Oberverwaltungsgericht Niedersachsen
Beschl. v. 18.01.1989, Az.: 18 OVG L 15/87

Mitbestimmungsrecht des Personalrates bei der Vergabe von Dienstwohnungen

Bibliographie

Gericht
OVG Niedersachsen
Datum
18.01.1989
Aktenzeichen
18 OVG L 15/87
Entscheidungsform
Beschluss
Referenz
WKRS 1989, 16326
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
ECLI:DE:OVGNI:1989:0118.18OVG.L15.87.0A

Verfahrensgang

vorgehend
VG Hannover - 30.04.1987 - AZ: PL VG 20/85

Verfahrensgegenstand

Belegung von Wohnungen als der Mitbestimmung unterliegende Maßnahmen (§ 75 Abs. 1 Nr. 9 Nds. PersVG)

Der 18. Senat - Fachsenat für Personalvertretungssachen des Landes Niedersachsen - des Oberverwaltungsgerichts für die Länder Niedersachsen und Schleswig-Holstein hat
im Termin zur Anhörung am 18. Januar 1989
durch
den Vorsitzenden Richter am Oberverwaltungsgericht Dr. Dembowski,
die Richter am Oberverwaltungsgericht Dr. Hamann und Ladwig sowie
die ehrenamtlichen Richter Heine und Knies
beschlossen:

Tenor:

Der Beschluß des Verwaltungsgerichts Hannover - Fachkammer für Landespersonalvertretungssachen - vom 30. April 1987 wird teilweise geändert.

Es wird festgestellt, daß die Zuweisung von Wohnungen, über die die Medizinische Hochschule Hannover verfügt oder für deren Vergabe ihr ein Vorschlagsrecht zusteht, dem Mitbestimmungsrecht des Antragstellers unterliegt, soweit die Wohnungen Bediensteten der Hochschule zum Bewohnen zugewiesen werden und es sich nicht um Dienst- oder Werkdienstwohnungen handelt.

Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.

Gründe

1

I.

Mit Schreiben vom 6. Juni 1985 berief sich der Antragsteller gegenüber dem Beteiligten auf sein Recht zur Mitbestimmung bei der Belegung von Wohnungen gemäß § 75 Abs. 1 Nr. 9 des Nds. Personalvertretungsgesetzes - NdsPersVG -. Er wies darauf hin, daß er bei der Vergabe von Apartment-Wohnungen in der Medizinischen Hochschule ... auch dann, wenn es sich nicht um Dienst- oder Werkswohnungen gehandelt habe, bisher nicht beteiligt worden sei. Das NdsPersVG sehe für die Zuweisungen von Wohnungen, über welche die Dienststelle verfüge oder für deren Vergabe ihr ein Vorschlagsrecht zustehe, jedoch ein Mitbestimmungsrecht vor. Mit Schreiben vom 30. Juli 1985 teilte die Dienststelle dem Antragsteller mit, daß nach § 75 Abs. 1 Satz 1 NdsPersVG nur ein Mitbestimmungsrecht gegeben sei, soweit eine gesetzliche oder tarifliche Regelung nicht bestehe. Da die Vergabe von Unterkünften jedoch auf arbeitsvertraglicher Grundlage beruhe, sei für ein Mitbestimmungsrecht kein Raum. Darüber hinaus seien im Wohnbereich der Medizinischen Hochschule ... Gäste und Patientenbegleiter für in der Regel kurze Zeit untergebracht. Auch in diesen Fällen sei ein Mitbestimmungsrecht nicht gegeben.

2

Der Antragsteller hat am 30. August 1985 die Fachkammer für Landespersonalvertretungssachen angerufen und vorgetragen: Der Dienststelle stehe eine Vielzahl von Apartments zur Verfügung, die früher als Schwesternwohnungen genutzt und inzwischen umgewidmet worden seien. Es handele sich nicht mehr um Dienstwohnungen. Nach welchen Kriterien der Beteiligte Dritten Nutzungsmöglichkeiten einräume, sei nicht bekannt. Nach Kenntnis des Antragstellers finde eine Vermietung der Apartments hauptsächlich an Pflegepersonal statt. Die Anmietung sei freiwillig und geschehe auf Antrag. Zielsetzung sei dabei, Wohnungssuchendem Personal zu helfen. Selbst wenn die Vergabe der Apartments auf arbeitsvertraglicher Regelung beruhe, unterliege sie jedoch der personalvertretungsrechtlichen Mitbestimmung.

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Der Antragsteller hat beantragt

festzustellen, daß die Belegung von Apartments durch die Dienststelle, soweit sie nicht für dienstliche Zwecke oder Patientenbegleiter genutzt werden, dem Mitbestimmungsrecht des Antragstellers unterliege.

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Der Beteiligte hat beantragt,

den Antrag abzulehnen,

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und geltend gemacht: Aus § 75 Abs. 1 Nr. 9 NdsPersVG sei ersichtlich, daß der Personalrat nur in den Fällen mitbestimmen solle, in denen Mitarbeitern Wohnraum zugewiesen werde, welchen die Dienststelle mittelbar bzw. unmittelbar zu vergeben habe. Sinn dieser Vorschrift sei es, dem Personalrat die Prüfung zu ermöglichen, ob die Dienststelle bei der Vergabe von Wohnraum soziale Gesichtspunkte ausreichend berücksichtige. Deshalb seien Dienst- und Werkdienstwohnungen, die ausschließlich aufgrund einer dienstlichen Stellung vergeben würden, ausdrücklich ausgenommen. Die Frage, ob die Dienststelle vorhandene Gebäude als Wohnraum vergebe oder anderweitig nutze, unterliege jedoch nicht der Mitbestimmung.

6

Das Verwaltungsgericht - Fachkammer für Personalvertretungssachen - hat durch Beschluß vom 30. April 1987 ein Mitbestimmungsrecht des Antragstellers bei der Vergabe von Apartments an Pflegepersonal bejaht; im übrigen hat es den Antrag abgelehnt. Zur Begründung hat es ausgeführt: Der Antrag beziehe sich nur auf Räume für die Unterbringung von Gästen und Wohnungen, die Angehörigen des Pflegedienstes im Rahmen von Nutzungsverträgen zur Verfügung gestellt würden. Er sei nur hinsichtlich der den Anhörigen des Pflegedienstes im Rahmen von Nutzungsverträgen zur Verfügung gestellten Apartments begründet. Das ergebe sich aus § 75 Abs. 1 Satz 1 Nr. 9 NdsPersVG, wonach der Personalrat, soweit eine gesetzliche oder tarifliche Regelung nicht bestehe, bei der Zuweisung von Wohnungen, über die die Dienststelle verfüge oder für deren Vergabe der Dienststelle ein Vorschlagsrecht zustehe, mit Ausnahme von Dienst- und Werkdienstwohnungen mitbestimme. Der Begriff der "Zuweisung" mache deutlich, daß es sich bei dem Wohnraum um Wohnungen handeln müsse, die mit Rücksicht auf ein bestehendes Dienstverhältnis vermietet würden. Soweit die Medizinische Hochschule ... Apartments an Gäste der Hochschule aus Anlaß von Kongressen oder ähnlichen Veranstaltungen vergebe, sei eine solche Sachlage zweifelsfrei nicht gegeben. Der Feststellungsantrag müsse daher Insoweit abgelehnt werden. Im übrigen sei das Mitbestimmungsrecht des Antragstellers aber nicht dadurch ausgeschlossen, daß Apartments aufgrund von arbeitsvertraglichen Vereinbarungen an Pflegepersonal vergeben würden.

7

Gerade in den Fällen, in denen die Vergabe von Unterkünften auf arbeitsvertraglicher Grundlage beruhe und es sich nicht um die nach § 75 Abs. 1 Satz 1 Nr. 9 NdsPersVG ausgeschlossenen Dienst- und Werkdienstwohnungen handele, liege die in dieser Vorschrift vorausgesetzte Zuweisung von Wohnraum aus Anlaß des Arbeitsverhältnisses vor. Denn der Vergabe gehe eine Ermessensentscheidung der Dienststelle voraus, die zunächst denjenigen Bewerber auswählen müsse, an den das Apartment auf arbeitsvertraglicher Grundlage vergeben werden solle. Gerade diese Auswahlentscheidung sei Gegenstand der Mitbestimmung.

8

Gegen diesen ihm am 11. Juni 1987 zugestellten Beschluß hat der Antragsteller am 9. Juli 1987 Beschwerde eingelegt, die er am 6. August 1987 begründet hat. Zur Begründung macht er geltend: Das Verwaltungsgericht habe das Mitbestimmungsrecht zu Unrecht auf das Pflegepersonal beschränkt. Bei dem Beteiligten seien nicht lediglich Pflegekräfte tätig, sondern auch medizinisch-technische Kräfte, Ärzte, Arbeiter und Angestellte im Bereich der technischen Verwaltung. Auch auf die Vergabe von Apartments an diesen Personenkreis beziehe sich das Mitbestimmungsrecht.

9

Der Antragsteller beantragt,

unter teilweiser Änderung des Beschlusses festzustellen, daß die Zuweisung von Wohnungen und Apartments, über die die Medizinische Hochschule verfügt oder über deren Vergabe ihr ein Vorschlagsrecht zusteht, dem Mitbestimmungsrecht des Antragstellers unterliegt, soweit diese Wohnungen bzw. Apartments Bediensteten der Hochschule zum Bewohnen zugewiesen werden und es sich nicht um Dienst- oder Werkdienstwohnungen handelt.

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Der Beteiligte beantragt,

die Beschwerde zurückzuweisen,

11

und macht geltend: Die im Streit befindlichen Apartments sollten ausschließlich dem Pflegepersonal zur Verfügung stehen. Dort bestehe ein erhöhter Wohnbedarf, gelegentlich auch ein Akut-Wohnbedarf. Dies folge aus den kurzfristigen Beschäftigungszeiten - Insbesondere bei Ärzten - und Diensten zu ungünstigen Zeiten.

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Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Gerichtsakten mit den Schriftsätzen der Beteiligten Bezug genommen.

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II.

Die zulässige Beschwerde hat Erfolg.

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Das ergibt sich unmittelbar aus dem Gesetz. Nach § 75 Abs. 1 Nr. 9 NdsPersVG bestimmt der Personalrat, soweit eine gesetzliche oder tarifliche Regelung nicht besteht, bei der Zuweisung von Wohnungen mit, über die die Dienststelle verfügt oder für deren Vergabe der Dienststelle ein Vorschlagsrecht zusteht, mit Ausnahme von Dienst- und Werkdienstwohnungen. Eine gesetzliche oder tarifliche Regelung gibt es in Ansehung der hier in Rede stehenden Wohnungen und Apartments nicht. Damit besteht das vom Antragsteller in Anspruch genommene Mitbestimmungsrecht. Dieses Recht beschränkt sich entgegen der Ansicht des Beteiligten nicht nur auf die Zuweisung von Wohnungen an Angehörige des Pflegepersonals, sondern gilt für alle Bediensteten des Beteiligten. Denn § 75 Abs. 1 Nr. 9 NdsPersVG macht Insoweit keine Ausnahmen für bestimmte Arten von Bediensteten. Er nimmt lediglich die Vergabe von Dienst- und Werkdienstwohnungen von der Mitbestimmung aus, nicht jedoch bestimmte Gruppen von Beschäftigten. Das Mitbestimmungsrecht des Antragstellers ist damit in jedem Fall gegeben, wenn eine Wohnung oder ein Apartment einem Beschäftigten des Beteiligten zum Bewohnen zugewiesen wird und es sich dabei nicht um eine Dienst- oder Werkdienstwohnung handelt.

15

Der angefochtene Beschluß war danach teilweise zu ändern.

16

Die Rechtsbeschwerde war nicht zuzulassen, weil die gesetzlichen Voraussetzungen dafür nicht gegeben sind.

Dr. Dembowski,
Dr. Hamann,
Ladwig,
Heine,
Knies