Landgericht Aurich
Urt. v. 07.01.2019, Az.: 6 O 130/18

Bibliographie

Gericht
LG Aurich
Datum
07.01.2019
Aktenzeichen
6 O 130/18
Entscheidungsform
Urteil
Referenz
WKRS 2019, 69525
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
[keine Angabe]

Tenor:

Die Beklagte wird verurteilt, es zu unterlassen, im Rahmen geschäftlicher Handlungen an Verbraucher Schreiben zu senden bzw. senden zu lassen, in denen mitgeteilt wird, dass die Beklagte für die jeweils adressierten Verbraucher bei einem Drittunternehmen einen Energielieferungsvertrag beauftragt hat, obwohl die Verbraucher der Beklagten für den Abschluss des konkreten Energielieferungsvertrages keine Vollmacht erteilt haben, insbesondere wenn dies geschieht wie in Anlage K 1 der Klageschrift, die diesem Urteil als Anlage beigefügt ist, wiedergegeben.

Der Beklagten wird für jeden Fall der Zuwiderhandlung Ordnungsgeld bis zu 250.000,00 Euro, ersatzweise Ordnungshaft bis zu 6 Monaten, dieses zu vollstrecken an dem Geschäftsführer der Beklagten, angedroht.

Die Beklagte wird ferner verurteilt, an den Kläger 238,00 Euro nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszins seit dem 01.03.2018 zu zahlen.

Die Kosten des Rechtsstreits hat die Beklagte zu tragen.

Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung des Klägers in Höhe von 15.000,00 Euro vorläufig vollstreckbar.

Der Streitwert wird nach der Wertannahme des Klägers auf bis zu 15.000,00 Euro festgesetzt.

Tatbestand:

Am 27.08.2013 erteilte damalige Privatkundin des Energieversorgers V., Frau H. A., heute H. W., der EXY E. Vertriebs GmbH eine sogenannte „Maklervollmacht“, wegen deren Inhaltes auf die Anlagen zur Klage (Bl. 20 d. A.) verwiesen wird. Die Kundin erteilte der EXY E. Vertriebs GmbH am gleichen Tage den Auftrag, ihren „aktuellen“ Strom-/Gastarif mit anderen Tarifen abzugleichen und mit einem günstigeren Anbieter einen neuen Vertrag abzuschließen. Wegen des von der Kundin unterzeichneten Auftragsexemplars wird auf die Anlage B7 zur Klageerwiderung (Bl. 49 d. A.) verwiesen.

Ebenfalls am 27.08.2013 erteilte die Kundin A. der Firma „m.“, die sich im abgedruckten Text als „ein Unternehmen der EXY E. Vertriebs GmbH (nachfolgend „m.“ benannt)“ bezeichnete, mit dem Wechsel des Stromanbieters Vattenfall zum Stromanbieter „M. g. Strom“. Es wird insoweit auf die Anlage B 1 zum Schriftsatz vom 28.03.2018 verwiesen. Ferner unterzeichnete die Kundin A. eine Kundeninformation, wegen deren Inhaltes auf die Anlage B 2 im genannten Schriftsatz verwiesen wird.

Am 05.08.2015 wurde als Neugründung die Beklagte des Rechtsstreits, die m. GmbH & Co. KG ins Handelsregister eingetragen. Anfang November 2017 übersandte die Beklagte an die Kundin ein Schreiben, in dem sie ihr mitteilte, dass sie die Kundin für den künftigen Erdgasbezug bei der Firma „F.“ im Tarif „m…..24“ angemeldet habe. Wegen der Einzelheiten wird auf die Anlage K1 zur Klage Bezug genommen.

Der Kläger als anerkannter Verbraucherschutzverein hält die Praxis der Beklagten, Kunden der EXY E. Vertriebs GmbH ohne deren vorherige Zustimmung oder Beauftragung auf andere Energieversorger umzumelden, für wettbewerbswidrig. Die Übersendung einer entsprechenden Mitteilung über einen Vertragswechsel stelle eine wettbewerbswidrige Belästigung dar.

Der Kläger beantragt,

- der Beklagten bei Meidung von Ordnungsmitteln zu untersagen, im Rahmen geschäftlicher Handlungen an Verbraucher Schreiben zu senden bzw. senden zu lassen, in denen mitgeteilt wird, dass die Beklagte für die jeweils adressierten Verbraucher bei einem Drittunternehmen einen Energielieferungsvertrag beauftragt hat, obwohl die Verbraucher der Beklagten hierzu keine Vollmacht erteilt haben, wenn dies geschieht wie in Anlage K1 wiedergegeben,

sowie ferner

- die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger 238,00 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszins seit Klageerhebung zu zahlen.

Die Beklagte beantragt,

- die Klage abzuweisen.

Sie ist der Ansicht, von der Kundin ausreichend für einen Energieanbieterwechsel bevollmächtigt worden zu sein. Dies ergebe sich daraus, dass die Kundin im Jahre 2013 die EXY E. Vertriebs GmbH nicht nur mit dem erstmaligen Energieversorgerwechsel beauftragt habe, sondern ihr auch einen Maklerauftrag für die künftige Vermittlung von Energieversorgungsverträgen erteilt habe. Die EXY E. Vertriebs GmbH habe nach Gründung der Beklagten im Jahre 2015 der Beklagten eine Untervollmacht für die Vermittlung der Kundin an andere Energieversorger erteilt. Erteilung von Untervollmachten sei im Maklerauftrag vorbehalten worden und nicht überraschend oder unüblich.

Der Kläger erwidert, die Erteilung der Untervollmacht im Jahre 2015 werde bestritten.

Wegen aller übrigen Einzelheiten des Parteivorbringens wird auf den Inhalt der gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.

Das Gericht hat Beweis erhoben durch Vernehmung des Zeugen H. B.. Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf den Inhalt der Sitzungsniederschrift vom 21.11.2018 verwiesen.

Entscheidungsgründe

Die Klage ist begründet.

Die Kammer bewertet die Geschäftspraktik der Beklagten, die Energieversorgungsverträge ihrer Kunden ohne deren vorherige Zustimmung zum konkreten Versorgerwechsel zu ändern, als wettbewerbswidrige Belästigung gemäß § 7 Abs. 1 UWG. Die Belästigung besteht darin, dass die Kunden, exemplarisch die Kundin W., durch die ungefragte Vermittlung an einen anderen als den bisherigen Energieversorger in ihrer geschäftlichen Entscheidungsfreiheit über den Energiebezug wesentlich eingeschränkt und zu eigenen Anstrengungen bei gewünschter Rückgängigmachung des Versorgerwechsels genötigt wird.

Diese Praktik wird auch nicht durch die von den Kunden an die EXY E. Vertriebs GmbH erteilte Maklervollmacht gerechtfertigt. Es kann deshalb im Ergebnis für die Entscheidung dahinstehen, ob die von den Kunden an die genannte Unternehmung erteilte Maklervollmacht - wofür die Bestätigung der Aussage des Zeugen B. spricht – auf die Beklagte übertragen worden ist.

Die Maklervollmacht steht nämlich in einem Widerspruch zu den gleichzeitig den Kunden vorgelegten Texten für den erstmaligen Versorgerwechsel und ist daher ebenfalls wettbewerbswidrig wegen Verstoßes gegen § 5 UWG . Es ist unstreitig geworden, dass die Kundin A. – insoweit exemplarisch – den Auftrag für einen erstmaligen Versorgerwechsel einerseits und die Maklervollmacht andererseits am selben Tage und mithin bei derselben Gelegenheit, im selben Kundengespräch, unterschrieben hat. Während im Erläuterungstext für den erstmaligen Versorgerwechsel festgehalten ist, dass „m.“ die Kunden rechtzeitig vor künftigen Kündigungsterminen über andere Angebote informiert, enthält die Maklervollmacht die Ermächtigung an „EXY E.“ selbständig auch künftige Versorgerwechsel im Namen des Kunden vorzunehmen. Dem Kunden wird deshalb durch das erste Dokument suggeriert, dass der künftige Versorgerwechsel erst nach einer einschlägigen Information durch „m.“ erfolgen könne, während durch die umfassende Maklervollmacht gemäß dem zweiten Dokument ein Versorgerwechsel auch ohne vorherige Information und damit auch ohne vorherige Stellungnahme, Zustimmung oder Ablehnung des Kunden erfolgen kann. Dieser Widerspruch ist zur Irreführung geeignet.

Der Umstand, dass die Kunden die Maklervollmacht jederzeit fristlos widerrufen können, beseitigt die Wettbewerbswidrigkeit der Praxis nicht. Entscheidend ist, dass die Kombination beider Dokumente dazu geeignet ist, die Kunden in der Weise irrezuführen, dass sie glauben, mit ihrer Unterschrift nur einem erstmaligen Versorgerwechsel zuzustimmen, und dabei übersehen, dass sie, solange sie nicht selbständig die Maklervollmacht widerrufen, von der Beklagten oder dem mit ihr verbundene Unternehmen auch ohne vorherige Information und ohne ausdrückliche Zustimmung zu anderen Versorgern umgemeldet werden können.

Über den Unterlassungsanspruch gem. § 8 UWG hinaus hat der Kläger auch Anspruch auf Erstattung der Abmahnkosten gem. § 12 UWG mit Zinsen ab Rechtshängigkeit.

Die Nebenentscheidungen folgen aus §§ 91, 709 ZPO, wobei sich die Sicherheitsleistung an dem geschätzten Interesse der Beklagten an der Fortsetzung der bisherigen, durch Urteil untersagten Praxis, orientiert.

Hinsichtlich der Festsetzung des endgültigen Streitwertes folgt das Gericht der Wertannahme des Klägers.