Oberverwaltungsgericht Niedersachsen
Beschl. v. 18.01.1989, Az.: 18 OVG L 24/87
Antrag auf Feststellung der Verletzung des Mitbestimmungsrechts bei der vertraglichen Verlängerung der wöchentlichen Arbeitszeit eines Arbeiters; Umwandlung eines Teilzeitarbeitsverhältnisses in ein Vollzeitarbeitsverhältnis durch Verlängerung der Wochenarbeitszeit von 29 auf 40 Wochenstunden; Gleichstellung einer Verkürzung oder Verlängerung der Wochenarbeitszeit mit einer "Einstellung" i.m Sinne von § 78 Abs. 2 Nr. 1 Niedersächsisches Personalvertretungsgesetz (NPersVG); Mitbestimmungspflichtigkeit der Umwandlung eines Teilzeitarbeitsverhältnisses in ein Vollzeitarbeitsverhältnis
Bibliographie
- Gericht
- OVG Niedersachsen
- Datum
- 18.01.1989
- Aktenzeichen
- 18 OVG L 24/87
- Entscheidungsform
- Beschluss
- Referenz
- WKRS 1989, 16329
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- ECLI:DE:OVGNI:1989:0118.18OVG.L24.87.0A
Verfahrensgang
- vorgehend
- VG Oldenburg - 22.09.1987 - AZ: PL 18/87
Rechtsgrundlage
Verfahrensgegenstand
Mitbestimmung
Der 18. Senat - Fachsenat für Personalvertretungssachen des Landes Niedersachsen - des Oberverwaltungsgerichts für die Länder Niedersachsen und Schleswig-Holstein hat
am 18. Januar 1989
durch
den Vorsitzenden Richter am Oberverwaltungsgericht Dr. Dembowski,
die Richter am Oberverwaltungsgericht Dr. Hamann und Ladwig sowie
die ehrenamtlichen Richter Heine und Knies
ohne mündliche Anhörung
beschlossen:
Tenor:
Die Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluß des Verwaltungsgerichts Oldenburg - Fachkammer für Landespersonalvertretungssachen - vom 22. September 1987 wird zurückgewiesen.
Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.
Gründe
I.
Der Antragsteller erstrebt die Feststellung, daß sein Mitbestimmungsrecht bei der vertraglichen Verlängerung der wöchentlichen Arbeitszeit eines Arbeiters verletzt worden ist.
Der Arbeiter K. war als Aufseher beim Landesmuseum ... mit wöchentlich 29 Stunden beschäftigt. Mit Schreiben vom 7. Juli 1987 teilte der Beteiligte dem Antragsteller mit, daß er beabsichtige, die wöchentliche Arbeitszeit auf 40 Stunden zu verlängern. Der Antragsteller widersprach dem und teilte mit, daß er die Maßnahme für mitbestimmungspflichtig halte. Der Beteiligte änderte den Arbeitsvertrag mit dem Arbeiter ... jedoch dahin, daß dessen durchschnittliche regelmäßige Arbeitszeit 40 Wochenstunden betrug.
Der Antragsteller hat das personalvertretungsrechtliche Beschlußverfahren eingeleitet und beantragt,
festzustellen, daß die Umwandlung des Teilzeitarbeitsverhältnisses des Lohnempfängers ... in ein Vollzeitarbeitsverhältnis durch Verlängerung der Wochenarbeitszeit von 29 auf 40 Wochenstunden eine mitbestimmungspflichtige Maßnahme sei.
Der Beteiligte hat beantragt,
den Antrag abzulehnen.
Das Verwaltungsgericht hat den Antrag mit Beschluß vom 22. September 1987 abgelehnt und ausgeführt: Die Verlängerung der wöchentlichen Arbeitszeit des Arbeiters ... von 29 auf 40 Stunden sei nicht mitbestimmungspflichtig. Nach § 78 Abs. 2 Nr. 1 des Nds. Personalvertretungsgesetzes - NPersVG - bestimme der Personalrat bei der Einstellung und Eingruppierung der Angestellten und Arbeiter mit. Unter Einstellung sei die Eingliederung eines neuen Bediensteten in die Dienststelle zu verstehen. Die Mitbestimmung beziehe sich dabei allein auf die zur Einstellung vorgesehene Person, die von ihr auszuübende Tätigkeit und, wenn es sich um Arbeiter oder Angestellte handele, auf die mit der Übertragung der Tätigkeit verbundene tarifliche Bewertung. Die Mitbestimmung beziehe sich dagegen nicht auf einzelvertragliche Regelungen; die inhaltliche Ausgestaltung des Arbeitsvertrages mit Ausnahme der Festlegung der zu übertragenden Tätigkeit sei der Mitbestimmung entzogen. Damit falle die Verlängerung der wöchentlichen Arbeitszeit als inhaltliche Änderung des Arbeitsvertrages nicht unter die Mitbestimmung. Das ergebe sich auch aus der Entstehungsgeschichte des NPersVG.
Gegen den ihm am 30. September 1987 zugestellten Beschluß richtet sich die am 16. Oktober 1987 eingelegte und begründete Beschwerde des Antragstellers, mit der er sein erstinstanzliches Vorbringen vertieft und insbesondere geltend macht: Es könne dahinstehen, ob die Erhöhung der wöchentlichen Arbeitszeit um einige Stunden als inhaltliche Ausgestaltung des Arbeitsvertrages der Mitbestimmung entzogen sei. Unabhängig davon sei sein Mitbestimmungsrecht jedenfalls dann gegeben, wenn wie hier ein Teilzeitarbeitsverhältnis in ein solches mit voller Arbeitszeit umgewandelt werde.
Der Antragsteller beantragt,
den angefochtenen Beschluß zu ändern und nach dem in erster Instanz gestellten Antrag zu erkennen.
Der Beteiligte beantragt,
die Beschwerde zurückzuweisen.
Er verteidigt den angefochtenen Beschluß.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der Gerichtsakten mit den Schriftsätzen der Beteiligten und den von ihnen vorgelegten Unterlagen Bezug genommen.
II.
Die zulässige Beschwerde, über die mit Zustimmung des Beteiligten gemäß § 85 Abs. 2 NPersVG i.V.m. §§ 90 Abs. 2, 83 Abs. 4 Satz 3 ArbGG ohne mündliche Anhörung entschieden werden konnte, ist nicht begründet. Das Verwaltungsgericht hat den Antrag zu Recht abgelehnt.
Die Änderung des Arbeitsvertrages, mit der die wöchentliche Arbeitszeit des Arbeiters K. von 29 Stunden auf 40 Stunden heraufgesetzt wurde, unterlag nicht der Mitbestimmung des Antragstellers; sie war insbesondere keine Einstellung im Sinne von § 78 Abs. 2 Nr. 1 NPersVG.
Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (BVerwGE 68, 30), der der Senat folgt, ist die mitbestimmungspflichtige "Einstellung" die Eingliederung eines neuen Beschäftigten in die Dienststelle, die regelmäßig mit der Begründung eines Arbeitsverhältnisses verbunden ist. Dabei bezieht sich die Mitbestimmung allein auf die Eingliederung, d.h. auf die zur Einstellung vorgesehene Person, die von ihr auszuübende Tätigkeit und, soweit es sich um Arbeiter oder Angestellte handelt, auf die mit der Übertragung der Tätigkeit verbundene tarifliche Bewertung, die Eingruppierung. Nur das sind die Modalitäten der Einstellung, auf die der Personalrat kraft seines kollektiven Schutzauftrages einwirken kann. Dagegen ist das mit der Einstellung in aller Regel zu begründende Beschäftigungsverhältnis nicht Gegenstand der Mitbestimmung, und zwar weder hinsichtlich der Art noch in bezug auf seinen Inhalt. Insbesondere der Arbeitsvertrag unterliegt allein der Vereinbarung der Vertragsparteien, auf die der Personalrat nicht durch Mitbestimmung einwirken kann.
Nach diesen Grundsätzen, die auch für die Auslegung des Begriffs der Einstellung nach dem NPersVG gelten, hat der Senat bereits entschieden, daß die vereinbarte Erhöhung oder Verringerung des zeitlichen Umfangs einer Teilzeitbeschäftigung als inhaltliche Änderung des Arbeitsvertrages der Mitbestimmung entzogen ist (Beschluß vom 29.02.1984 - 18 OVG L 16/83 (Nds.) -). Er hat ferner entschieden, daß aus den gleichen Gründen auch die vereinbarte Umwandlung einer Vollzeitbeschäftigung in eine Teilzeitbeschäftigung nicht der Mitbestimmung unterliegt (Beschluß vom 20.03.1985 - 18 OVG L 6/84 (Nds.). -). Dazu ist im Beschluß vom 29. Februar 1984 ausgeführt:
Sie - die Verlängerung oder Verkürzung der Wochenarbeitszeit - kann einer "Einstellung" i.S. des § 78 Abs. 2 Nr. 1 NPersVG nicht gleichgestellt werden. Insbesondere läßt sich eine solche Gleichstellung nicht daraus herleiten, daß gemäß § 78 Abs. 2 Nr. 2 NPersVG die Verlängerung eines befristeten Arbeitsvertrages der Mitbestimmung unterworfen ist und ihr - als einer "Einstellung" gleichwertig - auch nach den Personalvertretungsgesetzen unterliegt, die das nicht ausdrücklich vorsehen (BVerwGE 57, 280; ebenso Lorenzen/Eckstein/Cecior, BPersVG, § 75 RdNr. 18 m.w.N.; Dietz/Richardi, BPersVG, 2. Aufl., § 79 RdNr. 11; Grabendorff/Windscheid/Ilbertz, BPersVG, 5. Aufl., § 75 RdNr. 5). Denn der einen späteren Beendigungszeitpunkt festsetzende Verlängerungsvertrag wird deshalb als mitbestimmungspflichtig gewertet, weil der Personalrat den ursprünglichen Vertrag nur für die zunächst vorgesehene Zeit geprüft und gebilligt und dabei möglicherweise Bedenken hinsichtlich der Person und der ihr zu übertragenden Tätigkeit im Hinblick auf die begrenzte Dauer der Beschäftigung zurückgestellt hat. Die gleichen Erwägungen gelten für die Umwandlung eines befristeten Arbeitsverhältnisses in ein solches auf unbestimmte Zeit; diese Umgestaltung ist deshalb nach der Interessenlage personalvertretungsrechtlich ebenfalls wie eine "Einstellung" zu behandeln (Dietz/Richardi, a.a.O., § 75 RdNr. 11; Grabendorff/Winscheid/Ilbertz, a.a.O., § 75 RdNr. 5; Lorenzen/Eckstein/Cecior, a.a.O.§ 79 RdNr. 18; Thiele PersV 1981, 265 f.). In beiden Fällen wird das bestehende Arbeitsverhältnis als Ganzes erfaßt und durch ein anderes ersetzt; die Mitbestimmungspflicht findet ihre Grundlage darin, daß der Personalrat bei der ersten Eingliederung in die Dienststelle von einem im Hinblick auf die Interessen der Beschäftigten wesentlichen anderen Sachverhalt, nämlich dem fristgemäßen Ausscheiden des neuen Mitarbeiters ausgegangen war. Deshalb war für den 1. und 2. Zusatzvertrag zum Arbeitsvertrag von Frau ... auch die Zustimmung des Antragstellers erforderlich, die er erteilt hat.
Anders liegt es indessen bei dem 3. und 4. Zusatzvertrag, mit denen die wöchentliche Arbeitszeit befristet von 10 auf 30 bzw. unbefristet auf 20 Stunden erhöht wurde. Hier wird das bestehende Arbeitsverhältnis nicht durch ein anderes ersetzt. Es handelt sich vielmehr um eine bloße Vertragsänderung, die das Arbeitsverhältnis und die Eingliederung in die Dienststelle nur hinsichtlich, ihrer Intensität berührt.
Entsprechendes muß auch für eine Verlängerung der wöchentlichen Arbeitszeit einer Teilzeitkraft auf eine Vollzeitbeschäftigung gelten. Es ist kein Grund erkennbar, der es rechtfertigen könnte, die personalvertretungsrechtliche Mitbestimmung in solchen Fällen davon abhängig zu machen, ob die wöchentliche Arbeitszeit auf die volle Stundenzahl oder nur eine - möglicherweise ganz geringfügig - darunter liegende Stundenzahl verlängert wird. In beiden Fällen liegt keine neue Einstellung vor.
Ohne Erfolg beruft sich der Antragsteller demgegenüber auf den Beschluß des OVG Hamburg vom 5. April 1982 (PersV 1984, 246), in dem dieses die Umwandlung eines Teilzeitarbeitsverhältnisses in ein Ganzzeitarbeitsverhältnis für mitbestimmungspflichtig erklärt hat. Diese Entscheidung ist unter Hinweis auf den Beschluß des Bundesverwaltungsgerichts vom 13. Februar 1979 (BVerwGE 57, 280) damit begründet worden, daß der Begriff der Einstellung "allgemein auf die Modalitäten der Einstellung erstreckt werden" müsse. Diese Auffassung hat das Bundesverwaltungsgericht jedoch später in einem stark einschränkenden Sinne erläutert (BVerwGE 68, 30). Die Länge der wöchentlichen Arbeitszeit, einschließlich der Frage, ob es sich um ein Teil- oder Vollarbeitszeitverhältnis handelt, gehört danach nicht zu den der Mitbestimmung unterliegenden Bestandteilen einer Einstellung (ebenso OVG Berlin, Beschluß vom 13.10.1983 - OVG PV Bln 3.83 -).
Die Beschwerde war danach zurückzuweisen.
Die Rechtsbeschwerde war nicht zuzulassen, weil die gesetzlichen Voraussetzungen dafür nicht gegeben sind.
Dr. Hamann,
Ladwig,
Heine,
Knies