Landgericht Hannover
Urt. v. 27.05.2021, Az.: 74 O 23/21
Bibliographie
- Gericht
- LG Hannover
- Datum
- 27.05.2021
- Aktenzeichen
- 74 O 23/21
- Entscheidungsform
- Urteil
- Referenz
- WKRS 2021, 71264
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- ECLI:DE:LGHANNO:2021:0527.74O23.21.00
In dem Rechtsstreit
XXX
- Kläger und Widerbeklagter -
Prozessbevollmächtigter:
XXX
Geschäftszeichen: XXX
gegen
XXX
- Beklagte und Widerklägerin -
Prozessbevollmächtigte:
XXX
Geschäftszeichen:XXX
wegen: Mietvertrag
hat das Landgericht Hannover - 74. Zivilkammer - durch den Vorsitzenden Richter am Landgericht XXX als Einzelrichter auf die mündliche Verhandlung vom 29.04.2021 für Recht erkannt:
Tenor:
Die Klage wird abgewiesen.
Auf die Widerklage wird der Kläger verurteilt, an die Beklagte 4.829 € nebst Zinsen in Höhe von 9 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz a) aus 3.020 € b dem 24.02.2021, b) aus 1.777 € ab dem 04.01.2021 sowie Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus 32 € seit dem 07.04.2021 zu zahlen.
Die Kosten des Rechtsstreits trägt der Beklagte.
Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.
Tatbestand
Der Kläger ist ein eingetragener Handballverein, der in XXX eine Spielgemeinschaft mit XXX unter dem Namen XXX unterhält und mit diversen Mannschaften an Punktspielen teilnimmt. Die Beklagte ist die Eigentümerin der Schulsporthalle und Nebenräume in der XXX. Die Parteien streiten darüber, ob der Kläger für die von ihm genutzte Halle der Stadt Miete zu zahlen hat.
Nachdem vom Verwaltungsgericht Hannover mit Urteil vom 07.07.2015 (Az.: 1 A 2165/13) ein Gebührenbescheid der Beklagten beanstandet und aufgehoben wurde, mit dem die Stadt für die Hallenbenutzung Gebühren auf der Grundlage einer damals bestehenden öffentlich rechtlichen Benutzungsordnung festgesetzt hatte, beschloss der Rat der Stadt 2016, die Freiflächen und Hallen der Stadt auf der Grundlage der "Miet- und Benutzungsbedingungen für Sportstätten und die sportliche Nutzung von Mehrzweckhallen in der Stadt XXX (Miet- und BenutzungsO Sport)" künftig zu vermieten, wobei die Vermietungen an Vereine und sonstige Organisationen, nicht aber an Privatpersonen erfolgen sollte (vgl. Anlage B1). Für die Überlassung der entsprechenden Einrichtungen sollte gem. Ziffer 3 der Benutzungsordnung "der Mieter ein Nutzungsentgelt (Miete)" nach den in einer Anlage enthaltenen Sätzen entrichten. Gem. Ziffer 2 der Nutzungsordnung sollte die Nutzung grundsätzlich wie bisher fortgesetzt werden können, eine geänderte Nutzung aber wenigstens 4 Wochen vorher angekündigt werden.
Mit Schreiben vom 24.03.2016 (Anlage B2) teilte die Stadt XXX dem Kläger mit, es würden die in dem Schreiben einzeln aufgeführten Trainingszeiten vergeben. Ferner heißt es in dem Schreiben:
"Bitte beachten Sie auch die neue Miet- und Benutzungsordnung Sport. Den Antrag sowie die Benutzungsordnung finden Sie auf www.XXX. Die Rechnung erhalten Sie zum Ende eines jeweiligen Halbjahres per Post."
Am 06.04.2016 unterzeichnete ein Vertreter des Vereins eine Erklärung, der zufolge für die Zahlung des Entgeltes die halbjährliche Abrechnung gewünscht werde. In der Folge meldete der Beklagte mehrfach weitere Nutzungszeiten mit einem "Antrag auf Nutzung städtischer Sporthallen" an. In dem es im Vordruck heißt jeweils:
"Ich erkenne die Miet- und Benutzungsordnung Sport und die sich daraus ergebenden Pflichten an". (vgl. Anlage B5)
Der Kläger ist - gestützt auf ein Urteil des Landgerichts Hannover vom 10.07.2019 (Anlage K2) - der Auffassung, es seien keine wirksamen Mietverträge mit ihm zustande gekommen. Er verlangt deshalb die von ihm gezahlten Hallenmieten zurück, die er mit insgesamt 21.786,07 € beziffert (vgl. Aufstellung Blatt 3 Rück d.A.). Er meint, die Miet- und Benutzungsordnung der Beklagten sei unwirksam, da diese nicht auf einer Kalkulation basiere, worauf zutreffend das Verwaltungsgericht Hannover in seinem Urteil hingewiesen habe. Ferner verstoße die Beklagte gegen § 19 Abs. 1 GWB, indem sie ihre machtbeherrschende Stellung missbrauche und ohne erkennbare Kalkulation und unabhängig von der Größe, dem Zustand, der Ausstattung und der Nutzungsmöglichkeit eine ihm zustehende Miete verlange, die Entgelte nach der Erbringung des Verwaltungsgerichts für die Nutzung am Wochenende und in den Ferien verdoppelt habe (vgl. Bl. 66, 67 d.A.). In Höhe eines Teilbetrags von 4.485 EUR hat die Klägerin die Klage zurückgenommen (vgl. Bl. 49 d.A.).
Der Kläger beantragt,
die Beklagte zu verurteilen, an ihn 17.301,07 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz der EZB seit Zustellung, dem 23.12.2020, zu zahlen.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Widerklagend beantragt sie,
den Kläger zu verurteilen, an die Beklagte 4.829 € nebst Zinsen in Höhe von 9 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus 3.020 € ab dem 24.02.2021, aus weiteren 1.777 € seit dem 04.01.2021 sowie Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus 32 € ab Rechtshängigkeit zu zahlen.
Der Kläger beantragt,
die Widerklage abzuweisen.
Mit der Widerklage macht die Beklagte für weitere Hallennutzungen bis zum 01.07.2019 die Entgelte in Höhe von 4.829 € unter Berücksichtigung einer Entgeltaussetzung vom 01.01.2020 bis zum 31.07.2020 geltend (vgl. Berechnung Blatt 42 Rück bis 43 d.A.). Die Beklagte meint, der Kläger schulde auf der Grundlage der von ihm anerkannten Bedingungen der Benutzungsordnung die sich daraus ergebenden Mieten und habe keinen Anspruch auf Rückzahlung.
Die Klägerin bestreitet aus den o.g. Gründen ihre Zahlungspflicht, rügt die Berechnung der Reinigungskosten für die Freizeit 2020 und beanstandet die Mahnkosten (vgl. Bl. 54 R. d.A.).
Wegen des weiteren Sach- und Streitstandes wird auf den vorgetragenen Inhalt der Schriftsätze nebst Anlagen verwiesen.
Entscheidungsgründe
Die Klage ist unbegründet, die Widerklage begründet.
I.
Der Kläger hat mit der beklagten Gemeinde bezüglich der Nutzung der Sporthalle Mietverträge geschlossen, die teilweise als Dauerschuldverhältnis bezogen auf die regelmäßigen Nutzungszeiten, teilweise als Einzelmietverträge bei der gesonderten Anmeldung einzelner Nutzungen (vgl. Anlage B5) ausgestaltet sind.
Mit der Benutzungsordnung von 2016 hat die Beklagte geregelt, dass sie dem Schulsport dienende Sportplätze und -hallen in städtischer Trägerschaft an Vereine und sonstige Organisationen vermietet und die entsprechenden Mietkonditionen in der Benutzungsordnung nebst Anlage festgehalten. Aus der Benutzungsordnung ergibt sich zweifelsfrei, dass hier keine öffentlich-rechtliche Ausgestaltung der Nutzungsverhältnisse erfolgen sollte, sondern eine - nach der Zweistufentheorie ohne Weiteres mögliche - privatrechtliche Ausgestaltung der Nutzungsverhältnisse beabsichtigt war. Dementsprechend müssen sich nach der Benutzungsordnung die mietenden Vereine mit den entsprechenden Bedingungen einverstanden erklären. Eine Einverständniserklärung ist in den Antragsformularen für die Nutzung der städtischen Sporthallen enthalten und bei den Einzelanmeldungen vom Kläger unterschrieben worden. Die Bedingungen der Benutzungsordnung einschließlich der Anlage zur Preisgestaltung sind dabei zivilrechtlich als Allgemeine Geschäftsbedingungen zu qualifizieren, die der Einbeziehung gem. § 305 BGB bedurften. Diese Einbeziehung ist durch die Hinweise auf den Anmeldungen und die Mitteilung der Beklagten über die künftige Nutzung durch den Kläger vom 24.03.2016 (Anlage B2) erfolgt, in der ausdrücklich auf die Benutzungsordnung hingewiesen worden ist.
Der Hinweis auf die Möglichkeit, die Benutzerordnung und die Nutzungsanträge im Internet unter der angegebenen Fundstelle einzusehen, reichte im vorliegenden Fall zur Einbeziehung aus. Dabei ist zu berücksichtigen, dass der Verein kein Verbraucher im Sinne des § 13 BGB, sondern ein Unternehmer im Sinne des § 14 BGB ist (vgl. Palandt/Ellenberger, BGB, 78. Aufl., § 14 Rn. 2 m.w.N.). Im Rechtsverkehr mit Unternehmern reicht ein Hinweis auf die im Internet auf der Seite des Unternehmens auffindbaren Geschäftsbedingungen aus. Der Kläger hat sich im Übrigen auch fortlaufend mit der Geltung der Benutzungsordnung einverstanden erklärt. Dieses Einverständnis hat er darüber hinaus durch die fortlaufende Entrichtung der sich aus der Benutzungsordnung ergebenden Entgelte nochmals konkludent bestätigt und die Berechtigung der Forderungen in Höhe der geforderten Beträge anerkannt.
Das Urteil des Landgerichts Hannover vom 10.07.2019 steht dem nicht entgegen. In diesem Urteil ist lediglich festgestellt worden, dass in dem konkreten entschiedenen Fall bei einem anderen Verein es mangels entsprechender beiderseitiger Erklärungen nicht zu einem Mietverhältnis gekommen ist.
Es sind ferner keine Gründe ersichtlich, aufgrund derer die o.g. Mietverträge als unwirksam, d.h. nichtig gem. § 134 BGB wären. Es ist nicht ersichtlich, dass die o.g. Mietverträge gegen ein gesetzliches Verbot verstoßen. Insbesondere ist hier zu berücksichtigen, dass der Abschluss privatrechtlicher Mietverträge über im Eigentum der Gemeinde stehende Immobilien nicht den strengen inhaltlichen und gesetzlichen Anforderungen genügen muss, die bei der Ausgestaltung der Nutzungsverhältnisse für derartige Objekte in öffentlich-rechtlicher Form zu beachten sind. So sind insbesondere die Voraussetzungen des NRAG für die Erhebung von Gebühren und Beiträgen nicht übertragbar, die bei einem Verstoß gegen die entsprechenden gesetzlichen Grundlagen die Nichtigkeit der Regelungen insgesamt nach sich ziehen. Auch wenn eine Kommune die Mietentgelte unter Berücksichtigung der ihr obliegenden Bindungen und auch nach dem AGG weder diskriminierend, noch in beliebiger Höhe wird festsetzen dürfen, führt ein Verstoß - auch mit Rücksicht auf § 306 BGB - grundsätzlich nicht zur vollständigen Unwirksamkeit des Vertrages, sondern in der Regel nur zum Wegfall der entsprechenden Bestimmung. Unabhängig davon hat aber der Kläger hier nicht konkret einzelne Bestimmungen des Mietvertrages in Frage gestellt und weder Verstöße gegen das Diskriminierungsverbot, noch eine unbillige Höhe der in der Benutzungsordnung enthaltenen Entgelte behauptet. Allein der Hinweis auf eine fehlende Kalkulation der Entgelte führt jedenfalls nicht zur Unwirksamkeit der Verträge.
Dies gilt auch im Hinblick auf § 19 GWB. Die Kammer sieht aufgrund des pauschal und unsubstantiiert erhobenen Verwerfens eines Verstoßes gegen § 19 GWB auch keinen Anlass, den Rechtsstreit an die funktional für Kartellverfahren nach dem Geschäftsverteilungsplan zuständigen Kammern (ZK 13 und 18) zu verweisen. Auch bei einer machtbeherrschenden Stellung muss Vertragspartnern keine Entgeltkalkulation vorgelegt werden. Einzelne Regelungen der Vertragsbedingungen werden von der Klägerin nicht konkret angegriffen. Das Verlangen eines Entgeltes für die Nutzung von Sportstätten ist im Übrigen offensichtlich nicht missbräuchlich. Allenfalls überhöhte Entgelte könnten gegen § 19 Abs. 2 Nr. 2 oder 3 GWB verstoßen. Die Klägerin hat aber nicht einmal behauptet, geschweige denn belegt, dass die verlangten Entgelte (2,30 EUR je Hallenteil und angefangene Nutzungsstunde + 2,30 EUR stündlich für Kabinennutzung und von Reinigungskosten von 15 EUR bzw. 8,50 EUR täglich in den Ferien) (vgl. Bl. 11 d.A.) unangemessen und höher als bei insbesondere auch zu berücksichtigenden kommerziellen Anbietern in anderen Regionen sind.
II.
Da der Kläger eine unberechtigte Abrechnung ihm gegenüber nicht dargetan hat, kommen Rückzahlungen nicht in Betracht. Der Kläger bleibt vielmehr auch für die von dem Beklagten weiterhin berechneten und zutreffend der Benutzungsordnung entnommenen Mietentgelte, die mit der Widerklage geltend gemacht werden, zur Zahlung verpflichtet. Die Rüge der Berechnung der Ferienzeitreinigung greift nicht durch, da die Reinigungskosten nicht alle 2 Tage, sondern pro Tag anfallen. Die Beklaget kann ferner gemäß § 288 Abs. 5 BGB die verlangten Mahnkosten beanspruchen, da die Klägerin kein Verbraucher ist (s.o.). Die Vorschrift sieht eine Pauschale von 40 EUR vor.
Die Zinsansprüche ergeben sich aus §§ 286, 288 BGB.
III.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 ZPO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit auf § 709 ZPO.