Verwaltungsgericht Braunschweig
Beschl. v. 10.04.2002, Az.: 6 B 34/02

Antragsbefugnis; Antragstellung; Beigeladener; freier Warenverkehr; Inverkehrbringen; Parallelimport; Pflanzenschutzmittel; Streitwert; Verkehrsfähigkeit; Widerruf; Widerrufsbescheid; Wirkstoff

Bibliographie

Gericht
VG Braunschweig
Datum
10.04.2002
Aktenzeichen
6 B 34/02
Entscheidungsform
Beschluss
Referenz
WKRS 2002, 41607
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
[keine Angabe]

Amtlicher Leitsatz

Leitsatz

1. Ein Rechtsbehelf gegen eine behördliche Maßnahme, durch die der Rechtsbehelfsführer nicht in seinen Rechten betroffen sein kann, löst weder eine aufschiebende Wirkung aus noch ist in solchem Fall ein Antrag nach § 80 Abs. 5 VwGO zulässig.

2. Zur Bedeutung einer Pflanzenschutzmittelzulassung für den Parallelimport inhaltsgleicher Mittel aus dem Europäischen Wirtschaftsraum.

3. Kein schutzwürdiges Interesse eines notwendig Beigeladenen auf die Feststellung, dass ein Rechtsbehelf keine aufschiebende Wirkung habe, wenn die zuständige Behörde dieselbe Auffassung vertritt und danach handelt.

Tenor:

Der Antrag der Antragstellerin und der Antrag der Beigeladenen werden abgelehnt.

Die Antragstellerin und die Beigeladene tragen die Kosten des Verfahrens je zur Hälfte mit Ausnahme ihrer eigenen außergerichtlichen Kosten, die sie selbst tragen.

Der Wert des Streitgegenstandes wird auf 160.000,00 EUR festgesetzt.

Gründe

1

I. Für das Pflanzenschutzmittel "Z.-H." wurde auf Antrag des dieses Mittel herstellenden Unternehmens, der Firma Z. V. f. A. mbH, von der Antragsgegnerin mit Bescheid vom 20. Juli 1994 bis zum 31. Dezember 2004 eine Zulassung erteilt. Das Pflanzenschutzmittel enthielt den Wirkstoff Ethephon und war zur Halmfestigung im Ackerbau mit dem Anwendungsgebiet "Wintergerste" bestimmt. Mit Änderungsbescheid vom 27. Dezember 1994 wurde das Mittel auf das Anwendungsgebiet "Winterweizen" erweitert. Infolge einer Änderung der Firmenbezeichnung der Zulassungsinhaberin (Z. I.) erging unter dem 4. Februar 1995 ein weiterer Änderungsbescheid.

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Für das Pflanzenschutzmittel erhielt sodann die Firma S. A. GmbH mit der Bezeichnung "S. Halmverstärker" von der Antragsgegnerin mit Bescheid vom 24. Januar 1997 eine ebenfalls bis zum 31. Dezember 2004 laufende Zulassung, nachdem die Firma Z. I. ihre Rechte aus der eigenen Zulassung auf die Firma S. A. GmbH übertragen hatte.

3

Eine weitere Zulassung für das Mittel "Z.-H." wurde mit Bescheid der Antragsgegnerin vom 27. Juli 2001 der Beigeladenen erteilt, nachdem die Beigeladene die Rechte für eine Zulassung des Mittels erworben hatte.

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In Bezug auf die in seiner Zusammensetzung inhaltsgleichen und aus einem EU-Mitgliedsland nach Deutschland importierten Pflanzenschutzmittel "A.-Halmverstärker" und "I.-Halmverstärker" hatte die Antragsgegnerin der Firma A. T. H.-GmbH am 3. August 2000 bzw. am 17. Mai 2001 eine Genehmigung zum Inverkehrbringen dieser Mittel in Deutschland erteilt. Die Antragstellerin führte das von ihr vertriebene Mittel "O. E. 480 SL", das ebenfalls in seiner Zusammensetzung mit dem in Deutschland zugelassenen Mittel "Z.-H." inhaltsgleich ist, aus dem europäischen Wirtschaftsraum nach Deutschland ein, ohne allerdings zuvor von der Antragsgegnerin die Verkehrsfähigkeit dieses Pflanzenschutzmittels bescheinigen zu lassen.

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Mit Schriftsatz vom 27. September 2001 beantragte die Beigeladene bei der Antragsgegnerin, die bis zum 31. Dezember 2004 befristete Zulassung des Pflanzenschutzmittels "Z.-H." gemäß § 16a PflSchG zu widerrufen, weil dieses Mittel nicht mehr von ihr hergestellt und vertrieben werde. Die Antragsgegnerin setzte darauf hin u.a. die Vertriebsfirmen, denen sie die Verkehrsfähigkeit von inhaltsgleichen nach Deutschland importierten Pflanzenschutzmitteln bescheinigt hatte, mit Schreiben vom 6. November 2001 hiervon in Kenntnis und teilte mit, dass nach dem zum 28. Februar 2002 beabsichtigten Widerruf der Zulassung für das Pflanzenschutzmittel "Z.-H." der Vertrieb von inhaltsgleichen und aus einem EU-Mitgliedsstaat importierten Mitteln nicht mehr zulässig sei. Hiergegen wandte sich die Antragstellerin, die inzwischen von dem Anhörungsschreiben der Antragsgegnerin vom 6. November 2001 erfahren hatte, und machte geltend, dass sie im Vertrauen auf den Bestand der Zulassung für das deutsche Referenzprodukt größere Vermögenspositionen getätigt und für den Parallelimport bestimmte Produkte eingekauft habe. Auch die Interessen von Handel und Landwirtschaft müssten berücksichtigt werden, weil nach dem Widerruf der Zulassung eine Frist zum Verbrauch des Mittels nicht eingeräumt sei.

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Nachdem die Beigeladene noch einmal eindringlich eine Entscheidung über ihren Antrag angemahnt und darauf hingewiesen hatte, dass ihr infolge des bis zum Widerruf weiterhin möglichen Parallelimports bei dem Vertrieb eines anderen zugelassenen Produkts ("C.-Extra") ein erheblicher Umsatzausfall drohe, widerrief die Antragsgegnerin mit Bescheid vom 19. Februar 2002 "mit sofortiger Wirkung" gemäß § 16a Abs. 1 Nr. 1 PflSchG die Zulassung des Mittels "Z.-H.".

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Am 25. Februar 2002 erhob die Antragstellerin Widerspruch und forderte, den Widerrufsbescheid dahingehend abzuändern, dass das Importprodukt zumindest noch in der diesjährigen Anwendungssaison bis Mitte Juni 2002 vertrieben und eingesetzt werden könne. Die Antragstellerin hob nochmals hervor, dass sie im Vertrauen auf den Fortbestand der Zulassung noch erhebliche Einkäufe getätigt habe, so dass ein Widerruf der Zulassung des Referenzproduktes "Z.-H." nicht zur Unzeit erfolgen dürfe. Als von dem Widerruf der Zulassung Betroffene sei sie berechtigt, gegen die Verfügung vom 19. Februar 2002 ein Rechtsmittel einzulegen.

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Mit Widerspruchsbescheid vom 20. März 2002 wies die Antragsgegnerin den Widerspruch der Antragstellerin als unzulässig zurück, weil die angefochtene Maßnahme in Bezug auf die Antragstellerin eine Drittwirkung nicht entfalte und die Beeinträchtigung wirtschaftlicher Interessen für die Berechtigung, ein Rechtsmittel einzulegen, nicht ausreiche. Im Übrigen sei der Widerspruch auch unbegründet. Für die zutreffende Ermessensentscheidung seien die Belange des Pflanzenschutzgesetzes maßgeblich gewesen. Der Fortfall des Mittels "Z.-H." führe nicht zu einer Gefährdung der Kulturpflanzen, weil noch weitere Präparate für diesen Anwendungsbereich zur Verfügung stünden. Für den direkt vom Widerruf betroffenen Zulassungsinhaber sehe das Pflanzenschutzgesetz in § 16 b Rückabwicklungsmechanismen vor. Der Parallelimporteur sei dagegen darauf verwiesen, das Pflanzenschutzmittel in dem Herkunftsland, aus dem er es einführe, zu vermarkten.

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Bereits am 11. März 2002 hat die Antragstellerin beim Verwaltungsgericht um die Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes nachgesucht. Sie trägt vor:

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In den Mitgliedsländern der Europäischen Union hergestellte Pflanzenschutzmittel, die mit einem in Deutschland zugelassenen Mittel stofflich identisch seien, könnten ohne das Erfordernis einer nochmaligen Zulassung in die Bundesrepublik Deutschland importiert werden. Dies folge aus der Garantie des freien Warenverkehrs in der Europäischen Union. Das von ihr eingeführte Mittel "O. E. 480 SL" sei identisch mit dem in Deutschland zugelassenen Referenzprodukt "Z.-H.". Die Verkehrsfähigkeit des Importproduktes hänge damit von der Zulassung eines entsprechenden Mittels in Deutschland ab. Das nach Deutschland eingeführte Produkt habe im Übrigen in Frankreich unter der Bezeichnung "R.-S." und mit der Nr. 9100534 eine amtliche Zulassung erhalten und sei dort im amtlichen Mittelverzeichnis noch in den Jahren 2000 und 2001 mit dem Zulassungsinhaber S. F. S.A., 60300 S./F., erfasst. Diese Firma sei eine Schwestergesellschaft der deutschen Firmengruppe S. gewesen, auf die seinerzeit das Referenzprodukt "Z.-H." zugelassen gewesen und die durch Firmenübernahme in den Konzern der Beigeladenen eingegliedert worden sei. Das gleiche Produkt habe außerdem in Belgien unter der Bezeichnung "ETF-S." und mit der Nr. 175/P eine amtliche Zulassung erhalten. Als Zulassungsinhaber sei dort für das Jahr 2001 die Beigeladene verzeichnet. Zwar enthalte das in Deutschland zugelassene weitere Pflanzenschutzmittel "C." ebenfalls in der Konzentration von 480 g/l den Wirkstoff Ethephon; es fänden sich dort aber chemische Unterschiede in der Formulierung des Mittels sowie bei dem Hilfsstoff und in der Aufwandmenge. Infolge des Widerrufs der Zulassung des Mittels "Z.-H." sei das Importmittel nicht mehr verkehrsfähig. Dieser Widerruf beeinträchtigte damit ihre Rechte aus dem freien Warenverkehr und am eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb, weil sie im Vertrauen auf den Fortbestand der Zulassung größere Mengen des Importmittels erworben habe und ihr nicht Gelegenheit gegeben werde, diese Mittel noch bis zum Ende der Anwendungssaison zu vermarkten. Die Beigeladene habe ihr bereits mit zivilrechtlichen Schritten für den Fall einer weiteren Vermarktung gedroht. Dies begründe ihre Befugnis, gegen den Widerrufsbescheid der Antragsgegnerin vom 19. Februar 2002 einen Rechtsbehelf einzulegen. Ihre rechtliche Betroffenheit folge außerdem aus § 17 Abs. 3 PflSchG, nach dessen Regelung die Antragsgegnerin u.a. den Widerruf einer Zulassung im Bundesanzeiger veröffentlichen müsse, um Handel, Pflanzenschutzdienst und Anwender ausreichend und rechtzeitig zu informieren. Hier habe die Antragsgegnerin den Widerruf zur Unzeit verfügt und bei ihrer Ermessensentscheidung die Belange von Agrar, Handel und Landwirtschaft nicht genügend berücksichtigt. Die Beigeladene habe den Antrag auf Widerruf allein aus marktpolitischen Gründen gestellt. Hierdurch solle eine Verbesserung der Wettbewerbslage von anderen Produkten der Beigeladenen erreicht werden. Im Hinblick darauf, dass selbst nach einem normalen Zeitablauf einer Zulassung der Landwirtschaft eine zweijährige Frist zum Aufbrauchen der vorhandenen Pflanzenschutzmittel zugestanden werde, sei es nicht einzusehen, dass der Widerruf des Mittels "Z.-H." nicht erst zum Ende der Anwendungssaison 2002 wirksam werden könne. Ihr entstünde nicht nur dadurch ein Schaden, dass der Lagerbestand von rund 860.000 EUR nicht mehr vermarktet werden könne; es wären außerdem noch weitere erhebliche Mittel aufzubringen, um diese Restbestände einer Sonderentsorgung zuzuführen. Der Gewinnverlust beliefe sich auf 320.000 EUR. Bei einer Rücklieferung des Produkts aus Verkäufen des vergangenen Jahres würde ein weiterer Schaden von mindestens 240.000 EUR entstehen. Eines (vereinfachten) Zulassungsverfahrens habe es nicht bedurft. § 15 b PflSchG regele lediglich das erstmalige Inverkehrbringen eines in einem EU-Mitgliedsland zugelassenen Produktes, das nach Deutschland eingeführt werden solle und hier noch nicht über eine Zulassung verfüge. Dies sei kein Parallelimport. Im Gegensatz zum Arzneimittelrecht enthalte das Pflanzenschutzgesetz keine Bestimmung, nach der auch der Parallelimport eine (vereinfachte) Zulassung durchlaufen müsse. Soweit von der Antragsgegnerin zuvor ein Prüfverfahren zur Ermittlung der Stoffidentität durchgeführt werde, sei ein solches Verfahren auf der Grundlage eines Erlasses des Bundesministeriums für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten vom 23. Dezember 1993 freiwillig.

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Die Antragstellerin beantragt,

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die aufschiebende Wirkung ihres Widerspruchs gegen den Bescheid der Antragsgegnerin vom 19. Februar 2002 über den Widerruf der Zulassung des Pflanzenschutzmittels "Z.-H." wiederherzustellen

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sowie

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der Antragsgegnerin aufzugeben, innerhalb von drei Tagen nach dem Zugang des Beschlusses öffentlich und insbesondere in der Fachzeitschrift "Deutscher Ernährungsdienst" bekanntzugeben, dass das Pflanzenschutzmittel "Z.-H." und damit

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identische, mit deutscher Kennzeichnung versehene und aus EU-Mitgliedsländern stammende Importpflanzenschutzmittel bis zur endgültigen Entscheidung weiter verkehrsfähig seien und angewendet werden dürften.

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Die Antragsgegnerin beantragt,

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den Antrag abzulehnen.

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Sie entgegnet:

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Der Antrag nach § 80 Abs. 5 VwGO sei ebenso unzulässig wie der gegen den Widerrufsbescheid vom 19. Februar 2002 eingelegte Widerspruch. Die Antragstellerin sei durch diese Maßnahme nicht in ihren Rechten betroffen. Parallelimporteure von Pflanzenschutzmitteln könnten hinsichtlich identischer Mittelzusammensetzungen von den in Deutschland erteilten Zulassungen profitieren, indem sie für die Dauer der jeweiligen Zulassung keine eigene Zulassung benötigten. Diesem Vorteil immanent sei allerdings das Risiko, dass die Zulassung ende. Für die Entscheidung über den Widerruf der Zulassung seien ausschließlich die Zwecke des Pflanzenschutzgesetzes maßgeblich. Der von der Antragstellerin erhobene unzulässige Widerspruch entfalte keine aufschiebende Wirkung. Deshalb sei auch eine Entscheidung über die Anordnung der sofortigen Vollziehung entbehrlich gewesen. Der Widerrufsbescheid vom 19. Februar 2002 sei mit der Zustellung an die Beigeladene wirksam geworden und nicht erst mit der Bekanntgabe im Bundesanzeiger.

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Die Beigeladene beantragt,

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festzustellen, dass der Widerspruch der Antragstellerin gegen den Bescheid der Antragsgegnerin vom 19. Februar 2002 keine aufschiebende Wirkung habe,

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hilfsweise,

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die sofortige Vollziehung des Bescheides der Antragsgegnerin vom 19. Februar 2002 anzuordnen.

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Sie trägt vor:

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Das Importprodukt "O. E. 480 SL" sei weder in Deutschland noch in anderen EU-Staaten zugelassen. Zwar gebe es auch in Frankreich, Belgien und Holland dort zugelassene Pflanzenschutzmittel mit dem Wirkstoff Ethephon in einer Konzentration von 480 g/l; diese Mittel hätten jedoch eine andere Bezeichnung. Ob das Importmittel mit jenen Mitteln inhaltlich identisch sei, sei nicht bekannt. Aus einer Konzernproduktion der

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Beigeladenen stamme das Importmittel jedoch nicht. Die Antragstellerin verfüge in Deutschland auch nicht über eine Zulassung im Sinne des § 15 b PflSchG nach den erleichterten Voraussetzungen für Importprodukte. Eine solche Zulassung habe sie nicht beantragt. Eigene Beteiligungsrechte stünden ihr nicht zu. Sie sei durch die von der Antragsgegnerin für das Produkt "Z.-H." erteilte Zulassung lediglich reflexartig begünstigt. Im Verfahren über den Widerruf der Zulassung sei sie in infolgedessen nicht widerspruchsbefugt. Der von ihr gleichwohl erhobene Rechtsbehelf könne deshalb auch keine aufschiebende Wirkung entfalten. Der freie Warenverkehr in der Europäischen Union betreffe den Parallelimport eines Pflanzenschutzmittels, das mit einem im Inland zugelassenen Mittel identisch sei. Aus der Zulässigkeit eines solchen Parallelimportes könne die Antragstellerin aber keine Rechte in Bezug auf das Zulassungsverfahren für das Originalprodukt im Inland herleiten. Der Importeur handele auf eigenes wirtschaftliches Risiko und müsse jederzeit mit einem Widerruf der Zulassung rechnen. Bei der Änderung des Pflanzenschutzgesetzes im Jahre 1998 habe der Gesetzgeber bewusst darauf verzichtet, die Einführer von Pflanzenschutzmittel in den Schutzbereich des Pflanzenschutzgesetzes einzubeziehen. In einem vergleichbaren Fall habe das Bundesverwaltungsgericht für das Arzneimittelrecht festgestellt, dass ein nicht am Zulassungsverfahren Beteiligter durch den Widerruf der Zulassung nicht in seinen Rechten verletzt werde. Im Übrigen habe die Antragstellerin, obwohl sie von dem Antrag auf Widerruf der Zulassung gewusst habe, für die Verkaufssaison 2002 Importprodukte erworben. Auf einen Vertrauensschutz könne sie sich schon deshalb nicht berufen. Im Hinblick auf das Vorbringen der Antragstellerin bestehe ein erhebliches Interesse an einer gerichtlichen Feststellung, dass der Widerspruch wie auch eine nachfolgende Klage keine aufschiebende Wirkung hätten. Es müsse damit gerechnet werden, dass die Antragstellerin ihre Importprodukte weiterhin in Verkehr bringe, wodurch ihr, der Beigeladenen, ein hoher Schaden entstehe, indem das Importprodukt weiterhin in einem wirtschaftlichen Wettbewerb trete mit anderen in Deutschland zugelassenen Pflanzenschutzmitteln für den Anwendungsbereich. Sollte dem Widerrufsbescheid vom 19. Februar 2002 Drittwirkung beigemessen werden, sei aus den genannten Gründen in ihrem, der Beigeladenen, Interesse die sofortige Vollziehung anzuordnen.

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Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten im Übrigen wird auf den Inhalt der Gerichtsakte sowie auf die Verwaltungsvorgänge der Antragsgegnerin (1 Band) Bezug genommen.

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II. Der Antrag der Antragstellerin sowie der Antrag der Beigeladenen haben keinen Erfolg.

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Hinsichtlich des Antrags der Antragstellerin, der als Rechtsschutzbegehren nach § 80a Abs. 3 VwGO (analog) i.V.m. § 80 Abs. 5 VwGO zu begreifen ist, kann dahingestellt bleiben, ob es aus der Rechtssicht dieses Verfahrensbeteiligten sachrichtig ist, eine Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung des gegen den Widerrufsbescheid vom 19. Februar 2002 gerichteten Widerspruchs anzustreben, oder ob vielmehr wegen der zwischen den Beteiligten unterschiedlichen Auffassungen hinsichtlich der Rechtswirkungen des Rechtsbehelfs eine feststellende Entscheidung hätte beantragt werden müssen. Denn der Antragstellerin fehlt es bereits an der Antragsbefugnis für das vorläufige Rechtsschutzverfahren (§ 42 Abs. 2 VwGO analog).

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Ein Antrag auf vorläufigen Rechtsschutz ist nur zulässig, wenn die Antragstellerin geltend machen kann, in eigenen Rechten verletzt zu sein. Der angegriffene Verwaltungsakt muss hierbei in formelle oder materielle Rechtspositionen eingreifen, die durch eine Rechtsnorm als schutzwürdig anerkannt werden. Gegenüber einem Dritten, der nicht Adressat des Verwaltungsakts ist, ist dies nur dann der Fall, wenn der Verwaltungsakt bereits gegenwärtig und unmittelbar Auswirkungen auf seine Rechtsstellung hat und möglicherweise eine Rechtsnorm verletzt, die den Interessen des Dritten zu dienen bestimmt ist. Eine solche Rechtsverletzung ist geltend gemacht, wenn es nach dem Vorbringen der Antragstellerin zumindest möglich erscheint, dass sie in einer eigenen rechtlich geschützten Position betroffen ist. Die Antragstellerin wird jedoch durch den Widerrufsbescheid der Antragsgegnerin vom 19. Februar 2002 unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt in ihren Rechten verletzt, so dass bereits der gegen diesen Bescheid erhobene Rechtsbehelf unzulässig ist. Infolgedessen löst ein solcher Widerspruch weder die Rechtsfolge einer aufschiebenden Wirkung aus, noch kommt in einem solchen Fall eine gerichtliche Entscheidung über die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung oder auf die Feststellung, dass der von der Antragstellerin erhobene Widerspruch aufschiebende Wirkung hat, in Betracht (vgl. hierzu: Kopp/Schenke, VwGO, 12. Aufl., § 80 Rn 50; Schoch/Schmidt-Aßmann/Pietzner, VwGO, § 80 Rn 68 f. m.w.N.).

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Nach § 11 Abs. 1 PflSchG bedarf das Inverkehrbringen eines Pflanzenschutzmittels in der Bundesrepublik Deutschland grundsätzlich einer Zulassung durch die Antragsgegnerin als der dafür zuständigen Behörde. Im Rahmen eines solchen Verfahrens hat der das Mittel erstmalig in Verkehr zu bringen beabsichtigende Antragsteller u.a. nachzuweisen, dass das Pflanzenschutzmittel hinreichend wirksam ist, keine nicht vertretbaren Auswirkungen auf die zu schützenden Pflanzen und Pflanzenerzeugnisse, keine schädlichen Auswirkungen auf die Gesundheit von Mensch und Tier und auf das Grundwasser sowie keine sonstigen nicht vertretbaren Auswirkungen, insbesondere auf den Naturhaushalt sowie auf den Hormonhaushalt von Mensch und Tier, hat (§ 15 PflSchG). Hierzu sind von dem Antragstellenden in aller Regel umfangreiche Unterlagen beizubringen und Nachweise zu führen. Ist ein solches Verfahren bereits in einem anderen Mitgliedsstaat der Europäischen Union durchgeführt und das Mittel dort zugelassen worden, kann in Bezug auf das erstmalige Inverkehrbringen eines solchen Mittels in der Bundesrepublik Deutschland eine Zulassung unter den in den §§ 15b und c PflSchG normierten vereinfachten Voraussetzungen erfolgen.

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Dagegen trifft das Pflanzenschutzgesetz keine Regelung hinsichtlich solcher Pflanzenschutzmittel, die mit einem in der Bundesrepublik Deutschland zugelassenen Mittel identisch sind und zu gewerblichen Zwecken aus dem Ausland eingeführt werden (sog. Parallelimport). Die Verkehrsfähigkeit derartiger Pflanzenschutzmittel hat seine rechtliche Grundlage in den europäischen Vorschriften über den freien Warenverkehr (Art. 28, 30 EGV). Allerdings sind auch nach diesen Bestimmungen Einschränkungen zulässig, die u.a. dem Schutz der Gesundheit und des Lebens von Menschen, Tieren und Pflanzen dienen. Als Vorschriften in diesem Sinne sind die Regelungen des Pflanzenschutzgesetzes zu begreifen. Dies hat zur Folge, dass die (Parallel)-Einfuhr und der Vertrieb von Pflanzenschutzmitteln nur statthaft sind, solange für ein gleichartiges Mittel in Deutschland eine Zulassung wirksam ist. Einer besonderen Genehmigung nach den Bestimmungen des Pflanzenschutzgesetzes bedarf es in einem solchen Fall jedoch nicht. Soweit die Antragsgegnerin in der Vergangenheit auf der Grundlage eines Erlasses des Bundesministeriums für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten vom 23. Dezember 1993 einem Vertriebsunternehmen oder dem Einführer von Pflanzenschutzmitteln eine Bescheinigung über die Identität des einzuführenden Mittels mit einem in Deutschland zugelassenen Pflanzenschutzmittel ausgestellt hat, war ein solches Verfahren über die Feststellung der freien Verkehrsfähigkeit des Mittels freiwillig.

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Infolgedessen ist ein Importunternehmen wie die Antragstellerin, das lediglich die Möglichkeiten des freien Warenverkehrs in der Europäischen Union auf der Grundlage einer im Einfuhrstaat für ein inhaltsgleiches Pflanzenschutzmittel erteilten Zulassung ausnutzt, ohne an dem Zulassungsverfahren beteiligt zu sein, von einem Widerruf der Zulassung nach § 16a Abs. 1 PflSchG ebenfalls nicht unmittelbar betroffen. Demzufolge sehen die Bestimmungen des Pflanzenschutzgesetzes konsequenterweise eine Beteiligung solcher Einfuhrunternehmen an einem Verfahren über den Widerruf einer Pflanzenschutzmittelzulassung nicht vor. Die Antragsgegnerin war deshalb auch nicht gehalten, im Rahmen der Ermessensentscheidung über den von der Beigeladenen beantragten Widerruf der Zulassung des Pflanzenschutzmittels "Z.-H." die wirtschaftlichen Belange und das unternehmerische Risiko der Antragstellerin zu berücksichtigen. Die Entscheidung nach § 16a Abs. 1 PflSchG hatte sich vielmehr, worauf die Antragsgegnerin zutreffend hingewiesen hat, an den Zielen des Pflanzenschutzgesetzes zu orientieren und insbesondere darauf abzustellen, ob mit dem Vom-Markt-Nehmen des Pflanzenschutzmittels "Z.-H." die Kulturpflanzen nicht mehr hinreichend geschützt sein könnten mit der Folge, dass die Versorgung der Bevölkerung mit Pflanzenerzeugnissen nicht mehr in dem gebotenen Maße gewährleistet wäre. Dies war jedoch nicht der Fall, weil in der Bundesrepublik hinsichtlich des Anwendungsbereichs des Pflanzenschutzmittels "Z.-H." noch genügend Alternativmittel zugelassen sind. Insoweit hätte dem Antrag der Antragstellerin auch in der Sache nicht entsprochen werden können. Den Vorschriften des Pflanzenschutzgesetzes kommt mit Ausnahme der in diesem Fall nicht einschlägigen Vorschriften der §§ 13 und 14 PflSchG über die Verwertung von Unterlagen und Erkenntnissen eines Konkurrenten im Rahmen des Zulassungsverfahrens drittschützende Wirkung nicht zu, so dass selbst bei einer rechtsfehlerhaften Entscheidung der Antragsgegnerin über den Widerruf einer Pflanzenschutzmittelzulassung nach § 16a Abs. 1 PflSchG Rechte der Antragstellerin nicht betroffen wären (VG Braunschweig, Beschluss vom 23.03.2000, 6 B 326/99 m.w.N.).

34

Der Antrag der Beigeladenen ist nach § 66 Satz 2 VwGO statthaft, aber wegen eines insoweit fehlenden Rechtsschutzbedürfnisses unzulässig. Denn die Antragsgegnerin teilt die Rechtsauffassung der Beigeladenen, dass die Antragstellerin weder rechtsmittel- noch hinsichtlich des gerichtlichen Eilverfahrens antragsbefugt sei, so dass es eines besonderen Hinweises auf diese Rechtslage mit einer gerichtlichen Entscheidung nicht bedarf. In Bezug auf die Antragstellerin führt schon die Ablehnung des Antrags dieses Verfahrensbeteiligten als unzulässig zu der ausreichenden Klarstellung, dass weder die Wirksamkeit noch die Vollziehung des Widerrufsbescheids der Antragsgegnerin vom 19. Februar 2002 infolge des von der Antragstellerin hiergegen erhobenen Rechtsbehelfs gehemmt werden. Deshalb bedarf es auch nicht einer Entscheidung über den von der Beigeladenen hilfsweise gestellten Antrag.

35

Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 155 Abs. 1 Satz 1 und 162 Abs. 3 VwGO.

36

Die Festsetzung des Streitwerts beruht auf den §§ 20 Abs. 3, 13 Abs. 1 Satz 1 GKG und beläuft sich auf die Hälfte des in einem Verfahren zur Hauptsache festzusetzenden Wertes, der sich an der von der Antragstellerin veranschlagten Gewinneinbuße orientiert (vgl. hierzu: BVerwG, Beschl. vom 23.07.1991, 3 C 56/90).