Landgericht Aurich
Urt. v. 08.11.2019, Az.: 6 O 160/19

Bibliographie

Gericht
LG Aurich
Datum
08.11.2019
Aktenzeichen
6 O 160/19
Entscheidungsform
Urteil
Referenz
WKRS 2019, 69603
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
[keine Angabe]

Tenor:

Der Beklagte wird verurteilt, an den Kläger insgesamt 8.261,91 Euro nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszins seit dem 01.04.2018 zu zahlen, und zwar aufgeteilt wie folgt:

2.753,97 Euro nebst zuerkannter Zinsen an den Kläger als Insolvenzverwalter über das Vermögen der MS S. B. T+H S. GmbH + Co.KG, A. K. H.,

2.753,97 Euro nebst zuerkannter Zinsen an den Kläger als Insolvenzverwalter der MS S. E. T+H S. GmbH + Co.KG, ebenda,

und 2.753,97 Euro nebst zuerkannter Zinsen an den Kläger als Insolvenzverwalter über das Vermögen der MS S. F. T + H S. GmbH + Co.KG, ebenda.

Der Beklagte wird ferner verurteilt, an den Kläger wegen vorgerichtlicher Rechtsanwaltskosten 627,13 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszins seit dem 01.10.2018 zu zahlen.

Die weitergehende Klage wird abgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits hat der Beklagte zu tragen.

Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung des Klägers in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.

Streitwert: 8.261,91 Euro.

Tatbestand:

Der Kläger ist Insolvenzverwalter von drei als Kommanditgesellschaften verfassten Schiffsgesellschaften, nämlich der MS S. B. T+H S. GmbH + Co. KG, der MS S. E. T+H S. GmbH + Co. KG und der MS S. F. T+H Schiffahrts GmbH + Co. KG, sämtlich geschäftsansässig A.K., H. Die Schiffsgesellschaften hatten neben einigen anderen Kommanditisten als Hauptkommanditisten eine andere Gesellschaft, die nachfolgend als „Dachfonds-KG“ bezeichnet wird. An der Dachfonds-KG war der Beklagte als eingetragener Kommanditist beteiligt. Wegen aller Einzelheiten der individuellen Beteiligungsverhältnisse wird auf die Darstellung in der Klageschrift, dort Seite 4, Bezug genommen.

In den letzten Jahren vor der Insolvenz der Schiffsgesellschaften, die im nachfolgenden als „Zielfonds-KG“ bezeichnet werden, erfolgten Ausschüttungen aus erwirtschafteter Liquidität der Zielfonds an die Dachfonds-KG. Diese wiederum leistete Ausschüttungen an den Beklagten.

Zum Zeitpunkt der jeweiligen Ausschüttungen bestanden bei den Zielfonds-KGs keine Gewinne, sondern bilanzielle Verluste. Dasselbe gilt für die Dachfonds-KG, deren Vermögen in der Beteiligung an den verlustbehafteten Zielfonds-KGs bestand. Der Kläger als Insolvenzverwalter der drei Schiffsgesellschaften beansprucht von der Dachfonds-KG die Wiederauffüllung von deren Hafteinlage zugunsten der Insolvenzgläubiger der Zielfonds-KGs. Da das Vermögen der Dachfonds-KGs dazu nicht ausreicht, nimmt er deren Kommanditisten, unter anderem den Beklagten, auf die Rückgewähr erhaltener Ausschüttungen in Anspruch. Er stützt sich dabei auf das Argument, dass durch die Ausschüttungen, denen keine bilanziellen Gewinne gegenübergestanden haben, die Hafteinlage der Kommanditisten in Höhe der Ausschüttungen zurückgewährt worden sei, sodass die Kommanditisten der Dachfond-KG nunmehr für die Verbindlichkeiten der Dachfond-KG gegenüber den Zielfond-KGs in Höhe des Betrages persönlich hafteten, um den ihre Hafteinlage durch die Ausschüttung vermindert worden sei.

Wegen der Einzelheiten der Liquiditätsunterdeckung bei den Zielfonds-KGs und beim Dachfond-KG wird auf die Darstellung in der Klageschrift, im Schriftsatz vom 25.03.2019 und in der Anlage zum Protokoll vom 24.06.2019 Bezug genommen.

Der Kläger bezeichnet sich selbst in seiner Rolle als Insolvenzverwalter der eingangs genannten Schiffsgesellschaften und in deren Reihenfolge als Kläger zu 1), Kläger zu 2) und Kläger zu 3).

Der Kläger beantragt,

den Beklagten zu verurteilen, an den Kläger zu 1) 2.753,97 € nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszins seit dem 01.04.2018 zu zahlen,

sowie ferner den Beklagten zu verurteilen, an den Kläger zu 2) 2.753,97 € nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszins seit dem 01.04.2018 zu zahlen,

sowie ferner den Beklagten zu verurteilen, an den Kläger zu 3) 2.753,97 € nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszins seit dem 01.04.2018 zu zahlen,

sowie schließlich, an den Kläger als Gesamtgläubiger außergerichtliche Kosten in Höhe von 983,30 € nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszins seit dem 01.10.2018 zu zahlen.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Er könne wegen des langen Zeitablaufs die Höhe etwaiger Ausschüttungen an ihn nicht mehr nachvollziehen und müsse diese daher bestreiten. Er bestreitet auch die Ansprüche der Zielfonds gegen den Dachfonds der Höhe nach und den Anspruch auf vorgerichtliche Anwaltskosten. Ferner erhebt der Beklagte die Einrede der Verjährung.

Wegen aller übrigen Einzelheiten des Parteivorbringens wird auf den Inhalt der gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

Die Klage ist zulässig und begründet.

Die örtliche und sachliche Zuständigkeit der Kammer für Handelssachen des Landgerichts Aurich ergibt sich aus der bindenden Verweisung durch das Landgericht Hamburg.

Die Klage ist auch gem. § 60 ZPO ungeachtet des Umstandes zulässig, dass der Kläger in einer Klage die Ansprüche von drei Kommanditgesellschaften zusammenfasst, die aus der Zugehörigkeit des Beklagten an einer vierten Kommanditgesellschaft resultieren. Das Gericht teilt zwar nicht die Auffassung des Klägers, dass er in Personenmehrheit klagt.

Das Gericht bewertet die Fassung der Klage in Personenmehrheit auf Kläger-Seite allerdings lediglich als eine Frage der Rubrumsgestaltung und nicht der materiellen Berechtigung und prozessualen Zulässigkeit. Es ist evident, dass der Kläger in einer Person Insolvenzverwalter für drei Schiffsgesellschaften ist, für die er gegen den Beklagten aufgrund eines einheitlichen Rechtsgrundes, nämlich dessen Zugehörigkeit zu einer Mitgesellschafterin der drei vom Kläger verwalteten insolventen Gesellschaften, im Klagewege vorgeht. Entsprechend der anerkanntermaßen gebotenen weiten Auslegung von § 60 ZPO ist eine derartige Zusammenfassung von Ansprüchen als zulässig zu bewerten, ohne das der Tatbestand einer prozessual unzulässigen sogenannten „Sammelklage“ erreicht wird.

Die Klage ist auch materiell in der Hauptsache begründet.

Die vom Kläger in gesetzlicher Prozessstandschaft für die von ihm verwalteten Schiffsgesellschaften verfolgten Ansprüche gegen den Beklagten resultieren aus Ansprüchen dieser Schiffsgesellschaften gegen die im vorliegenden Rechtsstreit so bezeichnete „Dachfonds-KG“. Der Kläger legt in schlüssiger Darstellung, die vom Beklagten nicht erheblich bestritten wird, dar, dass die insolventen Schiffsgesellschaften in der Zeit ihrer werbenden Tätigkeit in erheblichem Umfang Mittel an die „Dachfonds-KG“ abgeführt haben, ohne dass diese Zahlungen durch Bilanzgewinne gedeckt gewesen wären. Die vom Kläger verwalteten insolventen Schiffgesellschaften haben deshalb gegen die Dachfonds-KG Erstattungsansprüche gem. § 172 HGB aus dem Gesichtspunkt der Einlagenrückgewähr, damit sie ihrerseits diejenigen Mittel gewinnen, die erforderlich sind, um ihre eigenen Gläubiger befriedigen zu können.

Soweit somit der Kläger Ansprüche gegen die Dachfonds-KG verfolgt, ist er dazu berechtigt, die Ansprüche gegen alle Gesellschafter dieser Kommanditgesellschaft zu verfolgen. Dazu gehört auch der Beklagte.

Als Kommanditist kann sich der Beklagte auf eine Beschränkung seiner Haftung für Gesellschaftsverbindlichkeiten nur insoweit berufen, als er seine Kommanditeinlage geleistet hat und ihm diese nicht zurückgewährt worden ist, §§ 171, 172 Abs. 4 HGB.

Die Höhe der vom Kläger anteilig gegen den Beklagten verfolgten Ansprüche resultiert damit ihrem Ursprung nach aus Ansprüchen der insolventen Schiffsgesellschaften gegen die Dachfonds-KG. Die Anspruchshöhe ist vom Kläger mit der Vorlage einschlägiger Tabellen schlüssig dargelegt worden. Im Hinblick auf die detaillierten Ausführungen des Klägers verschiebt sich die Darlegungs- und Beweislast dafür, dass keine Unterdeckung und damit auch keine Verbindlichkeiten des Dachfonds gegenüber den insolventen Schiffsgesellschaften bestehen würden, auf den Beklagten, der sich auf diese anspruchshindernde Tatsache beruft. Der Beklagte vermag aber selbst nicht darzulegen, dass die vom Kläger dargelegten Unterdeckungen nicht bestehen würden.

Der Beklagte haftet allerdings persönlich insoweit, als ihn seine Kommanditeinlage durch Zahlungen der Dachfonds-KG an ihn vermindert worden ist, denen keine bilanziellen Gewinne gegenüberstanden. Es ist vom Insolvenzverwalter schlüssig dargelegt und vom Beklagten erheblich bestritten, dass zu dem Zeitpunkt, zu dem der Beklagte auch Zahlungen der Dachfonds-KG erhalten hat, die Dachfonds-KG ebenso wie die „Zielfonds“ bezeichneten Schiffsgesellschaften Buchverluste gemacht haben. Ferner sind die Auszahlungen an den Beklagten schlüssig und detailliert dargelegt. Die Berufung des Beklagten darauf, diese heute nicht mehr nachvollziehen zu können, bewertet das Gericht als unzulässiges Bestreiten mit Nichtwissen im Hinblick auf Tatsachen, die Gegenstand eigener Wahrnehmung des Beklagten waren.

Der Anspruch des Klägers auf Verzinsung der Einzelbeträge ergibt sich aus dem Gesichtspunkt des Verzuges gem. § 288 ZPO; ein fristbegründendes vorprozessuales Schreiben ist in der Klagebegründung dargelegt.

Der Anspruch des Klägers ist auch nicht verjährt. Konkrete Verjährungstatbestände sind für das Gericht nicht ersichtlich. Verjährung könnte nur eingetreten sein, wenn es der Kläger versäumt hätte, innerhalb der gesetzlichen Verjährungsfrist von 3 Jahren nach Insolvenzeröffnung die Ansprüche der von ihm verwalteten Gesellschaften über den Gesellschaftern der Dachfonds-KG geltend zu machen. Der Kläger hat innerhalb von weniger als 2 Jahren nach Insolvenzeröffnung Ansprüche gegen den Beklagten anhängig gemacht.

Teilweise begründet ist der Anspruch des Klägers auf Erstattung vorgerichtlicher Rechtsanwaltskosten aus §§ 286 ff. BGB, allerdings nur bis zur Höhe einer einfachen Gebühr, weil das nach Verzug gefertigte Mahnschreiben nur einfacher Natur war, zzgl. Postpauschale und MWSt. Für eine Erhöhungsgebühr nach § 7 RVG, Nr. 1008 VV ist kein Raum, weil es den Kläger als Auftraggeber nur einmal gibt.

Die Nebenentscheidungen folgen aus §§ 92 Abs. 2, 709 ZPO.