Unternehmerentscheidungen oder die Umsetzung von getroffenen Unternehmensentscheidungen gehört dagegen nicht zu dem Berufsbild eines beratenden Betriebswirts (ebenso: BFH-Urteil vom 14. März 1991 IV R 135/90, BStBl II 1991, S. 169; Urteil des FG Düsseldorf vom 16. August 2000, 7 K 7550/96 G, EFG 2000, S. 1390; Urteil des FG Neustadt (Weinstraße) vom 27. Oktober 1999, 1 K 1495/97, juris). Es handelt sich hierbei zwar um Tätigkeiten, die betriebswirtschaftliche Kenntnisse erfordern, nicht aber um "beratende" Tätigkeiten.
bbb)
Der Kläger ist als Projektmanager nicht überwiegend beratend tätig geworden. Zwar hat der Kläger vorgetragen, dass sein Aufgabenfeld weit über die in dem Beratungsvertrag vorgegebenen Aufgaben hinausgegangen sei und er die umfassende projektbezogene Beratung für die Niederlassung D. inne gehabt habe. Der Kläger hat zur Substantiierung dieser Behauptung zwei handschriftliche Skizzen eingereicht, auf denen Umstrukturierungsmaßnahmen und eine Erfassung der Altersstruktur der Mitarbeiter der Niederlassung niedergelegt sind. Dies reicht nicht aus, um den Nachweis zu führen, dass der Kläger im Wesentlichen beratend tätig war. Nach dem Beratungsvertrag bezog sich die Tätigkeit des Klägers auf die Koordination der Bauplanung- und Bauarbeiten, der Kosten- und Zeitkontrolle, der Verhandlungen mit internen und externen Partnern, insbesondere mit Behörden und der organisatorischen und operationellen Eingliederung der Lagerhalle in die R.-Organisation. Danach sollte der Kläger die Investitionsentscheidung zum Bau einer wasserüberkragenden Lagerhalle umsetzen. Eine solche Tätigkeit ist nicht typisch für einen beratenden Betriebswirt. Nach dem Berufsbild des beratenden Betriebswirt werden Informationen und Analysen für unternehmerische Entscheidungen vermittelt, nicht dagegen unternehmerische Entscheidungen umgesetzt. Dass der Kläger selbst unternehmerische Entscheidungen treffen sollte, wird auch dadurch belegt, dass der Kläger nach Ziff. 1 des Beratungsvertrages für vertragliche Vereinbarungen die Vertragsmuster der R. AG benutzen sollte und die Vertragsverhandlungen in Abstimmung mit der Rechtsabteilung durchführen sollte. Das Führen von Vertragsverhandlungen ist aber eine orginäre unternehmerische Tätigkeit der R. AG, die sich des Klägers als Subunternehmer bediente.
ccc)
Soweit der Kläger einwendet, dass die Investitionsentscheidung noch gar nicht getroffen worden sei, muss er sich an dem Text des Vertrages festhalten lassen ("im Zusammenhang mit der verabschiedeten Investition"). Auch der Hinweis auf das Rundschreiben vom 7. Juli 1992 vermag an dieser Beurteilung nichts zu ändern. Das Wörtchen "gerade" bedeutet in diesem Zusammenhang nicht zwingend, dass die Investition nach dem 1. Juni 1992 verabschiedet worden ist.
ddd)
Auch wenn zu Gunsten des Klägers unterstellt wird, dass der Aufgabenumfang erheblich über die in dem Beratungsvertrag skizzierten Aufgaben hinausging, ändert sich an der Beurteilung nichts. Der Kläger sollte nach seinem Vortrag in der mündlichen Verhandlung die Niederlassung D. sanieren. Auch bei dieser Aufgabenstellung ist der Kläger nicht als beratender Betriebswirt tätig geworden. Der Kläger hat selbst nicht behauptet, dass er nur ein Sanierungskonzept zu erarbeiten hatte, das dann von der Unternehmensleitung umgesetzt worden ist. Vielmehr waren sich die R. AG und der Kläger darüber einig, dass der Beratungsvertrag als eine Art Probezeit für eine Führungsposition in dem Unternehmen diente. Der Kläger agierte nach seinem Vortrag in der mündlichen Verhandlung faktisch wie ein Bereichsleiter der Niederlassung. So wurde der Kläger auch in dem - im Einspruchsverfahren eingereichten - Kundenbrief der Deutschen Bahn als "Niederlassungsleiter" bezeichnet. Die Sanierung der Niederlassung erforderte von dem Kläger Unternehmerentscheidungen, die über den Bereich der bloßen Beratung weit hinausgingen. Nach dem eingereichten Organigramm war der Kläger als Doppelspitze neben dem Prokuristen fest in die betriebliche Struktur eingebunden. Auch dies spricht gegen eine Tätigkeit als beratender Betriebswirt. Ein beratender Betriebswirt ist nicht in die Organisationsstruktur des Unternehmens eingebunden, das er berät. Der Kläger war nicht beratend tätig, sondern er hat die Niederlassung geleitet.
b)
Die Tätigkeit des Klägers als Projektmanager ist auch kein "ähnlicher Beruf" im Sinne des § 18 Abs. 1 Nr. 1 Satz 2 EStG. Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs ist dafür erforderlich, dass der ausgeübte Beruf einem Katalogberuf in wesentlichen Punkten vergleichbar ist, wozu die Vergleichbarkeit der Ausbildung und der beruflichen Tätigkeit gehört (BFH-Beschluss vom 13. Dezember 1999 IV B 68/99, BFH/NV 2000, S. 705; BFH-Urteil vom 11. August 1999, XI R 47/98, BStBl II 2000, S. 31; BFH-Beschluss vom 23. September 1998 IV B 95/97, BFH/NV 1999, S. 459; BFH-Beschluss vom 28. Mai 1998 IV B 118/97, juris; BFH-Urteil vom 11. Juli 1991 IV R 73/90, BStBl II 1991, S. 878; BFH-Urteil vom 12. Oktober 1989 IV R 118-119/87, BStBl II 1990, S. 64). Dafür genügt es nicht, dass der Steuerpflichtige eine Tätigkeit ausübt, die auch von den Angehörigen der genannten Katalogberufe ausgeübt wird. Auch darf die ausgeübte Tätigkeit nicht bloß einen kleinen Ausschnitt aus dem Katalogberuf erfassen (BFH-Urteil vom 28. Mai 1998 IV B 118/97, juris; BFH-Urteil vom 16. Oktober 1997, BStBl II 1998, S. 139).
Zwar ist nach Auffassung des Senats die von dem Kläger nachgewiesene praktische Ausbildung mit einem Studium der Betriebswirtschaft vergleichbar. Dies gilt aber nicht für die konkret durchgeführte Tätigkeit als Projektmanager. Die Vergleichbarkeit des "ähnlichen Berufs" mit dem Katalogberuf "beratender Betriebswirt" muss sich auch und gerade auf das beratende Element der Tätigkeit beziehen. Würde man für den "ähnlichen Beruf" Tätigkeiten ausreichen lassen, die allein auf betriebswirtschaftlichen Kenntnissen beruhen und keine beratenden Elemente beinhalten, dann würde die tatbestandliche Eingrenzung des § 18 Abs. 1 Nr. 1 Satz 2 EStG auf den "beratenden" Betriebswirt über den "ähnlichen Beruf" wieder aufgehoben werden. Eine solche Auslegung würde verkennen, dass der Gesetzgeber nicht jeden Betriebswirt als freiberuflich Tätigen angesehen hat, sondern nur den beratenden Betriebswirt. Aus diesem Grund kann nur dann ein "ähnlicher Beruf" angenommen werden, wenn auch diese Tätigkeit durch beratende Elemente geprägt ist. Dies ist - wie bereits gezeigt - bei der Tätigkeit des Klägers als Projektmanager nicht der Fall.
II.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 Finanzgerichtsordnung - FGO -.