Verwaltungsgericht Braunschweig
Beschl. v. 11.04.2002, Az.: 3 D 59/02
einstweilige Anordnung; Erledigung; Rechtsschutzbedürfnis; Umzugskosten; Zwangsvollstreckung
Bibliographie
- Gericht
- VG Braunschweig
- Datum
- 11.04.2002
- Aktenzeichen
- 3 D 59/02
- Entscheidungsform
- Beschluss
- Referenz
- WKRS 2002, 41613
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- [keine Angabe]
Rechtsgrundlagen
- § 123 Abs 3 VwGO
- § 168 Abs 1 VwGO
- § 172 VwGO
- § 929 Abs 2 ZPO
Amtlicher Leitsatz
Leitsatz
Die Vollstreckung einer einstweiligen Anordnung gegen die öffentliche Hand muss binnen Monatsfrist betrieben werden. Die Wirksamkeit einer einstweiligen Anordnung ist auf den Zeitraum bis zur endgültigen Entscheidung in der Hauptsache beschränkt.
Tenor:
Der Antrag des Antragstellers und Vollstreckungsgläubigers, aus dem Beschluss des Gerichts im einstweiligen Anordnungsverfahren vom 21.08.2001 - 3 B 250/01 - gegen den Antragsgegner und Vollstreckungsschuldner die Zwangsvollstreckung zu betreiben und durch einen Gerichtsvollzieher dem Antragsteller entstandene Umzugskosten in Höhe von 1.180,83 DM = 605,28 € pfänden zu lassen, wird zurückgewiesen.
Der Antragsteller trägt die Kosten des Vollstreckungsverfahrens; Gerichtskosten werden nicht erhoben.
Gründe
I. Der Antrag des Antragstellers, im Wege der Zwangsvollstreckung bei dem Antragsgegner die dem Antragsteller entstandenen Umzugskosten zu pfänden, hat keinen Erfolg.
Zwar stellt der Beschluss des Gerichts im einstweiligen Anordnungsverfahren vom 21.08.2001 - 3 B 250/01 - grundsätzlich einen vollstreckbaren Titel dar, mit dem bei Vorliegen der übrigen Vollstreckungsvoraussetzungen auch gegen die öffentliche Hand, d.h. den Antragsgegner, die Zwangsvollstreckung betrieben werden kann (§ 168 Abs. 1 Ziff. 2 VwGO). Wenn eine Behörde einer in einer einstweiligen Anordnung auferlegten Verpflichtung nicht nachkommt, kann gemäß § 172 VwGO ein Zwangsgeld in Höhe von bis zu 10.000,00 € durch Beschluss angedroht, nach fruchtlosem Fristablauf festgesetzt und von Amts wegen vollstreckt werden.
Voraussetzung für eine Vollstreckung ist aber, dass die einstweilige Anordnung weiterhin vollstreckbar ist. Diese Voraussetzung ist im vorliegenden Fall nicht mehr gegeben. Die Vollstreckung einer einstweiligen Anordnung wird nämlich dann unstatthaft, wenn seit dem Tage, an dem sie verkündet oder zugestellt worden ist, ein Monat verstrichen ist (§ 123 Abs. 3 VwGO i.V.m. § 929 Abs. 2 ZPO). Da der gerichtliche Beschluss vom 21.08.2001 dem Antragsteller am 22.08.2001 zugestellt worden ist (Bl. 20 der beigezogenen Akte), konnte eine Vollstreckung von dem Antragsteller nur bis zum 22.09.2001 betrieben werden.
Der Vollstreckung aus dem im einstweiligen Anordnungsverfahrenen ergangenen Beschluss vom 21.08.2001 steht darüber hinaus entgegen, dass sich die einstweilige Anordnung als vorläufige Regelung, deren Wirksamkeit auf den Zeitraum bis zur endgültigen Entscheidung in der Hauptsache beschränkt ist (vgl. OVG Lüneburg, Urt. v. 24.02.1993 - 4 L 151/92 - in FEVS 44, 423-428), erledigt hat. Denn der Antrag des Antragstellers auf Bewilligung von Umzugskosten ist zwischenzeitlich mit Widerspruchsbescheid des Antragsgegners vom 28.08.2001 abgelehnt worden. Dieser Widerspruchsbescheid ist bestandskräftig geworden, da der Kläger dagegen trotz Rechtsbehelfsbelehrung nicht rechtzeitig Klage erhoben hat (vgl. Urt. v. 11.04.2002 - 3 A 362/01 -). Eine Vollstreckung aus dem Beschluss im einstweiligen Anordnungsverfahren kommt auch danach nicht in Betracht.
Schließlich fehlt es für eine Vollstreckung aus dem Beschluss im einstweiligen Anordnungsverfahren auch an dem für jedes gerichtliche Verfahren erforderlichen Rechtsschutzbedürfnis (vgl. hierzu OVG Münster, Urt. v. 12.06.1995 - 7 E 1130/94 - NVwZ RR - 1996, 126, 127, BVerfG, B. v. 12.09.1995 - 1 BvR 1607/95 -). Mit dem Beschluss im einstweiligen Anordnungsverfahren sollte sichergestellt werden, dass dem Antragsteller und seiner schwangeren Ehefrau unverzüglich fehlende Mittel zur Verfügung gestellt wurden, um einen geplanten Umzug überhaupt durchführen zu können. Es sollte also eine dringende Notlage des Antragstellers beseitigt werden. Nachdem der Antragsteller und seine Familie aber tatsächlich bereits am 29.08. des Jahres 2001 ohne Zahlung einer Umzugskostenbeihilfe durch den Antragsgegner umgezogen sind, besteht kein Rechtsschutzbedürfnis zum Vollzug der einstweiligen Anordnung. Über die Frage, ob dem Antragsteller Umzugskosten zu gewähren sind und ggf. in welcher Höhe, damit er die von ihm behaupteten Schulden bei Freunden, die beim Umzug geholfen haben, begleichen kann, ist im anhängigen Klageverfahren - d.h. Hauptsacheverfahren - zu entschieden. Diese Klage ist in erster Instanz mit Urteil vom heutigen Tage als unzulässig abgewiesen worden. Der Antragsteller kann nicht Zahlung von Mitteln begehren, die er gemäß § 123 Abs. 3 VwGO i.V.m. § 345 ZPO dem Antragsgegner wegen Abweisung seiner Klage im Hauptsacheverfahren sofort wieder zurückerstatten müsste.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 188 Satz 2 i.V.m. § 167 Abs. 1 VwGO i.V.m. § 788 ZPO.