Landgericht Aurich
Beschl. v. 28.07.2017, Az.: 7 T 226/17
Bibliographie
- Gericht
- LG Aurich
- Datum
- 28.07.2017
- Aktenzeichen
- 7 T 226/17
- Entscheidungsform
- Beschluss
- Referenz
- WKRS 2017, 53712
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- [keine Angabe]
Verfahrensgang
- vorgehend
- AG - 12.06.2017 - AZ: 16a XVII 328/06
Tenor:
Die Beschwerde der Bezirksrevisorin gegen den Beschluss des Amtsgerichts Aurich vom 12.06.2017 wird zurückgewiesen.
Die Entscheidung ergeht gerichtsgebührenfrei; Auslagen des Beschwerdegegners werden der Staatskasse auferlegt.
Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.
Gründe
Der Beschwerdegegner ist Betreuer des Betroffenen. Er übt den Beruf des Betreuers berufsmäßig aus.
Das Amtsgericht Aurich hatte durch Beschluss vom 03.08.1999 entschieden, dass dem Beschwerdegegner aufgrund seiner Ausbildung als Arbeitspädagoge mit Ausbildereignung, einer sonderpädagogischen Zusatzqualifikation und seiner Tätigkeit im Betreuungsbereich der WfB ein Stundensatz von 60 DM gemäß § 1 Abs. 1 Nr. 2 BVormVG zusteht. Entsprechend § 4 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 VBVG rechnet der Betreuer seine Vergütung seit dem 01.07.2005 mit 44 € pro Stunde ab, die ihm auch durchweg zuerkannt wurden.
Am 01.04.2017 hat der Betreuer im vorliegenden Betreuungsverfahren beantragt, seine Vergütung für den Zeitraum vom 01.01.2017 bis 31.03.2017 bei einem Stundensatz von 44 € und einem Stundenaufwand von 13,5 Stunden auf 594 € festzusetzen.
Die Frau Bezirksrevisorin hat am 03.05.2017 namens der Landeskasse die gerichtliche Festsetzung der Vergütungsanträge des Berufsbetreuers J. K. auf zukünftig 33,50 € je anzusetzenden Stunde beantragt. Die berufliche Qualifikation des Beschwerdegegners würde es nicht rechtfertigen, ihn hinsichtlich des Stundensatzes mit 44,00 € gemäß § 4 Abs. 1 Nr. 2 VBVG einzugruppieren, da sein Ausbildungsstand nicht einer Hochschulausbildung entsprechen würde. Auf die weiteren Ausführungen der Frau Bezirksrevisorin im Antrag vom 03.05.2017 wird Bezug genommen.
Der Beschwerdegegner wurde angehört und hat Angaben zu seiner Ausbildung gemacht. Er sei einem Küchenmeister angeglichen, da er Koch, stellvertretender Küchenchef und Küchenchef mit Ausbildereignung sei, was einen besonderen Lehrgang beinhalte. Er habe die Ausbildung zum Arbeitspädagogen absolviert mit sozialpädagogischen, psychologischen und Suchterkrankungen betreffenden Inhalten. Seine mündliche Prüfung habe in dem Zusammenhang das neue Betreuungsgesetz betroffen. Er habe mit der Note sehr gut abgeschlossen und werde beruflich seit dem als Sozialpädagoge eingestuft. Er habe während der Tätigkeit als Berufsbetreuer wiederholt an Veranstaltung zur Weiterbildung im Bereich Berufsbetreuung teilgenommen. Er sei von dem Rechtspfleger des Amtsgerichts auch als Ergänzungsbetreuer eingesetzt worden.
Das Amtsgericht hat mit Beschluss vom 12.06.2017 die Vergütung des Betreuers für die Zeit vom 01.01.2017 bis zum 31.03.2017 antragsgemäß auf 594,00 € festgesetzt. Hinsichtlich der Begründung hat das Amtsgericht hervorgehoben dass eine Abkehr von dem Beschluss vom 03.08.1999 mit den Grundsätzen von Treu und Glauben nicht vereinbar sei. Wegen der weiteren Ausführungen wird auf die Entscheidungsgründe des Beschlusses vom 12.06.2017 Bezug genommen.
Die Frau Bezirksrevisorin hat am 19.06.2017 gegen den Festsetzungsbeschluss des Amtsgerichts Aurich vom 12.06.2017 Beschwerde eingelegt und beantragt, die Vergütung des Berufsbetreuers auf 452,25 € festzusetzen, da entgegen der Ansicht des Amtsgerichts lediglich ein Stundensatz von 33,50 € pro Stunde festzusetzen sei. Eine Berufung auf Vertrauensschutz sei nicht möglich.
Die Beschwerde ist gemäß §§ 61 Abs. 2, 58 ff. FamFG zulässig, jedoch in der Sache unbegründet.
Der Beschwerde ist einzuräumen, dass die Eingruppierung des Beschwerdegegners mit einem Stundensatz von 44 € gemäß § 4 Abs. 1 Nr. 2 VBVG angesichts seines Ausbildungsstandes nicht korrekt ist.
Nach §§ 1908i Abs. 1 Satz 1, 1836 Abs. 1 Satz 2 BGB erhält der Betreuer für seine Tätigkeit eine Vergütung, wenn das Gericht bei der Bestellung des Betreuers feststellt, dass die Betreuung berufsmäßig geführt wird. Die Höhe der Vergütung bestimmt sich nach dem zu vergütenden Zeitaufwand (§ 5 VBVG) und dem nach § 4 Abs. 1 VBVG maßgeblichen Stundensatz, der nach § 4 Abs. 1 Satz 1 VBVG grundsätzlich 27 € beträgt. Verfügt der Betreuer über besondere Kenntnisse, die für die Führung der Betreuung nutzbar sind, erhöht sich der Stundensatz auf 33,50 €, wenn diese Kenntnisse durch eine abgeschlossene Lehre oder eine vergleichbare abgeschlossene Ausbildung erworben sind (§ 4 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 Vormünder- und Betreuer-vergütungsgesetz (VBVG)), und auf 44 €, wenn diese Kenntnisse durch eine abgeschlossene Ausbildung an einer Hochschule oder eine vergleichbare abgeschlossene Ausbildung erworben sind (§ 4 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 VBVG). Die Frage, unter welchen Umständen ein Berufsbetreuer im Einzelfall die Voraussetzungen erfüllt, unter denen ihm gem. § 4 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 VBVG eine erhöhte Vergütung zu bewilligen ist, obliegt einer wertenden Betrachtungsweise des Tatrichters.
Nach § 4 Abs. 1 VBVG ist der für die Vergütung eines Berufsbetreuers maßgebliche Stundensatz vom Gesetzgeber nach der Qualifikation des Betreuers in einer typisierenden dreistufigen Skala verbindlich festgelegt (BGH, Beschluss vom 04.04.2012 - XII ZB 447/11). Im Interesse einer problemlosen Handhabbarkeit wird in § 4 Abs. 1 VBVG die Qualifikation des Betreuers von der Art seiner Ausbildung abhängig gemacht (vgl. BT-Drucks. 13/7158, S. 14). Eine Vergütung mit dem nach § 4 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 VBVG erhöhten Stundensatz erhält ein Berufsbetreuer daher nur, wenn er die Fachkenntnisse, die für die Durchführung der Betreuung nutzbar sind, durch eine abgeschlossene Ausbildung an einer Hochschule oder durch eine vergleichbare abgeschlossene Ausbildung erworben hat.
Einer Hochschulausbildung vergleichbar ist eine Ausbildung, die in ihrer Wertigkeit einer Hochschulausbildung entspricht und einen formalen Abschluss aufweist. Gleichwertig ist eine Ausbildung, wenn sie staatlich reglementiert oder zumindest staatlich anerkannt ist und der durch sie vermittelte Wissensstand nach Art und Umfang dem eines Hochschulstudiums entspricht. Als Kriterien können somit insbesondere der mit der Ausbildung verbundene Zeitaufwand, der Umfang und Inhalt des Lehrstoffes und die Zulassungsvoraussetzungen herangezogen werden (BGH, a.a.O.). Für die Annahme der Vergleichbarkeit einer Ausbildung mit einer Hochschul- oder Fachhochschulausbildung kann auch sprechen, wenn die durch die Abschlussprüfung erworbene Qualifikation Zugang zu beruflichen Tätigkeiten ermöglicht, deren Ausübung üblicherweise Hochschulabsolventen vorbehalten is. Bei der Prüfung der Vergleichbarkeit hat der Tatrichter strenge Maßstäbe anzulegen (vgl. BGH, a.a.O.).
Die Ausbildung des Betreuers zunächst als Koch und später als Arbeitspädagoge ist mit einer abgeschlossenen Ausbildung an einer (Fach-) Hochschule nicht vergleichbar. Die Tätigkeit als Koch, auch wenn der Betreuer dem Ausbildungsstand eines Küchenmeisters angeglichen war, ist ersichtlich nicht einer Hochschulausbildung vergleichbar und im übrigen auch nicht im unmittelbaren Nutzen für eine Tätigkeit als Betreuer. Die Ausbildung zum Arbeitspädagogen ist zwar von unmittelbarem Nutzen für eine Tätigkeit als Betreuer. Jedoch ist auch diese Ausbildung nach Zeitaufwand und Inhalten nicht mit einer Hochschulausbildung vergleichbar.
Die fehlende Vergleichbarkeit wird auch nicht ausgeglichen durch die Teilnahme an Fortbildungen sowie Lebens- und Berufserfahrung. Diese Umstände sind grundsätzlich nicht als Quelle für den Erwerb von Vergütungshöhe den besonderen Kenntnissen im Sinne von § 4 Abs. 1 V BVG anzuerkennen. Denn die Vorschrift knüpft ausschließlich an den typisierten Ausbildungsgang an. Mit dem nach Art der Ausbildung gestaffelten Stundensatz wollte der Gesetzgeber den Gerichten eine leicht zu handhabende Regelung zur Verfügung stellen und auf diese Weise eine einheitliche Vergütungspraxis sichern.
Näherer Ausführungen bedarf es dazu jedoch nicht, da die Beschwerde aus anderen Gründen im vorliegenden Fall unbegründet ist. Unstreitig wurde der Betreuer seit dem Beschluss des Amtsgerichts Aurich vom 03.08.1999 stets mit dem höchsten Stundensatz, den Betreuer erlangen können, eingruppiert. Insbesondere rechnet er seit der Einführung des Gesetzes über die Vergütung von Vormündern und Betreuern (VBVG) im Jahr 2005 mit einem Stundensatz von 44 € ab, welcher ihm auch stets gewährt wurde. Aufgrund dieses langen Zeitraumes, in welchem der erhöhte Stundensatz zu keiner Zeit in Abrede gestellt wurde, ist zu Gunsten des Betreuers ein Vertrauensschutz dahingehend entstanden, dass er davon ausgehen darf, dass seine Tätigkeit als Betreuer stets mit einem Stundensatz von nicht weniger als 44 € abgerechnet wird.
Der Betreuer wird aber darauf hingewiesen, dass er hinsichtlich zukünftiger Erhöhungen des Stundensatzes nicht partizipieren wird, da er die Voraussetzungen für die Eingruppierung in den erhöhten Stundensatz gemäß § 4 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 VBVG nicht erfüllt.
Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 80, 81 FamFG.
Einer Zulassung der Rechtsbeschwerde bedurfte es nicht, da die Frage des Vertrauensschutzes einzelfallbezogen und nicht von grundsätzlicher Bedeutung ist.