Landgericht Hannover
Urt. v. 01.02.2021, Az.: 18 O 34/17

Schadenersatzbegehren wegen kartellbedingt überhöhter Zuckerpreise; Feststellung eines Kartells durch das Bundeskartellamt; Unvereinbarkeit der Erbringung der Rechtsdienstleitung mit einer anderen Leistungspflicht

Bibliographie

Gericht
LG Hannover
Datum
01.02.2021
Aktenzeichen
18 O 34/17
Entscheidungsform
Urteil
Referenz
WKRS 2021, 44447
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
[keine Angabe]

In dem Rechtsstreit
xxx - Klägerin -
Prozessbevollmächtigte:
xxx
gegen
1. xxx
2. xxx
3. xxx
- Beklagte -
Prozessbevollmächtigte zu 1.:
xxx
Prozessbevollmächtigte zu 2.:
xxx
Prozessbevollmächtigte zu 3.:
xxx
hat das Landgericht Hannover - 18. Zivilkammer - durch den Vorsitzenden Richter am Landgericht xxx, den Richter am Landgericht xxx und den Richter am Landgericht xxx auf die mündliche Verhandlung vom 01.09.2020 für Recht erkannt:

Tenor:

  1. 1.

    Die Klage wird abgewiesen.

  2. 2.

    Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Klägerin.

  3. 3.

    Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.

Tatbestand

Die Klägerin begehrt von den Beklagten aus abgetretenem Recht den Ersatz von Schäden, die insgesamt 63 Zedenten bzw. 949 Vorzedenten durch kartellbedingt überhöhte Zuckerpreise wegen des vom Bundeskartellamt in dem Verfahren zum Aktenzeichen B2-36/09 festgestellten Kartells entstanden seien.

Die Klägerin ist eine Aktiengesellschaft luxemburgischen Rechts und im Rechtsdienstleistungsregister registriert.

Die Beklagten sind in Deutschland ansässige Zuckerproduzenten.

Nachdem unter anderem im März 2009 Durchsuchungen bei den Beklagten durchgeführt worden waren, verhängte das Bundeskartellamt mit inzwischen bestandskräftigen Bescheiden vom 18.02.2014 in einem Kartellordnungswidrigkeitenverfahren gegen die Beklagten sowie gegen einige ihrer (ehemaligen) Mitarbeiter Bußgelder wegen kartellrechtswidrigen Absprachen in Bezug auf Verarbeitungs- und Haushaltszucker in Höhe von insgesamt rund ca. 280.000.000,00 €.

Nach den Feststellungen des Bundeskartellamtes in den vorgenannten Bußgeldbescheiden hätten verantwortlich Handelnde der Beklagten zu 1) und zu 3) im Zeitraum von April 1996 bis zum bis zum 26.3.2009 sowie verantwortlich Handelnde der Beklagten zu 2) im Zeitraum von Ende 2001 bis zum 26.03.2009 eine Absprache praktiziert, sowohl für Verarbeitungs- als auch für Haushaltszucker die jeweiligen Kernabsatzgebiete der Wettbewerber zu respektieren (im Folgenden: Heimatmarktprinzip). Dabei sollten Zuckermengen, die über die Nachfrage der Kunden im eigenen Kernabsatzgebiet hinaus produziert wurden, nicht an Kunden im Gebiet der Wettbewerber abgesetzt, sondern in andere Länder exportiert werden. Die Wahrung des Heimatmarktprinzips, d.h. die Respektierung der historischen Kernabsatzgebiete, sei durch eine Art "Gentleman's Agreement" abgesichert worden, das lange zurückreiche und zwischen der Beklagten zu 1) und der Beklagten zu 3) spätestens 1996 und zwischen der Beklagten zu 1) und der Beklagten zu 2) spätestens 2001 erneuert worden sei. So habe sich der persönlich haftende Gesellschafter der Beklagten zu 3), xxx, in zwei Gesprächen am 1.3.1996 und am 4.4.1996 mit dem Vorstandsvorsitzenden der Beklagten zu 1), xxx, darüber abgesprochen, an dem Prinzip festzuhalten, die jeweiligen Kernabsatzgebiete der Wettbewerber zu respektieren und sich gegenseitig nicht aktiv Kunden abzuwerben. Überschüssige Zuckermengen sollten exportiert werden. Spätestens im Jahr 2001 habe sich dann xxx auch mit dem damaligen Sprecher des Vorstandes der Beklagten zu 2), xxx, darüber abgesprochen, die Praxis fortzusetzen, die jeweiligen Kernabsatzgebiete der Wettbewerber zu respektieren und sich gegenseitig nicht aktiv Kunden abzuwerben. Überschüssige Zuckermengen sollten exportiert werden. In der Zeit nach diesen Gesprächen habe es für mehrere Jahre keine exogenen Ereignisse gegeben, die Anlass zur weiteren Abstimmung gegeben hätten. Alle drei Unternehmen hätten nennenswerte Wettbewerbsvorstöße unterlassen und die Kunden der anderen Kartellbeteiligten respektiert. Angesichts geänderter Rahmenbedingungen (EU-Osterweiterung, ZMO-Reform) hätten von 2004 bis zum Jahr 2007 dann regelmäßige Treffen zwischen dem Vertriebsleiter der Beklagten zu 1), xxx, und dem Vertriebsleiter der Beklagten zu 2), xxx, stattgefunden. Beide Vertriebsleiter hätten Prokura besessen. Diese Gespräche hätten zum Ziel gehabt, die Reaktion der beiden Unternehmen auf die wettbewerblichen Vorstöße des französischen Zuckerherstellers xxx sowie die Importmengen aus Polen zu koordinieren. Über konkrete Preise sei auf dieser Ebene zwar nur in Ausnahmefällen gesprochen worden. Allerdings sei ausdrückliches Einverständnis hergestellt worden, die bisherige Respektierung der jeweiligen Kernabsatzgebiete fortzusetzen und Überschussmengen, wenn möglich, nicht in dem deutschen Markt unterzubringen. Vielmehr sollten im Inland nicht absetzbare Mengen weiterhin exportiert werden, selbst wenn dies nicht mehr lukrativ sein sollte und die Unternehmen dabei in Preiswettbewerb in den Zielregionen geraten könnten. Diese Maßnahmen hätten dazu gedient, den befürchteten Preisrutsch zu verhindern und das Preisniveau im Heimatmarkt nicht (weiter) zu beschädigen. Die Gebiets- und Kundenaufteilung aus der Grundabsprache habe im Wesentlichen gut funktioniert und die Verhaltensspielräume der Beklagten erweitert. Aufgrund der Art der Absprachen seien dazu nur wenige Kontakte zwischen den Unternehmen erforderlich gewesen, die zu einem Teil der operativen Umsetzung und zu einem anderen Teil der strategischen Steuerung des Kartells gedient hätten. Zur operativen Umsetzung hätten im Bereich Verarbeitungszucker einzelne bilaterale Gespräche stattgefunden, um Konfliktfälle bei der Nichtbeachtung der Gebietsgrenzen zwischen zwei der drei betroffenen Unternehmen zu bewältigen. Zudem sei es zu einzelnen Preisabsprachen gekommen. Diese hätten dazu gedient, die Wirksamkeit der Gebiets- und Kundenschutzabsprachen bei gemeinsam belieferten Kunden abzusichern.

Die Klägerin ist der Ansicht, sie habe von 63 Unternehmen (im Folgenden: Zedenten) aus Lebensmittelindustrie (LMI) und Lebensmittelhandel (LMH) im Wege von Forderungsabtretungen (Anlagenkonvolut K 11) wirksam Ansprüche auf Kartellschadensersatz erworben, welche sich diese Zedenten z.T. wiederum zuvor von 949 Unternehmen (im Folgenden: Vorzedenten) wirksam hätten abtreten lassen (Anlagenkonvolut K 12). Die Klägerin behauptet, die Zedenten und Vorzedenten hätten im Kartellzeitraum große Mengen von Zucker (Verarbeitungszucker [reiner Weißzucker, Invertzucker], sonstige Zuckerstoffe für die Erstellung zuckerhaltige Produkte, Haushaltszucker [Granularer Weißzucker, Würfelzucker, Puderzucker, sonstige Haushaltszucker] und zuckerhaltige Produkte) zu kartellbedingt überhöhten Preisen von den Beklagten und von nicht am Kartell beteiligten Dritten (Kartellaußenseitern) bezogen, wie sich aus der Anlage K30a ergebe. Teile der jeweiligen Bezugsmengen hätten sich dabei nicht mehr anhand von konkreten Transaktionsdaten ermitteln lassen, sondern seien stattdessen zum Beispiel anhand von aggregierten Zahlen zum Einkauf der Produkte, Buchhaltungsdaten und Produktions- und Absatzzahlen zuckerhaltiger Produkte, oder im Vergleich mit späteren Jahren geschätzt worden (S. 41 ff. d. Klage = Blatt 41 ff. d.A., S. 33 ff. und 55 ff. d. Ss. v. 24.1.2020 = Blatt 1649 ff. und 1660 ff. d.A.). Im Einzelnen würden sich die geschätzten Zahlen aus den Anlagen K9 bzw. K30a ergeben. Die Klägerin ist der Ansicht, solche Schätzungen seien - insbesondere auch aus unionsrechtlichen Gründen - zulässig, weil andernfalls die Geltendmachung des Rechts auf Kartellschadensersatz übermäßig erschwert, wenn nicht praktisch unmöglich würde, und weil § 287 ZPO nicht die exakte Ermittlung der Bezugsmengen verlange (S. 34 d. Ss. v. 16.11.2020, Bl. 2175R d.A.). Insoweit sei eine Beweislastumkehr zulasten der Beklagten anzunehmen. Da die von den kartellbedingten Preisaufschlägen betroffenen Hersteller zuckerhaltiger Produkte diese Preisaufschläge teilweise weitergegeben hätten ("Passing-on"), sei mittels einer Pass-on-Rate der indirekte Schaden für das jeweilige Handelsunternehmen zu ermitteln, wie dies die Privatgutachter der Klägerin vorgenommen hätten. Die Berechnungen seien so durchzuführen, dass zunächst für den gesamten Kartellzeitraum die Gesamtmenge an Zucker bestimmt werde, die pro Jahr in Deutschland konsumiert werde, davon die pro Jahr als Haushaltszucker abgesetzten Mengen abgezogen würden und sich so der inländische Verbrauch von Verarbeitungszucker ergebe. Dieser werde dann mit dem Anteil multipliziert, den verschiedene Produktkategorien an den gesamten zur Herstellung zuckerhaltige Erzeugnisse eingesetzten Mengen Verarbeitungszucker haben. Durch anschließende Multiplikation mit den Marktanteilen eines bestimmten Zedenten oder Vorzedenten an den verschiedenen Produktkategorien ergebe sich schließlich die von diesen in den Kategorien indirekt bezogene Menge Verarbeitungszucker. Außerdem sei davon auszugehen, dass das Kartell Auswirkungen auch auf die Preise der Lieferungen von Kartellaußenseitern und noch innerhalb eines Zeitraums von einem Jahr nach seiner Beendigung (Nachwirkungen auf das Preisniveau) gehabt habe bzw. bis zum 31.12.2010. Insgesamt sei auf der Basis der Berechnungen ihrer Privatgutachter (Anlagen K20 und K21) von Gesamtschäden in Höhe von 186.029.442 € auszugehen.

Die Klägerin ist der Ansicht, die mit den Zedenten vereinbarten Abtretungen seien wirksam gewesen. Ein Verstoß gegen das RDG liege in den Abtretungen nicht, denn zwar habe sich die Klägerin Ansprüche von Zedenten unterschiedlicher Marktstufen abtreten lassen und teilweise habe es sich dabei auch um dieselben zugrunde liegenden Zuckermengen gehandelt, d.h. auf der ersten Marktstufe betroffene Lieferungen (an einen Zedenten) seien auf die zweite Marktstufe (an einen anderen Zedenten) weitergeliefert worden und beide Zedenten hätten auf diese identische Zuckermenge gestützte Kartellschadensersatzansprüche an die Klägerin abgetreten. Daraus ergebe sich aber dennoch keine Interessenkollision. Außerdem betreffe die Weiterlieferung derselben Zuckermenge nicht einmal 3 % des von den Vorzedenten insgesamt bezogenen Einkaufsvolumens. Insoweit bestehe kein typischer Interessenkonflikt. Den Zedenten sei auch bewusst gewesen, dass Zedenten verschiedener Marktstufen in die Anspruchsdurchsetzung einbezogen werden würden. Im Übrigen würde sich selbst in einem Fall eines Verstoßes gegen das RDG als Rechtsfolge keine Nichtigkeit der Abtretungen ergeben. Zudem lägen (hilfsweise) jedenfalls wirksame Einziehungsermächtigungen der Zedenten an die Klägerin vor, ihre Schadensersatzansprüche im eigenen Namen gerichtlich durchzusetzen und einzuziehen (Ziff. 7.4. der Abtretungsverträge Anlage K11a). Die Klägerin sei auch kein vermögensloses "Klagevehikel", zumal die Klägerin angesichts eines maximalen Prozesskostenrisikos von ca. 3,82 Millionen € durch einen Betrag von 500.000 € auf einem Rechtsanwalt-Anderkonto und durch einen weiteren Betrag von ca. 3,49 Millionen €, die von einem Notar für eventuelle Kostenerstattungsansprüche gesondert verwahrt würden, (Anlagen K14 bis K17) ausreichende Sicherheiten für Kostenerstattungsansprüche der Beklagten geschaffen habe.

Nachdem die Klägerin zunächst mit der Klageschrift einen Antrag auf Feststellung von Schadensersatzpflichten der Beklagten angekündigt hatte (Blatt 2 ff. d.A.), hat die Klägerin mit Schriftsatz vom 20.7.2018 (Blatt 831 d.A.) die Klage auf der Grundlage von Berechnungen ihrer Privatgutachter (XXX) auf eine Zahlungsklage umgestellt und beantragt nunmehr,

  1. 1.

    die Beklagten zu 1. und 2. zu verurteilen, als Gesamtschuldner an die Klägerin Schadensersatz in einer in das Ermessen des Gerichts gestellten Höhe, mindestens jedoch in Höhe von 65.492.100 €, nebst Zinsen jeweils in Höhe von jährlich 4 % bis zum Zeitpunkt der jeweiligen Rechtshängigkeit und danach jeweils in Höhe von jährlich 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz

    aus EUR 945.799 seit dem 1. Mai 1996,

    aus weiteren EUR 1.055.027 seit dem 1. Juni 1996,

    aus weiteren EUR 1.033.825 seit dem 1. Juli 1996,

    aus weiteren EUR 968.796 seit dem 1. August 1996,

    aus weiteren EUR 802.058 seit dem 1. September 1996,

    aus weiteren EUR 652.768 seit dem 1. Oktober 1996,

    aus weiteren EUR 422.384 seit dem 1. November 1996,

    aus weiteren EUR 394.491 seit dem 1. Dezember 1996,

    aus weiteren EUR 466.453 seit dem 1. Januar 1997,

    aus weiteren EUR 508.019 seit dem 1. Februar 1997,

    aus weiteren EUR 669.320 seit dem 1. März 1997,

    aus weiteren EUR 867.771 seit dem 1. April 1997,

    aus weiteren EUR 943.261 seit dem 1. Mai 1997,

    aus weiteren EUR 1.036.521 seit dem 1. Juni 1997,

    aus weiteren EUR 1.156.825 seit dem 1. Juli 1997,

    aus weiteren EUR 1.122.297 seit dem 1. August 1997,

    aus weiteren EUR 998.038 seit dem 1. September 1997,

    aus weiteren EUR 919.094 seit dem 1. Oktober 1997,

    aus weiteren EUR 1.018.774 seit dem 1. November 1997,

    aus weiteren EUR 890.662 seit dem 1. Dezember 1997,

    aus weiteren EUR 818.781 seit dem 1. Januar 1998,

    aus weiteren EUR 758.103 seit dem 1. Februar 1998,

    aus weiteren EUR 800.993 seit dem 1. März 1998,

    aus weiteren EUR 743.057 seit dem 1. April 1998,

    aus weiteren EUR 660.224 seit dem 1. Mai 1998,

    aus weiteren EUR 671.028 seit dem 1. Juni 1998,

    aus weiteren EUR 733.748 seit dem 1. Juli 1998,

    aus weiteren EUR 696.245 seit dem 1. August 1998,

    aus weiteren EUR 683.361 seit dem 1. September 1998,

    aus weiteren EUR 774.796 seit dem 1. Oktober 1998,

    aus weiteren EUR 780.464 seit dem 1. November 1998,

    aus weiteren EUR 789.799 seit dem 1. Dezember 1998,

    aus weiteren EUR 887.332 seit dem 1. Januar 1999,

    aus weiteren EUR 781.881 seit dem 1. Februar 1999,

    aus weiteren EUR 618.297 seit dem 1. März 1999,

    aus weiteren EUR 487.328 seit dem 1. April 1999,

    aus weiteren EUR 481.701 seit dem 1. Mai 1999,

    aus weiteren EUR 553.070 seit dem 1. Juni 1999,

    aus weiteren EUR 695.320 seit dem 1. Juli 1999,

    aus weiteren EUR 878.475 seit dem 1. August 1999,

    aus weiteren EUR 1.021.822 seit dem 1. September 1999,

    aus weiteren EUR 999.305 seit dem 1. Oktober 1999,

    aus weiteren EUR 965.281 seit dem 1. November 1999,

    aus weiteren EUR 908.395 seit dem 1. Dezember 1999,

    aus weiteren EUR 912.581 seit dem 1. Januar 2000,

    aus weiteren EUR 934.142 seit dem 1. Februar 2000,

    aus weiteren EUR 1.040.521 seit dem 1. März 2000,

    aus weiteren EUR 1.161.252 seit dem 1. April 2000,

    aus weiteren EUR 1.299.444 seit dem 1. Mai 2000,

    aus weiteren EUR 1.448.640 seit dem 1. Juni 2000,

    aus weiteren EUR 1.686.688 seit dem 1. Juli 2000,

    aus weiteren EUR 1.944.752 seit dem 1. August 2000,

    aus weiteren EUR 1.914.577 seit dem 1. September 2000,

    aus weiteren EUR 1.732.194 seit dem 1. Oktober 2000,

    aus weiteren EUR 1.567.566 seit dem 1. November 2000,

    aus weiteren EUR 1.286.886 seit dem 1. Dezember 2000,

    aus weiteren EUR 976.819 seit dem 1. Januar 2001,

    aus weiteren EUR 753.867 seit dem 1. Februar 2001,

    aus weiteren EUR 822.578 seit dem 1. März 2001,

    aus weiteren EUR 1.033.445 seit dem 1. April 2001,

    aus weiteren EUR 1.131.576 seit dem 1. Mai 2001,

    aus weiteren EUR 1.368.393 seit dem 1. Juni 2001,

    aus weiteren EUR 1.387.389 seit dem 1. Juli 2001,

    aus weiteren EUR 1.190.139 seit dem 1. August 2001,

    aus weiteren EUR 1.038.687 seit dem 1. September 2001,

    aus weiteren EUR 941.912 seit dem 1. Oktober 2001,

    aus weiteren EUR 818.367 seit dem 1. November 2001,

    aus weiteren EUR 996.966 seit dem 1. Dezember 2001

    und aus weiteren EUR 1.041.729 seit dem 1. Januar 2002

    zu zahlen;

  2. 2.

    alle Beklagten zu verurteilen, als Gesamtschuldner an die Klägerin weiteren Schadensersatz in einer in das Ermessen des Gerichts gestellten Höhe, mindestens jedoch in Höhe von 120.537.342 € nebst Zinsen

    1. a)

      jeweils i. H. v. jährlich 4 % bis zum Zeitpunkt der jeweiligen Rechtshängigkeit und danach in Höhe von jährlich 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz

      aus EUR 945.191 seit dem 1. Februar 2002,

      aus weiteren EUR 870.960 seit dem 1. März 2002,

      aus weiteren EUR 801.417 seit dem 1. April 2002,

      aus weiteren EUR 604.482 seit dem 1. Mai 2002,

      aus weiteren EUR 591.034 seit dem 1. Juni 2002,

      aus weiteren EUR 586.223 seit dem 1. Juli 2002,

      aus weiteren EUR 561.987 seit dem 1. August 2002,

      aus weiteren EUR 643.606 seit dem 1. September 2002,

      aus weiteren EUR 813.931 seit dem 1. Oktober 2002,

      aus weiteren EUR 946.806 seit dem 1. November 2002,

      aus weiteren EUR 1.111.773 seit dem 1. Dezember 2002,

      aus weiteren EUR 1.226.436 seit dem 1. Januar 2003,

      aus weiteren EUR 1.152.502 seit dem 1. Februar 2003,

      aus weiteren EUR 1.110.611 seit dem 1. März 2003,

      aus weiteren EUR 1.029.911 seit dem 1. April 2003,

      aus weiteren EUR 803.298 seit dem 1. Mai 2003,

      aus weiteren EUR 741.488 seit dem 1. Juni 2003,

      aus weiteren EUR 804.599 seit dem 1. Juli 2003,

      aus weiteren EUR 781.668 seit dem 1. August 2003,

      aus weiteren EUR 721.123 seit dem 1. September 2003,

      aus weiteren EUR 809.358 seit dem 1. Oktober 2003,

      aus weiteren EUR 877.401 seit dem 1. November 2003,

      aus weiteren EUR 796.233 seit dem 1. Dezember 2003,

      aus weiteren EUR 788.329 seit dem 1. Januar 2004,

      aus weiteren EUR 765.601 seit dem 1. Februar 2004,

      aus weiteren EUR 838.045 seit dem 1. März 2004,

      aus weiteren EUR 971.792 seit dem 1. April 2004,

      aus weiteren EUR 957.407 seit dem 1. Mai 2004,

      aus weiteren EUR 1.020.717 seit dem 1. Juni 2004,

      aus weiteren EUR 1.124.314 seit dem 1. Juli 2004,

      aus weiteren EUR 1.245.863 seit dem 1. August 2004,

      aus weiteren EUR 1.275.916 seit dem 1. September 2004,

      aus weiteren EUR 1.400.191 seit dem 1. Oktober 2004,

      aus weiteren EUR 1.526.679 seit dem 1. November 2004,

      aus weiteren EUR 1.694.625 seit dem 1. Dezember 2004,

      aus weiteren EUR 1.756.860 seit dem 1. Januar 2005,

      aus weiteren EUR 1.900.842 seit dem 1. Februar 2005,

      aus weiteren EUR 2.164.606 seit dem 1. März 2005,

      aus weiteren EUR 2.331.183 seit dem 1. April 2005,

      aus weiteren EUR 2.445.525 seit dem 1. Mai 2005,

      aus weiteren EUR 2.563.916 seit dem 1. Juni 2005

      und aus weiteren EUR 2.692.782 seit dem 1. Juli 2005,

    2. b)

      sowie jeweils i. H. v. jährlich 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz

      aus weiteren EUR 2.354.829 seit dem 1. August 2005,

      aus weiteren EUR 2.296.573 seit dem 1. September 2005,

      aus weiteren EUR 2.251.123 seit dem 1. Oktober 2005,

      aus weiteren EUR 2.105.729 seit t dem 1. November 2005,

      aus weiteren EUR 2.194.645 seit dem 1. Dezember 2005,

      aus weiteren EUR 2.077.794 seit dem 1. Januar 2006,

      aus weiteren EUR 1.464.962 seit dem 1.Februar 2006,

      aus weiteren EUR 1.470.975 seit dem 1. März 2006,

      aus weiteren EUR 1.581.925 seit dem 1. April 2006,

      aus weiteren EUR 1.426.810 seit dem 1. Mai 2006,

      aus weiteren EUR 1.394.257 seit dem 1. Juni 2006,

      aus weiteren EUR 1.367.785 seit dem 1. Juli 2006,

      aus weiteren EUR 1.145.087 seit dem 1. August 2006,

      aus weiteren EUR 1.080.545 seit dem 1. September 2006,

      aus weiteren EUR 1.104.418 seit dem 1. Oktober 2006,

      aus weiteren EUR 1.061.402 seit dem 1. November 2006,

      aus weiteren EUR 1.111.000 seit dem 1. Dezember 2006,

      aus weiteren EUR 854.360 seit dem 1. Januar 2007,

      aus weiteren EUR 849.946 seit dem 1. Februar 2007,

      aus weiteren EUR 794.287 seit dem 1. März 2007,

      aus weiteren EUR 787.741 seit dem 1. April 2007,

      aus weiteren EUR 757.463 seit dem 1. Mai 2007,

      aus weiteren EUR 864.254 seit dem 1. Juni 2007,

      aus weiteren EUR 899.242 seit dem 1. Juli 2007,

      aus weiteren EUR 921.577 seit dem 1. August 2007,

      aus weiteren EUR 909.643 seit dem 1. September 2007,

      aus weiteren EUR 865.888 seit dem 1. Oktober 2007,

      aus weiteren EUR 1.173.281 seit dem 1. November 2007,

      aus weiteren EUR 1.204.806 seit dem 1. Dezember 2007,

      aus weiteren EUR 1.188.907 seit dem 1. Januar 2008,

      aus weiteren EUR 1.194.642 seit dem 1. Februar 2008,

      aus weiteren EUR 1.218.863 seit dem 1. März 2008,

      aus weiteren EUR 1.262.057 seit dem 1. April 2008,

      aus weiteren EUR 1.429.792 seit dem 1. Mai 2008,

      aus weiteren EUR 1.476.406 seit dem 1. Juni 2008,

      aus weiteren EUR 1.819.493 seit dem 1. Juli 2008,

      aus weiteren EUR 2.113.019 seit dem 1. August 2008,

      aus weiteren EUR 1.839.688 seit dem 1. September 2008,

      aus weiteren EUR 1.945.264 seit dem 1. Oktober 2008,

      aus weiteren EUR 1.511.791 seit dem 1. November 2008,

      aus weiteren EUR 1.152.245 seit dem 1. Dezember 2008,

      aus weiteren EUR 757.469 seit dem 1. Januar 2009,

      aus weiteren EUR 603.880 seit dem 1. Februar 2009,

      aus weiteren EUR 697.362 seit dem 1. März 2009,

      aus weiteren EUR 751.562 seit dem 1. April 2009,

      aus weiteren EUR 801.530 seit dem 1. Mai 2009,

      aus weiteren EUR 833.563 seit dem 1. Juni 2009,

      aus weiteren EUR 942.386 seit dem 1. Juli 2009,

      aus weiteren EUR 1.014.463 seit dem 1. August 2009,

      aus weiteren EUR 1.097.941 seit dem 1. September 2009,

      aus weiteren EUR 1.390.127 seitdem 1. Oktober 2009,

      aus weiteren EUR 1.062.327 seit dem 1. November 2009,

      aus weiteren EUR 634.025 seit dem 1. Dezember 2009,

      aus weiteren EUR 451.797 seit dem 1. Januar 2010,

      aus weiteren EUR 424.752 seit dem 1. Februar 2010,

      aus weiteren EUR 468.281 seit dem 1. März 2010,

      aus weiteren EUR 519.488 seit dem 1. Aprii 2010,

      aus weiteren EUR 472.651 seit dem 1. Mai 2010,

      aus weiteren EUR 470.241 seit dem 1. Juni 2010,

      aus weiteren EUR 503.247 seit dem 1. Juli 2010,

      aus weiteren EUR 487.454 seit dem 1. August 2010,

      aus weiteren EUR 425.103 seit dem 1. September 2010

      und aus weiteren EUR 405.946 seit dem 1. Oktober 2010

    zu zahlen.

Die Beklagten beantragen jeweils,

die Klage abzuweisen.

Die Beklagte zu 1. beantragt weiterhin für den Fall, dass die Kammer in eine Beweisaufnahme über die Entstehung des Schadens eintreten sollte,

den Erlass eines Zwischenurteils gemäß § 89b Abs. 3 GWB über die Anträge, der Klägerin aufzugeben,

  1. 1.

    1. in maschinenlesbarer Form Auskunft gegenüber der Beklagten zu 1) durch Offenlegung sämtlicher Ausgangsdaten zu erteilen, die dem von der Klägerin als Anlage K 21 eingereichten Gutachten von xxx zugrunde liegen und für die Ermittlung der dort ausgewiesenen Pass-on-Raten verwendet wurden, zumindest aber die in den Abschnitten D.2.1, D.2.2, D. 3 und Anhang 4, Ziffer I.2, des Gutachtens beschriebene Datenbasis; dabei ist die Offenlegung beschränkt auf diejenigen Ausgangsdaten, die nicht allgemein zugänglichen Quellen wie zum Beispiel amtlichen Statistiken entnommen worden sind; sowie

  2. 2.

    2. in maschinenlesbarer Form Auskunft gegenüber der Beklagten zu 1) für den Zeitraum 1996 bis 2014 über die in den von den (Vor-)Zedentinnen betriebenen Einkaufsmärkten vertriebenen zuckerhaltige Produkte und Haushaltszucker, aus deren Bezug die Klägerin Kartellschadensersatzansprüche erleichtert, in folgender Weise zu erteilen:

    1. a.

      für die in diesem Zeitraum einhundert (100) umsatzstärksten Produkte, die Weißzucker und/oder Invertzuckersirup enthalten, auf monatlicher Basis sowie separat je Produkt und Zedentin bzw. Vorzedentin durch Angabe folgender Informationen:

      1. i.

        jeweiliger Produkt- und Lieferantenname sowie interne Produktklassifikation des Händlers;

      2. ii.

        eine chronologische Aufstellung der Gültigkeitszeiträume der mit den Lieferanten abgeschlossen Lieferverträge unter Angabe, ob es sich um Vertragsgestaltungen handelt, bei den Kostenänderungen auf den Einkaufspreis unmittelbar Einfluss haben (zum Beispiel Lohnfertigung);

      3. iii.

        jeweilige Einkaufsmengen und Nettopreise (nach Abzug sämtlicher Boni, Skonti, Rabatte, Nachrechnungsrabatte und sonstiger Vergünstigungen) je Monat (sowie Angaben dazu, ob die Bezugsmenge in Kilogramm oder Liter angegeben ist). Die Boni, Skonti, Rabatte, Nachrechnungsrabatte und sonstige Vergünstigungen sind über die Vertragszeiträume umzulegen und gesondert auszuweisen. Soweit es innerhalb einer Vertragslaufzeit zu Anpassungen der Nettopreise gekommen ist, sind die Nettopreise getrennt vor und nach der Preisanpassung auszuweisen;

      4. iv.

        jeweilige Rabattvereinbarungen und deren konkreter Inhalt, die mit den jeweiligen Lieferanten für die Vertragslaufzeiten vereinbart wurden und

      5. v.

        jeweilige Verkaufsmengen und Regal- und Aktionspreise je Monat (sowie Angaben dazu, ob die Verkaufsmenge in Kilogramm oder Liter angegeben ist); sowie

    2. b.

      durch Vorlage von Dokumenten und Unterlagen zur Preiskalkulation der jeweiligen Zedentin bzw. Vorzedentin insgesamt sowie für die zuckerhaltigen Produkte, aus deren Bezug die Klägerin Kartellschadensersatzansprüche herleitet, insbesondere

      1. i.

        Projektkalkulationen und strategische Preisdokumente;

      2. ii.

        Vorlagen an die zuständigen Unternehmens- oder Konzernleitungsorgane, die Entscheidungen über Preisänderungen in Reaktion auf Kostensteigerungen, insbesondere bedingt durch eine Steigerung der Ankaufspreise von zuckerhaltigen Produkten, vorbereitet haben sowie

      3. iii.

        Unterlagen dazu, was die zuständigen Unternehmens- oder Konzernleitungsorgane auf dieser Basis beschlossen haben.

und hilfsweise, für den Fall, dass das Gericht bis zum Schluss der letzten mündlichen Verhandlung, auf die ein zusprechendes Grund-, Teil- oder Endurteil über die Klage ergeht, weder dem Antrag auf Erlass eines Zwischenurteils noch dem Antrag gemäß § 371 Abs. 2 S. 1 ZPO nachkommt, widerklagend,

die Klägerin zu verurteilen, die in Ziffer 1. und Ziffer 2. genannten Auskünfte zu erteilen.

Die Beklagte zu 2. beantragt weiterhin, für den Fall, dass es für die Entscheidung über den Klageanspruch (Antrag zu 2.) bzw. Teile desselben auf die Behauptung der Beklagten zu 3. ankommt, die LEH-Zedenten haben etwaige kartellbedingte Preisaufschläge auf nachfolgende Marktstufen abgewälzt,

die Kammer möge gem. § 142 Abs. 1 ZPO iVm. §§ 89b Abs. 1; 33g Abs. 2, 10 GWB anordnen, dass die Klägerin der Beklagten zu 3. Auskunft erteilt hinsichtlich des Hauptzedenten Nr. 1, der Vorzedenten Nr. 1-948, sowie der Hauptzedenten Nr. 25-44, 47 und 55 (zusammen "die LEH-Zedenten") je LEH-Zedent bezogen auf alle Verkaufsartikel des Produkts 1kg Paket Haushaltszucker differenziert nach Marken (inklusive Eigenmarken) für den Zeitraum ab Januar 2002 bis Dezember 2016 über

  • Mengen pro Verkaufsartikel und pro Verkaufsstandort, die der jeweilige LEH-Zedent je Kalendermonat an seine Kunden abgesetzt hat (differenziert nach Aktions- und Nichtaktionsmengen),

  • Verkaufspreise als Durchschnitt für den Kalendermonat pro Verkaufsartikel und pro Verkaufsstandort, zu denen der jeweilige LEH-Zedent die Verkaufsartikel an seine Kunden abgesetzt hat (differenziert nach Aktions- und Nichtaktionsmengen),

  • Nettoeinkaufspreise (unter Abzug aller Rabatte und Vergünstigungen, z.B. aber nicht ausschließlich Werbekostenzuschüsse) als Durchschnitt für den Kalendermonat pro Verkaufsartikel und pro Lieferant mit Ausnahme der Beklagten zu 3., zu denen der jeweilige LEH-Zedent die Verkaufsartikel von seinen jeweiligen Lieferanten bezogen hat (differenziert nach Aktions- und Nichtaktionspreisen),

  • Informationen zu den Vertragsperioden pro Lieferant (mit Ausnahme der Beklagten zu 3.), die der jeweilige LEH-Zedent mit seinen jeweiligen Lieferanten vereinbart hat.

Die Beklagten sind der Ansicht, das Landgericht Hannover sei örtlich nicht zuständig.

Auch sei die Klägerin nicht aktivlegitimiert. Es lägen keine wirksamen Abtretungen vor, insbesondere sei ein Verstoß gegen das RDG gegeben, weshalb sämtliche Abtretungen unwirksam seien.

Die Beklagte zu 1. ist der Ansicht, die Geltendmachung von Schadensersatzansprüchen direkter und indirekter Abnehmer begründe widerstreitende Interessen. Ebenso bestehe wegen der finanziellen Abhängigkeit der Klägerin von darlehensgebenden Prozessfinanzierern u.ä. ein Interessenkonflikt zwischen letzteren und den Zedenten. Weiterhin habe die Klägerin zu den Produktbezügen der Zedenten und Vorzedenten (Transaktionsdaten) unzureichend vorgetragen. Soweit die Klägerin dabei teilweise Schätzungen vorgenommen habe, würden diese zu Zufallswerten führen. Die Beklagte zu 1. behauptet, nicht sämtliche von der Klägerin behaupteten Lieferungen von Zuckerarten seien von dem Kartell betroffen gewesen, insbesondere gelte dies nicht für Invertzuckersirup. Die Zuckerpreise am Markt seien durch das Kartell nicht beeinflusst gewesen, sondern hätten sich durch Marktfaktoren gebildet. Die Beklagte zu 1. ist der Ansicht, die Ermittlungen der Klägerin zum kontrafaktischen Preis, insbesondere ihre privaten Sachverständigengutachten, seien methodisch falsch. Eine Kartellbetroffenheit der streitgegenständlichen Zuckerlieferungen sei weder hinreichend dargelegt noch bewiesen. Jedenfalls sei von einer Weiterwälzung des Schadens auszugehen, sodass den Zedenten und Vorzedenten kein Schaden entstanden sei.

Die Beklagte zu 2. ist der Ansicht, schon aus dem Gesellschaftszweck und der fehlenden finanziellen Ausstattung der Klägerin ergebe sich eine Unwirksamkeit der Abtretungsvereinbarungen wegen Verstoßes gegen § 4 RDG in Verbindung mit § 134 BGB. Insbesondere verstoße die Klägerin gegen das Verbot der Wahrnehmung widerstreitender Interessen und damit gegen ein gesetzliches Verbot im Sinne des § 134 BGB, denn sie mache gleichzeitig Schadensersatzansprüche von direkten Abnehmern und indirekten Abnehmern der Beklagten geltend. Die Abtretung der Zedentin zu 52) durch ihren Insolvenzverwalter sei zudem deshalb Insolvenzzweckwidrig und sittenwidrig, weil Kaufpreis (10.000 €) und Wert der Forderungen nach Schätzung der Klägerin (280.249 €) in einem groben Missverhältnis stünden. Art und Umfang des Kartells seien von der Klägerin falsch dargestellt und gingen über die Bindungswirkung der Bußgeldbescheide hinaus. Die Beklagte zu 2. behauptet, einen Kartellpreisaufschlag habe es im streitgegenständlichen Zeitraum nicht gegeben, was ihre Privatgutachten (XXX) belegen würden. Die Beklagte zu 2. ist der Ansicht, die Schadensschätzung der Klägerin sei falsch und unzutreffend, die Angaben zu Einzeltransaktionen seien mindestens teilweise unvollständig, widersprüchlich oder sonst ersichtlich falsch. Einen Anhaltspunkt für Preisschirmeffekte gebe es nicht. Die Beklagte zu 2. behauptet, zudem sei von einer Weiterwälzung etwaig überhöhter Preise an die Abnehmer der Zedenten auszugehen.

Die Beklagte zu 3. ist der Ansicht, die Behauptungen der Klägerin zu den Transaktionsdaten seien nicht nachvollziehbar, insbesondere auch die von ihr durchgeführten Schätzungen und deren Grundlage. Die von der Klägerin herangezogene Schätzung von indirekten Bezügen von Verarbeitungszucker durch Handelszedenten nach der Top-Down-Methode sei ungeeignet, weil zu ungenau, eine präzisere Bottom-Up-Berechnung sei zudem möglich. Verschiedene von der Klägerin in ihre Anspruchsberechtigung einbezogene Zuckersorten wie insbesondere Invertzuckersirup seien kein Verarbeitungszucker und dementsprechend nicht von dem Kartell betroffen gewesen. Andere Zuckerarten seien kein Haushaltszucker und nicht von dem Kartell betroffen gewesen (zum Beispiel Gelierzucker). Wirksame Abtretungen lägen nicht vor, weil die Abtretungen wegen eines Verstoßes gegen § 4 RDG in Verbindung mit § 134 BGB nichtig seien. Das Gutachten der Klägerin belege keine Schadenswahrscheinlichkeit. Die Beklagte zu 3. behauptet, die damals verlangten und gezahlten Preise für Zuckerprodukte seien nicht kartellbedingt überhöht gewesen. Jedenfalls hätten die Zedenten etwaige Schäden auf die nachfolgende Marktstufe abgewälzt, zuletzt auf die Endverbraucher. Zuckerlieferungen Dritter seien nicht von erhöhten Preisen betroffen gewesen. Die Beklagte zu 3. ist der Ansicht, die Darlegungen der Privatgutachten der Klägerin seien unrichtig, wie sich aus den Privatgutachten der Beklagten (xxx) ergebe. Die Beklagte zu 3. habe gegenüber der Klägerin auch einen Anspruch auf Auskunftserteilung zur Schadensweiterwälzung.

Die Beklagten bestreiten, dass es Preisschirm- und Nachlaufeffekte gegeben habe.

Die Beklagten erheben die Einrede der Verjährung.

Wegen der Einzelheiten des Parteivorbringens wird auf den Inhalt der eingereichten Schriftsätze nebst Anlagen und auf das Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 1.9.2020 (Bl. 2146 ff. d.A.) Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

Die Klage ist zwar zulässig, aber insgesamt nicht begründet.

I.

Die Klage ist zulässig.

1.) Das Landgericht Hannover ist für die Klage gegen sämtliche drei Beklagten örtlich zuständig. Dies ergibt sich aus dem unanfechtbaren Beschluss des OLG Celle vom 4.7.2017, Az.: 18 AR 7/17, mit dem das Landgericht Hannover in dieser Sache als zuständiges Gericht bestimmt worden ist.

2.) Die Umstellung einer Feststellungsklage auf eine Leistungsklage - wie hier mit klägerischem Schriftsatz vom 20.7.2018 (Blatt 831 d.A.) erfolgt - ist zulässig. In einer solchen Umstellung liegt nur eine qualitative Änderung des Antrags bei gleichbleibendem Klagegrund. Es handelt sich damit nicht um eine Klagänderung, sondern um eine zulässige Klagerweiterung gem. § 264 Nr. 2 ZPO (vgl. Zöller/Greger, ZPO, 33. Aufl. 2020, § 256 Rn. 15c; § 264 Rn. 3b).

II.

Die Klage ist nicht begründet.

1.) Die Klägerin ist nicht aktiv legitimiert. Die Klägerin selbst hat unstreitig weder von den Beklagten noch sonst Zucker bezogen; dies haben nur die Zedenten bzw. Vorzedenten getan. Insoweit könnte sich eine Aktivlegitimation der Klägerin nur aus den behaupteten Abtretungen der Zedenten an die Klägerin ergeben. Diese Abtretungen sind aber unter mehreren Gesichtspunkten unwirksam.

a.) Eine Unwirksamkeit der Abtretungen ergibt sich zunächst aus § 134 BGB in Verbindung mit § 3 RDG (zur entsprechenden Rechtsansicht der Kammer in einer ähnlichen Konstellation vgl. LG Hannover, Urteil vom 4.5.2020 - 18 O 50/16 -, Rn. 88 ff. juris).

aa.) Der Anwendungsbereich des RDG gem. § 1 Abs. 1 Satz 1 RDG ist eröffnet. Das RDG erfasst "außergerichtliche" Rechtsdienstleistungen.

(1) Die Forderungsabtretung bzw. die Mitwirkung an der Forderungsübertragung als solche betrifft eine außergerichtliche Tätigkeit i.S.v. §§ 1 Abs. 1 Satz 1, 3 RDG.

Daran ändert der Umstand nichts, dass die abgetretenen Forderungen alsdann gerichtlich geltend gemacht werden sollen und hier auch wurden (s. BGH NJW 2013, 3580 [BGH 26.06.2013 - IV ZR 39/10]; auch OLG Stuttgart, DStRE 2018, 188, 189 [OLG Stuttgart 17.05.2016 - 12 U 186/15]: "Die Forderungsabtretung zur gerichtlichen Einziehung - wie hier - betrifft nach höchstrichterlicher Rechtsprechung eine außergerichtliche Tätigkeit iSv §§ 1, 3 RDG, auch wenn sie später gerichtlich geltend gemacht wird"; ebenfalls Deckenbrock/Henssler/Deckenbrock, 4. Aufl. 2015, RDG § 1 Rn. 21).

(2) Ferner stellen auch die Beauftragung der Prozessbevollmächtigten der Klägerin durch die Klägerin und deren Information durch die Klägerin jeweils eine außergerichtliche Tätigkeit dar, weil auch diese Handlungen nicht gegenüber dem Gericht vorgenommen werden (LG Mannheim, NZKart 2019, 173). Die Klägerin hat ferner die Organisation der Geltendmachung der Forderungen, die Beauftragung ihrer Prozessbevollmächtigten sowie - damit zwangsläufig verbunden - die Korrespondenz mit diesen übernommen. Auch darin liegen außergerichtliche Tätigkeiten (s. nur OLG Stuttgart, DStRE 2018, 188, 189 [OLG Stuttgart 17.05.2016 - 12 U 186/15]).

bb.) Weiter waren die Abtretungen und die ihnen zugrundeliegenden Abreden auch darauf ausgerichtet, dass die Klägerin eine "Rechtsdienstleistung" im Sinne des § 2 Abs. 1 RDG für die Zedenten erbringen sollte.

(1) Dabei kann dahinstehen, ob die Voraussetzungen des § 2 Abs. 2 Satz 1 RDG gegeben sind, wonach bei Erfüllung bestimmter Kriterien eine Rechtsdienstleistung unabhängig von den Voraussetzungen des Abs. 1 vorliegt. Denn § 2 Abs. 2 Satz 1 RDG ist für den Bereich der hier einschlägigen Forderungsbeitreibung (Inkassodienstleistung) keine Sperrwirkung gegenüber Abs. 1 zu entnehmen (s. nur OLG Stuttgart, DStRE 2018, 188, 189 [OLG Stuttgart 17.05.2016 - 12 U 186/15] m.w.N.). Daher bedarf es an dieser Stelle keiner Prüfung, ob die Klägerin die Forderungseinziehung als "eigenständiges Geschäft"i.S.v. § 2 Abs. 2 Satz 1 RDG betreibt.

(2) Die Klägerin sollte eine "Rechtsdienstleistung" i.S.v. § 2 Abs. 1 RDG erbringen. Eine solche ist jede Tätigkeit in konkreten fremden Angelegenheiten, sobald sie eine rechtliche Prüfung des Einzelfalls erfordert.

Nach den Gesetzesmaterialien führt jede spezifische Einzelfrage, deren Beantwortung eine juristische Subsumtion und besondere Rechtskenntnisse- und sei es auch lediglich in einem kleinen Teilbereich - erfordert, zu der Annahme einer solchen Rechtsprüfung, die den Anwendungsbereich des RDG eröffnet (s. nur BT-Drs. 16/3655, 47).

Diese Voraussetzungen liegen hier vor. Die Klägerin sollte vorliegend die kartellrechtlichen Schadensersatzforderungen nach Prüfung der Erfolgsaussichten gegen die Beklagten durchsetzen. Es war jeweils im Einzelfall, d.h. für die Forderungen sämtlicher Zedenten, zu prüfen, ob die rechtlichen Voraussetzungen eines Kartellschadensersatzanspruchs vorlagen, und bejahendenfalls, in welcher Höhe ein solcher Anspruch gegeben war. Die Klägerin bzw. die xxx-Gruppe werben gerade in Bezug auf das Zuckerkartell ausdrücklich mit einer solchen Prüfung und Geltendmachung von Kartellschadensersatzansprüchen (vgl. Anlage K89).

(3) Es handelt sich bei der Beitreibung der abgetretenen Forderungen auch um eine für die Klägerin "fremde" Angelegenheit i.S.v. § 2 Abs. 1 RDG; dies gilt auch trotz der vorgelegten dinglichen Abtretungsverträge, mit denen die Zedenten die streitgegenständlichen Forderungen an die Klägerin abtreten wollten.

(a) Die Frage, ob eine eigene oder eine fremde Rechtsangelegenheit betroffen ist, richtet sich danach, in wessen wirtschaftlichem Interesse die Besorgung der Angelegenheit liegt. Entscheidend ist, ob die Forderung einerseits endgültig - also ohne die Möglichkeit der Rückbelastung - auf den Erwerber übertragen wird und dieser andererseits insbesondere das Delkredererisiko, d.h. das volle wirtschaftliche Risiko der Beitreibung der Forderung, übernimmt (BGH NJW 2018, 2254; BGH ZIP 2012, 2445 Rn. 14 m.w.N.; vgl. auch für das Kartellrecht: LG Mannheim, NZKart 2019, 173).

(b) Nach diesen Maßstäben kann nicht davon ausgegangen werden, die Beitreibung der Forderungen erfolge (allein oder überwiegend) im wirtschaftlichen Interesse der Klägerin, weil diese das volle wirtschaftliche Risiko der Forderungseinziehung trage. Dies ergibt sich aus einer Zusammenschau verschiedener Gesichtspunkte:

Die Klägerin behauptet eine solche Übernahme des vollen wirtschaftlichen Interesses und Risikos schon selbst nicht mit Substanz. Dies ergibt sich etwa im Umkehrschluss aus dem Vorbringen der Klägerin zum Zedenten zu 52). (Nur) Für diese Abtretung beruft sich die Klägerin nämlich darauf, aufgrund des durch sie vorgelegten "Forderungskauf- und Abtretungsvertrages" (Anlage K11b) seien in diesem Fall die eventuellen Schadensersatzansprüche endgültig an die Klägerin verkauft und abgetreten worden, so dass dieser Zedent kein Eigeninteresse mehr bezüglich der Forderungen habe (S. 5 d. Ss. v. 24.8.2020, Bl. 2099 d.A.). Für die sonstigen Zedenten und damit Abtretungen wird dies von der Klägerin gerade nicht mit Substanz behauptet; die Klägerin hat für diese anderen Zedenten insoweit z.B. mit der Anlage K11b jeweils ausschließlich einen "Dinglichen Abtretungsvertrag" vorgelegt, aus dem sich etwa nicht ergibt, welche Vereinbarungen zum Kaufpreis die Parteien geschlossen haben. Offenbar sind dies bei den sonstigen Zedenten auch andere Regelungen als bei dem Zedenten zu 52), denn nur dort heißt es schon in der Überschrift "Forderungskauf- und Abtretungsvertrag", bei den sonstigen Zedenten dagegen "Dinglicher Abtretungsvertrag".

Ein Vergleich der Gestaltung der vertraglichen Regelungen aus dem Vertrag mit dem Zedenten zu 52) mit den Regelungen aus den Verträgen mit den anderen Zedenten deutet darauf hin, dass überhaupt kein Kaufpreis geflossen ist. Im Vertrag mit dem Zedenten zu 52) steht die Forderungsabtretung gem. Punkt 3.1. nämlich unter dem Vorbehalt einer tatsächlichen Zahlung des Kaufpreises:

"Die Abtretung in Ziffer 3.1. dieses Vertrages ist aufschiebend bedingt, bis die unter Ziffer 2.2. dieses Vertrages genannte Kaufpreissumme vollständig auf das ebenfalls dort genannte Konto eingeht."

In den Verträgen mit den sonstigen Zedenten dagegen fehlen solche Regelungen und damit eine aufschiebende Bedingung vollständig. Die sonstigen Zedenten waren somit nicht davor geschützt, ihre Forderungen (dinglich wirksam) zu verlieren, einen Kaufpreis aber nicht zu erhalten. Diese fehlende Regelung und damit der fehlende Schutz für die Zedenten überrascht, insbesondere im Hinblick auf die Höhe der jeweiligen Forderungen und damit das entsprechende Risiko für die Zedenten. Der Zedent zu 52) riskierte ja "nur" den Verlust der Schadensersatzansprüche für Lieferungen von insgesamt 4.725,26 t Zucker (gem. der Aufstellung in Anlage K9, welche insoweit durch die nach dem Vorbringen der Klägerin auf S. 33 d. Ss. d. Kl. v. 16.11.2020, Bl. 2175 d.A., für die Schadensberechnung allein maßgebliche Anlage K30a nicht geändert worden ist) und damit einen Kaufpreis von 10.000 €; einer der sonstigen Zedenten, z.B. der Zedent zu 1) dagegen riskierte den Verlust der Schadensersatzansprüche für Lieferungen für 2.137.696,83 t Zucker (gem. der Aufstellung in Anlage K9), d.h. für die etwa 450-fache Menge und somit einen auf der Basis der Quote des Zedenten zu 52) geschätzten Kaufpreis von (10.000 € x 450 =) 4,5 Mio € oder mehr. Weshalb ein zudem mutmaßlich geschäftlich erfahrener Zedent wie der Zedent zu 1) sich gegen ein solches Risiko nicht absichern sollte, ist nicht ersichtlich. Vielmehr wäre umgekehrt zu erwarten, dass der Zedent zu 1) sein Millionen-Risiko erst recht absichert, wenn dies sogar der Zedent zu 52) mit seinem nur 1/450 so großen Risiko tut. Verständlich wird diese fehlende Absicherung eines echten Forderungskaufes erst dann und sehr viel lebensnäher ist daher, dass die sonstigen Zedenten (zunächst) überhaupt keinen Kaufpreis erhalten sollten und auch nicht erhalten haben, weil sie eben stattdessen erst dann eine (anteilige) Ausschüttung erhalten sollten, wenn die Klägerin die Forderungen erfolgreich würde durchgesetzt haben. Damit aber bleibt das Risiko der erfolgreichen bzw. -losen Durchsetzung doch bei den Zedenten und die Klägerin trägt gerade nicht das volle wirtschaftliche Risiko der Beitreibung der Forderungen.

Es liegt auch im Übrigen nicht nahe, dass die Klägerin tatsächlich allen sonstigen Zedenten für deren Forderungen irgendwelche in vernünftiger Relation zur behaupteten Höhe und Erfolgsaussicht der Forderungen stehenden Kaufpreise gezahlt hätte, um damit das vollständige Erfolgs- wie Misserfolgsrisiko der Geltendmachung abschließend zu übernehmen.

Denn es ist nicht ersichtlich, aus welchen Mitteln die Klägerin dies hätte bewirken können, zumal dafür in der Summe selbst bei Ansetzung eines hohen Abschlags von z.B. 90% der jetzigen Klagforderung noch zweistellige Millionenbeträge aufzubringen gewesen wären.

Umgekehrt geht die Klägerin offenbar selbst davon aus, dass sie - letztlich immer noch - fremde Ansprüche nur durchsetzen sollte, wenn sie etwa an anderer Stelle ausdrücklich damit argumentiert, es hätten "sich die Zedenten dafür entschieden, der Klägerin die Durchsetzung ihrer Schadenersatzansprüche anzuvertrauen"(S. 11 d. Ss. v. 16.11.2020, Bl. 2164 d.A.) (Unterstreichung von hier). Bei einem Forderungskauf dagegen "vertraut" der Zedent dem Zessionar nichts an.

Ähnlich hat das OLG Stuttgart entschieden, eine Erklärung, abgetretene Schadensersatzansprüche geltend zu machen, stelle "eine Verpflichtung zur Geltendmachung der abgetretenen Forderung dar, die für den Fall, dass sie unentgeltlich erfolgt, jedenfalls einen Auftrag gemäß § 662 BGB begründet", was gegen die Annahme eines Forderungskaufs spreche (OLG Stuttgart, DStRE 2018, 188, 190 [OLG Stuttgart 17.05.2016 - 12 U 186/15]).

Gegen einen eigenen (positiven) Sachvortrag der Klägerin zu einer vollständigen Übernahme des wirtschaftlichen Risikos sprechen auch die Ausführungen der Klägerin im Zusammenhang mit ihrer Verteidigung gegen die Rechtsauffassung der Beklagten, die Abtretung sei auch auf Grundlage von § 134 BGB in Verbindung mit § 4 RDG wegen einer Wahrnehmung kollidierender Interessen der verschiedenen Zedenten nichtig. In diesem Zusammenhang führt die Klägerin gerade nicht aus, dass es auf die Interessen der verschiedenen Zedenten in Ansehung vollständiger Übernahme des Bonitätsrisikos durch die Klägerin nicht mehr ankomme. Vielmehr argumentiert sie ausdrücklich, sämtliche Zedenten hätten dasselbe gemeinsame Interesse an einer vertikalen Anspruchsbündelung (vgl. etwa S. 109 ff. d. Ss. v. 24.1.2020, Bl. 1687 ff. d.A.), weil so Ansprüche erfolgreicher durchgesetzt werden könnten, insbesondere auch gegenüber einem Einwand der Schadensweiterwälzung. Dies lässt sich aber nur als Behauptung der Klägerin verstehen, die Zedenten seien doch am wirtschaftlichen Erfolg der Forderungsdurchsetzung beteiligt, denn Zedenten, die kein wirtschaftliches Risiko in Bezug auf die abgetretenen Forderungen trügen, hätten dann konsequenterweise überhaupt kein Interesse an der erfolgreichen oder erfolglosen Durchsetzung der Forderungen, weil dieses weitere Schicksal der Forderungen sie überhaupt nicht mehr beträfe. Die Betonung eines gemeinsamen Interesses sämtlicher Zedenten durch die Klägerin spricht also vielmehr dafür, dass die Zedenten selbst tatsächlich (weiterhin) noch Interessenträger sind und zumindest von einem erheblichen Verbleib des wirtschaftlichen Durchsetzungsrisikos bei den Zedenten auszugehen ist.

Entgegenstehende Regelungen zur Risikoverteilung im Innenverhältnis zwischen der Klägerin und den Zedenten sind nicht ersichtlich. Die Klägerin hat nicht näher zu den Regelungen im Innenverhältnis vorgetragen; den Beklagten kann ein solcher Vortrag nicht obliegen, weil sie in dieses Innenverhältnis naturgemäß keinen Einblick haben.

Ebenso gehen offenbar die Zedenten selbst noch im Jahr 2020 davon aus, die Klägerin mache im vorliegenden Rechtsstreit (nur) die Ansprüche der Zedenten geltend bzw. setze diese durch. So äußert etwa der Zedent zu 45) in einer von der Klägerin (vgl. S. 12 d. Ss. v. 16.11.2020, Bl. 2164R d.A.) zu anderem Zweck vorgelegten Stellungnahme (Anlage K98), er habe sich damals entschieden, "die Durchsetzungunserer Schadensersatzansprüche ausgewiesenen Experten anzuvertrauen"(Unterstreichungen von hier). Wie schon oben ausgeführt, "vertraut" ein Zedent im Normalfall einem Zessionar ebenso wenig etwas an wie z.B. ein Verkäufer einem Käufer. Tatsächlich ließen sich die von der Klägerin in Bezug genommenen, engagierten Stellungnahmen von unterschiedlichen Zedenten zur Frage der Vorteile einer Anspruchsbündelung und der Interessenlage besonders zwanglos dadurch erklären, dass die Zedenten auch im Jahr 2020 die streitgegenständlichen Schadensersatzansprüche deshalb immer noch als "ihre" Ansprüche ansehen, weil sie ein eigenes wirtschaftliches Interesse an deren Durchsetzung, z.B. im Sinne einer später erfolgenden Ausschüttung o.ä. haben, und eben nicht nur die Klägerin die Forderungen im (allein) eigenen wirtschaftlichen Interesse geltend macht. Dazu passt auch die in der vorstehend genannten Stellungnahme des Zedenten zu 45) (Anlage K98) weiterhin noch enthaltenen Formulierung: "Es war uns somit wichtiger, die Durchsetzungswahrscheinlichkeit unserer eigenen Ansprüche zu erhöhen, also am Ende überhaupt etwas zu erhalten, als um jeden Preis unsere Maximalforderung geltend zu machen"(Unterstreichungen von hier).

Die Klägerin ist damit den Behauptungen der Beklagten - etwa der Beklagten zu 3) auf S. 100 f. d. Ss. v. 2.5.2019 (Bl. 1253R f. d.A.), der Beklagten zu 2) auf S. 26 d. Ss. v. 2.5.2019 (Bl. 1305R f. d.A.) und der Beklagten zu 1. auf S. 208 d. Ss. v. 2.5.2019 (Bl. 1532R d.A.) -, die Klägerin habe den Zedenten - ggfs. mit Ausnahme des Zedenten zu 52) - gerade nicht das gesamte wirtschaftliche Risiko der Forderungseinziehung abgenommen, auch nicht wirksam entgegengetreten. Umgekehrt haben damit die Beklagten, soweit sie für die "Fremdheit" als Merkmal des Verbotstatbestands i.S.v. § 134 BGB i.V.m. § 3 RDG die Darlegungs- und Beweislast tragen, ihrer Darlegungslast genügt. Die Klägerin hat dem vielmehr nur ihre rechtliche Auffassung entgegengehalten (vgl. S. 81 ff. d. Ss. v. 24.1.2020, Bl. 1673 ff. d.A.), die Inkassoerlaubnis der Klägerin umfasse auch die (klageweise) Geltendmachung der streitgegenständlichen Forderungen. Dies betritt aber nicht die eigentliche Frage nach der Verteilung des wirtschaftlichen Risikos.

cc.) Die Ausnahmevorschrift des § 2 Abs. 3 Nr. 6 RDG, wonach trotz Vorliegens der Voraussetzungen des § 2 Abs. 1 RDG keine "Rechtsdienstleistung" gegeben sein kann, ist vorliegend ersichtlich weder direkt noch analog anwendbar.

Irgendeine "Verbundenheit" zwischen der Klägerin auf der einen und den Zedenten auf der anderen Seite, die auf "verbundene Unternehmen" i.S.d. § 15 AktG hindeuten könnte, ist nicht ersichtlich.

dd.) Von dem grundsätzlichen Verbot der Rechtsdienstleistung gem. § 3 RDG i.V.m. § 2 Abs. 1 RDG ist auch nicht deshalb eine Ausnahme zu machen, weil sich die Klägerin eines Rechtsanwalts bedient hat (vgl. die st. Rspr. des BGH; BGH NJW 1995, 3122, 3123; BGH NJW 1987, 3003, 3004; BGH NJW 1989, 2125, 2126; BGH NJW 2005, 1488; BGH NJW 2007, 1131, 1132; BGHZ 167, 223, 227; BGH NJW 2008, 3069; zur steuerlichen Beratung: BGHZ 98, 330, 335).

(1) Zunächst ist festzuhalten, dass sich die Klägerin trotz Beauftragung von (qualifizierten) Rechtsanwälten selbst gegenüber den Zedenten zur Erbringung einer Rechtsdienstleistung verpflichtet hat (s. nur OLG Stuttgart, DStRE 2018, 188, 189 [OLG Stuttgart 17.05.2016 - 12 U 186/15]: "Denn auch dann, wenn sie sich eines Rechtsanwaltes bedient, verpflichtet sie sich doch selbst gegenüber dem Vertragspartner, die Rechtsbesorgung zu übernehmen"; vgl. auch BGH NJW 2009, 3242 [BGH 29.07.2009 - I ZR 166/06] Rn. 23 m.w.N.). Grundsätzlich ist und bleibt daher die Klägerin die Erbringerin der Dienstleistung.

(2) Auch befreit die Hinzuziehung von (qualifizierten) Rechtsanwälten nicht von dem Erfordernis, dass die Klägerin selbst die gesetzlichen Voraussetzungen der jeweiligen Erlaubnistatbestände erfüllen muss.

Denn nach allgemeinen Grundsätzen des RDG erlangen Personen eine Befugnis zur Rechtsberatung nicht bereits, weil sie einen Rechtsanwalt hinzuziehen.

(a) Dies folgt aus der Gesetzgebungshistorie (eingehend dazu BGH NJW 2008, 3069, 3070 [BGH 03.07.2008 - III ZR 260/07]; Veith/Gräfe/Gebert, Der Versicherungsprozess, § 19 Vermögensschaden-Haftpflichtversicherung Rn. 297).

§ 5 Abs. 3 RDG-E sah noch vor, dass Rechtsdienstleistungen in Zusammenarbeit mit und unter Hinzuziehung einer Person erbracht werden dürfen, der die selbstständige entgeltliche Erbringung dieser Rechtsdienstleistung erlaubt ist, wenn diese Person den rechtsdienstleistenden Teil der Tätigkeit eigenverantwortlich erbringt. Dies Vorschrift ist dann aber nicht in das Gesetz übernommen worden (vgl. nur BGH NJW 2008, 3069, 3070 [BGH 03.07.2008 - III ZR 260/07]; Veith/Gräfe/Gebert, Der Versicherungsprozess, § 19 Vermögensschaden-Haftpflichtversicherung Rn. 297).

(b) Dieser Wegfall erfolgte durch den Gesetzgeber auch bewusst im Hinblick auf die damit verbundenen Konsequenzen. Denn in der Begründung des Rechtsausschusses des Bundestags wird ausgeführt:

"Der Wegfall von Absatz 3 führt dazu, dass eine Zusammenarbeit von Rechtsanwälten mit nichtanwaltlichen Unternehmern in der Weise, dass der Anwalt als,Erfüllungsgehilfe' des Unternehmers tätig wird, nicht möglich ist. Es bedarf damit in allen Fällen, in denen Rechtsdienstleistungen nicht mehr lediglich Nebenleistungen sind, der gesonderten Einschaltung eines Rechtsanwalts oder eines anderen zur selbstständigen Erbringung von Rechtsdienstleistungen befugten Berufsangehörigen (zB Steuerberater, Inkassounternehmer oder Rentenberater). Eine gemeinsame Auftragsannahme und - erledigung bleiben unzulässig; zulässig sind wie bisher Kooperationen, bei denen die Eigenständigkeit der Aufträge bzw. Mandate gewahrt bleibt."(Bundestagsdrucksache 16/6634, S. 52)

Ziel dieser Wertentscheidung des Gesetzgebers war es, sicherzustellen, dass die rechtssuchende Person in einer unmittelbaren vertraglichen Beziehung zu dem, der die Rechtsdienstleistung erbringen darf, steht (vgl. BGH NJW 2008, 3069, 3070 [BGH 03.07.2008 - III ZR 260/07]). Nur dann entstehen vertragliche Pflichten des Rechtsberatenden, welche die rechtssuchende Person hinreichend schützen. Insbesondere ist so gewährleistet, dass bei fehlerhafter Beratung der Rechtsuchende selbst Schadensersatzansprüche gegen den Anwalt erfolgreich geltend machen kann (BGH a.a.O.). Zudem wird vermieden, dass der Anwalt auf Interessenkonflikte trifft, die sich zwischen dem ihn mandatierenden nicht-anwaltlichen Rechtsdienstleister und der Partei, deren Forderungen durchgesetzt werden sollen, auftun können (BGH a.a.O.).

Erforderlich wäre damit die gesonderte Einschaltung eines Rechtsanwalts durch den Rechtssuchenden, die mithin zu einer unmittelbaren Verbindung zwischen Rechtsanwalt und Rechtsuchendem führen muss (BGH a.a.O.).

Diese Voraussetzungen sind hier nicht erfüllt, da unstreitig die Klägerin ihre Prozessbevollmächtigten als Rechtsanwälte beauftragt hat.

(c) Wenn teilweise angenommen wird, die Mandatierung könne auch im Sinn eines Vertrags zugunsten Dritter durch den Hauptdienstleister erfolgen (AG Hannover, NJW 2018, 170, 174), so kann hier offenbleiben, ob dem zu folgen ist; dagegen könnte sprechen, dass auch bei einem Dienstleistungsverhältnis zu Gunsten des Rechtssuchenden letzterer nach allgemeinen Grundsätzen des § 328 BGB die Leistungen des Rechtsberaters nicht gleichermaßen steuern, kontrollieren und ggf. das Diensteistungsverhältnis auch auflösen kann, wie dies bei unmittelbarer Beauftragung durch den Rechtssuchenden der Fall wäre.

Auch wenn man der vorgenannten Auffassung folgen würde, so forderte diese doch ergänzend zu Recht, dass nicht jeder Vertrag zu Gunsten Dritter genüge, sondern namentlich das Pflichtengefüge des Rechtsanwalts gegenüber dem Rechtsuchenden klar herausgearbeitet sein müsse (AG Hannover, a.a.O. unter Verweis auf Hirtz, in: Grunewald/Römermann, RDG, § 5 Rn. 70). Eine von der Klägerin nur vorgetragene allgemeine Zusammenarbeit mit ihren Rechtsanwälten würde dies keinesfalls erfüllen (vgl. entsprechend zum dortigen Fall AG Hannover, a.a.O.).

ee.) Die Erbringung der Leistungen im Rahmen der Beitreibung der gegenständlichen Forderungen ist der Klägerin auch nicht als Inkassodienstleistung (§ 2 Abs. 2 Satz 1 RDG) aufgrund der Registrierung nach § 10 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 RDG erlaubt.

Gem. § 10 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 RDG dürfen natürliche und juristische Personen sowie Gesellschaften ohne Rechtspersönlichkeit, die bei der zuständigen Behörde registriert sind (registrierte Personen), aufgrund besonderer Sachkunde Rechtsdienstleistungen - nur - in dem Bereich der Inkassodienstleistungen (§ 2 Abs. 2 Satz 1) erbringen.

Dabei kann dahinstehen, ob die Klägerin betreffende Leistungen als "eigenständiges Geschäft" i.S.v. § 2 Abs. 2 Satz 1 RDG erbringt, was nur dann der Fall wäre, wenn die Forderungseinziehung innerhalb einer ständigen haupt- oder nebenberuflichen Inkassotätigkeit oder außerhalb einer solchen nicht lediglich als Nebenleistung im Zusammenhang mit einer anderen beruflichen Tätigkeit erfolgt (BGH NJW 2013, 59 [BGH 30.10.2012 - XI ZR 324/11]).

Jedenfalls weichen die hier in Rede stehenden Leistungen der Klägerin bei der Forderungseinziehung einschließlich der erforderlichen Prüfung der Erfolgsaussichten i.E. so weit von den Merkmalen einer Inkassotätigkeit ab, dass auch unter Beachtung der vom BGH geforderten eher großzügigen Auslegung des Inkassobegriffs im Lichte der Liberalisierungstendenzen des RDG eine bloße Inkassodienstleistung i.S.v. § 2 Abs. 2 Satz 1 RDG nicht mehr angenommen werden kann.

(1) Dies folgt zwar nicht allein daraus, dass die Klägerin die Zedenten ersichtlich auch rechtlich zu beraten hatte. Denn die Registrierung als Inkassodienstleister umfasst auch die Befugnis, eine rechtliche Bewertung der Durchsetzbarkeit der Forderung abzugeben und den Rechtssuchenden auf dieser Grundlage rechtlich zu beraten (s. nur LG München I Endurteil v. 7.2.2020 - 37 O 18934/17, BeckRS 2020, 841, Rn. 110). Der Begriff der Inkassodienstleistung darf also nicht auf eine rein kaufmännisch-technische Einziehungstätigkeit ohne bzw. mit allenfalls einer schematischen Rechtsanwendung reduziert werden (zutreffend LG München I Endurteil v. 7.2.2020 - 37 O 18934/17, BeckRS 2020, 841, Rn. 110).

(2) Ebenfalls nicht allein zu einem Entfallen der Eigenschaft als Inkassodienstleistung führt, dass ggf. schwierige Rechtsfragen zu prüfen sind (LG München I Endurteil v. 7.2.2020 - 37 O 18934/17, BeckRS 2020, 841, Rn. 111 unter Verweis auf vgl. BGH, Urt. v. 14.01.2016,1 ZR 107/14, juris Rn. 43).

(3) Jedoch sind die vertraglichen Pflichten der Klägerin deswegen keine Inkassodienstleistung iSd §§ 10 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1, 2 Abs. 2 Satz 1 RDG (mehr), weil sie - wenn schon nicht völlig ausschließlich, so bei realistischer Betrachtung aber doch ganz vorrangig - auf eine gerichtliche Durchsetzung der Ansprüche gerichtet sind (zustimmend: PrüttingZIP 2020, 1434 (1437); Nuys/Gleitsmann, BB 2020, 2441, 2445; vgl. LG München I Endurteil v. 7.2.2020 - 37 O 18934/17, BeckRS 2020, 841, Rn. 119 ff.: Wenn dort zwar mit einer "ausschließlichen" Ausrichtung auf die gerichtliche Geltendmachung argumentiert wird, lassen doch die Ausführungen zum Sachverhalt erkennen, dass es nach den dortigen Vertragsinhalten offenbar um eine weniger ausschließliche, als vielmehr schwerpunktmäßig gerichtliche Durchsetzung ging).

(a) Der hier gewählte rechtsmethodische Ansatz, ein Leitbild der "Inkassodienstleistung" festzulegen, und davon ausgehend im Einzelfall zu bestimmen, ob (noch) eine Inkassodienstleistung vorliegt, dürfte dem Ansatz des BGH in der Entscheidung "wenigermiete.de" entsprechen und erscheint auch in der Sache überzeugend (zustimmend: Prütting a.a.O. 1437; Nuys/Gleitsmann, a.a.O.; abw. insofern möglicherweise LG München I Endurteil v. 7.2.2020 - 37 O 18934/17, BeckRS 2020, 841, Rn. 109), zumal es kaum möglich sein dürfte, trennscharfe Begriffskategorien zu entwerfen, die unabhängig von dem Maß der Leitbildabweichung die Subsumtion ermöglichen. Dementsprechend ist dem BGH in seinem methodischen Grundansatz zu folgen, wenn er als Kriterium der weiteren Prüfung darauf abstellt, dass die dort in Rede stehende Tätigkeit der Klägerin "zum Teil Unterschiede zu einem Forderungseinzug im herkömmlichen, stärker von Mahn- und Beitreibungsmaßnahmen geprägten [...] Sinne auf[weist]", um dann weiter zu fragen, ob sie trotzdem "(noch) als (zulässige) Inkassodienstleistung gemäß § 2 Abs. 2 Satz 1 RDG anzusehen und deshalb von der nach § 10 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 RDG bestehenden Befugnis der Klägerin, als registrierte Person Rechtsdienstleistungen im Bereich der Inkassodienstleistungen zu erbringen, (noch) gedeckt"ist (BGH Urt. v. 27.11.2019 - VIII ZR 285/18, BeckRS 2019, 30591, Rn. 97). Auch die vom BGH ausdrücklich in Bezug genommenen Quellen - im Besonderen Hartmann, NZM 2010, 353 - gehen z.T. deutlich von einer bestimmten phänotypischen Leitbildfunktion des Inkassobegriffs aus. Auch die Verwendung des Begriffs "noch" macht deutlich, dass der BGH von einer auf den Einzelfall bezogenen Abwägung ausgeht, die einer Quantifizierung im Maße der Abweichung einzelner Faktoren oder einer Mehrzahl von Faktoren in der Gesamtheit von einem bestimmten Leitbild zugänglich ist (vgl. BGH Urt. v. 27.11.2019 - VIII ZR 285/18, BeckRS 2019, 30591, Rn. 110: "Würdigung der Umstände des Einzelfalls einschließlich einer Auslegung der hinsichtlich der Forderungseinziehung getroffenen Vereinbarungen"). I.E. ist daher anzunehmen, dass entsprechend einem "Zusammenspiel beweglicher Elemente" (vgl. MüKoBGB/Armbrüster, 8. Aufl. 2018, BGB § 138 Rn. 29) die Nichterfüllung einzelner oder mehrerer Leitbildfaktoren deren Zusammenschau dazu führen kann, je nach dem Maß der Abweichungen vom Inkassoleitbild (noch) eine Inkassodienstleistung anzunehmen oder dies gerade nicht (mehr) zu tun.

(b) Demnach ist zunächst das Leitbild der Inkassodienstleistung zu betrachten, hier namentlich an der Grenze "außergerichtlich/gerichtlich". Dabei muss die Kernfunktion der Inkassodienstleistung ins Zentrum gerückt werden, nämlich Unternehmen eine einfache und kostengünstige Möglichkeit zu verschaffen, ausstehende Forderungen durch hierauf spezialisierte Dienstleister einzutreiben (Henssler, NJW 2019, 545, 546; Prütting a.a.O. 1437; Nuys/Gleitsmann, a.a.O. 2445). Geht es hingegen um Forderungen, gegen welche der Schuldner ernstliche (d.h. substantielle) Einwendungen aus Rechtsgründen erhebt, so dass sicher oder jedenfalls mit ganz hoher Wahrscheinlichkeit mit einer gerichtlichen Auseinandersetzung zu rechnen ist, bietet sich die Beauftragung eines Inkassodienstleisters gerade nicht an (vgl. Henssler, NJW 2019, 545, 546).

(c) Sodann ist das Maß der Abweichung zu bestimmen, hier für den Typizitätsfaktor der außergerichtlichen Anspruchsdurchsetzung.

(aa) Für die Bestimmung, ob die Pflichten des Dienstleisters insofern auf eine außergerichtliche oder eine gerichtliche Anspruchsdurchsetzung gerichtet sind, bedarf es im Grundsatz einer Gesamtschau der vertraglichen Regeln, des Auftretens des Dienstleisters gegenüber dem Rechtssuchenden und der tatsächlichen Durchführung, wobei eine objektive Betrachtung der Zielsetzung des Geschäftes den Ausschlag gibt (LG München I, NZKart 2020, 145, 147).

(bb) Nach diesen Grundsätzen liegt keine bloße Inkassodienstleistung der Klägerin für die Zedenten (mehr) vor.

Denn i.E. ist davon auszugehen, dass die Tätigkeit der Klägerin für die Zedenten von vornherein jedenfalls im Kern auf die gerichtliche Durchsetzung gerichtet war.

Zwar hat die Klägerin zu dem Inhalt der schuldrechtlichen Verpflichtungsgeschäfte, welche den Forderungsabtretungen zugrunde lag, nichts vorgetragen.

Indes ist - neben der möglichen Auswertung der Vertragsinhalte - auch auf objektive Kriterien und legitime Erwartungen der Parteien abzustellen. Entsprechend hat das LG München I - dort ergänzend zu den im dortigen Fall näher bekannten Vertragsinhalten - darauf abgestellt,

"dass der Klägerin bereits bei Abschluss der Vereinbarungen mit ihren Kunden klar gewesen sein musste, dass bei realistischer Einschätzung eine außergerichtliche Durchsetzung der Forderungen von vorneherein nicht erfolgversprechend und damit nicht ,zweckdienlich'war. Angesichts der Vielzahl schwieriger, ungeklärter Rechtsfragen sowohl im Zusammenhang mit den Abtretungen als auch im Bereich des Kartellschadensersatzrechts, die die Klägerin in ihren Aufklärungshinweisen (Anlage 2 zur Vereinbarung zwischen den Zedenten und der Klägerin - Anlage GL 12) selbst erwähnt, konnte die Klägerin nicht billigerweise damit rechnen, dass die Beklagten schon auf eine entsprechende außergerichtliche Geltendmachung hin leisten würden. Die formell in den Vereinbarungen vorgesehene Variante der außergerichtlichen Geltendmachung ging folglich von vorneherein ins Leere."(LG München I, NZKart 2020, 145, 147).

Die betreffenden Voraussetzungen sind hier entsprechend erfüllt, da hier ebenfalls eine Reihe schwieriger Rechtsfragen zu klären war, so dass mit einer außergerichtlichen Erfüllung - zumal sämtlicher Schuldner für sämtliche Forderungen - nicht ernstlich zu rechnen war. Vorliegend kommt dazu, dass nach dem Vorbringen der Klägerin einzelne Zedenten zunächst ohne die Klägerin außergerichtliche Anspruchsschreiben an Beklagte gesendet hatten, welche aber zurückgewiesen worden waren; mindestens für diese Zedenten war somit noch klarer, dass eine (weitere) außergerichtliche Geltendmachung durch die Klägerin wenig aussichtsreich erschien.

Namentlich in den Fällen des hier streitgegenständlichen "Zuckerkartells" war die vorgerichtliche Einigung auch deswegen unwahrscheinlich, weil die drei großen Zuckerhersteller Einwendungen ganz grundsätzlicher Art - wie etwa die besonderen Regelungen der ZMO als Kartellwirkungen ausschließende Preisbildungsmechanismen - gegen einen Ausgleich erhoben haben.

Vorliegend ist zudem auch nicht ersichtlich, dass die Klägerin vorprozessual überhaupt an die Beklagten herangetreten ist. Jedenfalls an die Beklagte zu 2) wendete sich die Klägerin erstmals mit Schreiben vom 2.5.2017, d.h. nach der Klagerhebung v. 16.2.2017. Im Übrigen würde auch ein (teilweises) vorprozessuales Herantreten an die Beklagten zu keiner anderen Bewertung führen. Denn auch dann, wenn mit einer außergerichtlichen Einigung nicht ernstlich zu rechnen ist, ist die vorgerichtliche Auseinandersetzung über die Forderung natürlich nicht ausgeschlossen und ggf. nahezuliegend, und wenn nur zu dem Zweck, die rechtlichen und tatsächlichen Positionen der Gegenpartei auszuloten und zudem die Voraussetzungen des § 93 ZPO sicher auszuschließen.

I.E. ist daher von einer wenn auch möglicherweise nicht ausschließlichen, so bei realistischer Betrachtung doch jedenfalls ganz vorrangigen Ausrichtung auf eine gerichtliche Durchsetzung der Ansprüche auszugehen (vgl. entsprechend für Fälle des LKW-Kartells LG München I Endurteil v. 7.2.2020 - 37 O 18934/17, BeckRS 2020, 841, Rn. 119 ff.).

(cc) Diesem Ergebnis steht nicht entgegen, dass der BGH Pflichten zur Beauftragung einer gerichtlichen Rechtsdurchsetzung nicht grundsätzlich als mit dem RDG unvereinbar betrachtet. Denn in dem vom BGH entschiedenen Fall stand die außergerichtliche Durchsetzung viel mehr im Zentrum sowohl der objektiven Vertragszwecke als auch der vertraglichen Einzelregelungen zwischen Zessionar und Zedent. Der BGH führte diesbezüglich aus, dass im dort zu entscheidenden Fall vertraglich eine vorrangige außergerichtliche Anspruchsdurchsetzung geregelt war; nur, wenn diese nicht zum Erfolg führte, und nur "bei entsprechenden Erfolgsaussichten"durfte (nicht: musste) der dortige Dienstleister auch das gerichtliche Verfahren initiieren (BGH Urt. v. 27.11.2019 - VIII ZR 285/18, BeckRS 2019, 30591, Rn. 4-6). Der Schwerpunkt der außergerichtlichen Durchsetzung drückte sich ferner in detaillierten Regelungen der Vergütung gerade für die außergerichtliche Tätigkeit aus. In all dem unterscheidet sich der Fall des BGH somit von dem vorliegenden. Unter dem Aspekt, dass der BGH die von ihm behandelte und (weitaus) näher am Leitbild der klassischen Inkassotätigkeit anzusiedelnde Konstellation ausdrücklich (nur) als "noch" mit dem Inkassobegriff vereinbar ansah, liegt nahe, dass in anderen Konstellationen, die sich sogar noch weiter von diesem Leitbild entfernen, anders entschieden werden kann und soll.

(4) Unabhängig von den vorstehenden Ausführungen führt auch eine kumulative Betrachtung der Umstände des vorliegenden Falles in Relation zum Inkassoleitbild dazu, dass die vertraglichen Pflichten der Klägerin keine Inkassodienstleistung i.S.d. §§ 10 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1, 2 Abs. 2 Satz 1 RDG (mehr) darstellen. Die Umstände des vorliegenden Einzelfalls im Zusammenspiel bedingen, dass die gesetzliche Funktion, die der Inkassodienstleistung zukommt, nicht mehr hinreichend angesprochen wird:

(a) Atypisch ist zunächst, dass hier bereits die vorgerichtliche, erst recht aber die gerichtliche Durchsetzung mehr als eine für Inkasso als typisch angesehene "grobe Schlüssigkeitsprüfung" (s. Hartmann, NZM 2019, 353, 358) erforderte.

(b) Anders als im typischen Fall stand und steht - wie oben ausgeführt - die gerichtliche Durchsetzung hier ganz im Vordergrund.

(c) Ebenfalls anders als im typischen Fall war nicht davon auszugehen, dass keine Einwände des Schuldners bestehen (vgl. zu diesem Typizitätskriterium Hartmann, NZM 2019, 353, 358).

(d) In Ansehung der Komplexität der Rechtsfragen in einem Kartellschadensersatzfall dürften die typischerweise vorhandenen Rechtskenntnisse bei einem Inkassodienst nicht mehr hinreichend sein. Für das Leitbild ist insofern entscheidend, dass für die Zulassung des Dienstleisters laut § 2 Abs. 1 RDV im Regelfall ein 120 Zeitstunden umfassender Sachkundelehrgang (§ 4 RDV) ausreicht (s. Hartmann, NZM 2019, 353, 358). Unabhängig von der Problematik, dass das Kartellrecht schon sachlich überhaupt nicht der nachzuweisenden Sachkunde (§ 11 Abs. 1 RDG) des Inkassodienstleisters unterfällt, sind es jedenfalls Quantität und Qualität der komplexen kartellrechtlichen Rechtsfragen des vorliegenden Einzelfalles, welche diesen ganz aus dem Rahmen einer Inkassoforderung fallen lässt. Nicht zufällig sind zeichnen sich die Schriftsätze der Klägerin wie der Beklagten im vorliegenden Verfahren durch äußerst umfang- und detailreiche Argumentationen und Auseinandersetzungen zu einer Vielzahl komplexer kartellrechtlicher Fragestellungen aus, wofür allein schon der Umfang der Akten nebst Anlagen ein äußerlich unschwer zu übersehendes Anzeichen gibt.

Insoweit kommt es auch nicht darauf an, ob bei der Klägerin bzw. der XXX-Gruppe vertiefte Kenntnisse im Kartell(schadensersatz)recht vorhanden gewesen sein mögen (vgl. S. 3 d. Ss. d. Kl. v. 16.11.2020, Bl. 2160 d.A.). Auf das konkrete Vorhandensein von solchen Kenntnissen bei einem Inkassounternehmen im Einzelfall kann schon deshalb nicht abgestellt werden, weil sonst etwa der wechselnde Zu- oder Abgang von Personen mit diesen Kenntnissen jeweils ein anderes Ergebnis begründen würde und etwa eine zunächst unwirksame Abtretung nachträglich wirksam oder umgekehrt eine zunächst wirksame Abtretung unwirksam machen könnte. Dies ist mit dem Gesichtspunkt der Rechtssicherheit nicht zu vereinbaren. Im Übrigen bliebe unklar, wo und wie das Vorhandensein solcher Kenntnisse zu prüfen sein sollte.

(e) Die vorstehenden Ausführungen zeigen, dass bei allen vier genannten Faktoren jeweils weitreichend vom Leitbild abgewichen wird. Zumal in der Gesamtheit bedingen diese Abweichungen, dass keine Inkassodienstleistung i.S.d. §§ 10 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1, 2 Abs. 2 Satz 1 RDG (mehr) gegeben ist.

(5) Unabhängig von der Leitbildabwägung ist der Inkassodienstbegriff zudem auch allein mit Blick auf die zu bearbeitende sachliche Rechtsmaterie des Kartellrechts nicht erfüllt (vgl. § 11 Abs. 1 RDG) (vgl. LG Hannover, Urteil vom 4.5.2020 - 18 O 50/16 -, Rn. 171 ff. juris; zustimmend: Prütting a.a.O. 1437; Nuys/Gleitsmann, a.a.O. 2444).

(a) Bereits das BVerfG betonte, die Kenntnisse welcher Rechtsmaterien für die Zulassung als Inkassodienstleister ausschlaggebend sein sollten:

"In Verfolgung dieses Schutzzwecks darf die Erlaubnis zur Besorgung fremder Rechtsangelegenheiten nur erteilt werden, wenn neben der persönlichen Zuverlässigkeit beim Erlaubnisinhaber auch Eignung und genügend Sachkunde vorhanden sind. Dementsprechend werden in der Zulassungsprüfung von dem Ast., der die Erteilung einer Rechtsberatungserlaubnis für das Inkassogeschäft erstrebt, unter anderem profunde Kenntnisse in den ersten drei Büchern des Bürgerlichen Gesetzbuchs (Allgemeiner Teil, Recht der Schuldverhältnisse, Sachenrecht), handels- und gesellschaftsrechtliche Kenntnisse, Grundkenntnisse auf dem Gebiet des Wertpapierrechts, spezielle Kenntnisse des Gesetzes zur Regelung des Rechts der Allgemeinen Geschäftsbedingungen, des Verbraucherkreditgesetzes, des Gesetzes über den Widerruf von Haustürgeschäften und ähnlichen Geschäften verlangt (vgl. Caliebe, in: Seitz, Inkasso-Hdb., Rdnrn. 1100, 1225ff.). Im Verfahrensrecht sind Kenntnisse im Mahnverfahren, im Vollstreckungsrecht, im Konkursvergleichs- und Insolvenzrecht und im Kostenrecht erforderlich (vgl. Caliebe, in: Seitz, Inkasso-Hdb., Rdnr. 1230)."

(BVerfG, NJW 2002, 1190, 1191 [BVerfG 20.02.2002 - 1 BvR 423/99]).

Dem entspricht die Regelung der Sachkundeerfordernisse in § 11 Abs. 1 RDG weithin.

Nach Maßgabe von § 10 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 RDG dürfen Inkassodienstleistungen durch die betreffenden Unternehmen gerade "aufgrund besonderer Sachkunde" erbracht werden. Der Sachkundenachweis ist Grundbedingung dafür, Rechtsdienstleistungen entsprechend freizugeben. Damit wird auf die Regelung des § 11 RDG Bezug genommen. Auch der BGH geht zutreffend davon aus, dass die Zulässigkeit einer Inkassodienstleistung auf die Rechtsgebiete beschränkt ist, für welche der Sachkundenachweis zu erbringen ist (BGH Urt. v. 27.11.2019 - VIII ZR 285/18, BeckRS 2019, 30591, Rn. 214: "Eine Unzulässigkeit der Inkassodienstleistung könnte sich daraus ergeben, dass die Tätigkeiten ihre Inkassobefugnis nach § 10 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 RDG deshalb überschritten hätte, weil die von ihr mit der Registrierung als Inkassodienstleisterin nachgewiesene Sachkunde [...] hierfür nicht ausreichte").

Nach diesen Grundsätzen besteht für Inkassodienste - und damit auch für die Klägerin - keine Sachkunde für das Kartellrecht (vgl. Prütting a.a.O. 1437; Nuys/Gleitsmann, a.a.O. 2444). Insbesondere sind Kenntnisse des Kartellrechts als gesonderte, nicht im BGB geregelte Materie nicht unter den Begriff des "Bürgerlichen Rechts" in § 11 Abs. 1 RDG zu subsumieren.

Die Aufzählung der Rechtsgebiete in Abs. 1 ist zwar nach dem Gesetzeswortlaut ("insbesondere") nicht abschließend (Deckenbrock/Henssler/Rillig, 4. Aufl. 2015, RDG § 11 Rn. 4), doch ist in den Gesetzesmaterialien niedergelegt, dass "Maßstab für die Auswahl der Rechtsgebiete die bislang schon in den Sachkundeprüfungen von Inkassounternehmern verlangten Leistungen (sind), die auch nach der Rechtsprechung des BVerfG Voraussetzung für die Tätigkeit im Bereich des Forderungsinkassos sind" (s. auch Siegmund, in: Gaier/Wolf/Göcken, Anwaltliches Berufsrecht, 3. Aufl. 2020, § 11 RDG, Rn. 5). Es ist nicht ersichtlich, dass das in seiner heutigen Gestalt noch relativ neue Kartellschadensersatzrecht mit seinen typischerweise (wie auch vorliegend) sehr hohen Forderungsbeträgen unter diese gleichsam "klassischen" Inkasso-Rechtsgebiete fiele.

(b) Aus § 11 Abs. 1 RDG ist zu folgern, dass das Inkassounternehmen die betreffenden Kenntnisse selbst haben muss und es nicht genügt, wenn fehlende eigene Kenntnisse durch einen Rechtsanwalt, den das Inkassounternehmen beauftragt, beigesteuert werden. Insofern verbleibt es bei den Ausführungen zur Gesetzgebungsgeschichte mit Blick auf die Streichung des § 5 Abs. 3 RDG-E. Die wesentlichen Argumente des BGH gegen eine solche Kompetenzkompensation - nämlich: keine eigenen unmittelbaren Ansprüche, insbesondere Schadensersatzansprüche, des zu Beratenden; mögliche Interessenkonflikte; Verfahrensherrschaft des den Rechtsanwalt mandatierenden Dienstleisters - sind auch dann einschlägig, wenn der Rechtsdienstleister ein Inkassounternehmen ist. Dem steht auch nicht die Entscheidung des BGH vom 27.11.2019 - VIII ZR 285/18 - in der Sache "wenigermiete.de" entgegen. Zwar hat der BGH dort (Urteil vom 27.11.2019 - VIII ZR 285/18 -, BGHZ 224, 89-177, Rn. 225) ausgeführt, der klageweisen Durchsetzung stehe die Zielsetzung des Rechtsdienstleistungsgesetzes, die Rechtsuchenden, den Rechtsverkehr und die Rechtsordnung vor unqualifizierten Rechtsdienstleistungen zu schützen, grundsätzlich jedenfalls dann nicht entgegen, wenn ein Rechtsanwalt als unabhängiges Organ der Rechtspflege mit der Durchführung des streitigen gerichtlichen Verfahrens beauftragt werde; zuvor hatte der BGH aber umfänglich geprüft, ob die dortige Materie des Wohnungsmietrechts unter § 11 Abs. 1 RDG fällt. Also wurde von dem Erfordernis der eigenen Sachkunde des Inkassodienstleisters für die betroffene Materie erkennbar nicht abgerückt (vgl. auch deutlich bezogen auf die Tätigkeit eines Inkassodienstleisters Hartmann, NZM 2019, 353, 358: "Denn dass Rechtsanwälte für eingetragene Rechtsdienstleister als Erfüllungsgehilfen tätig werden, legalisiert nicht die unzulässige Erbringung von Rechtsdienstleistungen durch diese Unternehmen" ; i.E. bzgl. Inkassounternehmen auch LG München I Endurteil v. 7.2.2020 - 37 O 18934/17, BeckRS 2020, 841, Rn. 131: "Eine unerlaubte Rechtsdienstleistung wird jedoch nicht dadurch zulässig, dass sich der Rechtsdienstleister eines Rechtsanwaltes bedient" ).

ff.) Eine Erlaubnis der Tätigkeit der Klägerin für die Zedenten folgt auch nicht aus § 5 Abs. 1 Satz 1 RDG.

Nach dieser Vorschrift sind Rechtsdienstleistungen im Zusammenhang mit einer anderen Tätigkeit erlaubt, wenn sie als Nebenleistung zum Berufs- oder Tätigkeitsbild gehören. Ob eine Nebenleistung vorliegt, ist gem. § 5 Abs. 1 Satz 2 RDG nach ihrem Inhalt, Umfang und sachlichen Zusammenhang mit der Haupttätigkeit unter Berücksichtigung der Rechtskenntnisse zu beurteilen, die für die Haupttätigkeit erforderlich sind.

Nach diesen Voraussetzungen ist die zunächst außergerichtliche sowie dann gerichtliche Durchsetzung der streitgegenständlichen Forderungen durch die Klägerin für die Zedenten keine Nebentätigkeit zu einer Haupttätigkeit.

(1) Nach dem Bewertungskriterium "Inhalt" der (etwaigen) Nebenleistung kann schon für sich genommen nicht von einer Nebenleistung ausgegangen werden.

Dieses Kriterium unterstreicht, dass im Besonderen die Schwierigkeit und Komplexität der Rechtsdienstleistung ausschlaggebend sind (RegE BT-Drs. 16/3655, 54; auch BeckOK RDG/Hirtz, 13. Ed. 1.4.2020, RDG § 5 Rn. 39). Ist nach dem objektiven Inhalt der übernommenen Pflichten erkennbar, dass deren ordnungsgemäße Erfüllung eine vollwertige rechtliche Ausbildung eines Rechtsanwalts oder seine besondere Pflichtenposition als "Organ der Rechtspflege" voraussetzt, darf keine Nebenleistung mehr angenommen werden (BeckOK RDG/Hirtz, 13. Ed. 1.4.2020, RDG § 5 Rn. 39; vgl. auch RegE BT-Drs. 16/3655, 54).

Vorliegend setzt die Durchsetzung der streitgegenständlichen Ansprüche - wie dargestellt - besondere rechtliche Kenntnisse voraus. Das Kartellschadensersatzrecht im Allgemeinen und die vorliegenden Ansprüche (einschließlich der Quantität bei 63 Zedentinnen und 949 Vorzedenten) im Besonderen erreichen eine solche Komplexität, dass - wie gezeigt - die Durchsetzung auch von einer "bloßen" Inkassodienstleistung nicht gedeckt ist. Erst recht kann nicht mehr von einer "Nebenleistung" ausgegangen werden.

(2) Das weitere Bewertungskriterium "Umfang" spricht ebenfalls gegen die Annahme einer bloßen Nebenleistung.

Der Begriff des "Umfang" beschränkt sich nicht auf den anteiligen Zeitaufwand an der Gesamttätigkeit (BeckOK RDG/Hirtz, 13. Ed. 1.4.2020, RDG § 5 Rn. 41; RegE BT-Drs. 16/3655, 54). Vor allem wird ein qualitatives Kriterium eingeführt (BeckOK RDG/Hirtz, 13. Ed. 1.4.2020, RDG § 5 Rn. 41), nach welchem es insbesondere auf die Intensität der Rechtsprüfung ankommt (BeckOK RDG/Hirtz, 13. Ed. 1.4.2020, RDG § 5 Rn. 41). Ist diese hoch, wird (tendenziell) keine bloße Nebenleistung mehr anzunehmen sein.

Vorliegend ist wie ausgeführt von einer hohen Intensität der erforderlichen rechtlichen Prüfungen auszugehen, so dass auch dieses Bewertungskriterium gegen eine bloße Nebenleistung streitet.

(3) Schließlich spricht auch das Kriterium "sachlicher Zusammenhang" mit einer "Haupttätigkeit" gegen die Annahme einer bloßen Nebenleistung.

(a) "Nebenleistungen" sind danach jedenfalls rechtliche Beratungs- und Aufklärungspflichten, ohne die die eigentliche Tätigkeit - die "Hauptleistung"- nicht auszuführen ist (vgl. BGH NJW 2012, 1589, 1590 [BGH 06.10.2011 - I ZR 54/10]). Insoweit ist schon nicht zu erkennen, welche "Hauptleistung" die Klägerin sonst - d.h. ohne die Beitreibung der streitgegenständlichen Forderungen als "Nebenleistung"- nicht ausführen könnte.

(b) Darüber hinaus genügen nach zutreffender h.M. allerdings auch andere Zusammenhänge. Erforderlich ist aber "stets eine innere, inhaltliche Verbindung zur Haupttätigkeit" (BGH NJW 2013, 59 [BGH 30.10.2012 - XI ZR 324/11]). Dies wiederum setzt voraus, dass die Nebenleistung entweder zum Ablauf oder aber zur Abwicklung des Hauptgeschäfts dazugehört (BeckOK RDG/Hirtz, 13. Ed. 1.4.2020, RDG § 5 Rn. 46), d.h. die Nichterbringung der Nebenleistung dazu führt, dass damit die sachgerechte Erfüllung der Hauptleistung durch den Anbieter beeinträchtigt wird (BeckOK RDG/Hirtz, 13. Ed. 1.4.2020, RDG § 5 Rn. 46).

gg.) Die Erlaubnis ergibt sich auch nicht aus § 6 Abs. 1 RDG, wonach eine Rechtsdienstleistung erlaubt ist, wenn sie "unentgeltlich" erfolgt. Die Klägerin selber behauptet nicht, dass sie unentgeltlich tätig wird. Vielmehr betreibt die Klägerin die Geltendmachung von behaupteten Kartellschadensersatzforderungen unstreitig als Geschäft.

hh.) Auch unter Berücksichtigung der seit dem Urteil der Kammer vom 4.5.2020 - 18 O 50/16 -, noch ergangenen Urteile des BGH (insbesondere "LexFox II" bis "LexFox VIII", "Schienenkartell IV") und des Referentenentwurfs eines "Gesetzes zur Förderung verbrauchergerechter Angebote im Rechtsdienstleistungsmarkt" ergibt sich keine andere rechtliche Würdigung des vorliegenden Einzelfalles.

(1) Unmittelbar einschlägig ist keine der genannten BGH-Entscheidungen (vgl. Nuys/Gleitsmann, a.a.O. 2444), denn in keiner der Entscheidungen bestand eine Konstellation wie im vorliegenden Rechtsstreit, d.h. der BGH hatte sich bisher nicht mit der Wirksamkeit von Abtretungen von Kartellschadensersatzforderungen von Zedenten unterschiedlicher Marktstufen unter Anwendbarkeit des RDG zu befassen. Im Verfahren Schienenkartell IV (BGH, Urteil vom 19.5.2020 - KZR 8/18 -, juris) klagte kein Inkassodienstleister, sondern ein Geschädigter, der sich nur hilfsweise auf abgetretene Ansprüche Dritter stützte.

Die sonstigen allgemeinen Ausführungen des BGH in den genannten Entscheidungen stehen dem hier vertretenen Ergebnis nicht entgegen.

(a) So hat die Klägerin u.a. darauf Bezug genommen (S. 23 d. Ss. v. 16.11.2020, Bl. 2170 d.A.), der BGH führe aus:

"Setzen die Inkassounternehmen die von ihnen verlangte, überprüfte und für genügend befundene Sachkunde bei der Einziehung fremder oder zu Einziehungszwecken abgetretener Forderungen ein, ist nicht erkennbar, dass damit eine Gefahr für den Rechtsuchenden oder den Rechtsverkehr verbunden sein könnte (BVerfG, aaO; Senatsurteile vom 27. November 2019 - VIII ZR 285/18, aaO Rn. 121; vom 8. April 2020 - VIII ZR 130/19, aaO)."

(BGH, Urteil vom 27. Mai 2020 - VIII ZR 45/19 -, BGHZ 225, 352-388, Rn. 45)

Im Bereich des Kartellschadensersatzrechts wird aber bei Inkassounternehmen gerade keine Sachkunde überprüft.

(b) In den LexFox II und III-Entscheidungen argumentiert der BGH jeweils damit, das Wohnraummietrecht sei als Teil des Rechts der Schuldverhältnisse von der Sachkundeprüfung für Inkassounternehmen erfasst:

"Maßstab für die in § 11 Abs. 1 RDG erfolgte Auswahl der Rechtsgebiete waren für den Gesetzgeber die schon bislang - unter der Geltung des Rechtsberatungsgesetzes - in den Sachkundeprüfungen von Inkassounternehmern verlangten Leistungen, die auch nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG, NJW 2002, 1190, 1191 [BVerfG 20.02.2002 - 1 BvR 423/99]) Voraussetzung für die Tätigkeit im Bereich des Forderungsinkassos sind (BT-Drucks. 16/3655, S. 66). Hierzu gehörte auch damals im Rahmen des Bürgerlichen Rechts - ohne Einschränkung - das Recht der Schuldverhältnisse (vgl. BVerfG, aaO), mithin einschließlich des Wohnraummietrechts (Senatsurteil vom 27. November 2019 - VIII ZR 285/18, aaO Rn. 224)."

(BGH, Urteil vom 08. April 2020 - VIII ZR 130/19 -, Rn. 59, juris, und BGH, Urteil vom 06. Mai 2020 - VIII ZR 120/19 -, Rn. 60, juris)

Das Kartellschadensersatzrecht ist dagegen kein Teil der Sachkundeprüfungen. Dem kann auch nicht entgegengehalten werden (S. 25 d. Ss. d. Kl. v. 16.11.2020, Bl. 2171 d.A.), kartellrechtliche Schadensersatzansprüche seien über § 823 Abs. 2 BGB Teil des allgemeinen Deliktsrechts und insoweit von der Sachkundeprüfung umfasst. § 33 GWB ist lex specialis zu § 823 Abs. 2 BGB (vgl. Emmerich, in: Immenga/Mestmäcker, Wettbewerbsrecht, 5. Aufl. 2014, § 33 Rn. 113), außerdem würde ein derart extensives Verständnis der Wirkung von § 823 Abs. 2 BGB jegliche Begrenzung des Umfangs der Sachkundeprüfung für Inkassounternehmen sprengen. Praktisch würde dies umgekehrt sonst bedeuten, dass in der Sachkundeprüfung auch Kenntnisse z.B. im Kartellschadensersatzrecht verlangt und ggfs. geprüft werden könnten; dies aber wird - soweit ersichtlich - von niemandem vertreten.

(c) Ein aus Sicht der Klägerin aus den BGH-Entscheidungen abzuleitendes sehr extensives Verständnis des Begriffs der Inkassodienstleistung, wonach erlaubte Inkassodienstleistungen auch bei einer Ausrichtung auf eine gerichtliche Anspruchsdurchsetzung vorliegen würden, ist unbehelflich. Die allgemeine Tendenz einer "eher großzügigen Auslegung des Inkassobegriffs" wurde oben bereits berücksichtigt (wie ebenso schon im Urteil der Kammer vom 04. Mai 2020 - 18 O 50/16 -, Rn. 148, juris). Weiteres darüber hinaus ergibt sich aus den BGH-Entscheidungen nicht.

Soweit die Klägerin aus den BGH-Entscheidungen eine ganz allgemeine Zielsetzung des RDG, "sich von traditionellen Betrachtungsweisen zu lösen und Neuentwicklung zuzulassen" , ableiten will (S. 5 d. Ss. v. 24.8.2020, Bl. 2099 d.A.), verkürzt dies die Argumentation des BGH, der genaugenommen zwei gleichzeitig zur verwirklichende Absichten beschreibt (Unterstreichungen von hier):

"Das Rechtsdienstleistungsgesetz soll zwar dazu dienen, die Rechtsuchenden, den Rechtsverkehr und die Rechtsordnung vor unqualifizierten Rechtsdienstleistungen zu schützen (§ 1 Abs. 2 RDG). Gleichzeitig war der Gesetzgeber - unter Heranziehung der noch zum Rechtsberatungsgesetz ergangenen liberalisierenden Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts - aber bestrebt, eine grundlegende, an den Gesichtspunkten der Deregulierung und Liberalisierung ausgerichtete Neugestaltung des Rechts der außergerichtlichen Rechtsdienstleistungen zu gewährleisten und dieses für künftige Entwicklungen sowohl im gesellschaftlichen Bereich als auch auf dem Gebiet der Dienstleistungsberufe zu öffnen (grundlegend hierzu Senatsurteil vom 27. November 2019 - VIII ZR 285/18, aaO Rn. 99, 114 ff., 132 ff. sowie BT-Drucks. 16/3655, S. 26 bis 42).

(BGH, Urteil vom 08. April 2020 - VIII ZR 130/19 -, Rn. 34, juris)

Auch leitet der BGH aus diesem "gleichzeitig" zu berücksichtigenden Gesichtspunkt nicht etwa ab, dass Inkassounternehmen in Zukunft jegliche Art von Tätigkeiten übernehmen dürften. Letztlich sind beide Zielsetzungen des RDG zu verwirklichen und dementsprechend wie hier geschehen gegeneinander abzuwägen.

Ebenso kann für eine Zulässigkeit nicht ausreichen, dass allgemein ein "irgendwie gearteter Zusammenhang mit einem Forderungseinzug besteht" (so S. 6 d. Ss. d. Kl. v. 24.8.2020, Bl. 2099R d.A., unter Bezugnahme auf Deckenbrock, DB 2020, 321 (323)). Ein "irgendwie gearteter Zusammenhang" wäre letztlich überhaupt keine wirkliche Beschränkung mehr, sodass keinerlei Schutz eines Rechtssuchenden mehr gewährleistet wäre.

Im Übrigen ergibt sich aus der Argumentation der Klägerin an anderer Stelle, dass sie selber offenbar doch eine Art von Rechtsberatung vornehmen will. Denn die Klägerin äußert u.a. ihre Rechtsmeinung, es sei einer der durch die Zessionen erreichten- und von den Zedenten gerade bezweckten - Vorteile, dass dadurch Ansprüche von mittelbaren und unmittelbaren Abnehmer in einer Hand vereinigt würden, und somit den Beklagten die Verteidigungsmöglichkeit durch Erhebung bzw. Nichterhebung der Passing-on-Einrede erfolgreich abgeschnitten werden könne.

(2) Die Begründung des bisherigen Referentenentwurfs des Bundesministeriums der Justiz und für Verbraucherschutz eines Gesetzes zur Förderung verbrauchergerechter Angebote im Rechtsdienstleistungsmarkt ergibt nicht, dass die von der Klägerin im hiesigen Rechtsstreit angewendete Vorgehensweise schon jetzt als zulässig angesehen würde (a) oder überhaupt in Zukunft zulässig sein sollte (b).

(a) Aus der Begründung des Referentenentwurfes folgt, dass die von der Klägerin im hiesigen Rechtsstreit angewendete Vorgehensweise mit dem geltenden RDG gerade nicht in Übereinstimmung zu bringen ist, sondern nach der derzeitigen Rechtslage ein Verstoß gegen das RDG und dessen Grundvorstellungen vorliegt. So heißt es auf S. 12 des Referentenentwurfes (Unterstreichungen von hier):

Trotz der Klarstellungen durch den Bundesgerichtshof mit Bezug zu den Geschäftsmodellen von Inkassodienstleistern bestehen im bisherigen Regelungsgefüge für Rechtsdienstleistungen jedoch noch ergänzungsbedürftige Lücken. Dem einschlägigen RDG liegen nämlich zwei Vorstellungen zugrunde, von denen die neuen Geschäftsmodelle teilweise erheblich abweichen. (...) Das Bild der Inkassodienstleistung ist geprägt von einfachen rechtlichen Prüfungen und einem Schwerpunkt auf die üblichen Beitreibungs- und Mahntätigkeiten im Rahmen der Forderungsdurchsetzung. Legal-Tech-Unternehmen bieten hingegen häufig zusätzlich zur Einziehung der Forderung weitere Leistungen an. Es hat sich zum Beispiel etabliert, dass (...). In einigen Verfahren richten sich die Bemühungen der Unternehmen außerdem vornehmlich auf die gerichtliche Durchsetzung der Ansprüche (LG München I, Urteil vom 7.2.2020 - 37 O 18934/17, nicht rechtskräftig; LG Hannover, Urteil vom 4.5.2020 - 18 O 50/16, nicht rechtskräftig). Der Umfang dieser Angebote lässt teilweise Zweifel aufkommen, ob es sich hierbei noch um eine Inkassodienstleistung nach § 2 Absatz 2 Satz 1 RDG handelt (vergleiche BGH, Urteil vom 27.11.2019 - VIII ZR 285/18). Das verwaltungsrechtliche Registrierungsverfahren ist bisher auf eine präventive Prüfung dieser Abweichungen nicht ausgerichtet, weshalb die Gefahr gesehen wird, dass die zivilrechtliche Beurteilung nach § 3 RDG in Verbindung mit § 134 des Bürgerlichen Gesetzbuchs (BGB) von der Beurteilung im Registrierungsverfahren abweicht."

https://www.bmjv.de/SharedDocs/Gesetzgebungsverfahren/Dokumente/RefE_Rechtsdienstleister.pdf

Der Referentenentwurf sieht also die genannten zwei Besonderheiten, wodurch neue Geschäftsmodelle von dem bisherigen Bild der Inkassodienstleistung erheblich abweichen und deshalb "Zweifel" bzw. die "Gefahr"einer zivilrechtlichen Unzulässigkeit bestehen. Dies würde somit gerade auch für die hier streitgegenständlichen Abtretungen gelten. Im Referentenentwurf gesehene "noch ergänzungsbedürftige Lücken"setzen gerade voraus, dass die derzeitige Rechtslage diese Fälle bisher nicht erfasst.

(b) Außerdem hat der Gesetzentwurf Rechtssubjekte wie die Klägerin und die Zedenten und das von der Klägerin vorliegend gewählte Vorgehen gar nicht im Blick. Vielmehr heißt es auf S. 12 des Referentenentwurfes wiederum (Unterstreichungen von hier):

"Denn Legal-Tech-Unternehmen, die als Inkassodienstleister Geldforderungen von Verbraucherinnen und Verbrauchern einziehen, weichen mit ihren Geschäftsmodellen vom herkömmlichen Bild der Inkassodienstleistung, wie es § 2 Absatz 2 Satz 1 RDG zugrunde liegt, ab. (...) Legal-Tech-Unternehmen bieten hingegen häufig zusätzlich zur Einziehung der Forderung weitere Leistungen an. (...)

Zum anderen sind die Auftraggeber der "klassischen" Inkassodienstleister ganz überwiegend gewerblich tätige Unternehmen und nur in seltenen Fällen, jedenfalls nicht systematisch, Privatpersonen beziehungsweise Verbraucherinnen und Verbraucher. Verbraucherinnen und Verbraucher befinden sich daher bei Inanspruchnahme der Inkassodienstleistung in einer ungewohnten Rolle, nämlich als Gläubiger einer Geldforderung gegenüber einem Unternehmen und zugleich als Vertragspartner eines Inkassodienstleisters. Für diese besondere Situation finden sich im RDG bisher keine Regelungen, die speziell die Interessen der Verbraucherinnen und Verbraucher schützen würden."

https://www.bmjv.de/SharedDocs/Gesetzgebungsverfahren/Dokumente/RefE_Rechtsdienstleister.pdf

Der Referentenentwurf sieht danach Regelungsbedarf für (erstens) Legal-Tech-Unternehmen, die (zweitens) Geldforderungen von Verbraucherinnen und Verbrauchern einziehen. Schon ersteres dürfte auf die Klägerin wohl nicht zutreffen, denn die typischen Besonderheiten eines Legal-Tech-Unternehmens sind bei der Klägerin nicht zu erkennen. Jedenfalls aber ist die Klägerin nicht im zweitens genannten Gebiet tätig, denn sie zieht ja nicht Geldforderungen von Verbraucherinnen und Verbrauchern ein, sondern von (mindestens teilweise offenbar sehr umsatzstarken) Unternehmen. Insoweit gelten die im Referentenentwurf angestellten Überlegungen zu speziell Verbraucherinnen und Verbraucher schützenden Vorschriften hier ebenfalls nicht.

ii.) Eine anderweitige Erlaubnis außerhalb des RDG ist nicht ersichtlich.

jj.) Insgesamt besteht damit für die Geltendmachung von abgetretenen Kartellschadensersatzforderungen in der von der Klägerin hier gewählten Vorgehensweise keine Erlaubnis, so dass ein Verstoß gegen § 3 RDG vorliegt. Ohne eine wirksame Erlaubnis bleibt eine selbständige Erbringung außergerichtlicher Dienstleistungen unzulässig.

kk.) Rechtsfolge des Verstoßes gegen § 3 RDG ist die Nichtigkeit der Abtretungen der streitgegenständlichen Forderungen an die Klägerin.

(1) Zwar ist die Abtretung als Verfügungsgeschäft grundsätzlich sittlich neutral (OLG München Urt. v. 4.12.2017, 19 U 1807/17, juris Rn. 26). Der Schutzzweck des RDG verlangt allerdings, dass die Nichtigkeit auch die zur Rechtsdurchsetzung erfolgte Forderungsabtretung erfasst (BGH, Urt. v. 30.10.2012, XI ZR 324/11, juris Rn. 35 f.; BGH, Urt. v. 11.12.2013, IV ZR 136/13, juris Rn. 31; BGH, Urt. v. 11.01.2017, IV ZR 340/13, juris Rn. 18), da der RDG-Verstoß andernfalls weitgehend folgenlos bliebe (LG München I Endurteil v. 7.2.2020 - 37 O 18934/17, BeckRS 2020, 841, Rn. 156).

(2) Die Nichtigkeitsfolge ergibt sich auch dann, wenn man mit dem BGH annimmt, dass nicht schon jede geringfügige Überschreitung der Inkassodienstleistungsbefugnis gem. § 10 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 RDG ausnahmslos dann auch zur Nichtigkeit der auf die Verletzung des Rechtsdienstleistungsgesetzes gerichteten Rechtsgeschäfte nach § 134 BGB führen muss (vgl. BGH Urt. v. 27.11.2019 - VIII ZR 285/18, BeckRS 2019, 30591, Rn. 90), denn jedenfalls ist die Nichtigkeitsfolge im vorliegenden Fall verhältnismäßig.

(a) Mit dem BGH ist von folgender Konkretisierung des Verhältnismäßigkeitsbegriffs für die Fälle eines Verstoßes gegen die Dienstleistungsbefugnisse eines als Inkassounternehmen registrierten Diensterbringers auszugehen:

"So wird die Annahme einer Nichtigkeit nach § 134 BGB im Falle einer Überschreitung der Inkassodienstleistungsbefugnis [...] in der Regel voraussetzen, dass die Überschreitung bei einer - in erster Linie dem Tatrichter obliegenden - umfassenden Würdigung der Gesamtumstände aus der objektivierten Sicht eines verständigen Auftraggebers eindeutig vorliegt und unter Berücksichtigung der Zielsetzung des Rechtsdienstleistungsgesetzes, die Rechtsuchenden, den Rechtsverkehr und die Rechtsordnung vor unqualifizierten Rechtsdienstleistungen zu schützen [...], in ihrem Ausmaß als nicht nur geringfügig - etwa auf Randbereiche beschränkt - anzusehen ist. Der genannten Eindeutigkeit der Überschreitung der Inkassodienstleistungsbefugnis bedarf es dabei auch deshalb, um nicht dem Kunden, insbesondere bei schwieriger Rechtslage, das Risiko dieser Einschätzung aufzubürden."

(BGH Urt. v. 27.11.2019 - VIII ZR 285/18, BeckRS 2019, 30591, Rn. 91)

(aa) Vorliegend besteht "Eindeutigkeit" in diesem Sinne. Insbesondere der Umstand, dass der Rechtsbereich des Kartellrechts nicht von der geprüften Sachkunde (§ 11 Abs. 1 RDG) eines Inkassodienstleisters erfasst wird, lässt sich mit hinreichender Deutlichkeit erschließen.

Dem Rechtsuchenden muss zudem auch ohne besondere Fachkenntnisse klar sein, dass die Beitreibung von kartellrechtlichen Schadensersatzforderungen, die hier in der Summe dreistellige Millionenbeträge erreichen, auf der Grundlage schwieriger, höchst umstrittener Rechtsfragen nicht zu einer typischen Inkassotätigkeit rechnet.

(bb) Ferner ist der Verstoß unter Berücksichtigung der Zielsetzung des RDG, die Rechtsuchenden, den Rechtsverkehr und die Rechtsordnung vor unqualifizierten Rechtsdienstleistungen zu schützen, in seinem Ausmaß als nicht nur "geringfügig" anzusehen.

Wie ausgeführt, steht die vorliegende Tätigkeit in allen maßgeblichen Bereichen konträr zum Leitbild der Inkassodienstleistung.

Insbesondere stützt sich das obenstehende Ergebnis also auf die schwerpunktmäßige Ausrichtung gerade auf die gerichtliche Anspruchsdurchsetzung, die besondere Quantität und Qualität zu prüfender komplexer Rechtsfragen sowie im Besonderen den fehlenden Sachkundenachweis von Inkassodienstleistern für den Rechtsbereich des Kartellschadensersatzrechts.

(3) Einer Nichtigkeit stehen auch nicht die von der Klägerin (S. 85 d. Ss. v. 24.1.2020, Bl. 1675 d.A.) in Bezug genommenen Ausführungen des BVerfG entgegen, in denen es heißt:

"Unverhältnismäßig ist die in den angegriffenen Entscheidungen vorgenommene Einschränkung auch deshalb, weil die Inkassoerlaubnis Außenwirkung hat. Ist sie zu Recht erteilt, kann sich der Rechtsverkehr darauf verlassen, dass solche Unternehmen Forderungen in eigenem oder in fremdem Namen einziehen können. Schuldner können auf die Abtretungsurkunde vertrauen, sind also sicher, dass sie an den richtigen Gläubiger zahlen (vgl. § 409 BGB). Gläubiger können sich darauf verlassen, dass sie die Dienste konzessionierter Unternehmen in Anspruch nehmen und die Durchsetzung ihrer Forderung von nun an Sache ihres Vertragspartners ist. Das ist vor allem dann von Bedeutung, wenn nicht ein endgültiger Preis für die Forderung gezahlt wird, sondern eine Beteiligung am noch ausstehenden Erfolg der Beitreibung als Entgelt vereinbart wird. Diese Funktion der Inkassoerlaubnis, nach außen hin Klarheit im Rechtsverkehr zu schaffen, wäre gefährdet, wenn eine Rechtsberatung vor oder gar nach Erteilung des Auftrags die Nichtigkeit der Abtretung zur Folge haben könnte. Abreden, die den Zedenten unangemessen benachteiligten, können von den Zivilgerichten auf andere Weise kontrolliert werden."

(BVerfG, Stattgebender Kammerbeschluss vom 20. Februar 2002 - 1 BvR 423/99 -, Rn. 41, juris)

Dies gilt schon deshalb, weil die Entscheidung des BverfG nicht zum vorliegend streitgegenständlichen RDG, sondern zum damaligen RBG ergangen ist. Außerdem sieht das RDG gerade nicht vor, dass jegliche - wie auch immer zustande gekommenen - Inkassoerlaubnis einer Nichtigkeit der Abtretung grundsätzlich entgegenstehe. Vielmehr kommt es auf die der vorstehend erläuterten BGH-Rechtsprechung entsprechende Abwägung an.

b.) Weiterhin sind die Abtretungen auch unwirksam wegen § 134 BGB in Verbindung mit § 4 RDG.

aa.) Bezüglich der grundsätzlichen Eröffnung des Anwendungsbereiches des RDG und des Erbringens von Rechtsdienstleistungen durch die Klägerin etc. wird auf die obenstehenden Ausführungen (vgl. oben a.) aa.) und bb.)) Bezug genommen.

bb.) Der Verstoß gegen § 4 RDG ergibt sich aus einem Interessenwiderspruch auf Seiten der Klägerin, d.h. einer Unvereinbarkeit der Erbringung der Rechtsdienstleitung mit einer anderen Leistungspflicht.

(1) Unbedenklich mag noch sein, dass die Klägerin durch die Abtretungen gebündelt Ansprüche geltend macht, die möglicherweise unterschiedliche Erfolgswahrscheinlichkeiten haben. Denn hieraus folgen noch keine grundsätzlich einander widersprechenden Interessen, soweit sich die Argumentation zur Begründetheit der einen Forderung nicht ungünstig auf die Argumentation zur Begründetheit der anderen Forderung auswirkt.

(2) Entscheidend für einen Interessenwiderspruch dagegen ist, dass die Klägerin unstreitig Ansprüche von Zedenten unterschiedlicher Marktstufen geltend macht. Eine zusätzliche Zuspitzung erfährt dieser Interessenwiderspruch noch dadurch, dass teilweise sogar dieselben (weitergelieferten) Zuckermengen betroffen sind. So sind teilweise bestimmte Zuckerlieferungen auf der ersten Marktstufe (zunächst von den Beklagten oder anderen Zuckerlieferanten) an einen bestimmten Zedenten ausgeliefert und dann von diesem Abnehmer/Zedenten auf der zweiten Marktstufe an einen anderen Zedenten weitergeliefert worden; die Klägerin hat nun Ansprüche von diesen beiden Zedenten abgetreten erhalten und macht damit teilweise für dieselbe Zuckerlieferung gleichzeitig behauptete Schadensersatzforderungen bezüglich der Lieferung auf der ersten Marktstufe und bezüglich der (Weiter-)Lieferung auf der zweiten Marktstufe geltend.

(a) Werden so gleichzeitig Schadensersatzansprüche von direkten Abnehmern und indirekten Abnehmern geltend gemacht, liegt darin ein grundsätzlicher und unauflösbarer Interessenwiderspruch.

(aa) Dies gilt jedenfalls im Hinblick auf die Frage einer möglichen Schadensweiterwälzung, d.h. des sog. Passing-on. Denn bezüglich des Passing-on müssen ja direkte Abnehmer behaupten, sie hätten von ihnen gezahlte kartellbedingt überhöhte Preise nicht weitergewälzt, wie es hier die Klägerin für die direkten Abnehmer auch tut; indirekte Abnehmer dagegen müssen zur Begründung eines ihnen entstandenen Schadens genau umgekehrt behaupten, dass die direkten Abnehmer kartellbedingt überhöhte Preise doch weitergewälzt hätten. Was Ansprüche der direkten Abnehmer zu Fall bringt, ist damit umgekehrt unabdingbare Voraussetzung für Ansprüche der indirekten Abnehmer. Die Klägerin muss im vorliegenden Prozess also gleichzeitig die Nichtweiterwälzung und die Weiterwälzung behaupten, was sich aber logisch ausschließt. Um jeweils einen Teil ihrer Ansprüche schlüssig behaupten zu können, müsste sich die Klägerin damit für eine der beiden Varianten Weiterwälzung/Nichtweiterwälzung entscheiden und die gewählte Variante entsprechend rechtlich weiterverfolgen, d.h. sie befindet sich in einem Interessenwiderspruch. Dies wird z.B. auch aus den Passing-on-Leitlinien der EU-Kommission (Abl. EU 2019 C 276/7) deutlich, welche für die Schadensersatzklage eines indirekten Abnehmers gerade gleiche Interessen des Rechtsverletzers und des unmittelbaren Abnehmers erkennen:

"So kann beispielsweise ein unmittelbarer Abnehmer der Schadensersatzklage eines mittelbaren Abnehmers gegen den Rechtsverletzer beitreten. In einem solchen Fall können sowohl der unmittelbare Abnehmer (der Streithelfer) als auch der Rechtsverletzer (der Beklagte) anführen, dass der Preisaufschlag nicht oder nicht vollständig an den mittelbaren Abnehmer (Kläger) abgewälzt wurde."(Abl. EU 2019 C 276/7, Rn. 28)

Dieser Interessenkollision lässt sich auch nicht entgegenhalten (vgl. S. 116 f. d. Ss. d. Kl. v. 24.1.2020 = Bl. 1690 f. d.A.), die vertikale Anspruchsbündelung werde in der juristischen Literatur gerade empfohlen oder gar vom BGH als besonderer Vorteil erkannt (S. 13 d. Ss. d. Kl. v. 16.11.2020, Bl. 2165 d.A.). Im Gegenteil wird in der Literatur vielmehr erkannt, dass die Interessenkonflikte zwischen einzelnen "Sammelklägern" so gewichtig sind, dass es für die Zulässigkeit einer gebündelten Geltendmachung einer "Grundsatzentscheidung des Gesetzgebers" bedürfte (so Grothaus/Haas, ZIP 2020, 1797 (1802)). Auch befasst sich die von der Klägerin in Bezug genommene vereinzelte Literaturstelle nicht mit der spezifischen Fragestellung nach dem RDG bei einer gleichzeitigen Vertretung von verschiedenen Marktstufen. Im Übrigen ist dort ausdrücklich die Rede von "Forderungsverkauf oder eine anderweitige Bündelung von Schadensersatzansprüchen". Bei einem echten Forderungskauf aber stellen sich die hier dargelegten Probleme des Interessenwiderspruches so nicht. Entsprechendes gilt für die von der Klägerin zitierten Aussage des BGH, wonach bei der Bündelung von verschiedenen Schadensersatzansprüchen innerhalb einer Schadenskette der Einwand der Vorteilsausgleichung grundsätzlich ausscheide (vgl. 4. Leitsatz des Urteils vom 19.5. 2020 - KZR 8/18 -). Zunächst gilt die Einschätzung des BGH nicht uneingeschränkt, sondern steht unter dem Vorbehalt eines eventuellen weiteren Passing-on (Unterstreichung von hier):

"Eine Vorteilsausgleichung scheidet allerdings aus, wenn der Dritte, auf den der Kläger seinen Schaden abgewälzt haben soll, dem Kläger etwaige gegen den beklagten Kartellbeteiligten bestehende diesbezügliche Ansprüche abgetreten hat, (...) und eine Abwälzung des Schadens auf weitere, dem Dritten nachgelagerte Abnehmer oder Leistungsstufen nicht in Betracht kommt."

(so BGH, Urteil vom 19. Mai 2020 - KZR 8/18 -, Rn. 48, juris)

Entscheidender ist aber, dass sich auch der BGH in dem von ihm zu entscheidenden Fall nicht mit der RDG-Problematik zu befassen hatte, sondern von einer wirksamen Abtretung und damit Bündelung von Schadensersatzansprüchen verschiedener Marktstufen ausgehen konnte. Konsequenterweise betreffen die weiteren von der Klägerin in Bezug genommenen Zitate aus der Entscheidung des BGH auch nur die Frage, inwieweit ein Gericht sich dann noch mit einem Passing-on-Einwand zu befassen hat.

(bb) Der Interessenwiderspruch führt auch notwendig dazu, dass die Klägerin nicht ihre (Haupt-) Leistungspflichten sowohl gegenüber den direkten Abnehmern wie gegenüber den indirekten Abnehmern erfüllen kann. Die Durchsetzung der Forderungen der direkten Abnehmer als Hauptleistungspflicht kann nicht erbracht werden, ohne mit der Durchsetzung der Forderungen der indirekten Abnehmer, d.h. der anderen Hauptleistungspflicht, zu kollidieren.

Vorliegend handelt es sich dabei auch nicht um einen bloß theoretischen Interessenkonflikt. Vielmehr tritt dieser für die Klägerin konkret auf, weil ja von der Klägerin - wie oben ausgeführt - teilweise Forderungen geltend gemacht werden, die aus der Lieferung bestimmter Waren/Zuckermengen auf der ersten Marktstufe beruhen sollen, und gleichzeitig Forderungen, die aus der Weiterlieferung derselben Waren/Zuckermengen auf der zweiten Marktstufe beruhen sollen.

(cc) Der Interessenwiderspruch kann auch nicht dadurch aufgelöst werden, dass die Klägerin im Prozess offenlässt, ob überhaupt oder jedenfalls in welchem Umfang eine Weiterwälzung tatsächlich stattgefunden hat, und ihre Klagforderung sozusagen im Sinne einer Wahlfeststellung entweder auf behauptete Schäden direkter oder indirekter Abnehmer stützt. Dies geht schon deshalb fehl, weil dafür Voraussetzung wäre, dass sämtliche Abnehmer der Zedenten der ersten Marktstufe, d.h. sämtliche Abnehmer der zweiten Marktstufe, ihre Ansprüche an die Klägerin abgetreten hätten, was weder ersichtlich ist, noch von der Klägerin behauptet wird. Im Übrigen verhält sich die oben bereits zitierte Entscheidung des BGH (Urteil vom 19.05.2020 - KZR 8/18 -, Rn. 48, juris) - allein dazu, was bei (dort gegebenen) wirksamen Abtretungen von verschiedenen Schadensersatzansprüchen innerhalb einer Schadenskette gilt, nicht aber dazu, ob sich damit erst eine Wirksamkeit der Abtretungen begründen lässt. Eine der Besonderheiten des vorliegenden Rechtsstreits ist eben, dass die Klägerin nicht nachgewiesen hat, wie ein sonstiger Zessionar eine andere Forderung selbst mit dem vollen Risiko und im (nur) eigenen wirtschaftlichen Interesse übernommen und eingeklagt zu haben; die Klägerin versucht vielmehr, die Vorteile zweiter unvereinbarer Konstellationen zu kombinieren, nämlich die Vorteile eines echten Forderungskaufes (Ausschluss/Begrenzung der Passing-on-Verteidigung; keine RDG-Problematik) mit den Vorteilen einer bloßen Geltendmachung von letztlich (teilweise) fremden Forderungen (wohl: keine oder nur aufgeschobene oder bedingte Kaufpreiszahlung).

(dd) Auch weitere Einwendungen lassen sich einem Verstoß gegen § 4 RDG und damit einer Unwirksamkeit der Abtretungen gem. § 134 BGB nicht entgegenhalten.

((1)) Selbst wenn der Interessenwiderspruch tatsächlich - wie die Klägerin behauptet (vgl. S. 120 d. Ss. v. 24.1.2020 = Blatt 1692 d.A.) - nur für "weniger als 3,5 %" des von den Vorzedenten insgesamt bezogenen Einkaufsvolumens gelten würde, änderte dies nichts an den grundsätzlich widersprüchlichen Interessen. § 4 RDG sieht auch keine "Teilunvereinbarkeit" vor. Weiterhin bleibt unklar, welche Folge sich aus einer Beschränkung auf "weniger als 3,5%" ergeben sollte. Immerhin käme dann ja gleichermaßen in Betracht, dass es die direkten Abnehmer hinnehmen müssten, für ca. 3,5% ihres Einkaufsvolumens keinen Schadensersatz zu erhalten, oder dass es umgekehrt bestimmte indirekten Abnehmer - nämlich die von den ca. 3,5% betroffenen - hinnehmen müssten, für ihren Schaden überhaupt keinen Schadensersatz zu erhalten. Eine Berechtigung der Klägerin als Zessionarin, diese Entscheidung über die Wirkung ihres Verstoßes gegen § 4 RDG zu treffen, lässt sich nicht begründen. Außerdem setzt ein Schadensersatzanspruch voraus, dass tatsächlich überhaupt ein Schaden entstanden ist und damit u.a., ob kartellbedingt überhöhte Preise nun weitergegeben worden sind oder nicht; insoweit kommt es auch nicht allein einem Zessionar zu, darüber zu entscheiden, ob er etwa die vorgenannten ca. 3,5% nun als Schaden von direkten Abnehmern oder von indirekten Abnehmern geltend macht.

((2)) Auch wenn den Zedenten tatsächlich - wie die Klägerin behauptet (vgl. Blatt 1143 d.A.) - schon bei Vornahme der Abtretungen bewusst gewesen sein sollte, dass Zedenten verschiedener Marktstufen in die Anspruchsdurchsetzung einbezogen werden, entfällt deshalb nicht der oben näher ausgeführte Intessenwiderspruch.

Ob überhaupt alle Zedenten dieses Bewusstsein gehabt haben sollen, mag dabei dahinstehen.

Jedenfalls ist der Schutz des § 134 BGB - auch im Interesse der Rechtssicherheit - nicht vollständig disponibel. Im Übrigen würde sonst auch einer der Zwecke des RDG verfehlt, nämlich, unerwünschte und mindestens potentiell für Rechtssuchende nachteilige Geschäftsmodelle im Rahmen einer Rechtsberatung zu verhindern.

Vorliegend hängt es auch nicht allein von einer Einschätzung der Zedenten ab, ob eine Interessenbeeinträchtigung konkret droht. Wie oben ausgeführt, ist die Interessenbeeinträchtigung nicht im Wege einer Einschätzung zu ermitteln, sondern es liegt ein unauflösbarer, logisch zwingender Interessenwiderspruch vor; insoweit unterscheidet sich die hier vorliegende Konstellation eines Interessenwiderspruchs auch von den von der Klägerin in Bezug genommenen Fällen (vgl. S. 9 d. Ss. d. Kl. v. 16.11.2020, Bl. 2163 d.A.), wonach ein Mandant eine bestimmte "Einschätzung" trifft oder ein bestimmtes Ziel "verfolgt haben will". Es bleibt zudem lebensfern, dass jedenfalls die Konsequenz der Einbeziehung verschiedener Marktstufen in die Anspruchsdurchsetzung - nämlich der (teilweise) Wegfall der behaupteten Schadensersatzansprüche entweder für die direkten oder die indirekten Abnehmer - den Zedenten gleichgültig gewesen sein sollte. Immerhin war Zweck der Zession ja die Durchsetzung von Ansprüchen, nicht der Verzicht darauf. Die Chancen einer gesammelten Rechtsdurchsetzung hätten sich durch die Abtretung für die unterschiedlichen Gruppen von Zedenten ja auch nicht zwangsläufig verbessert, denn die Zessionarin kann aus den dargestellten Gründen nicht gleichzeitig eine Weiterwälzung vollständig behaupten und bestreiten, bei gesonderten Klagen durch die direkten Abnehmer einerseits und die indirekten Abnehmer andererseits wäre dies dagegen grundsätzlich möglich, soweit nicht z.B. Streitverkündungen zu einer Bindungswirkung führen würden.

Außerdem fehlte den Zedenten - erst recht im Zeitpunkt der damaligen Abtretungen - die erforderliche Kenntnis aller Umstände, um die Frage eines Interessenwiderspruchs überhaupt verlässlich beurteilen zu können. Die Klägerin selbst behauptet nicht, dass sie den Zedenten im Voraus im Einzelnen aufgezeigt hätte, in welcher Weise sie den behaupteten Schaden teilweise auf behauptetes erfolgtes, teilweise auf behauptetes unterbliebenes Passing-on stützen und damit den Schaden entweder zu den direkten oder indirekten Abnehmern hin - und damit von den jeweils anderen Abnehmern weg - verschieben wollte. Das Informationsschreiben der Klägerin Anlage K 89 nennt hierzu u.a. jedenfalls nur eine - in der konkreten Umsetzung völlig unbestimmte - "ausgewogene Berücksichtigung der Interessen und Ansprüche von Industriekunden und Handelsunternehmen". Insoweit kann auch kein wirksames Einverständnis der Zedenten mit dem Interessenwiderstreit bei der Klägerin angenommen werden.

Ebensowenig können wenigstens einzelne Abtretungen dadurch dem Interessenwiderspruch entzogen und wenigstens deren Wirksamkeit herbeigeführt werden, indem isoliert nur die Interessen des Zedenten zu 1) und damit dessen Abtretung berücksichtigt werden, weil die Klägerin zunächst für diesen tätig gewesen wäre (vgl. S. 39 d. Ss. d. Kl. v. 16.11.2020, Bl. 2163 d.A.). Dem steht schon entgegen, dass das Geschäftsmodell der Klägerin ja ausdrücklich gerade die Zusammenfassung von Zedenten unterschiedlicher Marktstufen umfassen sollte, sodass der Interessengegensatz von vornherein angelegt war und auch nicht durch eine (letztlich zufällige) zeitliche Abfolge der Abtretungen (teilweise) entfallen würde. Außerdem lässt sich eine klare zeitliche Abfolge gar nicht feststellen, denn die dingliche Abtretung des Zedenten zu 1) ist ausweislich der Anlage K11b am 26.1./2.2.2017 erfolgt und lag damit zeitlich nicht einmal vor den dinglichen Abtretungen anderer Zedenten, wie etwa der Zedenten zu 51) und 63), die ebenfalls am 26.1./2.2.2017 vorgenommen worden sind. Für die Beurteilung der dinglichen Wirksamkeit der Abtretung kann nur der Zeitpunkt der eigentlichen dinglichen Abtretung selber entscheidend sein, nicht der Zeitpunkt dazu wohl getroffener - hier im Übrigen inhaltlich auch nicht weiter bekannter - schuldrechtlicher Vereinbarungen.

((3)) § 88 GWB ändert an der Rechtslage nichts. Die Vorschrift bestimmt nur, dass mit einer Klage vor einem nach § 87 GWB zuständigen Landgericht auch im rechtlichen oder unmittelbaren wirtschaftlichen Zusammenhang stehende andere Ansprüche verbunden werden können, für die das jeweilige Landgericht sonst nicht zuständig wäre.

Die allgemeine Zulässigkeit einer Bündelung von Kartellschadensersatzsansprüchen durch Abtretung bedeutet nicht, dass Interessenwidersprüche unbeachtlich sind, sondern hat nur die Bündelung gleichgerichteter Ansprüche verschiedener Anspruchsinhaber im Blick.

Dasselbe gilt für die Tatsache, dass der gemeinschaftliche Kartellverstoß der Beklagten einen "im Ergebnis identischen Lebenssachverhalt" darstellen mag. Auch aus einem identischen Lebenssachverhalt können unterschiedliche Beteiligte widersprüchliche Interessen verfolgen.

((4)) Aus Unionsrecht lässt sich ebenfalls keine Zulässigkeit der Bündelung von Ansprüchen mehrerer Marktstufen begründen, erst recht kein "unionsrechtliches Gebot einer wirksamen Bündelung von Ersatzansprüchen" (vgl. S. 139 d. Ss. d. Kl. v. 24.1.2020 = Bl. 1702 d.A.). Soweit die Klägerin diese Zulässigkeit aus der Richtlinie RL 2014/104/EU herleiten will, scheitert dies schon daran, dass diese Richtlinie nach ihrem Art. 22 Abs. 1 nur auf Ansprüche anwendbar ist, die nach dem 26.12.2014 entstanden sind. Die hier streitgegenständlichen Ansprüche sind alle (weit) vor dem 26.12.2014 entstanden. Außerdem sieht die von der Klägerin insoweit in Bezug genommene Begriffsbestimmung "Schadensersatzklage" gerade eine Einschränkung vor, wenn es dort heißt (Unterstreichung von hier): "Klage ... im Namen eines mutmaßlich Geschädigten oder mehrerer mutmaßlich Geschädigter - sofern diese Möglichkeit im Unionsrecht oder im nationalen Recht vorgesehen ist - ...". Schließlich sprechen sich die Passing-on-Leitlinien der EU-Kommission (Abl. EU 2019 C 276/7) gerade nicht für die Geltendmachung von Schadensersatzansprüchen mittelbarer und unmittelbarer Abnehmer durch dieselbe Klagepartei oder einen Interessengleichlauf zwischen mittelbaren und unmittelbaren Abnehmern aus, sondern sehen bei einer Schadensersatzklage eines indirekten Abnehmers - wie oben bereits ausgeführt - vielmehr einen möglichen Interessengleichlauf zwischen dem Rechtsverletzer und dem unmittelbaren Abnehmer:

"Andere Instrumente wie z. B. Verfahren des kollektiven Rechtsschutzes, Streitverkündung oder Beteiligung Dritter sowie Möglichkeiten zur Verfahrensaussetzung können je nach nationalem Rechtssystem zur Anwendung kommen. So kann beispielsweise ein unmittelbarer Abnehmer der Schadensersatzklage eines mittelbaren Abnehmers gegen den Rechtsverletzer beitreten. In einem solchen Fall können sowohl der unmittelbare Abnehmer (der Streithelfer) als auch der Rechtsverletzer (der Beklagte) anführen, dass der Preisaufschlag nicht oder nicht vollständig an den mittelbaren Abnehmer (Kläger) abgewälzt wurde." (Abl. EU 2019 C 276/7, Rn. 28)

(ee) Der vorstehende begründete Interessenwiderspruch i.S.d. § 4 RDG wird ebenfalls besonders augenscheinlich, soweit gleichzeitig behauptete Schadensersatzansprüche wegen Zuckerlieferungen an unmittelbare Abnehmer und Schadensersatzansprüche der indirekten Abnehmer derselben weiterverarbeiteten Zuckerlieferungen zusammen durch eine Zessionarin wie hier die Klägerin geltend gemacht werden.

cc. Aus dem Verstoß gegen § 4 RDG folgt eine Nichtigkeit der jeweiligen Abtretungen.

Zwar ist - wie oben bereits im Zusammenhang mit der Verstoß gegen § 3 RDG ausgeführt worden ist (vgl. a.) kk.)) - die Abtretung als Verfügungsgeschäft grundsätzlich sittlich neutral (OLG München Urt. v. 4.12.2017, 19 U 1807/17, juris Rn. 26). Der Schutzzweck des RDG verlangt allerdings, dass die Nichtigkeit auch die zur Rechtsdurchsetzung erfolgte Forderungsabtretung erfasst (BGH, Urt. v. 30.10.2012, XI ZR 324/11, juris Rn. 35 f.; BGH, Urt. v. 11.12.2013, IV ZR 136/13, juris Rn. 31; BGH, Urt. v. 11.01.2017, IV ZR 340/13, juris Rn. 18), da der RDG-Verstoß andernfalls weitgehend folgenlos bliebe (LG München I Endurteil v. 7.2.2020 - 37 O 18934/17, BeckRS 2020, 841, Rn. 156). Dies muss für den Fall einer Interessenkollision erst recht gelten, denn sonst bliebe der benachteiligte Zedent schutzlos. Die Interessenkollision ist auch - wie gezeigt - eindeutig und nicht nur geringfügig (zur Frage der Geringfügigkeit im Rahmen eines Verstoßes gegen § 3 RDG: vgl. BGH, Urt. v. 27.11.2019, VIII ZR 285/18, Rn. 90).

Im Übrigen wird auf die obenstehenden Ausführungen zur Nichtigkeitsfolge bei einem Verstoß gegen § 3 RDG (s.o. a.) kk.)) Bezug genommen.

c.) Die Klage ist auch nicht dadurch zulässig und begründet geworden, dass sich die Klägerin (hilfsweise) auf gewillkürte Prozesstandschaft, d.h. auf Einziehungsermächtigungen der Zedenten an die Klägerin, ihre Schadensersatzansprüche im eigenen Namen gerichtlich durchzusetzen und einzuziehen (jeweils Nr. 7.4. der "Dinglichen Abtretungsverträge" , Anlage K11a), beruft (S. 65 d. Ss. v. 24.8.2020, Bl. 2129 d.A.).

aa.) In welcher Weise das für eine zulässige gewillkürte Prozessstandschaft erforderliche schutzwürdige Eigeninteresse (vgl. etwa Zöller/Althammer a.a.O. Rn. 40) bei der Klägerin vorliegen würde, ist nicht ersichtlich oder vorgetragen.

bb.) Außerdem muss jedenfalls in der vorliegenden Konstellation die Nichtigkeit der Abtretung auch auf die Einziehungsermächtigungen durchschlagen, um den durch das RDG bezweckten Schutz für die Zedenten zu erreichen. Denn - wie oben dargestellt - würde die gleichzeitige Geltendmachung von Ansprüchen direkter wie indirekter Abnehmer notwendig dazu führen, dass die Klägerin durch ihr Vorbringen (Weiterwälzung oder keine Weiterwälzung) entweder die direkten oder die indirekten Abnehmer benachteiligt. Vor diesem Nachteil will das RDG gerade schützen. Auch muss diesen Nachteil kein Zedent tragen, zumal - wie oben schon näher dargelegt - jedenfalls der konkrete Nachteil den Zedenten bei Abschluss der Abtretungsverträge nicht ersichtlich war, weil sie gerade nicht wussten, wie die Klägerin im Einzelnen zum Passing-on vortragen wollte und damit entweder die direkten oder indirekten Abnehmer benachteiligen würde. Daher reicht es auch nicht aus, wenn den Zedenten (nur) allgemein bewusst gewesen sein sollte, dass durch die Klägerin Zedenten verschiedener Marktstufen in die Anspruchsdurchsetzung einbezogen werden würden.

cc.) Im Übrigen sind die Forderungen im Falle einer gewillkürten Prozessstandschaft verjährt.

(1) Die Klage wurde nicht als Geltendmachung fremder Forderungen erhoben, so dass zunächst nur eine "verdeckte" Prozessstandschaft vorgelegen hatte, die erst nachträglich zu einer "offenen" geworden ist (Vgl. Zöller/Althammer, ZPO, 33. Aufl. 2020, vor §§ 50 ff. Rn. 43). Dann könnte aber auch die Verjährungshemmung nach § 204 Abs. 1 Nr. 1 BGB erst ab dieser Offenlegung eingreifen, d.h. würde nicht zurückwirken (vgl. BGH, Urteil vom 12. Dezember 2013 - III ZR 102/12 -, Rn. 36, juris; Hanseatisches Oberlandesgericht Hamburg, Urteil vom 25. Oktober 2018 - 6 U 243/16 -, Rn. 31, juris; a.A. Zöller/Althammer, a.a.O. Rn. 52). Die Klägerin hat sich erst auf S. 65 d. Ss. v. 24.8.2020 (Bl. 2129 d.A.) auf eine gewillkürte Prozessstandschaft berufen.

(2) Jedenfalls die kenntnisabhängige Verjährung gem. §§ 195, 199 Abs. 1 Nr. 1 BGB war damals bereits eingetreten, nämlich spätestens mit dem Ablauf des 31.12.2019.

Die Verjährungsfrist beginnt gem. § 199 Abs. 1 BGB mit dem Schluss des Jahres, in dem der Anspruch entstanden ist und der Gläubiger von den den Anspruch begründenden Umständen und der Person des Schuldners Kenntnis erlangt oder ohne grobe Fahrlässigkeit erlangen musste.

Diese Kenntniserlangung war den Zedenten im Jahr 2014 möglich, in dem die Bußgeldbescheide ergangen sind und die Pressemitteilung durch das Bundeskartellamt herausgegeben worden ist. Ein früherer Verjährungsbeginn wird nicht durch eine etwaige Kenntnis von den im März 2009 erfolgten Durchsuchungen begründet, weil sich daraus lediglich ergeben hat, dass Ermittlungen stattfinden, deren Ergebnis aber noch offen war. Insbesondere war vor der Entscheidung des Bundeskartellamtes nicht hinreichend erkennbar, welche Zuckerhersteller konkret in welchem Zeitraum und mit welchen Produkten an dem Kartell beteiligt gewesen waren.

Folglich ist von einem Beginn der Verjährung mit Ablauf des 31.12.2014 und einem Ende der Verjährung unter Beachtung des § 186 Abs. 3 Satz 2 GWB mit Ablauf des 31.12.2019 auszugehen. Auf eine eventuelle Hemmung der Verjährung durch Ermittlungen des Kartellamtes kommt es nicht an, weil diese Hemmung allenfalls gem. § 33 Abs. 5 S. 2 GWB 2005 i.V.m. § 204 Abs. 2 S. 1 BGB bis sechs Monate nach Rechtskraft der Bescheide (Zustellung der Bescheide an die Beklagten am 20.2.2014; Rechtsmittelfrist von zwei Wochen), d.h. bis zum 6.9.2014, gedauert haben kann und damit zu diesem Zeitpunkt die Verjährung noch gar nicht zu laufen begonnen hatte.

Auch die Klägerin selbst sieht sogar schon im Zeitpunkt der Absetzung ihres Schriftsatzes vom 20.7.2018 die Forderungen als verjährt an (S. 317 d. Ss. v. 20.7.2018, Blatt 1147 d.A.):

"Wären die vorgenommenen Rechtsgeschäfte nichtig, könnten die kartellgeschädigten Zedenten ihre Ansprüche überhaupt nicht mehr geltend machen, da sie dann mangels Aktivlegitimation der Klägerin nicht rechtshängig geworden und mittlerweile verjährt wären."

(3) Alle Beklagten haben jeweils die Einrede der Verjährung bereits mit den Klagerwiderungen erhoben.

d.) Da die Abtretungen schon aus den vorstehenden Gründen nichtig sind und die Klägerin damit nicht aktiviegitimiert ist, kann dahinstehen, ob die Klägerin als weitgehend vermögensloses Unternehmen ("Klagevehikel") anzusehen wäre, das im Falle des Unterliegens Kostenerstattungsansprüche der Beklagten nicht bzw. jedenfalls nicht vollumfänglich zu erfüllen vermöchte, so dass keine hinreichende Sicherheit für eventuelle Kostenerstattungsansprüche der Beklagten bestünde.

2.) Unabhängig von der Frage der Unwirksamkeit der Abtretungen ist die Klage auch noch unbegründet, soweit die Klägerin (bzw. deren Zedenten) teilweise für Zuckermengen keine konkreten Transaktionsdaten vorgetragen hat, sondern die Zuckermengen geschätzt hat.

a.) Die Klägerin hat ausdrücklich vorgetragen, dass die ihren Schadensberechnungen zugrunde gelegten Zuckermengen teilweise nicht auf (zusammengerechneten) konkreten Transaktionsdaten einzelner Lieferungen o.ä. beruhen, sondern von ihr z.B. anhand von aggregierten Zahlen zum Einkauf der Produkte, Buchhaltungsdaten und Produktions- und Absatzzahlen zuckerhaltiger Produkte, oder mittels Vergleich mit späteren Jahren geschätzt worden sind (S. 41 ff. d. Klageschrift, Blatt 41 ff. d.A.). Dies betrifft insbesondere - aber nicht allein (vgl. etwa offenbar sämtliche Angaben in Anlage K9 zu "Zucker in zuckerhaltigen Produkten", z.B. zu Zedent Nr. 47; die nach dem Vorbringen der Klägerin auf S. 33 d. Ss. v. 16.11.2020, Bl. 2175 d.A., für die Schadensberechnung allein maßgebliche Anlage K30a enthält für diesen Zedenten keine abweichenden weiteren Angaben) - behauptete Liefermengen für Jahre vor 2000, 2005 oder 2007.

b.) Entgegen der Ansicht der Klägerin (vgl. S. 34 f. d. Ss. v. 16.11.2020, BL. 2175R f. d.A.) reicht eine solche Schätzung nicht aus.

Dabei kann dahinstehen, ob die Schätzmethoden der Klägerin überhaupt als theoretisch geeignet angesehen werden könnte, was die Beklagten im Einzelnen in Zweifel ziehen.

Jedenfalls kommt eine Schätzung für Zuckerliefermengen ganz grundsätzlich nicht in Betracht, insbesondere nicht gem. § 287 ZPO.

Die bestimmte Lieferung einer bestimmten Menge Zucker für einen bestimmten Preis wäre für einen eventuellen Kartellschadensersatzanspruch das anspruchsbegründende Ereignis. Ohne diesen bestimmten Liefervorgang wäre nicht festzustellen, ob ein konkretes Unternehmen von einem (für andere Abnehmer vorliegenden) Kartellrechtsvorstoß betroffen ist:

"Allerdings ist nach § 286 ZPO festzustellen, ob der Anspruchsteller durch den Kartellrechtsverstoß betroffen ist."

(BGH, Urteil vom 12. Juli 2016 - KZR 25/14 -, BGHZ 211, 146-171, Rn. 47)

Nichts anderes ergibt sich aus der von der Klägerin in Bezug genommenen Entscheidung des BGH v. 28.1.2020 ("Schienenkartell II", Anlage K83) (Unterstreichungen von hier):

"b) Vor diesem Hintergrund kommt dem Merkmal der Betroffenheit im Sinne des § 33 Abs. 1 Satz 1 GWB 2005 bei der Prüfung des haftungsbegründenden Tatbestands eines kartellrechtlichen Schadensersatzanspruchs - ähnlich wie bei sonstigen Schadensersatzansprüchen, die eine Rechtsgutsverletzung nicht voraussetzen (vgl. zu Amtspflichtverletzungen BGH, Urteil vom 7. März 1996 - IX ZR 169/95, NJW-RR 1996, 781; zu Vertragspflichtverletzungen BGH, Urteil vom 15. Juni 1993 - XI ZR 111/92, NJW 1993, 3073, 3076 mwN) - Bedeutung nur für die Frage zu, ob dem Anspruchsgegner ein wettbewerbsbeschränkendes Verhalten anzulasten ist, das - vermittelt durch den Abschluss von Umsatzgeschäften oder in anderer Weise - geeignet ist, einen Schaden des Anspruchstellers mittelbar oder unmittelbar zu begründen (in diesem Sinn BGHZ 211, 146 Rn. 47 - Lottoblock II; vgl. auch Emmerich in Immenga/Mestmäcker, Wettbewerbsrecht, 5. Aufl., Bd. 2, § 33 GWB Rn. 15; Lahme/Ruster, NZKart 2019, 196; 198 f.; Stock, Der Schadensnachweis bei Hardcore-Kartellen, 2016, S. 272; weitergehend W.-H. Roth in Frankfurter Kommentar, Stand [94. Lieferung] August 2019, § 33a GWB Rn. 24, 87 ff.; Otto, ZWeR 2019, 354, 374 f., 380 f.). Für die Feststellung dieser Voraussetzungen gilt der Maßstab des § 286 ZPO. Im Streitfall sind sie ohne Weiteres erfüllt, weil die Klägerin nach den von der Revision nicht angegriffenen Feststellungen des Berufungsgerichts von der am Kartell beteiligten Beklagten Waren erworben hat, welche Gegenstand der Kartellabsprache waren.

Zur Ermittlung der haftungsbegründenden Kausalität muss hingegen nicht festgestellt werden, ob sich die Kartellabsprache auf den in Rede stehenden Beschaffungsvorgang, auf den der Anspruchsteller sein Schadensersatzbegehren stützt, tatsächlich ausgewirkt hat und das Geschäft damit in diesem Sinn "kartellbefangen" war (so aber OLG Karlsruhe, Urteil vom 31. Juli 2013 - 6 U 51/12 (Kart), juris Rn. 50; OLG Düsseldorf, Urteil vom 23. Januar 2019 - VI-U (Kart) 18/17, juris Rn. 59 f.; Thomas/Inderst, Schadensersatz bei Kartellverstößen, 2. Aufl., S. 123; Wagner JZ 2019, 470 f. [BGH 11.12.2018 - KZR 26/17]; Ohlhoff in Kamann/Ohlhoff/Völcker, Kartellverfahren und Kartellprozess, § 26 Rn. 121). Auf eine solche "Kartellbefangenheit" des Erwerbsvorgangs kommt es im Rahmen der Prüfung des haftungsbegründenden Tatbestands eines kartellrechtlichen Schadensersatzanspruchs damit nicht an."

(BGH, Urteil vom 28. Januar 2020 - KZR 24/17 -, BGHZ 224, 281-302, Rn. 25 - 26)

Ausdrücklich differenziert der BGH dort vielmehr zwischen - einerseits - dem "Abschluss von Umsatzgeschäften" bzw. dem "Beschaffungsvorgang, auf den der Anspruchsteller sein Schadensersatzbegehren stützt" bzw. die Frage, ob eine Klägerin "von der am Kartell beteiligten Beklagten Waren erworben hat" , für welche jeweils § 286 ZPO gilt, und -andererseits - der Frage, "ob sich die Kartellabsprache auf den in Rede stehenden Beschaffungsvorgang (...) tatsächlich ausgewirkt hat", welche nicht zur haftungsbegründenden Kausalität gehöre.

Unverändert gilt für einen konkreten Haftungsgrund damit allein § 286 ZPO, nicht § 287 ZPO:

"Tatsachen, aus denen die Verpflichtung zum Schadensersatz hergeleitet wird, sind als konkreter Haftungsgrund nach den Grundsätzen des § 286 ZPO nachzuweisen (BGH, Urteil vom 24. Februar 1987 - VI ZR 111/86, NJW-RR 1987, 1019; Urteil vom 11. Januar 1972 - VI ZR 46/71, BGHZ 58, 48, 53)."

(BGH, Urteil vom 24. Februar 2005 - VII ZR 141/03 -, BGHZ 162, 259-269, Rn. 15)

Eine Schätzung wie von der Klägerin vorgenommen ist aber kein Nachweis gem. § 286 ZPO.

Im Übrigen wäre ohne entsprechenden Vortrag zu konkreten einzelnen Transaktionsdaten (ggf. geeignet zusammengefasst) weder der Streitgegenstand hinreichend bestimmt und abgegrenzt, noch läge eine hinreichende Basis für eine eventuelle Schadensbemessung- und in diesem Rahmen dann ggfs. Schätzung gem. § 287 ZPO - vor. Eine Schätzung schon bei den Bezugsmengen lässt nicht auch nicht- und sei es unter Bezugnahme auf unionsrechtliche Erwägungen - damit rechtfertigen, dass andernfalls die Geltendmachung des Rechts auf Kartellschadensersatz übermäßig erschwert oder praktisch unmöglich gemacht würde (Unterstreichung von hier):

"Nach Art. 4 und Erwägungsgrund 11 der Schadensersatzrichtlinie müssen die nationalen Bestimmungen zur Kausalität zwischen Kartellrechtsverstoß und Schaden dem Effektivitäts- und Äquivalenzgrundsatz entsprechen. Sie dürfen daher die Geltendmachung des Rechts auf Schadensersatz weder übermäßig erschweren noch praktisch unmöglich machen. Würde bei der Frage, ob durch einen Kartellrechtsverstoß ein Schaden entstanden ist, statt § 287 Abs. 1 ZPO die Vorschrift des § 286 ZPO angewendet, so bestünde die Gefahr, dass die effektive Durchsetzung des Kartellrechts der Union verhindert würde, weil im Hinblick auf die Vielzahl auf dem Markt wirksamer Einflüsse häufig nicht zur vollen Überzeugung des Gerichts feststehen wird, dass ein durch einen Kartellrechtsverstoß betroffener Marktteilnehmer auch tatsächlich einen Schaden erlitten hat."

(BGH, Urteil vom 12. Juli 2016 - KZR 25/14 -, BGHZ 211, 146-171, Rn. 45)

Anders als bei der Frage, ob ein durch einen Kartellrechtsverstoß betroffener Marktteilnehmer auch tatsächlich einen Schaden erlitten hat, gibt es für einen Marktteilnehmer beim Nachweis einer bestimmten Lieferung keine spezifischen, durch Besonderheiten des Kartellschadensersatzrechts bedingten Schwierigkeiten; insbesondere haben solche Nachweisfragen keinerlei Besonderheit "im Hinblick auf die Vielzahl auf dem Markt wirksamer Einflüsse". Vielmehr hat an ein (potentiell) Kartellgeschädigter beim Nachweis einer bestimmten Lieferung keinerlei grundsätzlich andere oder größere Schwierigkeiten als etwa ein Kläger, der für lange zurückliegende Zeiträume Mängelansprüche für gelieferten Zucker geltend machen will und dafür ebenfalls zunächst einmal den Nachweis einer bestimmten Lieferung zu erbringen hätte. Daher wäre auch nicht gerechtfertigt, an dieser Stelle in Prozessen auf Kartellschadensersatz prozessrechtlich anderes gelten zu lassen als in sonstigen Zivilprozessen. Im Übrigen zeigen andere Verfahren - und selbst auch andere Zeiträume oder Zedenten im vorliegenden Verfahren - dass der Vortrag einzelner Transaktionsdaten auch für länger zurückliegende Zeiträume durchaus möglich ist. Die freie Entscheidung eines Zedenten, bestimmte Geschäftsunterlagen nur über z.B. für Steuerprüfungen erforderliche Zeiträume hinweg aufzubewahren, danach aber nicht mehr, rechtfertigt keine Begünstigung, wenn diese Zedenten später gerade für diese früheren Zeiträume selber Forderungen erheben wollen und -letztlich nur wegen großzügiger Verjährungsvorschriften und ggfs. -hemmungstatbestände - grundsätzlich noch könnten. Auch bei anderen Ansprüchen mit langen Verjährungsfristen wie etwa in § 197 Abs. 1 BGB gibt es keine nur aus dem langen Zeitablauf folgende Absenkung des Maßes der Vortrags- und Beweislast für Kläger. Wäre eine Schätzung zulässig, würden die geltend gemachten Ansprüche der hiesigen Klägerin zudem gleich mehrfach Schätzungen unterfallen, nämlich mindestens im Hinblick auf (erstens) die Beschaffungsvorgänge, (zweitens) die Höhe einer kartellbedingten Preisüberhöhung der Zuckerprodukte und (drittens) die Preisweiterwälzung; eine solche Kumulation von Schätzungen und damit Ungenauigkeiten ist nicht begründbar.

Nach dem Vorbringen der Klägerin auf S. 78 f. d. Ss. v. 24.8.2020 (Bl. 2135 f. d.A.) liegen Einzeltransaktionsdaten für rund 70% der Verarbeitungszucker- und Isoglucosebezugsmengen (ähnlich die von der Beklagten zu 1. ermittelten Werte, Ss. v. 20.8.20, S. 24) und für rund 73% der Haushaltszuckerbezüge (seit dem Ss. d. Kl. v. 24.8.2020) vor, d.h. umgekehrt liegen für ca. 30% der Verarbeitungszucker- und Isoglucosebezugsmengen und für ca. 27% der Haushaltszuckerbezüge keine Einzeltransaktionsdaten, sondern nur Schätzungen vor. Die - nicht ausreichenden - Schätzungen betreffen im Einzelnen alle in der Anlage K9 von der Klägerin mit "Schätzung" bezeichneten Mengen, soweit sich nicht aus der Anlage K30a etwas anderes ergibt.

Dies gilt damit insbesondere auch für den Vortrag der Klägerin zu behaupteten Bezugsmengen des Zedenten zu 52), bei dem es sich ebenfalls (teilweise) nur um geschätzte Mengen handelt. Wie sich im Einzelnen aus der Anlage K9 ergibt, sind sämtliche behaupteten Bezugsmengen vor dem Jahr 2004 nur geschätzt, was aus den vorstehenden Gründen nicht ausreichend ist. Auch aus der nach dem Vorbringen der Klägerin auf S. 33 d. Ss. d. Kl. v. 16.11.2020, Bl. 2175 d.A., für die Schadensberechnung allein maßgebliche Anlage K30a ergeben sich für den Zedenten zu 52) die identischen Werte, wie sie schon in der Anlage K9 als "geschätzt" angegeben worden sind.

3.) Soweit den behaupteten Ansprüchen der Klägerin aufgrund abgetretener Forderungen des Zedenten zu 52) nicht schon die vorstehenden Gründe entgegenstehen, ist die Klage auch ansonsten nicht begründet.

a.) Die behaupteten Abtretungen gem. dem Forderungs- und Abtretungsvertrag vom 17./28.12.2015 (Anlage K11b) stehen gem. 3.1. des Vertrages unter der aufschiebenden Bedingung der vollständigen Zahlung der Kaufpreissumme. Eine solche Zahlung und damit der Bedingungseintritt ist nicht ersichtlich oder belegt. Beweis- und damit auch vortragspflichtig für einen Bedingungseintritt ist, wer aus einem bedingten Rechtsgeschäft Rechte herleiten will (BGH, Urteil vom 29.6.1981 - VII ZR 299/80 -, Rn. 13, juris; BGH, Urteil vom 11.2.1998 - VIII ZR 287/97 -, Rn. 7, juris), hier also die Klägerin.

b.) Insoweit mag dahinstehen, ob auch von einer Unwirksamkeit der Abtretung wegen Insolvenzzweckwidrigkeit im Hinblick auf das Missverhältnis von Leistung (Wert der abgetretenene Forderungen) und Gegenleistung (Kaufpreis) auszugehen wäre.

4.) Wegen fehlender Hauptforderung können der Klägerin auch die verlangten Zinsen nicht zugesprochen werden.

III.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 ZPO, die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit aus §§ 709, 108 ZPO.

IV.

Soweit der Schriftsatz der Klägerin vom 16.11.2020 über die nachgelassene Stellungnahmemöglichkeit zu neuem tatsächlichen Vorbringen der Beklagten aus deren Schriftsätzen vom 17., 18. und 20.8.2020 hinaus und soweit die nicht nachgelassenen Schriftsätze der Beklagten vom 5., 14. und 15.1.2021 teilweise neuen Tatsachenvortrag enthalten, hat dieser dem Gericht keine Veranlassung gegeben, nach §§ 296a, 156 ZPO erneut in die mündliche Verhandlung einzutreten.

Die Verhandlung war am 1.9.2020 gem. § 136 Abs. 4 ZPO durch Bestimmung eines Verkündungstermins nach § 310 ZPO schlüssig geschlossen worden. Eine der Alternativen des § 156 Abs. 2 ZPO liegt nicht vor. Nach dem Ermessen des Gerichts ist auch kein Fall des § 156 Abs. 1 ZPO gegeben. Die Konzentrationsmaxime, die einen raschen Abschluss der Instanz gebietet, überwiegt, zumal die Präklusionsregelung des § 296 ZPO durch § 156 ZPO nicht obsolet gemacht werden darf (vgl. Zöller/Greger, ZPO, 33. Aufl. 2020, § 156 Rn. 5).

V.

Da die Klage insgesamt abgewiesen wird, ist über die sonstigen Anträge und Verfahrensanträge der Beklagten nicht gesondert zu entscheiden.