Oberverwaltungsgericht Niedersachsen
Urt. v. 13.12.2000, Az.: 4 L 3142/00

HIV; kostenaufwendige Ernährung; Krebserkrankung; Mehrbedarf; Sozialhilfe; Vererblichkeit Sozialhilfeleistungen; ärztliche Verordnung

Bibliographie

Gericht
OVG Niedersachsen
Datum
13.12.2000
Aktenzeichen
4 L 3142/00
Entscheidungsform
Urteil
Referenz
WKRS 2000, 41815
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
[keine Angabe]

Verfahrensgang

vorgehend
VG - 15.06.2000 - AZ: 9 A 4005/98

Amtlicher Leitsatz

Leitsatz

1. Eine Krebserkrankung, die mit einer HIV-Infektion einhergeht, rechtfertigt einen Mehrbedarf wegen kostenaufwendiger Ernährung in Höhe von 100,-- DM monatlich.


2. Zu den Anforderungen an eine ärztliche Verordnung im Rahmen eines engen medizinischen Betreuungsgeflechts.


3. Vererblichkeit von Sozialhilfeansprüchen, wenn entsprechende Aufwendungen aus dem Pflegegeld bestritten werden, das der Pflegeperson zugewandt wird.

Tatbestand:

1

Die Beteiligten streiten über die Gewährung eines Mehrbedarfszuschlages für eine kostenaufwendige Ernährung der Tochter der Klägerin.

2

Die Klägerin ist die Mutter und Erbin von Frau R. H., die am 14. Mai 1999 an den Folgen eines Krebsleidens gestorben ist. Frau R. H. hatte seit der Trennung von ihrem Ehemann im Mai 1985 laufende Leistungen zum Lebensunterhalt bezogen.

3

Nach einem Bericht der Medizinischen Hochschule Hannover vom 11. Juni 1997 wurde bei Frau H. im März 1997 ein Uteruskarzinom und im April 1997 eine HIV-Infektion diagnostiziert. Bereits vorher war sie an einer Polyarthritis erkrankt. Frau H. beantragte am 18. August 1997 die Gewährung eines Mehrbedarfszuschlages wegen der im Zusammenhang mit der Krebserkrankung erforderlichen Ernährungsumstellung und trug vor, ihr sei es nicht möglich, mit den zur Verfügung stehenden geringen finanziellen Mitteln frisches Obst und Gemüse, Vitamine und Säfte sowie hormonfreie Fleisch- und Wurstwaren einzukaufen. Auf Nachfrage des Sozialamtes legte Frau H. eine ärztliche Bescheinigung vom 10. September 1997 vor, in der Herr Dr. R. H. bestätigte, dass bei Frau H. mit dem Uteruskarzinom eine der auf dem entsprechenden Vorblatt aufgeführten Erkrankungen vorliege, die eine Krankenkost verbunden mit höheren Kosten gegenüber der Normalernährung erfordere. Der Unterpunkt Angaben zur Therapie/sonstige Maßnahmen enthält die Bemerkung "hochkalorische Kost".

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Die für den Beklagten handelnde Stadt L. lehnte mit Bescheid vom 19. September 1997 den Antrag auf Gewährung eines Mehrbedarfs ab und führte zur Begründung aus: Eine kostenaufwendige Ernährung sei für Frau H. nicht notwendig. Das bloße Erfordernis, frisches Obst und Gemüse zu essen, begründe keinen Mehrbedarf. Es handele sich hierbei um eine Grundlage der Ernährung.

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Frau H. erhob hiergegen Widerspruch und brachte zur Begründung vor: Es gehe nicht nur um frisches Obst und Gemüse, sondern um die Dinge des täglichen Bedarfs einer Kranken. Außerdem sei zu berücksichtigen, dass sie auch an einer schweren Polyarthritis leide.

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Nach einem in den Verwaltungsvorgängen enthaltenen Vermerk vom 13. November 1997 erfolgte anlässlich des Widerspruchs von Frau H. eine fernmündliche Nachfrage bei Herrn Dr. H.. Dieser erklärte danach: Frau H. solle wegen ihrer Krebserkrankung kalorienreiche Nahrungsmittel, d. h. eine sog. hochkalorische Kost, zu sich nehmen. Ein spezieller Diätplan sei nicht aufgestellt worden. Auch Konzentrate seien nicht notwendig. Kalorienreiche Nahrungsmittel, wie sie von Frau H. benötigt würden, seien regulär in Supermärkten erhältlich.

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Der Beklagte wies den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 29. April 1998 zurück. Zur Begründung führte er im wesentlichen aus: Die Gewährung eines Mehrbedarfs für Ernährung erfolge nur bei einem tatsächlichen Bedarf an einer kostenaufwendigen Ernährung zum Zwecke der Genesung oder Besserung bzw. Linderung der Krankheitsfolgen oder zur Vermeidung der Verschlechterung des Gesundheitszustandes. Nach den fernmündlichen Angaben von Herrn Dr. H., wonach die von Frau H. aufgrund ihrer Krebserkrankung erforderlichen kalorienreichen Nahrungsmittel regulär in Supermärkten erhältlich seien, sei dieser tatsächliche Bedarf an einer kostenaufwendigen Ernährung nicht erkennbar.

8

Frau H. hat am 28. Mai 1998 Klage erhoben. Zur Begründung hat sie vorgetragen:  Eine kostenaufwendigeren Ernährung sei nicht nur wegen der Krebserkrankung und der Erkrankung an einer chronischen Polyarthritis, sondern auch wegen der bereits 1997 diagnostizierte HIV-Infektion erforderlich. Ein Mehrbedarf sei ihr allerdings bereits deshalb zu gewähren, weil sie an einer Tumorerkrankung leide. Infolge der seit Oktober 1997 vorgenommenen Bestrahlungen sei es zu Komplikationen gekommen. So ergebe sich aus einem vorläufigen Arztbrief der Medizinischen Hochschule Hannover vom 3. Dezember 1997, dass sich bei ihr eine ausgesprochene Schwäche eingestellt habe und es zu massiven Schweißausbrüchen gekommen sei. Die Bestrahlungen hätten zu einem Gewichtsverlust von bis zu 30 Pfund geführt. Die Strahlenbehandlung sei anschließend abgebrochen und durch eine Chemotherapie ersetzt worden. Es sei zudem zu berücksichtigen, dass durch eine entsprechende aufwendigere Ernährung sichergestellt werden müsse, im Hinblick auf die HIV-Infektion eine Minderung der Immunabwehr zu vermeiden. Frau H. legte hierzu ein ärztliches Attest des Facharztes für Allgemeinmedizin V. M. vom 13. Juni 1998 vor. Herr M. führt dort aus, dass die Erkrankungen von Frau H. folgende Begleiterscheinungen nach sich zögen: "Fieberschübe, Schüttelfrost, Übelkeit, Neuropathien, Kreislaufprobleme, Allergien, Urämie, Durchfall, schubweiser Gewichtsverlust, Schweißausbrüche und verschlechterte Blutwerte."

9

Nach der Vorlage eines weiteren ärztlichen Attestes von Herrn M. vom 7. Januar 1999 sowie eines ausführlichen Berichts der Medizinischen Hochschule Hannover zur Krankengeschichte vom 23. Dezember 1998 hat das Verwaltungsgericht auf entsprechenden Antrag Frau H. mit Beschluss vom 19. Februar 1999 Prozesskostenhilfe bewilligt, soweit sie für die Zeit vom 19. August 1997 bis 29. April 1998 einen Mehrbedarf  für kostenaufwendige Ernährung in Höhe von 100,-- DM monatlich begehre. In den Gründen dieses Beschlusses hat es zusammenfassend ausgeführt: Die Kammer erachte nach dem derzeitigen Sach- und Streitstand einen Mehrbedarf für Ernährung von höchstens 100,-- DM für möglich. Es sei dabei zu berücksichtigen, dass der Deutsche Verein für öffentliche und private Fürsorge, dessen Empfehlungen als die einer sachverständigen Stelle anzusehen seien, bei Krebs einen Mehrbedarfszuschlag von 50,-- DM empfehle; in derselben Höhe empfehle er einen Mehrbedarfszuschlag bei einer HIV-Infektion. Die hinreichende Erfolgsaussicht der Klage auf Gewährung eines Zuschlags von bis zu 100,-- DM nehme die Kammer an, weil in der Vergangenheit gerade bei einer HIV-Infektion auch über 50.-- DM monatlich liegende Mehrbedarfszuschläge anerkannt worden seien. Im Laufe des weiteren Verfahrens werde zu ermitteln sein, ob sich Frau H. während des maßgebenden Zeitraums vom 19. August 1997 bis 29. April 1998 tatsächlich auch kostenaufwendig ernährt habe. Dieser Frage ist das Gericht mit einer Aufklärungsverfügung vom 11. Mai 1999 nachgegangen. Am 14. Mai 1999 verstarb Frau H.. Die Klägerin als ihre Erbin hat daraufhin erklärt, dass sie in den Prozess eintrete. Sie hat zu der gerichtlichen Nachfrage vom 11. Mai 1999 ergänzend vorgetragen: Frau H. habe ein Pflegegeld in Höhe von 400,-- DM erhalten. Das Geld habe sie an ihre Tochter, die Zeugin B., weitergeleitet, die sie gepflegt habe. Frau B. habe allerdings 200,-- DM von diesem Geld für Ausgaben aufgewandt, die wegen der kostenaufwendigen Ernährung ihrer Mutter erforderlich gewesen seien.

10

Das Verwaltungsgericht  hat die Klage mit Urteil vom 15. Juni 2000 abgewiesen. In den Entscheidungsgründen hat das Verwaltungsgericht ausgeführt: Für den hier maßgeblichen Zeitraum vom 18. August 1997 bis 29. April 1998 habe eine ärztliche Verordnung, in der eine bestimmte Kost bezeichnet sei, die Mehraufwendungen erfordere, nicht vorgelegen. Die Voraussetzung einer derartigen ärztlichen Verordnung ergebe sich zwar nicht unmittelbar aus dem Wortlaut des § 23 Abs. 4 BSHG, entspreche aber der gefestigten Rechtsprechung des Niedersächsischen Oberverwaltungsgerichts. Demzufolge könne im vorliegenden Fall ein Mehrbedarf nur anerkannt werden, wenn die von Herrn Dr. H. in der Bescheinigung vom 10. September 1997 als Therapie angegebene "hochkalorische Kost" mit entsprechenden Mehrkosten verbunden gewesen wäre. Dies sei jedoch nicht der Fall. Insofern brauche nicht auf die ergänzenden Erklärungen von Herrn Dr. H. zurückgegriffen werden, die er nach dem Vermerk vom 13. November 1997 bei einer fernmündlichen Rückfrage abgegeben habe. Denn es sei gerichtsbekannt, dass es viele kalorienreiche Nahrungsmittel gebe, die nicht besonders teuer seien und daher aus dem sozialhilferechtlichen Regelsatz bezahlt werden könnten.

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Die Klägerin hat am 17. Juli 2000 beantragt, die Berufung gegen das ihr am 20. Juni 2000 zugestellte Urteil zuzulassen. Der Senat hat mit Beschluss vom 30. August 2000, der Klägerin zugestellt am 5. September 2000, die Berufung zugelassen.

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Mit ihrer am 2. Oktober 2000 vorgelegten Begründung der Berufung macht die Klägerin geltend: Entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts habe auch Herr Dr. H. Frau H. eine kostenaufwendige Ernährung infolge des Krankheitsbildes empfohlen. Tatsächlich habe sie sich auch kostenaufwendig ernährt. Die hierzu erforderlichen Aufwendungen seien von der Zeugin B. ihrer Mutter vorgestreckt worden. Die Zeugin B. habe hierzu monatlich 200,-- DM von dem Pflegegeld von 400,-- DM verwandt, das sie von ihrer Mutter für ihre Pflege erhalten habe.

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Die Klägerin beantragt,

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das Urteil des Verwaltungsgerichts Hannover vom 15. Juni 2000 zu ändern und den Beklagten unter Aufhebung des Bescheides der Stadt L. vom 16. September 1997 und des Widerspruchsbescheides vom 29. April 1998 zu verpflichten, ihr als Rechtsnachfolgerin von Frau R. H. für die Zeit vom 18. August 1997 bis 29. April 1998 einen Mehrbedarfszuschlag in Höhe von monatlich 100,-- DM zu gewähren.

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Der Beklagte beantragt,

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die Berufung zurückzuweisen

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und stützt sich zur Begründung auf seine bisherigen Ausführungen sowie die Gründe des verwaltungsgerichtlichen Urteils.

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Der Senat hat im Termin zur mündlichen Verhandlung Beweis über Art und Weise der Finanzierung und Zubereitung einer kostenaufwendigen Ernährung für Frau R. H. in der Zeit von August 1997 bis April 1998 durch Vernehmung von Frau B. B. als Zeugin erhoben. Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf die Sitzungsniederschrift verwiesen.

19

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtsakte und die Verwaltungsvorgänge des Beklagten Bezug genommen. Sie sind in ihren wesentlichen Bestandteilen Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen.

Entscheidungsgründe

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Die Berufung ist zulässig und begründet. Die Klägerin hat entgegen der Ansicht des Beklagten und des Verwaltungsgerichts einen Anspruch darauf, dass ihr als Rechtsnachfolgerin von Frau R. H. für die Zeit vom 18. August 1997 bis 29. April 1998 einen Mehrbedarfszuschlag in Höhe von monatlich 100,-- DM gewährt wird.

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Dieser Anspruch auf einen Mehrbedarfszuschlag wegen kostenaufwendiger Ernährung nach § 23 Abs. 4 BSHG stand ursprünglich Frau R. H. zu. Die Klägerin hat ihn geerbt. Grundsätzlich sind Ansprüche auf Sozialhilfeleistungen zwar nicht vererblich, da nach dem Tode des Hilfesuchenden regelmäßig die Leistungen zur Erfüllung des mit ihm verfolgten Zwecks nicht mehr erbracht werden können; denn eine etwa vorhanden gewesene Notlage, der mit der Gewährung von Leistungen abgeholfen werden sollte, lässt sich nicht mehr im Nachhinein nach dem Tode eines Hilfesuchenden beheben (vgl. BVerwG, Urt. v. 10. Mai 1979 - 5 C 79.77 -, BVerwGE 58, 68 = FEVS 27 S. 353). Diesen Grundsatz hat das Bundesverwaltungsgericht mit Entscheidungen vom 5. Mai 1994 (5 C 43.91, BVerwGE 96, 18 = FEVS 45 S. 221) und vom 29. September 1994 (5 C 41.92, FEVS 45 S. 269) aber dahingehend modifiziert, dass eine Vererblichkeit nach Maßgabe der §§ 58, 59 SGB I dann anzunehmen sei, wenn der Hilfebedürftige zu Lebzeiten seinen Bedarf mit Hilfe eines im Vertrauen auf die spätere Bewilligung von Sozialhilfe vorleistenden Dritten gedeckt habe, weil der Träger der Sozialhilfe nicht rechtzeitig geholfen oder Hilfe abgelehnt habe. Nach dieser Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts, der sich der Senat anschließt, kommt ein Anspruchsübergang allerdings dann nicht in Betracht, wenn der Hilfesuchende den Bedarf aus eigenem Einkommen oder Vermögen gedeckt hat, zu dessen Einsatz er sozialhilferechtlich nicht verpflichtet gewesen ist.

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Der Senat ist zu der Überzeugung gelangt, dass Frau R. H. jedenfalls in Höhe des geltend gemachten Betrages von 100,-- DM monatlich einen Mehrbedarf wegen kostenaufwendiger Ernährung gehabt hat, sie sich tatsächlich in diesem Umfang auch kostenaufwendig ernährt hat und die Aufwendungen hierfür ihre Tochter, die Zeugin B., als vorleistende Dritte im Vertrauen auf die spätere Bewilligung von Sozialhilfe gedeckt hat.

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Frau R. H. hat einen Mehrbedarf für kostenaufwendige Ernährung gemäß § 23 Abs. 4 BSHG gehabt, weil sie in dem hier zu berücksichtigenden Zeitraum vom 18. August 1997 bis zum 29. April 1998 an einer Krebserkrankung gelitten hat und HIV-infiziert gewesen ist. Für beide Krankheitsbilder liegen Empfehlungen für Mehrbedarfszuschläge in Höhe von jeweils 50,-- DM des Deutschen Vereins vor, die nach Auswertung medizinischer Gutachten zustande gekommen sind und als Äußerungen einer sachverständigen Stelle angesehen werden können. In der vorliegenden besonderen Konstellation, dass eine Krebserkrankung mit einer HIV-Infektion einhergeht, erachtet der Senat eine Kumulation dieser Beträge für sachgerecht. Denn gerade bei einer Krebserkrankung besteht eine besondere Anfälligkeit des Immunsystems, die im Zusammenhang mit einer HIV-Infektion auch im Hinblick auf eine kostenaufwendige Ernährung besonders beachtet werden muss.

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Auf Grund der Angaben der Zeugin B. im Termin zur mündlichen Verhandlung nimmt der Senat auch an, dass ihre Mutter sich tatsächlich mindestens in dem Umfang von 100,-- DM monatlich kostenaufwendig ernährt hat. Die Zeugin hat bei ihrer Vernehmung widerspruchsfrei und detailreich dargelegt, dass ihre Mutter sich nach der Diagnose der Krebserkrankung vor allem mit unbelasteten Lebensmitteln aus dem Reformhaus, Vitaminpräparaten und anderen speziellen Genussmitteln zur Minderung der Belastungen der Strahlen- und Chemotherapie ernährt hat. Entgegen der Ansicht des Verwaltungsgerichts hat diese kostenaufwendige Ernährung auch im Zusammenhang mit einer entsprechenden ärztlichen Beratung gestanden. Die Zeugin hat zwar angegeben, dass sie ihrer Mutter in der Schlussphase der Krankheit auch belastetes Obst besorgt habe, wenn sie darauf besonderen Appetit gehabt habe, so etwa Nektarinen und Erdbeeren im Winter. Dies ist jedoch erst geschehen, als für ihre Mutter keine Hoffnung mehr bestanden hat. Vorher hat sie die Ernährungsanforderungen bei Krebs und einer HIV-Infektion strikt beachtet. Die Kenntnisse über diese Anforderungen hat sie aus Büchern und Broschüren erlangt und sich hierüber mit den behandelnden Ärzten beraten. Das enge medizinische Betreuungsgeflecht, in das ihre Mutter seit der Diagnose der Krebserkrankung im März 1997 eingebunden gewesen ist und das in der Stellungnahme der Medizinischen Hochschule Hannover dokumentiert wird, hat mithin auch Empfehlungen und Verordnungen zur Ernährung umfasst. Der Senat nimmt deshalb an, dass Frau R. H. ihre Ernährung wegen der Erkrankungen im Rahmen ärztlicher Beratung und unter ärztlicher Anleitung, nicht aber im Wege der Selbstmedikamentation umgestellt hat. Insofern kommt es nicht allein auf den Inhalt der ärztlichen Bescheinigung vom 10. September 1997 an. Die Feststellungen des Senats reichen für die Zuerkennung eines Mehrbedarfszuschlages aus.

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Schließlich hat die Beweisaufnahme auch ergeben, dass die Klägerin den Anspruch geerbt hat. Frau R. H. hat die Aufwendungen nicht aus eigenem Einkommen oder Vermögen beglichen, sondern den Bedarf mit Mitteln gedeckt, die ihre Tochter im Vertrauen auf die spätere Bewilligung eines Mehrbedarfszuschlages vorgeleistet hat. Die Zeugin hat angegeben, sie sei mit ihrer Mutter übereingekommen, dass sie das Pflegegeld erhalte, davon aber 200,-- DM für kostenaufwendige Lebensmittel einsetze. Das Pflegegeld nach § 69 a BSHG bzw. § 37 SGB XI steht dem Pflegebedürftigen als Anspruchsberechtigten zu (vgl. BVerwG, Urt. v. 20. Nov. 1984 - 5 C 17.84 -, BVerwGE 70, S. 278 = FEVS 34, S. 47), der es insbesondere nahestehenden Pflegepersonen zur Deckung ihrer Aufwendungen, als Anerkennung für ihre Hilfeleistungen und zur Aufrechterhaltung ihrer Pflegebereitschaft zuwenden kann (vgl. BVerwG, Urt. v. 4. Juni 1992 - 5 C 82.88 -, BVerwGE 90, S. 217 = FEVS 43, S. 109). Wird es der Pflegeperson bestimmungsgemäß zugewandt, ist es nicht mehr Einkommen oder Vermögen des Pflegebedürftigen. Auch hier hat Frau R. H. das Pflegegeld in voller Höhe ihrer Tochter als Pflegeperson zugewandt. Die Zeugin hat ihrer Mutter von diesem Geld 200,-- DM monatlich verauslagt, um damit kostenaufwendige Lebensmittel zu beschaffen. Hieraus ist ihr ein entsprechender Anspruch auf Rückzahlung zunächst gegenüber ihrer Mutter, nach deren Tod gegenüber der Klägerin als Rechtsnachfolgerin von Frau R. H. erwachsen. Dies hat zur Folge, dass nach den dargelegten Grundsätzen zur Vererblichkeit von Sozialhilfeansprüchen die Klägerin als Rechtsnachfolgerin in Höhe des hier als Mehrbedarf anzuerkennenden Betrages von 100,-- DM monatlich auch einen Anspruch von Frau H. gegenüber dem Beklagten geerbt hat.