Oberverwaltungsgericht Niedersachsen
Beschl. v. 11.12.2000, Az.: 11 M 3943/00
Aufenthaltsbefugnis; Aufenthaltserlaubnis; Duldung; Ehe; Familie; Familienzusammenführung; fehlendes Visum; Kinder; rechtmäßiger Aufenthalt; Sorgerecht
Bibliographie
- Gericht
- OVG Niedersachsen
- Datum
- 11.12.2000
- Aktenzeichen
- 11 M 3943/00
- Entscheidungsform
- Beschluss
- Referenz
- WKRS 2000, 41828
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- [keine Angabe]
Verfahrensgang
- vorgehend
- VG - 13.11.2000 - AZ: 11 B 4130/00
Rechtsgrundlagen
- § 8 Abs 1 Nr 1 AuslG
- § 9 Abs 1 Nr 1 AuslG
- § 1 AuslGDV
- § 9 Abs 2 AuslGDV
- § 9 Abs 5 AuslGDV
- § 20 AuslG
- § 17 AuslG
- § 71 Abs 2 S 1 AuslG
- § 123 VwGO
- § 30 Abs 5 AuslG
- § 30 Abs 4 AuslG
- § 30 Abs 3 AuslG
- Art 6 GG
- § 1626 Abs 1 S 1 BGB
Gründe
Der Antrag auf Zulassung der Beschwerde gegen den angefochtenen Beschluss ist zwar zulässig, insbesondere rechtzeitig durch einen Prozessbevollmächtigten eingereicht, jedoch unbegründet.
Der sinngemäß geltend gemachte Zulassungsgrund des § 146 Abs. 4 i. V. m. § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO (ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des angefochtenen Beschlusses) liegt nicht vor. Das Verwaltungsgericht hat vielmehr zu Recht den Antrag des Antragstellers, den Antragsgegner im Wege des Erlasses einer einstweiligen Anordnung zu verpflichten, von dem Vollzug der Abschiebung der Beigeladenen - seiner geschiedenen Frau und der gemeinsamen fünf Kinder - vorläufig abzusehen, abgelehnt.
Der Antragsteller, ein türkischer Staatsangehöriger, macht im wesentlichen geltend, nachdem er im Frühjahr 1998 von seiner Ehefrau, ebenfalls einer türkischen Staatsangehörigen, geschieden worden sei, sei ihm für die beiden ältesten (1987 und 1988 in der Türkei geborenen) Kinder das Sorgerecht übertragen worden, welches er auch wahrnehme. Darüber hinaus übe er tatsächlich auch das Sorgerecht hinsichtlich der drei jüngeren (ab 1996 im Bundesgebiet geborenen) gemeinsamen Kinder aus. Die Ausübung dieses Sorge- und Umgangsrechtes mit seinen fünf Kindern werde ihm jedoch genommen, wenn nunmehr seine geschiedene Frau mit den Kindern abgeschoben werde; er selbst könne ihr nicht in die Türkei nachfolgen, denn er habe Anfang 2000 eine deutsche Staatsangehörige, eine frühere Lebensgefährtin, geheiratet und sei nunmehr im Besitz einer Aufenthaltserlaubnis für das Bundesgebiet. Könne er aber im Bundesgebiet verbleiben und wegen seiner Heirat nicht auf eine Ausreise verwiesen werden, müssten im Hinblick auf Art. 6 GG seine türkischen Kinder und zum Wohlergehen der Kinder wiederum auch seine geschiedene türkische Frau im Bundesgebiet verbleiben.
Dieser Bewertung vermag der Senat nicht zu folgen.
1) Es kann dahinstehen, ob dem Antragsteller überhaupt hinsichtlich der Beigeladenen zu 1), seiner geschiedenen Frau, eine Antragsbefugnis für den Erlass einer einstweiligen Anordnung zuzugestehen ist (zum Streitstand vgl. insoweit VG Ansbach, Urt. v. 17.9.1998 - AN 5 K 98.00143 - InfAuslR 1998, 497, 498 [OVG Rheinland-Pfalz 22.09.1998 - 10 B 11661/98]); denn das Anordnungsbegehren ist jedenfalls unbegründet.
2) Ein für den Erlass der begehrten einstweiligen Anordnung (§ 123 VwGO) erforderlicher Anordnungsanspruch ist nicht ersichtlich.
Der Antragsteller strebt erkennbar einen dauerhaften Verbleib der Beigeladenen im Bundesgebiet an. Dafür wäre erforderlich, dass sich die Beigeladenen auf ein ihnen aller Voraussicht nach zustehendes Recht auf einen weiteren Aufenthalt im Bundesgebiet berufen können. Hierfür sind indes keine zureichenden Anhaltspunkte gegeben.
a) Das Asylbegehren aller Beigeladenen ist zwischenzeitlich rechtskräftig abgelehnt, so dass sich aus dem Asylverfahrensgesetz kein weiteres Bleiberecht ergibt.
b) Auch aus dem Ausländergesetz können die Beigeladenen aller Voraussicht nach keinen Aufenthaltsanspruch ableiten.
aa) Der Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis steht bezüglich der 1995 als Asylbewerber eingereisten Beigeladenen zu 1) bis 3) schon die Bestimmung des § 8 Abs. 1 Nr. 1 AuslG entgegen, wonach die Aufenthaltsgenehmigung selbst bei Vorliegen der Voraussetzungen eines Anspruchs auf Erteilung der Aufenthaltsgenehmigung zu versagen ist, wenn der betreffende Ausländer ohne erforderliches Visum eingereist ist. Diese Bestimmung gilt auch für Ausländer, die als Asylbewerber ohne Visum eingereist sind, deren Asylantrag aber erfolglos geblieben ist. Auch sie müssen eine asylunabhängige Aufenthaltsgenehmigung im Sichtvermerksverfahren einholen, es sei denn, sie sind aus anderen Gründen davon befreit oder können die Aufenthaltsgenehmigung ausnahmsweise nach der Einreise einholen (BVerwG, Urt. v. 3.6.1997 - 1 C 1.97 - InfAuslR 1997, 352 = NVwZ 1998, 187).
Davon ist hinsichtlich der Beigeladenen zu 1) - 3) jedoch nicht auszugehen.
Sie können sich nicht auf die auf der Grundlage des § 3 Abs. 3 AuslG ergangene Verordnung zur Durchführung des Ausländergesetzes (DVAuslG) berufen, die im einzelnen regelt, unter welchen Voraussetzungen erst nach der Einreise eine Aufenthaltserlaubnis beantragt werden kann.
§ 1 DVAuslG greift nicht ein. Die Türkei war weder in der 1995 - im Zeitpunkt der Einreise der Beigeladenen zu 1) bis 3) - geltenden Fassung der DVAuslG (vom 18.12.1990 einschließlich der Änderungen bis zum 14.3.1995, BGBl. I 1990, 2983; 1995, 326) noch ist sie in der derzeit geltenden Fassung (v. 21.5.1999, BGBl. I S. 1038) in der Anlage I erwähnt.
Zugunsten der Beigeladenen zu 1) bis 3) greift auch nicht § 9 Abs. 2 oder Abs. 5 DVAuslG (in den o. a. Fassungen) ein. Zwar sind die Beigeladenen zu 1) bis 3) als Asylsuchende und damit im Sinne dieser Bestimmung erlaubt eingereist (BVerwG, Urt. v. 3.6.1997, a. a. O.). Es liegt jedoch kein "rechtmäßiger" Aufenthalt vor; denn das Asylbegehren der Beigeladenen ist letztlich ohne Erfolg geblieben und ein nur gemäß § 55 AsylVfG gestatteter Aufenthalt ist nicht mit einem rechtmäßigen Aufenthalt gleichzusetzen (vgl. insoweit klarstellend § 9 DVAuslG idF. v. 21.5.2000, BGBl. I S. 1038, der ausdrücklich zwischen rechtmäßigem, geduldetem und gestattetem Aufenthalt unterscheidet).
Die Beigeladenen zu 1) - 3) können auch nicht auf § 9 Abs. 1 Nr. 1 AuslG verweisen. Danach kann die Aufenthaltsgenehmigung abweichend von § 8 Abs. 1 Nr. 1 AuslG erteilt werden, wenn die Voraussetzungen eines Anspruches auf Erteilung der Aufenthaltsgenehmigung nach dem Ausländergesetz offensichtlich erfüllt sind und der Ausländer nur wegen des Zwecks oder der Dauer des beabsichtigten Aufenthalts visumspflichtig ist. Vorliegend greift schon die zweite Alternative nicht ein; denn die Beigeladenen unterlagen bereits wegen ihrer türkischen Staatsangehörigkeit einer generellen Visumspflicht. Unabhängig davon ist auch nicht ersichtlich, inwieweit für die Beigeladenen zu 2) und 3) ein Rechtsanspruch auf Erteilung einer Aufenthaltsgenehmigung offensichtlich bestehen soll. §§ 20 Abs. 2, 17 AuslG greifen schon deswegen nicht ein, weil nach bisherigem Kenntnisstand nicht davon auszugehen ist, dass der Antragsteller ihnen ausreichend Wohnraum zur Verfügung stellen und ihren Lebensunterhalt aus eigenen Mitteln sichern kann. Ein Rechtsanspruch ist auch bezüglich der Beigeladenen zu 1) nicht ersichtlich. Ob sich die Beigeladenen zu 1) - 3) auf etwaige Ermessen eröffnende Bestimmungen berufen können, ist im Rahmen des § 9 Abs. 1 Nr. 1 AuslG unerheblich; denn nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts muss es sich bei § 9 Abs. 1 Nr. 1 AuslG um einen strikten Rechtsanspruch handeln; ein solcher, der lediglich Ermessen eröffnet, reicht selbst bei einer Ermessensreduzierung auf Null nicht aus (BVerwG, Urt. v. 18.6.1996 - 1 C 17.95 - DVBl. 1997, 174; Beschl. d. Sen. v. 20.9.1999 - 11 M 3446/96 -; v. 20.11.2000 - 11 M 3807/00 -).
Vor diesem Hintergrund kann offen bleiben, ob die Beigeladenen im Rahmen eines Rechtsbehelfs gem. § 71 Abs. 2 Satz 1 AuslG ohnehin nur geltend machen können, dass der Versagungsgrund des § 8 Abs. 1 Nr. 1 AuslG nicht vorliegt, die durch § 9 AuslG vorgesehene Ausnahmemöglichkeit also nur auf die Ebene des Verwaltungsverfahrens beschränkt ist(so Hailbronner, AuslR, § 9 AuslG Rdnr. 6; Renner, AuslR in Deutschland S. 295; a. A. OVG Bremen, Beschl. v. 19.7.94 - 1 BA 61/93 - EZAR 621 = InfAuslR 1995, 107).
bb) Hinsichtlich der Beigeladenen zu 4) - 6) gilt zwar - da sie im Bundesgebiet geboren sind - § 8 Abs. 1 Nr. 1 AuslG nicht. Gleichwohl ergibt sich auch für sie aus dem AuslG kein Anspruch auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis.
§ 21 AuslG greift nicht ein, da ihre Mutter, die Beigeladene zu 1), keine Aufenthaltserlaubnis/-berechtigung besitzt.
§§ 20 Abs. 2, 17 AuslG scheidet als Anspruchsgrundlage aus den oben dargestellten Überlegungen aus. Gleiches gilt hinsichtlich der Ermessen eröffnenden Vorschrift des § 20 Abs. 4 AuslG, da auch sie über § 17 AuslG u. a. das Vorhandensein ausreichenden Wohnraums und der Sicherstellung des Lebensunterhalts voraussetzt.
cc) Die Voraussetzungen für die Erteilung einer Aufenthaltsbefugnis nach § 30 AuslG sind für die Beigeladenen zu 1) - 6) aller Voraussicht nach ebenfalls nicht erfüllt. Da die Beigeladenen als Asylbewerber eingereist und mit ihrem Antrag erfolglos geblieben sind, kommt gemäß § 30 Abs. 5 AuslG eine Erteilung nur nach Maßgabe der Abs. 3 und 4 in Betracht.
Eine Erteilung nach § 30 Abs. 4 AuslG scheitert daran, dass die Beigeladenen, soweit in diesem summarischen Verfahren erkennbar, keine Duldung besitzen (vgl. BVerwG, Urt. v. 8.4.1997 - 1 C 12.94 - Buchholz 402.240 § 30 AuslG 1990 Nr. 4; Urt. v. 9.12.1997 - 1 C 19.96 - BVerwGE 106, 13).
Aber auch § 30 Abs. 3 AuslG greift im Ergebnis nicht ein. Allerdings ist typischerweise in den Fällen, in denen Art. 6 Abs. 1 GG oder Art. 8 EMRK der Entfernung des Ausländers (hier der Beigeladenen) aus dem Bundesgebiet entgegenstehen, diesem Abschiebungshindernis durch Erteilung einer Aufenthaltsbefugnis zu begegnen. Die Erteilung einer Duldung gemäß § 55 Abs. 2 AuslG scheidet aus, denn mit Hilfe einer Duldung kann die Abschiebung nur zeitweise ausgesetzt werden (§ 55 Abs. 1, 2, § 56 Abs. 2 AuslG), während das vorliegend im Mittelpunkt stehende Abschiebungshindernis der familiären Zusammengehörigkeit in der Regel dauerhaft besteht. Der Duldung kommt aber nicht die Funktion eines vorbereitenden oder ersatzweise gewährten Aufenthaltsrechts zu. Zudem vermittelt die Duldung keinen aufenthaltsrechtlichen Status, der dem Anliegen des Familiennachzuges gerecht würde (§ 56 Abs. 1, 3 und 4 AuslG; vgl. BVerwG, Urt. v. 4.6.1997 - 1 C 9.95 - InfAuslR 1997, 355, 358).
Nach § 30 Abs. 3 AuslG kann einem Ausländer, der unanfechtbar ausreisepflichtig ist, eine Aufenthaltsbefugnis abweichend von § 8 Abs. 1 AuslG erteilt werden, wenn die Voraussetzungen des § 55 Abs. 2 für eine Duldung vorliegen, weil seiner freiwilligen Ausreise und seiner Abschiebung Hindernisse entgegenstehen, die er nicht zu vertreten hat. Nach § 55 Abs. 2 AuslG wiederum wird einem Ausländer eine Duldung erteilt, solange seine Abschiebung aus rechtlichen oder tatsächlichen Gründen unmöglich ist oder nach § 53 Abs. 6 oder § 54 AuslG ausgesetzt werden soll.
Die Beigeladenen erfüllen diese Voraussetzungen nach derzeitigem Erkenntnisstand nicht.
Für einen Duldungsgrund nach § 53 Abs. 6 AuslG oder § 54 AuslG ist nichts ersichtlich und auch nichts geltend gemacht. Demgemäß kommt die Erteilung einer Aufenthaltsbefugnis nur in Betracht, wenn die Abschiebung unmöglich ist. Für eine tatsächliche Unmöglichkeit ist nichts vorgetragen und ersichtlich. Rechtlich unmöglich ist die Abschiebung, wenn sie aus rechtlichen Gründen nicht durchgeführt werden darf. Ein derartiges zwingendes Abschiebungshindernis liegt dann vor, wenn es dem Ausländer nicht zuzumuten ist, seine familiären Beziehungen durch Ausreise zu unterbrechen. Hierin liegt ein seiner freiwilligen Ausreise und seiner Abschiebung entgegenstehendes, von ihm nicht zu vertretendes Hindernis im Sinne des § 30 Abs. 3 AuslG (BVerwG, Urt. v. 4.6.1997 - 1 C 9.95 - InfAuslR 1997, 355; v. 9.12.1997 - 1 C 19.96 - BVerwGE 106, 13). Ein solches Abschiebungshindernis besteht hier aller Voraussicht nach jedoch nicht.
Allerdings kann Art. 6 Abs. 1 GG, der Ehe und Familie unter den besonderen Schutz der staatlichen Ordnung stellt, unter bestimmten Voraussetzungen zu einem Abschiebungshindernis in dem eben bezeichneten Sinn führen. Der Schutzbereich dieses nicht auf Deutsche beschränkten Grundrechts umfasst dabei auch die Beziehungen des Vaters zu seinen ehelichen Kindern nach Auflösung der Ehe.
Art. 6 GG gewährt zwar nicht unmittelbar einen Anspruch auf Aufenthalt. Die entscheidende Behörde hat jedoch die familiären Bindungen bei der Anwendung offener Tatbestände und bei der Ermessensausübung pflichtgemäß zu berücksichtigen. Auch hat das Bundesverfassungsgericht in dem vom Antragsteller zitierten Beschluss vom 31. August 1999 (- 2 BvR 1523/99 - InfAuslR 2000, 97 [BVerwG 23.09.1999 - BVerwG 9 B 372/99; 9 PKH 102.99]) dem Interesse von minderjährigen Kindern, auch mit dem nicht mit ihnen in häuslicher Gemeinschaft lebenden Elternteil in Kontakt zu bleiben, ein wesentliches Interesse beigemessen. Darüber hinaus ist nach dem Inkrafttreten des Gesetzes zur Reform des Kindschaftsrechtes vom 16. Dezember 1997 (BGBl. I S. 2842) am 1. Juli 1998 davon auszugehen, dass grundsätzlich beiden Elternteilen das Sorgerecht zusteht. Auch unter Berücksichtigung dieser Vorgaben ist nach der Rechtsprechung des Senats jedoch davon auszugehen, dass es bei der ausländerrechtlichen Beurteilung der Frage, ob eine familiäre Lebensgemeinschaft zwischen einem (mitsorgeberechtigten) Elternteil und seinem nicht mit ihm in häuslicher Gemeinschaft lebenden minderjährigen Kind vorliegt, (weiterhin) ganz wesentlich auf die tatsächliche Ausübung des Sorgerechtes ankommt (vgl. z. B. Beschl. v. 18.9.2000 - 11 M 2929/00 -; ebenso OVG Hamburg, Beschl. v. 28.4.1999 - NVwZ 2000, 105 [OVG Hamburg 28.04.1999 - 4 Bs 92/99]; OVG Rh.-Pf., Beschl. v. 10.4.2000 - 10 B 10369/00. - OVG - InfAuslR 2000, 308 [BVerfG 21.01.2000 - 2 BvR 2125/97]). Den Gesetzesmaterialien (vgl. BT-Drucks. 13/4899, S. 93) ist nämlich zu entnehmen, dass der Begriff der elterlichen Sorge gerade nicht auf ein bloßes Sorgerecht verkürzt, sondern ausdrücklich eine Sorgepflicht (vgl. § 1626 Abs. 1 Satz 1 BGB) betont werden sollte. Es lässt sich daher nicht feststellen, dass nunmehr ohne Rücksicht auf die tatsächliche Ausgestaltung der Beziehung des (mitsorgeberechtigten) ausländischen Elternteils zu seinem nicht mit ihm in häuslicher Gemeinschaft lebenden minderjährigen Kind stets eine familiäre Lebensgemeinschaft vorliegt. Im Rahmen eines Eilverfahrens ist daher zu prüfen, ob zuverlässige Anhaltspunkte dafür bestehen, dass der betreffende Ausländer nach außen hin erkennbar in ausreichendem Maße Verantwortung für die Betreuung und Erziehung seines Kindes/seiner Kinder übernimmt.
Derartige zuverlässige Anhaltspunkte vermag der Senat nicht zu erkennen. Eine Auswertung der vorliegenden Unterlagen ergibt vielmehr, dass der Antragsteller sich in seinem Verhalten und in seinem Vortrag allein von der verfahrenstaktischen Überlegung beeinflussen lässt, sich und seinen (türkischen) Familienmitgliedern ein Aufenthaltsrecht im Bundesgebiet zu verschaffen.
So hat der Antragsteller nach seiner Einreise in das Bundesgebiet Anfang 1988 zunächst im Ergebnis erfolglos ein Asylverfahren durchgeführt. Auch die ihm 1995 in das Bundesgebiet mit den zwei gemeinsamen Kindern nachgefolgte türkische Ehefrau hat erfolglos ein Asylverfahren betrieben. Für die im Bundesgebiet weiter geborenen drei Kinder wurden ebenfalls Asylverfahren angestrengt, die jedoch alle negativ entschieden wurden. Nachdem ein Aufenthaltsrecht über das Asylverfahren nicht erlangt werden konnte, hat der Antragsteller, der ca. von 1991 bis 1993 mit einer deutschen Staatsangehörigen in eheähnlicher Gemeinschaft gelebt hat, unter Verweis auf die aus dieser Beziehung hervorgegangenen, 1991 und 1992 geborenen deutschen Kinder ein Aufenthaltsrecht unter Berufung auf § 23 AuslG angestrebt und geltend gemacht, er lebe in familiärer Gemeinschaft mit diesen deutschen Kindern. Ein Aufenthaltsrecht über § 23 AuslG wurde dem Antragsteller jedoch nicht zuerkannt, da eine familiäre Gemeinschaft mit seinen deutschen Kindern nicht festgestellt werden konnte. Der Antragsgegner verwies damals u. a. darauf, dass der Antragsteller schon seit Sommer 1997 für seine deutschen Kinder keinen Unterhalt zahle, ein regelmäßiger Besuch seiner deutschen Kinder den eingezogenen Erkundigungen nicht zu entnehmen sei, zumal der Antragsteller auf der Insel Juist, seine frühere deutsche Lebensgefährtin dagegen auf dem Festland in Norden wohne und der Antragsteller schließlich im Juni 1998 gemeinsam mit seiner türkischen Familie untergetaucht sei. Nachdem der Antragsteller im Februar 1999 in die Türkei abgeschoben worden war, hat er dort im Januar 2000 seine frühere deutsche Lebensgefährtin geheiratet. Ihm ist daraufhin zum Zwecke der Familienzusammenführung eine befristete Aufenthaltserlaubnis erteilt worden. Nunmehr beruft sich der Antragsteller auf das ihm gegenüber seinen fünf türkischen Kindern zustehende Sorgerecht/Mitsorgerecht und sieht aus diesem Grund eine Abschiebung dieser Kinder und daraus folgend auch eine Abschiebung seiner geschiedenen türkischen Frau als unzulässig an.
Die Ausführungen des Antragstellers, er kümmere sich regelmäßig um seine türkischen Kinder, er habe in der Regel mehrmals wöchentlich mit ihnen Kontakt, kümmere sich um die Erziehung und leiste Hilfe in Alltagsangelegenheiten (vgl. den Schriftsatz vom 13.11.2000), wertet der Senat vor dem soeben aufgezeigten zeitlichen Ablauf als Schutzbehauptung. Mit demselben Argument (häufige Besuche) hatte er nämlich schon 1998 für sich ein Bleiberecht erstrebt, damals bezogen sich seine Aussagen allerdings auf seine beiden deutschen Kinder. Nimmt man den Antragsteller bei seinem Wort, müsste er mehrmals wöchentlich zwischen Norden und Krummhörn-Loquard (dort wohnen seine geschiedene türkische Frau und die fünf Kinder) hin und her pendeln, um - wie er ausgeführt hat - einerseits mit den beiden deutschen Kindern, andererseits mit den fünf türkischen Kindern in familiärer Lebensgemeinschaft zu leben. Dieses sieht der Senat nach allgemeiner Lebenserfahrung als nicht glaubhaft an. Sollte der Antragsteller in einem Arbeitsverhältnis stehen, stünde schon dieses der Annahme mehrmaliger wöchentlicher Begegnungen mit seinen türkischen Kindern entgegen. Sollte der Antragsteller kein Arbeitsentgelt beziehen, dürften die finanziellen Belastungen derartig häufiger Besuche trotz der relativ geringen Entfernung von ca. 20 - 30 km erheblich sein und es ist nicht ersichtlich, wie der Antragsteller diese Mittel aufbringen will.
Die von dem Antragsteller in diesem Zusammenhang vorgelegten Erklärungen seiner geschiedenen Frau und seiner deutschen Ehefrau führen zu keinem anderen Ergebnis. Der Beweiswert dieser Erklärungen ist als äußerst gering einzuschätzen, da beide dem Antragsteller nahe stehen und insbesondere die geschiedene Frau des Antragstellers ein wesentliches Interesse an einem weiteren Verbleib im Bundesgebiet hat. Auf Seiten der deutschen Ehefrau des Antragstellers ist zu berücksichtigen, dass ihr derzeitiges Verhalten im Widerspruch zu ihren aus den Unterlagen ersichtlichen Erklärungen noch von Mitte 1998 steht.
Aber selbst wenn man zugunsten des Antragstellers die von ihm behauptete enge Beziehung zu seinen fünf türkischen Kindern als zutreffend unterstellt, führt dies nicht zur Gewährung einer Aufenthaltsbefugnis nach § 30 Abs. 3 AuslG. Zum einen dürfte dann nämlich die Unmöglichkeit, eine Art. 6 GG entsprechende Verbindung zwischen den Kindern und dem Vater aufrecht zu erhalten, von den Beigeladenen zu vertreten sein. Sie müssen sich nämlich die freiwillige Entscheidung ihres Vaters, durch die Heirat mit einer Deutschen die Möglichkeit einer Aufrechterhaltung der familiären Gemeinschaft in der Türkei zu erschweren, zurechnen lassen. Darüber hinaus ist es den Beigeladenen auch zumutbar, zunächst in die Türkei zurückzukehren, um von dort aus ein Visumsverfahren zum Zwecke der Zusammenführung mit ihrem Vater unter Mitnahme der Beigeladenen zu 1) zu betreiben. Zureichende Anhaltspunkte dafür, dass auch eine vorübergehende Trennung vom Antragsteller zu nicht hinzunehmenden Unzuträglichkeiten bei den Kindern führt, sind nicht gegeben. Hierbei ist in Betracht zu ziehen, dass der Antragsteller selbst 1988 seine damalige Ehefrau und seine damals schon geborenen zwei ältesten Kinder in der Türkei zurückgelassen hat, um zunächst allein im Bundesgebiet Asyl zu erhalten. Seine Ehefrau und die beiden ältesten Kinder sind erst 1995, mithin nach sieben Jahren, in das Bundesgebiet gekommen. Wenn aber der Antragsteller bereits in der Vergangenheit für längere Zeit von sich aus Trennungen von seinen Kindern hingenommen hat, ist nicht ersichtlich, wieso das nicht auch nunmehr möglich sein soll. Dass die Kinder nicht auf eine ununterbrochene Anwesenheit ihres Vaters für ihr Wohlergehen angewiesen sind, ergibt sich zudem daraus, dass der Antragsteller im Februar 1999 abgeschoben wurde und erst ca. ein Jahr später in das Bundesgebiet einreiste ohne dass diese Abwesenheit - soweit erkennbar - zu gravierenden Defiziten bei seinen türkischen Kindern geführt hat.