Oberverwaltungsgericht Niedersachsen
Beschl. v. 22.01.2019, Az.: 2 LB 811/18

Fernbleiben vom Dienst; Lehrer; politische Verfolgung; regimefeindliche Gesinnung; regimekritisch; Staatsbediensteter; Syrien

Bibliographie

Gericht
OVG Niedersachsen
Datum
22.01.2019
Aktenzeichen
2 LB 811/18
Entscheidungsform
Beschluss
Referenz
WKRS 2019, 70132
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
[keine Angabe]

Verfahrensgang

vorgehend
VG - 09.06.2017 - AZ: 2 A 3364/17

Amtlicher Leitsatz

Leitsatz

Syrischen Staatsbediensteten, die im syrischen Verwaltungsapparat keine deutlich herausgehobene Position innegehabt haben und die aufgrund ihrer unerlaubten Ausreise aus Syrien dem Dienst ferngeblieben sind, droht nicht generell aufgrund dieses Umstandes eine flüchtlingsrechtlich relevante Verfolgung (im Anschluss an OVG Rheinland-Pfalz, Urt. v. 20.9.2018 - 1 A 10215/17.OVG - und OVG Saarland, Urt. v. 14.11.2018 - 1 A 609/17 -, juris; hier für Lehrer verneint).

Tenor:

Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Verwaltungsgerichts Oldenburg - 2. Kammer (Einzelrichter) - vom 9. Juni 2017 geändert.

Die Klage wird abgewiesen.

Die Kläger tragen die außergerichtlichen Kosten des gesamten Verfahrens. Gerichtskosten werden nicht erhoben.

Der Beschluss ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Die Vollstreckungsschuldner können die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des auf Grund des Beschlusses vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Vollstreckungsgläubigerin zuvor Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Gründe

I.

Die Kläger, zwei 1962 bzw. 1974 geborene syrische Staatsangehörige kurdischer Volks- und islamischer Religionszugehörigkeit aus Daraia bzw. zuletzt Qamishli, die über subsidiären Schutz verfügen, begehren im Wege der Aufstockungsklage die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft.

Bei ihrer Anhörung vor dem Bundesamt gaben sie im Wesentlichen an, sie seien vor dem Krieg und der Diskriminierung aufgrund ihrer Herkunft aus dem Oppositionsgebiet Daraia geflohen. Die Lage in Syrien sei unerträglich. Er, der Kläger zu 1), habe als Lehrer gearbeitet. Seine Beurlaubung sei inzwischen abgelaufen. Deshalb drohe ihm bei einer Rückkehr nach Syrien Gefängnis.

Die Beklagte erkannte den Klägern mit Bescheid vom 10. August 2016 subsidiären Schutz zu, lehnte jedoch die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft ab.

Mit ihrer dagegen gerichteten Klage haben die Kläger ergänzend vorgetragen, ihnen drohe bei einer Rückkehr aufgrund der illegalen Ausreise, des Aufenthaltes im westlichen Ausland sowie der Asylantragstellung politische Verfolgung.

Die Kläger haben beantragt,

die Beklagte zu verpflichten, den Klägern die Flüchtlingseigenschaft zuzuerkennen und den Bescheid der Beklagten vom 10. August 2016 aufzuheben, soweit er dem entgegensteht.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Mit dem angefochtenen Urteil hat das Verwaltungsgericht die Beklagte verpflichtet, den Klägern die Flüchtlingseigenschaft nach § 3 AsylG zuzuerkennen und den Bescheid der Beklagten aufgehoben, soweit er dieser Verpflichtung entgegensteht. Zur Begründung hat das Gericht zusammenfassend ausgeführt: Nach Auswertung der vorliegenden Erkenntnismittel sei davon auszugehen, dass bei einer Rückkehr nach Syrien mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit politische Verfolgung drohe. Die Kläger seien illegal ausgereist, hätten sich länger im westlichen Ausland aufgehalten und einen Asylantrag gestellt. Diese Risikomerkmale machten es beachtlich wahrscheinlich, dass ihnen der syrische Staat eine oppositionelle Gesinnung unterstellen und sie deshalb bei der Rückkehr verhaften und misshandeln werde. Eine innerstaatliche Fluchtalternative bestehe nicht.

Gegen dieses Urteil richtet sich die vom Senat zugelassene Berufung der Beklagten. Diese greift die Auffassung des Verwaltungsgerichts an, gegenwärtig habe bei Rückkehr mit Verfolgung zu rechnen, wer Syrien illegal verlassen, einen Asylantrag gestellt und sich im westlichen Ausland aufgehalten habe.

Die Beklagte beantragt,

das erstinstanzliche Urteil zu ändern und die Klage abzuweisen.

Die Kläger treten der Berufung entgegen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Vorbringens der Beteiligten und des Sachverhalts wird auf die Gerichtsakte und die Beiakten verwiesen. Die von dem Senat zugrunde gelegten Erkenntnismittel ergeben sich aus den den Klägern übersandten Listen.

II.

Der Senat trifft diese Entscheidung nach Anhörung der Beteiligten durch Beschluss (§ 130a Satz 1 VwGO), weil er die Berufung einstimmig für begründet und eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich hält (zur Zulässigkeit einer Entscheidung nach § 130a VwGO vgl. Senatsbeschl. v. 5.9.2017 - 2 LB 186/17 -, juris Rn. 18 ff.).

Die zulässige Berufung ist begründet. Die Klage ist unbegründet und daher abzuweisen. Die Kläger haben keinen Anspruch auf Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft gemäß § 3 Abs. 1 AsylG.

1. Nach § 3 Abs. 1 AsylG ist ein Ausländer Flüchtling im Sinne der Genfer Flüchtlingskonvention, wenn er sich aus begründeter Furcht vor Verfolgung wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, politischen Überzeugung oder Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe (Verfolgungsgründe) außerhalb des Landes (Herkunftsland) befindet, dessen Staatsangehörigkeit er besitzt und dessen Schutz er nicht in Anspruch nehmen kann oder wegen dieser Furcht nicht in Anspruch nehmen will oder in dem er als Staatenloser seinen vorherigen gewöhnlichen Aufenthalt hatte und in das er nicht zurückkehren kann oder wegen dieser Furcht nicht zurückkehren will.

Gemäß § 3a Abs. 1 Nr. 1 und 2 AsylG gelten Handlungen als Verfolgung im Sinne des § 3 Abs. 1 AsylG, die auf Grund ihrer Art oder Wiederholung so gravierend sind, dass sie eine schwerwiegende Verletzung der grundlegenden Menschenrechte darstellen (Nr. 1), oder die in einer Kumulierung unterschiedlicher Maßnahmen bestehen, die so gravierend ist, dass eine Person davon in ähnlicher wie der in Nr. 1 beschriebenen Weise betroffen ist (Nr. 2). In § 3a Abs. 2 AsylG werden einzelne Beispiele für Verfolgungshandlungen genannt. Gemäß § 3c AsylG sind Akteure, von denen Verfolgung ausgehen kann, u. a. der Staat oder Organisationen, die den Staat oder einen wesentlichen Teil des Staatsgebiets beherrschen.

Zwischen den in § 3 Abs. 1 AsylG genannten und in § 3b Abs. 1 AsylG jeweils näher erläuterten Verfolgungsgründen sowie den in § 3a Abs. 1 und 2 AsylG beschriebenen Verfolgungshandlungen muss eine Verknüpfung bestehen (§ 3a Abs. 3 AsylG). Dabei ist unerheblich, ob der Ausländer tatsächlich z.B. die religiösen oder politischen Merkmale aufweist, die zur Verfolgung führen, sofern ihm diese Merkmale von seinem Verfolger nur zugeschrieben werden (§ 3b Abs. 2 AsylG). Für den Bereich des Asylrechts hat das Bundesverfassungsgericht diese Verknüpfung von Verfolgungshandlung und Verfolgungsgrund dahingehend konkretisiert, dass es für eine politische Verfolgung ausreiche, wenn der Ausländer der Gegenseite oder dem persönlichen Umfeld einer anderen Person zugerechnet wird, die ihrerseits Objekt politischer Verfolgung ist. Unerheblich ist dabei, ob der Betreffende aufgrund der ihm zugeschriebenen Meinung, Grundhaltung oder Überzeugung (überhaupt) tätig geworden ist (BVerfG, Beschl. v. 22.11.1996 - 2 BvR 1753/96 -, juris Rn. 5; Senatsurt. v. 27.6.2017 - 2 LB 91/17 -, juris Rn. 31). Die Maßnahme muss darauf gerichtet sein, den von ihr Betroffenen gerade in Anknüpfung an einen oder mehrere Verfolgungsgründe zu treffen. Ob eine in dieser Weise spezifische Zielrichtung vorliegt, die Verfolgung mithin “wegen“ eines Verfolgungsgrundes im Sinne des § 3b AsylG erfolgt, ist anhand des inhaltlichen Charakters nach der erkennbaren Gerichtetheit der Maßnahme zu beurteilen, nicht hingegen nach den subjektiven Gründen oder Motiven, die den Verfolgenden dabei leiten. Diese Zielgerichtetheit muss nicht nur hinsichtlich der durch die Verfolgungshandlung bewirkten Rechtsgutverletzung, sondern auch in Bezug auf die Verfolgungsgründe im Sinne des § 3b AsylG, an die die Handlung anknüpft, anzunehmen sein (vgl. BVerwG, Urt. v. 19.1.2009 - 10 C 52.07 -, juris Rn. 22; Urt. v. 21.4.2009 - 10 C 11.08 -, juris Rn. 13). Für die Verknüpfung reicht ein Zusammenhang im Sinne einer Mitverursachung aus. Gerade mit Blick auf komplexe und multikausale Sachverhalte ist nicht zu verlangen, dass ein bestimmter Verfolgungsgrund die zentrale Motivation oder die alleinige Ursache einer Verfolgungsmaßnahme ist. Indes genügt eine lediglich entfernte, hypothetische Verknüpfung mit einem Verfolgungsgrund den Anforderungen des § 3a Abs. 3 AsylG nicht (vgl. BVerwG, Urt. v. 19.4.2018 - 1 C 29.17 -, juris Rn. 13).

Die Furcht vor Verfolgung ist im Sinne des § 3 Abs. 1 AsylG begründet, wenn dem Ausländer die vorgenannten Gefahren aufgrund der in seinem Herkunftsland gegebenen Umstände in Anbetracht seiner individuellen Lage tatsächlich, das heißt mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit („real risk“) drohen (stRspr, vgl. BVerwG, Urt. v. 20.2.2013 - 10 C 23.12 -, juris Rn. 19, 32; Beschl. v. 15.8.2017 - 1 B 120.17 -, juris Rn. 8). Der Wahrscheinlichkeitsmaßstab bedingt, dass bei einer zusammenfassenden Würdigung des zur Prüfung gestellten Lebenssachverhalts die für eine Verfolgung sprechenden Umstände ein größeres Gewicht besitzen und deshalb gegenüber den dagegensprechenden Tatsachen überwiegen. Diese Würdigung ist auf der Grundlage einer „qualifizierenden“ Betrachtungsweise im Sinne einer Gewichtung und Abwägung aller festgestellten Umstände und ihrer Bedeutung vorzunehmen. Hierbei sind gemäß Art. 4 Abs. 3 RL 2011/95/EU neben sämtlichen mit dem Herkunftsland verbundenen relevanten Tatsachen unter anderem das maßgebliche Vorbringen des Antragstellers und dessen individuelle Lage zu berücksichtigen. Entscheidend ist, ob in Anbetracht dieser Umstände bei einem vernünftig denkenden, besonnenen Menschen in der Lage des Betroffenen Furcht vor Verfolgung hervorgerufen werden kann (BVerwG, Urt. v. 20.2.2013 - 10 C 23.12 -, juris Rn. 32 m.w.N.). Damit kommt dem qualitativen Kriterium der Zumutbarkeit maßgebliche Bedeutung zu. Das entspricht dem Begriffsverständnis des Europäischen Gerichtshofs zur Auslegung von Art. 1 lit. A Nr. 2 GFK und Art. 2 lit. d der Richtlinie 2011/95/EU (vgl. Senatsbeschl. v. 17.8.2018 - 2 LA 1584/17 -, juris Rn. 12 ff.).

Eine Verfolgung ist danach beachtlich wahrscheinlich, wenn einem besonnenen und vernünftig denkenden Menschen in der Lage des Ausländers nach Abwägung aller bekannten Umstände eine Rückkehr in den Heimatstaat als unzumutbar erscheint. Dies kann auch dann der Fall sein, wenn nur ein mathematischer Wahrscheinlichkeitsgrad von weniger als 50 % für eine politische Verfolgung gegeben ist. In einem solchen Fall reicht zwar die bloße theoretische Möglichkeit einer Verfolgung nicht aus. Ein vernünftig denkender Mensch wird sie außer Betracht lassen. Ergeben jedoch die Gesamtumstände des Falles die „reale Möglichkeit“ (real risk) einer Verfolgung, wird auch ein verständiger Mensch das Risiko einer Rückkehr in den Heimatstaat nicht auf sich nehmen. Ein verständiger Betrachter wird bei der Abwägung aller Umstände daneben auch die besondere Schwere des befürchteten Eingriffs in einem gewissen Umfang in seine Betrachtung einbeziehen. Wenn nämlich bei quantitativer Betrachtungsweise nur eine geringe mathematische Wahrscheinlichkeit für eine Verfolgung besteht, macht es auch aus der Sicht eines besonnen und vernünftig denkenden Menschen bei der Überlegung, ob er in seinen Heimatstaat zurückkehren kann, einen erheblichen Unterschied, ob er z.B. lediglich eine Gefängnisstrafe von einem Monat oder aber die Todesstrafe riskiert (vgl. BVerwG, Beschl. v. 7.2.2008 - 10 C 33.07 -, juris Rn. 37).

Beim Flüchtlingsschutz gilt für die Verfolgungsprognose ein einheitlicher Wahrscheinlichkeitsmaßstab. Das gilt unabhängig von der Frage, ob der Ausländer vorverfolgt ausgereist ist oder nicht. Die Privilegierung des Vorverfolgten erfolgt durch die Beweiserleichterung des Art. 4 Abs. 4 der RL 2011/95/EU, nicht (mehr) durch einen herabgestuften Wahrscheinlichkeitsmaßstab. Nach dieser Vorschrift besteht eine tatsächliche Vermutung, dass sich eine frühere Verfolgung bei einer Rückkehr in das Herkunftsland wiederholen wird. Diese Vermutung kann aber widerlegt werden. Hierfür ist erforderlich, dass stichhaltige Gründe die Wiederholungsträchtigkeit solcher Verfolgung entkräften (vgl. BVerwG, Urt. v. 1.6.2011 - 10 C 25.10 -, juris Rn. 21 f.; Senatsurt. v. 27.6.2017 - 2 LB 91/17 -, juris Rn. 34).

Bei der gebotenen Prognose, ob die Furcht des Ausländers vor Verfolgung im Rechtssinne begründet ist, ihm also mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit droht, ist es Aufgabe des Gerichts, die Prognosetatsachen zu ermitteln, diese im Rahmen einer Gesamtschau zu bewerten und sich auf dieser Grundlage gemäß § 108 Abs. 1 Satz 1 VwGO eine Überzeugung zu bilden.

Diese Überzeugungsbildung ist aufgrund der Tatsache, dass unabhängige und gesicherte Informationen vielfach fehlen und die verschiedenen Akteure, auf deren Informationen die Gerichte angewiesen sind, sehr unterschiedliche Interessen verfolgen, gerade in Bezug auf Syrien erheblich erschwert (vgl. Senatsurt. v. 27.6.2017 - 2 LB 91/17 -, juris Rn. 37 ff.; VGH BW, Urt. v. 2.5.2017 - A 11 S 562/17 -, juris Rn. 33 ff.). Deshalb bedarf es in besonderem Maße einer umfassenden Auswertung aller Erkenntnisquellen auch zur allgemeinen Lage in Syrien. Besonderes Gewicht ist den Berichten des Hohen Kommissars der Vereinten Nationen für Flüchtlinge (UNHCR) beizumessen, der gemäß Art. 35 Nr. 1 GFK und Art. 2 Nr. 1 des Protokolls über die Rechtsstellung der Flüchtlinge vom 31. Januar 1967 (BGBl. 1969 II S. 1293) die Durchführung der Genfer Flüchtlingskonvention überwacht (Art. 8 Abs. 2 Satz 2 RL 2011/95/EU und Art. 10 Abs. 3 Satz 2 b) RL 2013/32/EU; vgl. EuGH, Urt. v. 30.5.2013 - C-528/11 -, juris Rn. 44). Gewisse Prognoseunsicherheiten sind dabei als unvermeidlich hinzunehmen und stehen der Überzeugungsbildung nicht grundsätzlich entgegen, wenn eine weitere Sachaufklärung keinen Erfolg verspricht. Auf die Feststellung objektivierbarer Prognosetatsachen kann trotz alledem aber nicht verzichtet werden. Die Annahme einer beachtlichen Verfolgungswahrscheinlichkeit kann nicht auf bloße Hypothesen und ungesicherte Annahmen gestützt werden.

Die Zuerkennung von Flüchtlingsschutz kommt nicht schon dann in Betracht, wenn eine beachtliche Verfolgungswahrscheinlichkeit nicht zur Überzeugung des Gerichts feststeht, sondern in der Gesamtsicht der vorliegenden Erkenntnisse lediglich ausreichende Anhaltpunkte für eine Prognose sowohl in die eine wie die andere Richtung vorliegen, also eine Situation besteht, die einem non-liquet vergleichbar ist (so aber OVG MV, Urt. v. 21.3.2018 - 2 L 238/13 -, juris Rn. 41). Die beachtliche Wahrscheinlichkeit der Verfolgung ist tatbestandliche Voraussetzung für eine Entscheidung zugunsten des Ausländers. Kann nicht festgestellt werden, dass einem Ausländer Verfolgung mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit droht, scheidet eine Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft aus (vgl. BVerwG, Beschl. v. 15.8.2017 - 1 B 120.17 -, juris Rn. 8; OVG NRW, Urt. v. 3.9.2018 - 14 A 837/18.A -, juris Rn. 63 ff.; OVG SH, Urt. v. 10.10.2018 - 2 LB 67/18 -, juris Rn. 25).

2. Nach diesen Maßgaben besteht für die Kläger zum entscheidungserheblichen Zeitpunkt (§ 77 Abs. 1 AsylG) bei einer - hypothetischen - Rückkehr nach Syrien keine beachtliche Wahrscheinlichkeit einer Verfolgung aus den in § 3 Abs. 1 AsylG genannten Verfolgungsgründen. Dabei hält der Senat an der Auffassung, bei der hypothetischen Rückkehr sei nicht eine vereinzelte Rückkehr, sondern - angesichts der hohen Zahl der in den letzten Jahren aus Syrien Geflüchteten - eine Rückkehr des Einzelnen als Teil einer Rückkehrwelle von beträchtlicher Größe zu unterstellen (so Senatsurt. v. 27.6.2017 - 2 LB 91/17 -, juris Rn. 44; Senatsbeschl. v. 18.4.2018 - 2 LB 101/18 -, juris Rn. 119), nicht mehr fest. Zwar hat Russland im Juli 2018 einen sogenannten „Rückkehrplan“ für Flüchtlinge angekündigt, und das syrische Regime hat im Juli 2018 erstmals offiziell zur Flüchtlingsrückkehr aufgerufen (Auswärtiges Amt [AA], Bericht über die Lage in der Arabischen Republik Syrien, 13.11.2018, S. 21). Tatsächlich gibt es aber derzeit keine größeren Rückkehrwellen nach Syrien und auch keine hinreichend konkreten, darauf gerichteten Überlegungen zu einer sicheren Rückkehr syrischer Flüchtlinge.

In der Sache führt dieser veränderte Blickwinkel jedoch zu keiner anderen Entscheidung. Die Kläger sind nicht vorverfolgt ausgereist; eine schlechte Behandlung an den Kontrollstellen aufgrund der Herkunftsregion ohne weitere Folgen erreicht aufgrund ihrer geringen Intensität nicht das für eine Verfolgungshandlung erforderliche Gewicht. Nachfluchtgründe, also eine beachtliche Verfolgungswahrscheinlichkeit begründende Ereignisse, die eingetreten sind, nachdem sie das Herkunftsland verlassen haben (§ 28 Abs. 1a AsylG), liegen ebenfalls nicht vor. Eine beachtliche Verfolgungswahrscheinlichkeit folgt weder aus einer (illegalen) Ausreise, einer Asylantragstellung und einem längeren Aufenthalt im westlichen Ausland (dazu unter a) noch daraus, dass sich der Kläger zu 1) seiner Wehrpflicht entzogen hat (dazu unter b). Auch aus der Herkunft aus einem (ehemals) von der Opposition beherrschten Gebiet (dazu unter c) sowie aus seiner früheren Tätigkeit als Lehrer (dazu unter d) folgt nichts Anderes.

a) In Bezug auf die illegale Ausreise, die Stellung eines Asylantrags sowie den längeren Aufenthalt im westlichen Ausland (sog. Trias), verweist der Senat zur Vermeidung von Wiederholungen auf sein Urteil vom 27. Juni 2017 (- 2 LB 91/17 -, juris Rn. 43 ff.). Für den Senat stellt sich die Lage weiterhin so dar, dass Rückkehrer bei ihrer Einreise nach Syrien am Flughafen bzw. an einer Grenzübergangsstelle mit einer Kontrolle ihrer Personalpapiere, einer datenbankgestützten Überprüfung, ob der Betreffende gesucht wird, sowie gegebenenfalls mit einer Durchsuchung und Befragung rechnen müssen (vgl. Deutsche Orient-Stiftung/Deutsches Orient-Institut [DOS/DOI], Auskunft an HessVGH zu 3 A 638/17.A v. 22.2.2018, S. 1; Immigration and Refugee Board of Canada [IRBC], Syria: Treatment of returnees upon arrival at Damascus International Airport and international land border crossing points, including failed refugee claimants, people who exited the country illegally, and people who have not completed military service; factors affecting treatment, including age, ethnicity and religion [2014-December 2015] v. 19.1.2016, Tz. 2; Schweizerische Flüchtlingshilfe [SFH], Syrien: Rückkehr, Auskunft der SFH-Länderanalyse v. 21.3.2017, S. 7 f.). Verfolgungshandlungen im Sinne des § 3a Abs. 1 und 2 AsylG - Misshandlungen bis hin zu Folter, Inhaftierung, Verschwindenlassen, Ermordung - drohen denjenigen Personen, deren Profil irgendeinen Verdacht erregt (vgl. AA v. 13.11.2018, S. 15 ff.; UNHCR, Relevante Herkunftslandinformationen zur Unterstützung der Anwendung des UNHCR-Länderleitfadens für Syrien, April 2017, S. 5; auch Europäisches Zentrum für Kurdische Studien v. 29.3.2017, S. 1 f.). Auch den jüngsten Erwägungen des UNHCR zum Schutzbedarf von Personen, die aus der Arabischen Republik Syrien fliehen (5. Fassung, November 2017), lässt sich hingegen nicht entnehmen, dass Rückkehrer per se einer besonderen Gefährdung ausgesetzt sind. Es besteht allerdings die bei Kontakten mit syrischen Sicherheitsbehörden generell existierende Gefahr, Opfer einer willkürlichen Festnahme, Misshandlung und Folter zu werden. Es kann als belegt gelten, dass derartige Praktiken in Syrien systemisch sind (vgl. Österreichisches Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl [BFA], Länderinformationsblatt der Staatendokumentation Syrien v. 25.1.2018, S. 34; DOS/DOI v. 22.2.2018, S. 2, SFH v. 21.3.2017, S. 8 ff.). Die Sicherheitskräfte verfügen über eine „carte blanche“, um zu tun, was immer sie möchten, wenn sie irgendjemanden aus irgendeinem Grund verdächtigen. Alles kann passieren; es gibt dementsprechend keinerlei Garantien (IRBC v. 19.1.2016, Tz. 2). Misshandlungen kann es auch ohne triftigen Grund geben. Auch Personen, die nichts mit der Opposition zu tun haben, können verhaftet und misshandelt werden. Das Vorgehen der Sicherheitskräfte ist von Brutalität und Willkür geprägt (vgl. AA v. 13.11.2018, S. 14 ff.; SFH v. 21.3.2017, S. 9).

Vor diesem Hintergrund lässt der Senat offen, ob angesichts der nicht von der Hand zu weisenden Möglichkeit, bei der Einreise Opfer willkürlicher Gewaltanwendung zu werden, eine Verfolgungshandlung mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit droht. Jedenfalls fehlt es an der gemäß § 3a Abs. 3 AsylG erforderlichen Verknüpfung zwischen einer etwaigen Verfolgungshandlung und einem Verfolgungsgrund i. S. v. § 3 Abs. 1 Nr. 1
i. V. m. § 3b AsylG. Die dem Senat vorliegenden Erkenntnismittel lassen den Schluss, dass Rückkehrern ohne besonderes Profil von Seiten des syrischen Staates regelhaft eine oppositionelle Gesinnung zugeschrieben wird, weiterhin nicht zu (vgl. insbesondere AA v. 13.11.2018, S. 23). Auch Amnesty International liegen keine Erkenntnisse vor, dass die syrische Regierung bereits grundsätzlich die Stellung eines Asylantrags als Ausdruck regimefeindlicher oder oppositioneller Haltung versteht (AI, Auskunft an HessVGH zu 3 A 638/17.A v. 20.9.2018, S. 1). Ein solcher Schluss widerspräche vor dem Hintergrund, dass bei dem UNHCR in den Nachbarländern mittlerweile mehr als 5,6 Millionen Flüchtlinge registriert sind (https://data2.unhcr.org/en/situations/syria, Stand 14.11.2018) und die Bundesrepublik Deutschland seit dem Ausbruch des Bürgerkriegs im Jahr 2011 bis zum 31. Dezember 2017 allein knapp 700.000 syrische Flüchtlinge aufgenommen hat (Statistisches Bundesamt, Fachserie 1 Reihe 2, Bevölkerung und Erwerbstätigkeit, Ausländische Bevölkerung, Stand: 12.4.2018, S. 90) auch offensichtlich der Realität (vgl. bereits Senatsurt. v. 27.6.2017 - 2 LB 91/17 -, juris Rn. 56). Auch dem syrischen Staat steht klar vor Augen, dass - was die Schilderungen der Kläger in den zahlreichen beim Senat anhängigen Verfahren bestätigen - die allgemeine Lebenssituation in Syrien und die Bedrohung durch den Bürgerkrieg hinreichende Motive sind, das Land zu verlassen und Zuflucht in einem anderen Staat zu suchen. Ohne ein Hinzutreten besonderer gefahrerhöhender Umstände ist nicht davon auszugehen, dass Rückkehrer allein wegen ihrer (illegalen) Ausreise, der Asylantragstellung und dem längeren Aufenthalt im westlichen Ausland mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit eine an den Verfolgungsgrund der (unterstellten) oppositionellen politischen Gesinnung anknüpfende Verfolgung zu befürchten haben. In dieser Bewertung der Lage sind sich die Obergerichte - soweit sie sich geäußert haben - mittlerweile einig (vgl. VGH BW, Urt. v. 9.8.2017 - A 11 S 710/17 -, juris Rn. 38 ff.; BayVGH, Urt. v. 12.12.2016 - 21 B 16.30364 -, juris Rn. 62 ff.; OVG Berl.-Bbg., Urt. v. 22.11.2017 - 3 B 12/17 -, juris Rn. 27 ff.; BremOVG, Urt. v. 24.1.2018 - 2 LB 194/17 -, juris Rn. 39 ff.; HambOVG, Urt. v. 11.1.2018 - 1 Bf 81/17.A -, juris Rn. 52 ff.; HessVGH, Urt. v. 26.7.2018 - 3 A 403/18.A -, juris Rn. 13; OVG NRW, Urt. v. 21.2.2017 - 14 A 2316/16.A -, juris Rn. 29 ff.; OVG RP, Urt. v. 16.12.2016 - 1 A 10922/16 -, juris Rn. 40 ff.; OVG Saarl., Urt. v. 26.4.2018 - 1 A 543/17 -, juris Rn. 32 ff. und Urt. v. 2.2.2017 - 2 A 515/16 -, juris Rn. 21 ff.; SächsOVG, Urt. v. 7.2.2018 - 5 A 1245/17.A -, juris Rn. 21 ff.; OVG LSA, Beschl. v. 29.3.2017 - 3 L 249/16 -, juris Rn. 9 ff.; OVG SH, Urt. v. 23.11.2016 - 3 LB 17/16 -, juris Rn. 37 ff.; ThürOVG, Urt. v. 15.6.2018 - 3 KO 162/18 - juris; stRspr.).

Aus den vorliegenden Berichten über eine von der syrischen Regierung geplante Bodenreform ergibt sich keine abweichende Beurteilung. Das Anfang April 2018 zum Wiederaufbau des Landes erlassene Dekret Nr. 10/2018 sieht vor, in jedem Bezirk Ämter für den Wiederaufbau zu schaffen. Nachdem dort neue Bebauungspläne erstellt und bekannt gemacht worden sind, sind die Besitzer von Land, Häusern und Wohnungen aufgerufen, ihre Eigentumsrechte bei dem Amt nachzuweisen. Dafür haben sie ein Jahr Zeit (vgl. AA v. 13.11.2018, S. 27; Zeit Online v. 2.6.2018). Ist eine persönliche Geltendmachung nicht möglich, kann dies auch durch bestimmte Angehörige oder zugelassene Anwälte erfolgen. Gelingt einem früheren Eigentümer der Eigentumsnachweis nicht fristgemäß, wird sein Eigentum der öffentlichen Hand zugeschlagen, ohne dass eine Entschädigung vorgesehen ist (vgl. Human Rights Watch [HRW], Syria’s New Property Law - Questions and Answers, v. 29.5.2018, S. 1 f.). Hieran knüpft sich die Sorge, das syrische Regime werde derartige Stadtentwicklungsdekrete vor allem in den Gebieten früherer Hochburgen der Opposition erlassen und dort beim Wiederaufbau Anhänger des Regimes bevorzugen. Zudem bestünden vor allem für ins Ausland geflüchtete Syrer trotz der zwischenzeitlich von vormals 30 Tagen auf ein Jahr verlängerten Frist erhebliche Hindernisse für eine Geltendmachung ihrer Eigentumspositionen, was eine eventuelle Rückkehr deutlich erschwere (vgl. Süddeutsche Zeitung v. 27.4.2018; HRW v. 29.5.2018, S. 3, 6).

Der Senat lässt offen, ob künftig zu erwartende, auf dem vorstehend beschriebenen Verfahren beruhende Enteignungen als Verfolgungshandlungen im Sinne des § 3a Abs. 1 und 2 AsylG angesehen werden können. Denn jedenfalls enthalten die vorliegenden Berichte zu dem Dekret Nr. 10/2018 keinen tatsächlichen Anhalt dafür, dass entsprechende Enteignungsmaßnahmen regelhaft und zielgerichtet in Anknüpfung an einen Verfolgungsgrund i. S. v. § 3 Abs. 1 Nr. 1 i. V. m. § 3b AsylG, also etwa eine unterstellte oppositionelle Gesinnung für alle ins westliche Ausland geflohenen Syrer, erfolgen würden (so auch OVG SH, Urt. v. 10.7.2018 - 2 LB 34/18 -, juris Rn. 79 f.; OVG NRW, Urt. v. 23.5.2018 - 14 A 817/17.A -, juris Rn. 39 f.). Die angekündigten Maßnahmen treffen vielmehr - rein formal - jeden syrischen Staatsbürger mit Grundbesitz. Auch geht aus den vorliegenden Berichten nicht hervor, dass bei den angekündigten Maßnahmen eine Unterscheidung zwischen Binnenvertriebenen innerhalb Syriens und ins Ausland geflohenen Syrern getroffen wird.

b) Eine beachtliche Wahrscheinlichkeit der Verfolgung ergibt sich weiterhin nicht daraus, dass sich der bei seiner Ausreise im Jahr 2015 bereits 53 Jahre alte Kläger zu 1) dem Wehrdienst in Syrien entzogen hat. Dem Senat liegen keine belastbaren Anhaltspunkte dafür vor, dass Personen im Alter von deutlich mehr als 50 Jahren ohne besondere militärische/technische Fähigkeiten zum Militär eingezogen werden (vgl. Senatsbeschl. v. 5.12.2018 - 2 LB 570/18 -, juris Rn. 38). Ungeachtet dessen droht Wehrdienstentziehern nach ständiger Rechtsprechung des Senats bei einer Rückkehr ohnehin keine politische Verfolgung (vgl. Senatsurt. v. 27.6.2017 - 2 LB 91/17 -, juris Rn. 72 ff.; Senatsbeschl. v. 5.12.2018 - 2 LB 570/18 -, juris Rn. 32 ff.).

c) Eine beachtliche Wahrscheinlichkeit politischer Verfolgung im Sinne des § 3 Abs. 1 Nr. 1 AsylG folgt nicht aus der Herkunft aus einem (ehemals) von der Opposition beherrschten Gebiet (vgl. Senatsurt. v. 27.6.2017 - 2 LB 91/17 -, juris Rn. 70 f.; BayVGH, Urt. v. 20.6.2018 - 21 B 18.30854 -, juris Rn. 65 ff.; OVG Berl.-Bbg., Urt. v. 21.3.2018 - OVG 3 B 28.17 -, juris Rn. 46; BremOVG, Urt. v. 24.1.2018 - 2 LB 194/17 -, juris Rn. 62 ff.; HambOVG, Urt. v. 11.1.2018 - 1 Bf 81/17.A -, juris Rn. 52, 54; OVG NRW, Urt. v. 3.9.2018 - 14 A 838/18.A - juris Rn. 32 ff.; OVG RP, Urt. v. 16.12.2016 - 1 A 10922/16 -, juris Rn. 160 ff.; OVG Saarl., Urt. v. 25.7.2018 - 1 A 621/17 -, juris Rn. 35; OVG SH, Urt. v. 4.5.2018 - 2 LB 17/18 -, juris Rn. 82 ff.). Die dem Senat vorliegenden Erkenntnismittel lassen nicht den Schluss zu, dass allein die Herkunft aus einem „oppositionsnahen“ Gebiet mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit dazu führt, dass das syrische Regime dem Betroffenen eine feindliche Gesinnung unterstellt und ihn deshalb verfolgt. Das entspricht der Einschätzung des UNHCR. Dieser geht davon aus, dass Personen, die aus Gebieten stammen oder in Gebieten wohnen, die als regierungsfeindlich angesehen werden, nur abhängig von den Umständen des Einzelfalls aufgrund ihrer tatsächlichen oder vermeintlichen politischen Meinung internationalen Schutz benötigen (UNHCR, November 2017, S. 40, 43). Maßgeblich ist daher nicht allein die Herkunft, sondern es kommt auf die individuellen Umstände des Falles, also auf individuelle Verfolgungsgründe an. Dabei ist im Sinne einer Gesamtschau auch die Herkunft des Betroffenen zu berücksichtigen (vgl. BFA v. 25.1.2018, S. 81 f.).

Diese Einschätzung deckt sich mit der Beobachtung, dass zahlreiche ehemalige Oppositionsgebiete mittlerweile vom Regime zurückerobert wurden, ohne dass es dort zu flächendeckenden Verfolgungsmaßnahmen gekommen ist. Das Regime bietet vielmehr regelmäßig den Abschluss eines Versöhnungsabkommens an. Versöhnungsabkommen sind Vereinbarungen, die ein Gebiet, das zuvor unter der Kontrolle einer oppositionellen Gruppierung stand, offiziell wieder unter die Kontrolle des Regimes bringen sollen. Derartige Abkommen sehen häufig eine „Evakuierung“, also eine zwangsweise Umsiedlung oppositioneller Kämpfer sowie den Einzug der Männer zur syrischen Armee vor (BFA, August 2017, S. 35; vgl. auch SFH v. 23.3.2017, S. 7). Letzteres zeigt, dass das Regime allein anknüpfend an die Herkunft keine Regimegegnerschaft unterstellt. Versöhnungsabkommen schließen eine individuelle Verfolgung allerdings nicht aus. Im Gegenteil muss jede Person, die aufgrund individueller Umstände mit der Opposition bzw. mit bewaffneten Rebellen in Verbindung gebracht wird, weiterhin mit Inhaftierung, Folter, Verschwindenlassen und dem Tod rechnen (UNHCR, April 2017, S. 20).

Dass zurückkehrende Syrer aus (ehemaligen) Oppositionsgebieten mit einer Gefahrenlage konfrontiert sein können, die über die allgemeine Gefährdungslage für alle Rückkehrer (vgl. oben Nr. 2. a)) hinausgeht, ist schließlich deshalb nicht beachtlich wahrscheinlich, weil es sich dabei gerade um die Personen handelt, die sich dem Konflikt und damit einer oppositionellen Betätigung durch Flucht in das Ausland entzogen haben (zutreffend OVG SH, Urt. v. 4.5.2018 - 2 LB 17/18 -, juris Rn. 85). Für jedermann und damit auch für das Regime ist offensichtlich, dass es sich bei diesen vielen tausend betroffenen Personen um diejenigen handelt, die das Land in Anbetracht der Brutalität der Kriegsparteien aus begründeter Furcht um Leib und Leben verlassen und sich gegen ein aktives Tätigwerden gegen das Regime entschieden haben. Dass Rückkehrer aus (ehemals) oppositionellen Gebieten in einer nicht quantifizierbaren Anzahl von Fällen gleichwohl misshandelt und inhaftiert werden (vgl. Auswärtiges Amt, 13.11.2018, S. 21; UNHCR, April 2017, S. 20 ff.), ändert daran nichts. Bei jedem Kontakt mit syrischen Sicherheitskräften drohen willkürliche Gewalt und Inhaftierung. Jeder Rückkehrer ist daher in gewissem Umfang gefährdet (vgl. SFH, 21.3.2017, S. 10 f.). Diese Gefährdung knüpft aber nicht an Verfolgungsgründe i. S. v. § 3b AsylG an. Der Senat hält deshalb daran fest, dass es auch bei einer Herkunft aus einem (ehemaligen) Oppositionsgebiet weiterhin individueller Verfolgungsgründe bedarf, um die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft zu begründen. Daran fehlt es in diesem Fall.

d) Die beachtliche Wahrscheinlichkeit, von politischer Verfolgung betroffen zu sein, folgt schließlich nicht aus der früheren Tätigkeit des Klägers zu 1) als Lehrer. Syrischen Staatsbediensteten ist zwar das Verlassen des Landes ohne eine entsprechende Erlaubnis ihrer Beschäftigungsbehörde untersagt. Eine derartige Erlaubnis wird nach einigen Erkenntnisquellen indes nur höherrangigen staatlichen Bediensteten verweigert, während sie nach anderer Einschätzung auch anderen staatlich Beschäftigten nur selten erteilt wird (vgl. hierzu Danish Refugee Council v. August 2017, S. 20). Allein aus dieser Sachlage kann indes nicht generell auf eine flüchtlingsrechtlich relevante Gefährdung dieses Personenkreises geschlossen werden. Denn nach der Auskunftslage hängen die Konsequenzen von der Position des Betreffenden und seinen Gründen ab (vgl. hierzu Schweizerische Flüchtlingshilfe, Schnellrecherche der SFH-Länderanalyse v. 12.3.2015 zu Syrien: Arbeitsverweigerung). Die Betroffenen haben hiernach vielfach eine dienstrechtliche Untersuchung wegen des unentschuldigten Fernbleibens vom Dienst über sich ergehen zu lassen, wobei bis auf sicherheitssensible Bereiche in der Regel Konsequenzen durch die Rückkehr in den Dienst und dem Hinweis auf die Flucht vor dem Bürgerkrieg vermieden werden können (Danish Refugee Council v. August 2017, S. 20). Grundsätzlich ist daher schon eine Verfolgungshandlung nicht beachtlich wahrscheinlich. Selbst wenn aber im Einzelfall eine schwerere Strafe drohen sollte, geht der Senat nur bei einem Vorliegen besonderer Umstände davon aus, dass diese Strafe an eine vermeintliche oppositionelle Gesinnung des Betroffenen anknüpfen würde. Dies kann dann der Fall sein, wenn der Betroffene eine deutlich hervorgehobene Position im Verwaltungsapparat innegehabt hat, deren Übertragung in diktatorischen Herrschaftssystemen wie dem syrischen mit der Erwartung loyalen Verhaltens der Führung gegenüber verbunden war und deren eigenmächtiges Verlassen demgemäß beachtlich wahrscheinlich als Bruch dieser Loyalität und damit einhergehend als Ausdruck der Gegnerschaft aufgefasst werden kann (vgl. OVG Bremen, Urt. v. 24.1.2018 - 2 LB 194/17 -, juris Rn. 60 f.; OVG Rh.-Pf., Urt. v. 12.4.2018 - 1 A 10988/16 -, juris Rn. 45 ff.; Urt. v. 20.9.2018 - 1 A 10215/17.OVG -, juris; OVG SL, Urt. v. 14.11.2018 - 1 A 609/17 -, juris Rn. 48 ff.; OVG SH, Urt. v. 8.11.2018 - 2 LB 50/18 -, juris Rn. 77 f.; OVG NRW, Urt. v. 7.12.2018 - 14 A 997/18.A -, juris Rn. 38 ff.). Besondere Umstände sind bei dem Kläger zu 1) nicht ersichtlich. Er hatte als Lehrer in Syrien weder eine herausgehobene Stellung inne, noch liegen sonstige Besonderheiten vor.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO und § 83b AsylG.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 VwGO i. V. m. §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.

Gründe für die Zulassung der Revision gemäß § 132 Abs. 2 VwGO liegen nicht vor (vgl. BVerwG, Beschl. v. 24.4.2017 - 1 B 22.17 -, juris Rn. 4 ff.).