Oberverwaltungsgericht Niedersachsen
Beschl. v. 08.01.2019, Az.: 7 ME 86/18

Altunternehmer; Auswahlentscheidung; einstweilige Erlaubnis; Konkurrentenstreit; Linienverkehrsgenehmigung; Offensichtlichkeit; Vorwirkung

Bibliographie

Gericht
OVG Niedersachsen
Datum
08.01.2019
Aktenzeichen
7 ME 86/18
Entscheidungsform
Beschluss
Referenz
WKRS 2019, 70125
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
[keine Angabe]

Verfahrensgang

vorgehend
VG - 22.10.2018 - AZ: 7 B 3452/18

Amtlicher Leitsatz

Leitsatz

1. Die Erteilung einer einstweiligen Erlaubnis nach § 20 PBefG ist nicht auf die Fälle beschränkt, in denen eine Linienverkehrsgenehmigung nicht beantragt ist oder nicht rechtzeitig ergehen kann. Eine Eilbedürftigkeit im Sinne des § 20 PBefG kann auch bei fehlender Bestandskraft der Linienverkehrsgenehmigung aufgrund einer Konkurrentenklage bejaht werden. Die Genehmigungsbehörde ist in diesem Fall nicht darauf beschränkt, die sofortige Vollziehbarkeit der Linienverkehrsgenehmigung anzuordnen.

2. Konkurrieren mehrere Bewerber um eine einstweilige Erlaubnis nach § 20 PBefG, ist es in der Regel sachgerecht, die einstweilige Erlaubnis demjenigen Unternehmer zu erteilen, dem auch die endgültige, wenn auch noch nicht bestandskräftige Linienverkehrsgenehmigung erteilt worden ist (sog. "Vorwirkung" der Genehmigung). Etwas anderes gilt nur dann, wenn sich die Sach- und Rechtslage zwischenzeitlich geändert hat oder wenn die im Rahmen der Erteilung der Linienverkehrsgenehmigung getroffene Auswahlentscheidung offensichtlich fehlerhaft ist, wobei erforderlich ist, dass sich die unrichtige oder unzureichende Rechtsanwendung offensichtlich auf die getroffene Entscheidung über die beste Verkehrsbedienung auswirkt.

Tenor:

Die Beschwerde der Antragstellerin gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts Oldenburg - 7. Kammer - vom 22. Oktober 2018 wird zurückgewiesen.

Die Antragstellerin trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.

Die außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen sind nicht erstattungsfähig.

Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Beschwerdeverfahren auf 5.000,00 € festgesetzt.

Gründe

Die Beschwerde der Antragstellerin gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts Oldenburg vom 22. Oktober 2018 hat keinen Erfolg. Zu Recht hat das Verwaltungsgericht den Antrag der Antragstellerin auf Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung ihrer Klage vom 27. August 2018 (Az. 7 A 3267/18) gegen die der Beigeladenen zu 1. erteilte und für sofort vollziehbar erklärte einstweilige Erlaubnis vom 25. Juli 2018 zum Betrieb des Linienverkehrs auf der Linie F. - Stadtbuslinie G. in H. für die Zeit vom 05. August 2018 bis zum 04. Februar 2019 abgelehnt. Zu Recht hat das Verwaltungsgericht zudem den auf Erteilung einer entsprechenden einstweiligen Erlaubnis an die Antragstellerin gerichteten Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung abgelehnt.

Zur Begründung hat das Verwaltungsgericht im Wesentlichen auf die Gründe des Urteils im Verfahren 7 A 3267/18 Bezug genommen. Darin hat es ausgeführt, dass die an die Antragstellerin und die Beigeladene zu 1. gerichteten Bescheide der Antragsgegnerin vom 25. Juli 2018 rechtmäßig seien. Die der Erteilung der einstweiligen Erlaubnis gemäß § 20 Personenbeförderungsgesetz (PBefG) zugrundeliegende Auswahlentscheidung zwischen den Anträgen der Antragstellerin und der Beigeladenen zu 1. sei rechtlich nicht zu beanstanden. Die Erteilung der einstweiligen Erlaubnis an die Beigeladene zu 1. sei zunächst nicht deshalb rechtswidrig, weil die Antragsgegnerin nicht stattdessen die der Beigeladenen zu 1. erteilte endgültige Genehmigung zum Betrieb des Linienverkehrs für sofort vollziehbar erklärt habe. Die Rechtsordnung gebe eine bestimmte Vorgehensweise der Genehmigungsbehörde insoweit nicht zwingend vor, so dass es ihr überlassen bleibe, ob sie von der Möglichkeit des § 20 PBefG Gebrauch mache oder die endgültige Genehmigung für sofort vollziehbar erkläre. Die Antragsgegnerin habe sich bei ihrer Entscheidung auch zu Recht daran orientiert, dass der Beigeladenen zu 1. auch die endgültige Genehmigung zum Betrieb der Linie erteilt worden sei. Gehe es - wie hier - um den vorläufigen Betrieb einer Linie, über deren Genehmigung bereits eine positive Entscheidung der Genehmigungsbehörde nach § 15 PBefG vorliege, die aufgrund der Anfechtung eines Konkurrenten nicht vollzogen werden könne, sei grundsätzlich davon auszugehen, dass das öffentliche Verkehrsinteresse an der Bewältigung der entstandenen Übergangssituation dafür spreche, demjenigen Unternehmer, dem die endgültige Genehmigung erteilt worden sei, auch eine vorläufige Erlaubnis zu erteilen. Etwas anderes gelte lediglich dann, wenn eine zwischenzeitlich eingetretene Änderung der Sach- und Rechtslage Anlass für eine erneute Prüfung der Behörde gebe oder wenn bei der Erteilung der Genehmigung ganz offensichtlich eine falsche Rechtsanwendung erfolgt sei bzw. die Entscheidung offensichtlich fehlerhaft sei bzw. massive Fehlgewichtungen festzustellen seien. Der Betrieb durch den Inhaber der endgültigen Genehmigung müsse offenkundig den gesetzlichen Regelungen des PBefG widersprechen. Es handele sich um eine ergebnisbezogene Prüfung. Die Vorwirkung entfalle daher insbesondere auch dann nicht, wenn die Genehmigungsentscheidung aus irgendwelchen Gründen rechtswidrig sei, sondern allenfalls dann, wenn sich die Fehler offensichtlich auf die getroffene Entscheidung ausgewirkt haben. Nach diesen Maßstäben sei die Entscheidung der Antragsgegnerin rechtmäßig, weil zwingende Versagungsgründe für den Verkehr der Beigeladenen zu 1. im Sinne des § 13 Abs. 2 Satz 1 PBefG nicht vorlägen und die gemäß § 13 Abs. 2b PBefG getroffene Auswahlentscheidung im Verfahren um die endgültige Genehmigung nicht derart schwerwiegende Fehler aufweise, dass das öffentliche Interesse am Betrieb der Buslinie durch die Beigeladene zu 1. durchbrochen würde. Der Betrieb der Stadtbuslinie G. durch die Beigeladene zu 1. widerspreche nicht offenkundig den gesetzlichen Regelungen des PBefG und es sei als offen anzusehen, wer die Genehmigung bei rechtmäßiger Auswahlentscheidung erhalte. Dass sich die Fehlerhaftigkeit der Genehmigungsentscheidung offensichtlich auf die getroffene Auswahlentscheidung ausgewirkt habe, könne das Gericht nicht feststellen. Zur Begründung im Einzelnen werde auf die ausführlichen Gründe im Verfahren betreffend die endgültige Genehmigung (Az. 7 A 970/18) Bezug genommen. Daraus ergebe sich zwar, dass die Auswahlentscheidung der Antragsgegnerin betreffend die Genehmigung teilweise an Ermessensfehlern leide. Es erscheine aber nicht ausgeschlossen, dass auch eine rechtmäßige Entscheidung der Antragsgegnerin zum gleichen Ergebnis führe. Schließlich rechtfertigten die Einwände der Antragstellerin kein anderes Ergebnis, soweit sie sich darauf berufe, die Beigeladene zu 1. halte aktuell ihre Zusicherung bezüglich des Einsatzes von Bussen mit Niederflurtechnik nicht ein.

Die Beschwerdebegründung, auf deren Prüfung das Beschwerdegericht - hinsichtlich der gegen die Richtigkeit der erstinstanzlichen Entscheidung sprechenden Gründe (vgl. VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 25.11.2004 - 8 S 1870/04 -, NVwZ-RR 2006, 75) - nach § 146 Abs. 4 Satz 6 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) beschränkt ist, rechtfertigt es nicht, den angefochtenen Beschluss zu ändern.

Die Antragstellerin bemängelt mit ihrer Beschwerdebegründung zunächst, dass die Antragsgegnerin die sofortige Vollziehung der endgültigen Genehmigung außer Acht gelassen habe. Die Antragsgegnerin hätte die der Beigeladenen zu 1. erteilte endgültige Genehmigung mit einem Sofortvollzug versehen müssen, anstatt eine einstweilige Erlaubnis zu erteilen. Der Wortlaut des § 20 PBefG sehe eine Eilbedürftigkeit vor, die nur gegeben sein könne, wenn für die Durchführung eines ordnungsgemäßen Genehmigungsverfahrens keine Zeit (mehr) sei. Bei der einstweiligen Erlaubnis handele es sich nicht um eine Genehmigung im Sinne des Personenbeförderungsrechts. Sie sei jederzeit widerruflich und bei ihrer Erteilung seien die Entscheidungsmaßgaben gelockert, d. h. es erfolge keine vertiefende Prüfung der Genehmigungsvoraussetzungen. Hieraus folge, dass die einstweilige Erlaubnis gerade nicht die Fälle einer erteilten endgültigen Genehmigung erfassen solle, sondern nur die Fälle, in denen eine endgültige Genehmigung nicht (mehr) fristgemäß erteilt werden könne bzw. eine solche nie beantragt worden sei. Zudem sei zu berücksichtigen, dass ihre Rechtsschutzsuche ohne rechtfertigenden Grund erschwert werde; sie wende sich gegen die Entscheidung über die endgültige Genehmigung als auch gegen die Entscheidung über die einstweilige Erlaubnis.

Dieses Vorbringen führt nicht zum Erfolg der Beschwerde der Antragstellerin. Das Verwaltungsgericht hat zu Recht entschieden, dass die der Beigeladenen zu 1. erteilte einstweilige Erlaubnis nicht bereits deshalb rechtswidrig ist, weil die Antragsgegnerin nicht stattdessen die der Beigeladenen zu 1. erteilte endgültige Linienverkehrsgenehmigung für sofort vollziehbar erklärt hat. Das Verwaltungsgericht weist zu Recht darauf hin, dass der Wortlaut des § 20 PBefG, wonach die Genehmigungsbehörde dem Antragsteller bei Vorliegen der Voraussetzungen des § 13 Abs. 1 oder Abs. 1a PBefG eine widerrufliche einstweilige Erlaubnis erteilen kann, wenn die sofortige Einrichtung, Erweiterung oder wesentliche Änderung eines Linienverkehrs mit Kraftfahrzeugen im öffentlichen Verkehrsinteresse liegt, keine einschränkenden Voraussetzungen dahingehend enthält, dass eine Eilbedürftigkeit nur bejaht werden könnte, wenn eine Genehmigung nicht beantragt ist oder nicht rechtzeitig ergehen kann. In der Vorschrift wird kein Bezug zum Status eines Genehmigungsverfahrens hergestellt. Es ist in der Rechtsprechung vielmehr anerkannt, dass die einstweilige Erlaubnis nach § 20 Abs. 1 PBefG auch dazu dienen kann, den Zustand zu überbrücken, der eintritt, wenn die Erteilung einer Linienverkehrsgenehmigung durch einen Konkurrenten angefochten ist, gleichwohl aber ein öffentliches Bedürfnis für die Aufnahme des Linienverkehrs besteht (vgl. Beschluss des Senats vom 20.05.2016 - 7 ME 50/16 -, juris; OVG Rheinland-Pfalz, Beschluss vom 26.09.2017 - 7 B 11392/17 -, juris; VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 24.07.2017 - 9 S 1431/17 -, juris; OVG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 12.09.2008 - 13 B 929/08 -, juris; OVG Sachsen-Anhalt, Beschluss vom 23.10.2007 - 1 M 148/07 -, juris; VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 02.01.2007 - 3 S 2675/06 -, juris; a. A.: Heinze/Fiedler in: Heinze/Fehling/Fiedler, PBefG, 2. Auflage 2014, § 20 Rn. 5 ff.). Dafür sprechen auch die Systematik und der Sinn und Zweck der Regelungen des Personenbeförderungsgesetzes. Dem Antragsteller um eine Linienverkehrsgenehmigung wird die Genehmigungsurkunde erst erteilt, wenn die Entscheidung unanfechtbar geworden ist (§ 15 Abs. 2 PBefG). Erst zu diesem Zeitpunkt kann von der Genehmigung Gebrauch gemacht werden. Genehmigungen im Sinne des PBefG dürfen auch nicht vorläufig oder mit einem Widerrufsvorbehalt erteilt werden (§ 15 Abs. 4 PBefG). Eine Eilbedürftigkeit im Sinne des § 20 PBefG kann deshalb insbesondere bei fehlender Bestandskraft der Linienverkehrsgenehmigung aufgrund einer Konkurrentenklage bejaht werden. Aus dem Beschluss des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs vom 16. August 2012 (Az. 11 CS 12.1607, juris) ergibt sich nichts anderes. Dort wird lediglich ausgeführt, dass § 20 PBefG keine die Regelung des § 80 Abs. 2 Nr. 4 VwGO verdrängende Sonderregelung darstelle. Für den Senat ist auch nicht erkennbar, dass der Rechtsschutz für die Antragstellerin durch die von der Antragsgegnerin gewählte Vorgehensweise unzumutbar erschwert würde. Zwar weist die Antragstellerin zu Recht darauf hin, dass neben der endgültigen Linienverkehrsgenehmigung auch noch die einstweilige Erlaubnis angefochten werden muss. Dass dies für die Antragstellerin unzumutbar wäre, ist jedoch nicht ersichtlich. Auch im Falle der Anordnung der sofortigen Vollziehung der endgültigen Linienverkehrsgenehmigung müsste ein weiteres Verfahren auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes angestrengt werden. Das vorliegende Verfahren zeigt zudem, dass die gerichtliche Überprüfung der einstweiligen Erlaubnis auch unter zeitlichen Aspekten möglich ist. Schließlich weist die Antragsgegnerin zu Recht darauf hin, dass auch die Antragstellerin die Erteilung einer einstweiligen Erlaubnis nach § 20 PBefG beantragt hat und mit der vorliegenden Beschwerde weiterverfolgt. Diesem Begehren müsste nach der von ihr vertretenen Rechtsauffassung dann ebenfalls der Erfolg versagt bleiben.

Die Antragstellerin wendet mit ihrer Beschwerdebegründung des Weiteren ein, dass es im Falle einer Antragskonkurrenz mehrerer Bewerber um eine einstweilige Erlaubnis zwar in der Regel sachgerecht sei, die einstweilige Erlaubnis demjenigen Unternehmer zu erteilen, dem auch die endgültige, wenn auch nicht bestandskräftige Linienverkehrsgenehmigung erteilt worden sei. Etwas anderes gelte jedoch dann, wenn sich die Sach- und Rechtslage zwischenzeitlich geändert habe oder wenn die im Rahmen der Erteilung der Linienverkehrsgenehmigung getroffene Auswahlentscheidung offensichtlich fehlerhaft sei. In diesem Fall müsse die Genehmigungsbehörde in eine erneute Prüfung der Genehmigungsvoraussetzungen eintreten. Dies verkenne das Verwaltungsgericht, wenn es zunächst ausführe, dass die Auswahlentscheidung der Antragsgegnerin betreffend die Genehmigung teilweise an Ermessensfehlern leide, sodann aber feststelle, dass es nicht ausgeschlossen erscheine, dass auch eine rechtmäßige Entscheidung der Antragsgegnerin zum gleichen Ergebnis führe. Diese Auffassung überzeuge nicht. Die Entscheidung sei nicht offen, sondern könne allein zu ihren, der Antragstellerin, Gunsten ergehen. Sie habe eine Vielzahl der im Rahmen der Auswahlentscheidung gemäß § 13 Abs. 2b PBefG zu berücksichtigenden Maßstäbe in das Verfahren eingebracht; das Verwaltungsgericht sei dem in seiner Urteilsbegründung in der Sache 7 A 970/18 betreffend die Linienverkehrsgenehmigung auch weitestgehend gefolgt. Es habe eine Vielzahl von Fehlern in der Auswahlentscheidung aufgezeigt, die erhebliche Zweifel dahingehend auslösten, dass die Auswahlentscheidung Bestand haben könne. Lege man alle Aspekte zugrunde, werde überdeutlich, dass ihr, der Antragstellerin, Angebot deutlich besser und die Entscheidung in der Hauptsache gerade nicht offen sei. Dieses Ergebnis werde zudem noch dadurch gestützt, dass allein ihr der Besitzstandsschutz gemäß § 13 Abs. 3 PBefG zukomme. Der Besitzstandsschutz könne sogar einen gewissen Rückstand ausgleichen. Insofern sei nicht nachvollziehbar, warum die im Verfahren 7 A 970/18 tenorierte Neubescheidung offen sein solle. Das Ermessen der Genehmigungsbehörde sei auf Null geschrumpft, so dass ein Verpflichtungsurteil hätte ergehen müssen. Wegen der offensichtlichen Fehlerhaftigkeit der endgültigen Genehmigung sei auch die der Beigeladenen zu 1. ebenfalls erteilte einstweilige Erlaubnis rechtswidrig. Die einstweilige Erlaubnis sei ihr, der Antragstellerin, zu erteilen. Sie habe das bessere Verkehrsangebot abgegeben, ihr komme der Besitzstandsschutz zu Gute und sie habe den Verkehr bislang und stets beanstandungsfrei im Rahmen des gesamten Stadtverkehrs H. durchgeführt. Hinzu komme, dass aufgrund des parallel verlaufenden gerichtlichen Verfahrens um die endgültige Genehmigung die Verkehrsdurchführung für einen längeren Zeitraum auf der Basis einstweiliger Erlaubnisse erfolgen müsse. Der gemäß Art. 12 GG verfassungsrechtlich geschützte Marktzugang werde damit allein durch den Erhalt dieser einstweiligen Erlaubnisse gewährleistet. Dem im Genehmigungswettbewerb unterlegenen Bewerber könne nicht zugemutet werden, das Hauptverfahren um die endgültige Genehmigung abzuwarten. Vielmehr müsse im Rahmen der Eilentscheidung eine Interessenabwägung stattfinden. Eine solche würde hier zu ihren, der Antragstellerin, Gunsten ausfallen. Sie habe die Verkehre bislang durchgeführt und sie müsse es wegen der fehlerhaften Auswahlentscheidung nicht hinnehmen, dass die Verkehre auf Basis einer rechtswidrigen Genehmigung von der Beigeladenen zu 1. durchgeführt werden. Es sei fehlerhaft, im Falle eines offenen Ausgangs das Interesse an der Neuaufnahme der Verkehre durch den Konkurrenten höher zu bewerten als das Recht des Altbetreibers auf Beibehaltung der Verkehre.

Auch dieses Vorbringen vermag der Beschwerde der Antragstellerin nicht zum Erfolg zu verhelfen. Nach gefestigter verwaltungsgerichtlicher Rechtsprechung - auf die sowohl das Verwaltungsgericht als auch die Beteiligten Bezug nehmen - ist es bei einem Konkurrieren mehrerer Bewerber um eine einstweilige Erlaubnis nach § 20 PBefG in der Regel sachgerecht, die einstweilige Erlaubnis demjenigen Unternehmer zu erteilen, dem auch die endgültige, wenn auch noch nicht bestandskräftige Linienverkehrsgenehmigung erteilt worden ist, sog. „Vorwirkung“ der Genehmigung (vgl. Beschluss des Senats vom 20.05.2016, a. a. O.; OVG Rheinland-Pfalz, Beschluss vom 26.09.2017, a. a. O.; VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 24.07.2017, a. a. O.; OVG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 12.09.2008, a. a. O.; OVG Sachsen-Anhalt, Beschluss vom 23.10.2007, a. a. O.; VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 02.01.2007, a. a. O.). Dies gilt auch dann, wenn mit der Erteilung einer einstweiligen Erlaubnis ein Unternehmerwechsel verbunden ist, die Genehmigungsbehörde dem damit verbundenen Verwaltungsaufwand aber im Rahmen des ihr zustehenden Beurteilungsspielraums nur eine geringe Bedeutung beimisst (vgl. VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 24.07.2017, a. a. O.; VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 02.01.2007, a. a. O.). Etwas anderes gilt nur dann, wenn sich die Sach- und Rechtslage zwischenzeitlich geändert hat - was hier weder geltend gemacht wird noch sonst erkennbar ist - oder wenn die im Rahmen der Erteilung der Linienverkehrsgenehmigung getroffene Auswahlentscheidung offensichtlich fehlerhaft ist (vgl. Beschluss des Senats vom 20.05.2016, a. a. O.; Hamburgisches OVG, Beschluss vom 21.02.2011 - 3 Bs 131/10 -, juris) bzw. wenn bei der Erteilung der Genehmigung ganz offensichtlich eine falsche Rechtsanwendung erfolgt ist (vgl. OVG Rheinland-Pfalz, Beschluss vom 26.09.2017, a. a. O.; OVG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 12.09.2008, a. a. O.; OVG Sachsen-Anhalt, Beschluss vom 23.10.2007, a. a. O.).

Nach diesen Maßstäben hat die Antragsgegnerin in nicht zu beanstandender Weise entschieden, dass die Erteilung der einstweiligen Erlaubnis nach § 20 Abs. 1 PBefG an die Beigeladene zu 1., der auch die endgültige, aber angefochtene Linienverkehrsgenehmigung erteilt wurde, sachgerecht ist. Bei der Erteilung der endgültigen Linienverkehrsgenehmigung liegt keine „offensichtlich“ falsche Rechtsanwendung vor. Zwar hat das Verwaltungsgericht Oldenburg in seinem Urteil vom 16. Oktober 2018 betreffend die endgültige Linienverkehrsgenehmigung (Az. 7 A 970/18) festgestellt, dass die von der Antragsgegnerin getroffene Auswahlentscheidung nach § 13 Abs. 2b PBefG teilweise beurteilungs- und ermessensfehlerhaft ist. Es hat die Antragsgegnerin daher verpflichtet, über den Antrag der Antragstellerin auf Erteilung einer eigenwirtschaftlichen Linienverkehrsgenehmigung erneut unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu entscheiden. Dieses Urteil ist jedoch nicht rechtskräftig; die Beigeladene zu 1. hat bei dem beschließenden Senat einen Antrag auf Zulassung der Berufung gestellt (Az. 7 LA 90/18), über den noch nicht entschieden ist. Zum jetzigen Zeitpunkt ist für den Senat angesichts des Zulassungsvorbringens jedenfalls nicht „offensichtlich“, dass die getroffene Auswahlentscheidung fehlerhaft ist. Dies gilt umso mehr, als die Auswahlentscheidung nur eingeschränkt gerichtlich überprüfbar ist. Im Rahmen der Auswahlentscheidung steht der Behörde bei der Bewertung der Verkehrsbedürfnisse, ihrer befriedigenden Bedienung sowie der Gewichtung der öffentlichen Verkehrsinteressen ein gerichtlich nur beschränkt überprüfbarer Beurteilungsspielraum zu, weil diese Entscheidung nicht nur prognostische, sondern auch verkehrs- und raumordnungspolitische Wertungen voraussetzt (vgl. Beschluss des Senats vom 20.05.2016, a. a. O.; VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 24.07.2017, a. a. O.; OVG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 12.09.2008, a. a. O.).

Hinzu kommt - darauf weist das Verwaltungsgericht zu Recht hin -, dass eine „Vorwirkung“ der Genehmigung nicht bereits dann entfällt, wenn die Genehmigungserteilung aus irgendwelchen Gründen derzeit (offensichtlich) rechtswidrig ist. Vielmehr ist es erforderlich, dass sich die (offensichtlich) unrichtige oder unzureichende Rechtsanwendung offensichtlich auf die getroffene Entscheidung über die beste Verkehrsbedienung auswirkt und deshalb die ansonsten anzunehmende „Vorwirkung“ entfällt. In diesem Sinne wird vor allem hinsichtlich der Abwägungs- und Ermessensentscheidung nach § 13 Abs. 2b PBefG die innerhalb des gerichtlichen Rechtsschutzes gegen die Entscheidung nach § 20 Abs. 1 PBefG anzulegende Prüfungsdichte auf „massive, nicht mehr tolerierbare Fehlgewichtungen“ beschränkt (vgl. OVG Rheinland-Pfalz, Beschluss vom 26.09.2017, a. a. O.; OVG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 12.09.2008, a. a. O.). Die danach erforderliche Zielbezogenheit der Offensichtlichkeit lässt sich auch der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts entnehmen, wonach es nicht Sinn der einstweiligen Erlaubnis sein könne, einen Linienverkehr zu ermöglichen, bei dem schon jetzt „eindeutig“ feststehe, dass er dem Gesetz widerspreche (vgl. BVerwG, Urteil vom 25.10.1968 - VII C 90.66 -, juris; vgl. dazu auch: OVG Rheinland-Pfalz, Beschluss vom 26.09.2017, a. a. O.). Vorliegend steht entgegen der Auffassung der Antragstellerin zum jetzigen Zeitpunkt nicht „eindeutig“ fest, dass der Betrieb der Stadtbuslinie G. durch die Beigeladene zu 1. den gesetzlichen Regelungen des Personenbeförderungsgesetzes widerspricht. Unabhängig davon, dass aufgrund des schwebenden Berufungszulassungsverfahrens betreffend die endgültige Linienverkehrsgenehmigung (Az. 7 LA 90/18) noch offen ist, ob die von der Antragsgegnerin getroffene Auswahlentscheidung - wie vom Verwaltungsgericht angenommen - überhaupt rechtlich zu beanstanden ist (siehe oben), erscheint es bei einer unterstellten Rechtswidrigkeit der Auswahlentscheidung jedenfalls nicht ausgeschlossen, dass eine rechtmäßige Entscheidung der Antragsgegnerin zu dem gleichen Ergebnis führen würde. Daran vermag auch das von der Antragstellerin erneut angeführte Altunternehmerprivileg des § 13 Abs. 3 PBefG nichts zu ändern. Denn auch wenn dadurch ein gewisser Rückstand des Altunternehmers ausgeglichen werden kann (vgl. BVerwG, Urteil vom 12.12.2013 - 3 C 30.12 -, juris), steht aufgrund des Beurteilungsspielraums der Antragsgegnerin nicht offenkundig fest, dass eine erneute Auswahlentscheidung allein zu Gunsten der Antragstellerin ausgehen kann.

Die Überprüfung der Genehmigungsauswahlentscheidung auf offensichtliche Fehler zu beschränken, ist auch mit dem Gebot effektiven Rechtsschutzes vereinbar. Denn die Erteilung einstweiliger Erlaubnisse erfolgt, wie sich § 20 Abs. 1 PBefG entnehmen lässt, ausschließlich im öffentlichen Verkehrsinteresse. Sie dient der Überbrückung solcher Zeiten, in denen eine unanfechtbare Genehmigung - hier wegen der Anfechtung durch einen Konkurrenten - noch nicht vorliegt, gleichwohl aber ein öffentliches Bedürfnis für die Aufnahme des Linienverkehrs besteht. Der Begünstigte verbessert dadurch seine Rechtsposition im Genehmigungsverfahren nicht, insbesondere erlangt er durch die Erteilung einer einstweiligen Erlaubnis keine Rechtsposition, die der eines vorhandenen Unternehmers entspricht. Entgegen der Auffassung der Antragstellerin wird der verfassungsrechtlich geschützte Marktzugang auch nicht allein durch den Erhalt von einstweiligen Erlaubnissen gewährleistet. Zwar ist ihr darin zuzustimmen, dass die Verkehrsdurchführung aufgrund des parallel verlaufenden gerichtlichen Verfahrens um die endgültige Genehmigung regelmäßig für einen längeren Zeitraum auf der Basis einstweiliger Erlaubnisse erfolgt. Die endgültige Linienverkehrsgenehmigung wird damit jedoch nicht bedeutungslos. Wie der zeitliche Ablauf des Verfahrens betreffend die endgültige Genehmigung (Az. 7 A 970/18 bzw. 7 LA 90/18) zeigt, kann mit einer gerichtlichen Entscheidung in einem überschaubaren Zeitraum gerechnet werden; die Gefahr einer „Erledigung“ durch Zeitablauf besteht regelmäßig nicht. Diese Situation rechtfertigt es, die Ermessensgerechtigkeit der Erteilung der einstweiligen Erlaubnis an den erfolgreichen Bewerber um die Genehmigung nicht davon abhängig zu machen, dass die Genehmigungsbehörde ihre Genehmigungsauswahlentscheidung auf Einwände eines Konkurrenten einer vertieften und abschließenden Prüfung unterzieht. Verlangt man aber von der Genehmigungsbehörde eine solche Prüfung nicht, kann auch die gerichtliche Prüfung nicht weitergehen (vgl. Beschluss des Senats vom 20.05.2016, a. a. O.; OVG Sachsen-Anhalt, Beschluss vom 23.10.2007, a. a. O.; VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 02.01.2007, a. a. O.).

Soweit die Antragstellerin meint, im Rahmen der Eilentscheidung müsse eine Interessenabwägung stattfinden und im Falle eines offenen Ausgangs der Auswahlentscheidung sei es fehlerhaft, das Interesse an der Neuaufnahme der Verkehre durch den Konkurrenten höher zu bewerten als das Recht des Altbetreibers auf Beibehaltung der Verkehre, kann dem vor dem Hintergrund der oben zitieren Rechtsprechung, an der der Senat festhält, nicht gefolgt werden. Erweist sich die im Rahmen der Erteilung der Linienverkehrsgenehmigung getroffene Auswahlentscheidung im Ergebnis nicht als „offensichtlich“ fehlerhaft, bleibt es bei der „Vorwirkung“ der endgültigen Linienverkehrsgenehmigung, d. h. die einstweilige Erlaubnis ist demjenigen Unternehmer zu erteilen, dem auch die endgültige, wenn auch noch nicht bestandskräftige Linienverkehrsgenehmigung erteilt worden ist. Eine Ausdehnung der Ausnahme auf nur „möglicherweise“ fehlerhafte Auswahlentscheidungen - d. h. auf Fälle, in den der Ausgang der Auswahlentscheidung offen ist -, würde im Ergebnis einen gerichtlichen Eingriff in den planerisch-prognostischen Beurteilungsspielraum der Genehmigungsbehörde darstellen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO. Hinsichtlich der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen beruht die Entscheidung auf § 162 Abs. 3 VwGO. Die außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen sind nicht erstattungsfähig, weil sie keinen eigenen Antrag gestellt und sich daher keinem Kostenrisiko (§ 154 Abs. 3 VwGO) ausgesetzt haben.

Die Streitwertfestsetzung beruht auf §§ 53 Abs. 2, 52 Abs. 1 Gerichtskostengesetz (GKG). Bei Streitigkeiten um Linienverkehrsgenehmigungen beläuft sich der Streitwert gemäß Ziffer 47.6 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit (NordÖR 2014, 11) zwar grundsätzlich auf 20.000,00 € je Linie. Dieser Betrag ist vorliegend allerdings auf 5.000,00 € reduziert worden, weil die Beteiligten im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes lediglich um eine einstweilige Erlaubnis mit sehr viel kürzerer Geltungsdauer streiten (vgl. Beschluss des Senats vom 20.05.2016, a. a. O.).

Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO, §§ 68 Abs. 1 Satz 5, 66 Abs. 3 Satz 3 GKG).