Landessozialgericht Niedersachsen-Bremen
Beschl. v. 01.02.2006, Az.: L 9 U 395/05 ER
Aufschiebende Wirkung von Widerspruch und Klage gegen einen Beitragsbescheid in der gesetzlichen Unfallversicherung; Ausschluss der Versicherungspflicht bei einer Fachberufsgenossenschaft für Schüler an privaten berufsbildenden Schulen; Schule zur Ausbildung von pharmazeutisch-technischen Assistenten als berufsbildende Schule; Befreiung von der Schulpflicht als Indiz für das Vorliegen einer berufsbildenden Schule; Versicherung der Schüler der Ersatzschule bei dem Unfallversicherungsträger im Landesbereich
Bibliographie
- Gericht
- LSG Niedersachsen-Bremen
- Datum
- 01.02.2006
- Aktenzeichen
- L 9 U 395/05 ER
- Entscheidungsform
- Beschluss
- Referenz
- WKRS 2006, 10752
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- ECLI:DE:LSGNIHB:2006:0201.L9U395.05ER.0A
Verfahrensgang
- vorgehend
- SG Hannover - 19.10.2005 - AZ: S 22 U 210/05 ER
Rechtsgrundlagen
- § 86b Abs. 1 S. 1 Nr. 2 SGG
- § 2 Abs. 1 Nr. 2 SGB VII
- § 2 Abs. 1 Nr. 8 SGB VII
- § 128 Abs. 1 Nr. 3 SGB VII
Tenor:
Der Beschluss des Sozialgerichts Hannover vom 19. Oktober 2005 wird aufgehoben.
Die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs und einer eventuellen Klage der Beschwerdeführerin gegen den Beitragsbescheid der Beschwerdegegnerin vom 18. April 2005 wird angeordnet.
Die Beschwerdegegnerin hat die Kosten des Verfahrens in beiden Instanzen zu tragen.
Der Streitwert wird für beide Instanzen auf jeweils 2.072,00 EUR festgesetzt.
Gründe
I.
Die Beteiligten streiten um die aufschiebende Wirkung von Widerspruch und Klage gegen einen Beitragsbescheid in der gesetzlichen Unfallversicherung.
Die Beschwerdeführerin ist unter anderem Betreiberin einer Berufsfachschule für die Ausbildung pharmazeutisch-technischer Assistenten (PTA) in C ... Für diese Schule ist ihr mit Bescheid der Bezirksregierung D. vom 31. Juli 1996 die Anerkennung als Staatliche Lehranstalt nach dem Gesetz über den Beruf des pharmazeutisch-technischen Assistenten (PTAG) erteilt worden. Die Beschwerdeführerin hatte diese Schule aus der Trägerschaft der Stadt C. übernommen.
Mit Bescheid vom 16. Dezember 1999 hatte die Beschwerdegegnerin als Trägerin der gesetzlichen Unfallversicherung, deren Mitglied die Beschwerdeführerin ist, festgestellt, die Schüler der PTA-Schule in C. seien bei ihr zu versichern. Einen Widerspruch der Beschwerdeführerin hiergegen hatte die Beschwerdegegnerin mit Widerspruchsbescheid vom 14. Juni 2000 zurückgewiesen. Insoweit ist bei dem Sozialgericht (SG) Hannover ein Rechtsstreit zum Az.: S 36 U 207/00 anhängig.
Mit Bescheid vom 19. Mai 2004 gewährte die Bezirksregierung D. der Beschwerdeführerin Zuwendungen zur Förderung des Betriebs der hier streitgegenständlichen Schule für das Jahr 2004 in Höhe von 126.144,00 EUR.
Mit Beitragsbescheid vom 18. April 2005 forderte die Beschwerdegegnerin von der Beschwerdeführerin Beiträge für das Jahr 2004 in Höhe von 34.336,23 EUR an. Hierin waren Beiträge für die Schüler der PTA-Schule in Bonn in Höhe von 8.143,59 EUR enthalten. Hiergegen erhob die Beschwerdeführerin mit Schreiben vom 21. April 2005 insoweit Widerspruch, als sich der Beitragsbescheid erneut auch auf die Schüler der PTA-Schule in C. bezog. Sie kürzte den zu entrichtenden Beitrag um den Betrag, der für die Lernenden als der PTA-Schule in C. geltend gemacht wurde. Gleichzeitig beantragte die Beschwerdeführerin die Aussetzung der Vollziehung des Beitragsbescheides vom 18. April 2005, soweit sie nicht gezahlt hatte.
Den Aussetzungsantrag lehnte die Beschwerdegegnerin mit Schreiben vom 14. Juni 2005 unter Hinweis auf die gesetzlichen Grundlagen ab, ohne dies im Fall der Beschwerdeführerin konkret zu begründen.
Am 30. Juni 2005 hat die Beschwerdeführerin bei dem SG Hannover beantragt, die aufschiebende Wirkung ihres Widerspruchs gegen den Beitragsbescheid vom 18. April 2005 anzuordnen.
Das SG hat den Antrag mit Beschluss vom 19. Oktober 2005 abgelehnt. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt, der Beitragsbescheid sei voraussichtlich nicht rechtswidrig. Die Beschwerdegegnerin sei zu Recht davon ausgegangen, dass es sich bei der streitgegenständlichen PTA-Schule nicht um eine private berufsbildende Schule handele.
Gegen den am 24. Oktober 2005 zugestellten Beschluss ist am 22. November 2005 Beschwerde eingelegt worden. Die Beschwerdeführerin ist der Auffassung, ihre PTA-Schule in C. sei als private berufsbildende Schule im Sinne des gesetzlichen Unfallversicherungsrechtes anzusehen. Daher seien für die dort Lernenden keine Beiträge bei der Beschwerdegegnerin zu entrichten. Lernende der PTA-Schule seien vielmehr bei einem Unfallversicherungsträger im Landesbereich versichert. Dies ergebe sich daraus, dass es sich bei der PTA-Schule um eine Ersatzschule im Sinne des Grundgesetzes handele. Die Schüler der Schule seien auch - soweit sie ihr noch unterlägen - von der Schulpflicht befreit. Andere PTA-Schulen in Nordrhein-Westfalen seien ebenfalls bei einem Unfallversicherungsträger im Landesbereich versichert. Dies gelte im Übrigen auch für von ihr betriebene PTA-Schulen in anderen Bundesländern.
Die Beschwerdeführerin beantragt sinngemäß,
- 1.
den Beschluss des Sozialgerichts Hannover vom 19. Oktober 2005 aufzuheben,
- 2.
die aufschiebende Wirkung ihres Widerspruchs gegen den Beitragsbescheid der Verwaltungs-Berufsgenossenschaft vom 18. April 2004 in Höhe von 8.143,59 EUR anzuordnen.
Die Beschwerdegegnerin beantragt,
die Beschwerde zurückzuweisen.
Zur Begründung bezieht sie sich im Wesentlichen auf den angefochtenen Beschluss des SG Hannover.
Zur Ergänzung des Sach- und Streitstandes wird auf die gewechselten Schriftsätze, den sonstigen Inhalt der Gerichtsakte sowie auf den beigezogenen Verwaltungsvorgang der Beschwerdegegnerin (1 Band) Bezug genommen. Diese Unterlagen waren Gegenstand der
Entscheidungsfindung
II.
Die zulässige Beschwerde ist auch begründet.
Das SG hat zu Unrecht entschieden, dass die Beschwerdeführerin keinen Anspruch auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung von Widerspruch und Klage gegen den Bescheid der Beschwerdegegnerin vom 21. April 2005 hat. Nach § 86b Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) kann das Gericht in den Fällen, in denen Widerspruch oder Anfechtungsklage keine aufschiebende Wirkung haben, die aufschiebende Wirkung ganz oder teilweise anordnen. Der Widerspruch der Beschwerdeführerin gegen den Beitragsbescheid vom 18. April 2005 hat hier keine aufschiebende Wirkung, weil § 86a Abs. 2 Nr. 1 SGG in Abweichung von der Grundregel des § 86a Abs. 1 SGG anordnet, dass Widersprüche gegen Beitragsbescheide keine aufschiebende Wirkung haben. In Verfahren nach § 86b hat das Gericht in der Hauptsache stets eine Folgenabwägung vorzunehmen, bei der das gesetzlich vorausgesetzte öffentliche Interesse an der sofortigen Vollziehung des streitbefangenen Verwaltungsaktes und das durch Art. 19 Abs. 4 Grundgesetz (GG) verfassungsrechtlich geschützte Aussetzungsinteresse des Betroffenen zu gewichten ist. Das Gericht kann seine Entscheidung allerdings allein auf eine Vorausbeurteilung der Erfolgsaussichten von Widerspruch und Klage stützen, wenn es sich bereits ohne wesentliche verbleibende Zweifel von der Rechtmäßigkeit des Verwaltungsaktes zu überzeugen vermag und deshalb den verfassungsrechtlich verbürgten Anspruch des Betroffenen auf effektiven gerichtlichen Rechtsschutz schon im Aussetzungsverfahren genügt werden kann. Bestehen demgegenüber durchgreifende Zweifel an der Rechtmäßigkeit des zu vollziehenden Verwaltungsaktes oder stellt er sich bereits mit Gewissheit als rechtswidrig dar, so überwiegt regelmäßig das Aussetzungsinteresse des Betroffenen, denn es besteht auch in diesen Fällen kein öffentliches Interesse am Vollzug rechtswidriger Verwaltungsakte (vgl. auch die Regelung in § 86a Abs. 3 Satz 2 SGG).
Der Senat hat nach der im einstweiligen Rechtsschutzverfahren nur möglichen summarischen Prüfung ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des mit Widerspruch überzogenen Beitragsbescheides. Der Beitragsbescheid kann nur dann in Bezug auf die zu erhebenden Beiträge für die Lernenden der PTA-Schule der Beschwerdeführerin in C. rechtmäßig sein, wenn der dem Beitragsbescheid zugrunde liegende Bescheid vom 16. Dezember 1999 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 14. Juni 2000 insoweit rechtmäßig ist. Nur dann kann die Beschwerdegegnerin rechtmäßig Beiträge für die an der PTA-Schule in Bonn Lernenden verlangen. Dies gilt auch dann, wenn man den Bescheid vom 16. Dezember 1999 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 14. Juni 2000 als sofort vollziehbare Entscheidung über die Versicherungspflicht im Sinne von § 86 a Abs. 2 Nr. 1 SGG versteht. Auch dann kann die Beschwerdegegnerin kein überwiegendes Interesse an der Durchsetzung eines voraussichtlich rechtswidrigen Bescheides haben.
Der Senat hat indessen ganz erhebliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des Bescheides vom 16. Dezember 1999 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 14. Juni 2000.
Nach § 128 Abs. 1 Nr. 3 des Sozialgesetzbuches - Buch VII (SGB VII) - sind die Unfallversicherungsträger im Landesbereich zuständig für Schüler an privaten berufsbildenden Schulen. Im Anwendungsbereich dieser Norm ist daher kein Raum für die Versicherung bei einer Fachberufsgenossenschaft. Nach Auffassung des Senats spricht überwiegendes dafür, dass es sich bei der PTA-Schule der Beschwerdeführerin in C. um eine derartige Schule handelt.
Private Schulen sind Schulen, die von freien Trägern, also nicht vom Land, von einer Gemeinde oder einem Gemeindeverband, betrieben werden und die auch nicht aufgrund besonderer bundes- oder landesrechtlicher Regelung als öffentliche Schulen gelten (Wannagat, Sozialgesetzbuch, Herausgeber Eichenhofer/Wenner, § 128 SGB VII Rdnr. 25). Um einen solchen Träger handelt es sich bei der Beschwerdeführerin ohne Zweifel. Dies wird auch von den Beteiligten dieses Verfahrens nicht bestritten.
Die von der Beschwerdeführerin in C. betriebene Schule zur Ausbildung von pharmazeutisch-technischen Assistenten ist indessen nach der im einstweiligen Rechtsschutzverfahren nur möglichen, aber auch notwendigen summarischen Prüfung auch eine berufsbildende Schule im Sinne von § 128 Abs. 1 Nr. 3 SGB VII. Für die Klärung der Frage, was eine berufsbildende Schule im Sinne dieser Vorschrift ist, kommt es im Wesentlichen auf die Auslegung des SGB VII und auf die mit der Schaffung der Vorschrift verfolgte gesetzgeberische Absicht an.
Bei wörtlicher Auslegung des Tatbestandsmerkmals "berufsbildend" müssen alle Schulen der Regelung unterfallen, deren Ziel darauf gerichtet ist, den Beschulten die Erlangung eines Berufs zu ermöglichen. Dies ist bei der hier streitgegenständlichen Schule ohne weiteres der Fall. Die Schule dient dem Zweck, den sie besuchenden Schülern den Besuch des von § 2 Abs. 1 Nr. 4 des Gesetzes über den Beruf des pharmazeutisch-technischen Assistenten (neu gefasst am 23. September 1997, BGBl. I 1997, 2349) vor der Absolvierung der staatlichen Prüfung für diesen Beruf geforderten, zweijährigen Lehrgangs zu ermöglichen. Hieraus ergibt sich, dass es zur Erlangung des Berufsabschlusses als PTA notwendig ist, eine derartige Schule zu besuchen. Der Besuch der Schule ermöglicht den Schülern mithin eine Berufsausbildung.
Wiester (in Brackmann, Handbuch der Sozialversicherung, § 2 SGB VII Rdnr. 498) weist in Bezug auf § 2 Abs. 1 Nr. 8 b) SGB VII, in dem sich ebenfalls das Tatbestandsmerkmal "berufsbildende Schule" findet, ergänzend darauf hin, in den einschlägigen Vorgängernormen seien Fachschulen und Berufsfachschulen ausdrücklich erwähnt worden (vgl. auch Riebel in Keller -Hrsg.- , Hauck. Sozialgesetzbuch VII - Gesetzliche Unfallversicherung, § 2 Rdnr. 100, der die Berufsfachschulen und Fachschulen ausdrücklich als berufsbildende Schulen bezeichnet; so auch Schwerdtfeger in Lauterbach, Unfallversicherung, herausgegeben von Breuer, § 2 Rdnr. 284). Lediglich im Zuge der Ausweitung des Versicherungsschutzes sei es zu einer allgemeineren Formulierung gekommen. Hieraus kann jedenfalls nicht geschlossen werden, die Ausbildung in derartigen Schulen könne nunmehr nicht mehr als "berufsbildend" angesehen werden. Ergänzend weist Schwerdtfeger (a.a.O.) auf einen Beschluss der ständigen Konferenz der Kultusminister der Länder hin, in dem Berufsfachschulen und Fachschulen definiert worden sind. Auch hieraus lassen sich keine Hinweise darauf gewinnen, dass diese Schulen nicht "berufsbildend" sein sollen.
Dieses aus der wörtlichen Auslegung der Vorschrift gewonnene Ergebnis kann sich auch auf die Gesetzesmaterialien stützen. Ausweislich der Gesetzesbegründung zur Kodifizierung von § 128 SGB VII (Bundestagsdrucksache 13/2204, abgedruckt bei Brackmann, Handbuch des Sozialversicherungsrechts §§ 125 bis 129 SGB VII dort Rdnr. 6) hat der Gesetzgeber diejenigen Schüler in den Blick genommen, die an einer Schule in freier Trägerschaft die Schulpflicht erfüllen bzw. aufgrund dieses Besuchs von der Schulpflicht befreit werden (vgl. auch Wiester in Brackmann, Handbuch der Sozialversicherung, § 2 SGB VII Rdnr. 500). Dies ist bei den Schülern der von der Beschwerdeführerin betriebenen Schule der Fall. Dies ergibt sich zunächst aus dem - unwidersprochenen - Vortrag der Beschwerdeführerin, wonach die Schule im Wesentlichen von Schülern besucht wird, die nach dem Realschulabschluss eine Berufsausbildung anstreben. Diese Schüler besuchen neben der Schule keine weitere Berufsschule.
Nach den zurzeit des Erlasses des hier streitgegenständlichen Beitragsbescheides geltenden landesrechtlichen Vorschriften in Nordrhein-Westfalen waren derartige Schüler von der Schulpflicht befreit. Nach § 3 Abs. 1 des Gesetzes über die Schulpflicht im Lande Nordrhein-Westfalen (in der Fassung der Bekanntmachung vom 2. Februar 1980 - aufgehoben mit Wirkung vom 1. August 2005 durch Schulgesetz vom 15. Februar 2005 - GV.NRW. S. 102 zitiert nach juris) beginnt die Schulpflicht in Nordrhein-Westfalen mit dem 6. Lebensjahr und endet als Vollzeitschulpflicht nach § 5 des genannten Gesetzes nach 10. Schuljahren. Nach Beendigung dieser Vollzeitschulpflicht beginnt nach § 9 des genannten Gesetzes die Berufsschulpflicht, die nach § 11 Abs. 2 zumindest andauert bis der Schüler das 18. Lebensjahr vollendet hat. Nach § 13 Abs. 1 Satz 2 des genannten Gesetzes kann der Schüler seine Berufsschulpflicht durch den Besuch einer berufsbildenden Ersatzschule erfüllen. Insoweit hat die Beschwerdeführerin zutreffend - und von der Beschwerdegegnerin unwidersprochen - vorgetragen, dass es sich bei der von ihr betriebenen Schule um eine Ersatzschule handelt. Dies ergibt sich ebenfalls aus dem einschlägigen Landesrecht. Nach § 36 des Ersten Gesetzes zur Ordnung des Schulwesens im Lande Nordrhein-Westfalen vom 8. April 1952, zuletzt geändert durch § 130 Abs. 1 Nr. 1 Schulgesetz NRW vom 15. Februar 2005 - GV.NRW. S. 102 - zitiert nach juris) sind Privatschulen dann Ersatzschulen, wenn im Lande entsprechende öffentliche Schulen allgemein bestehen oder grundsätzlich vorgesehen sind. Insoweit hat die Beschwerdeführerin im Verfahren - unwidersprochen - vorgetragen, im Lande Nordrhein-Westfalen existierten weitere Schulen für pharmazeutisch-technische Assistenten, die in öffentlicher Trägerschaft stünden. Damit handelt es sich bei der Schule der Beschwerdeführerin um eine Ersatzschule im Sinne dieses Gesetzes. Mithin handelt es sich bei der Schule auch um eine Schule, mit der Schüler, die noch der Berufsschulpflicht unterliegen, diese erfüllen können. Hieraus ergibt sich wiederum, dass auch nach den vom Gesetzgeber des SGB VII zugrunde gelegten Kriterien die Schüler der Schule bei dem Unfallversicherungsträger im Landesbereich versichert sind.
Dem kann die Beschwerdegegnerin nicht entgegen halten, bei den Schülern der Schule handele es sich um Lernende während der beruflichen Aus- und Fortbildung in Betriebsstätten, Lehrwerkstätten, Schulungskursen und ähnlichen Einrichtungen nach § 2 Abs. 1 Nr. 2 SGB VII. Für derartige Lernende ist in der Tat unbestritten, dass diese auch nach der Neukodifizierung des Rechts der gesetzlichen Unfallversicherung im SGB VII bei den Fachberufsgenossenschaften versichert sind (vgl. hierzu erneut Wannagat a.a.O. Rdnr. 26; Bereiter-Hahn/Mehrtens, Gesetzliche Unfallversicherung, Loseblattsammlung, § 2 SGB VII Anm. 7.4 auch zum Nachstehenden; Riebel in Keller -Hrsg.- , Hauck. Sozialgesetzbuch VII - Gesetzliche Unfallversicherung, § 2 Rdnr. 34).
Dem ist schon entgegen zu halten, dass § 2 Abs.1 Nr. 2 SGB VII nur den Versicherungsschutz außerhalb der in § 2 Abs. 1 Nr. 8 SGB VII geregelten schulischen Berufsbildung regeln soll (Wiester in Brackmann, Handbuch der Sozialversicherung, § 2 SGB VII Rdnr. 334,357). Immer dann, wenn also die Voraussetzungen des § § 2 Abs. 1 Nr. 8 SGB VII erfüllt sind, kommt eine Anwendung von § 2 Abs.1 Nr. 2 SGB VII nicht mehr in Betracht. § 2 Abs. 1 Nr. 8 b) SGB VII erfasst aber gerade Schüler während des Besuchs berufsbildender Schulen. Da es sich bei der hier streitgegenständlichen Schule aber - wie gezeigt - um eine berufsbildende Schule handelt, scheidet schon deswegen die Anwendung von § 2 Abs.1 Nr. 2 SGB VII aus.
Lernende in derartigen Einrichtungen sind Personen jeglichen Alters, die sich außerhalb der gesetzlichen Berufsschulpflicht aufgrund persönlicher Initiative beruflich aus- und fortbilden. Hierin ist der entscheidende Unterschied zwischen § 2 Abs. 1 Nr. 2 und § 2 Abs. 1 Nr. 8b SGB VII zu sehen. Immer dann, wenn die Lernenden der Schule mit dem Besuch der Schule ihre Berufsschulpflicht erfüllen oder jedenfalls wegen des Besuchs der Schule von der Berufsschulpflicht befreit werden können, greift die Spezialregelung in § 2 Abs. 1 Nr. 8 b SGB VII, was wiederum zur Folge hat, dass die Schüler in Anwendung von § 128 Abs. 1 Nr. 3 SGB VII bei dem Unfallversicherungsträger im Landesbereich versichert sind. Berufsbildende Schulen im Sinne dieser Vorschrift sind daher auch vollschulische Ausbildungen, die - wie hier - durch das PTAG im Aufbau des Bildungssystems vorgesehen sind. Fachschulen sind lediglich dann nicht unter § 128 Abs. 1 Nr. 3 SGB VII zu subsumieren, wenn sie einer vertieften Ausbildung dienen und in der Regel nach einer ausreichenden, praktischen Berufsausbildung besucht werden (vgl. erneut Bereiter-Hahn/Mehrtens a.a.O. Anm. 18.3 unter spezifischem Hinweis auf die Rechtslage in Nordrhein-Westfalen; vgl. auch Graeff in Hauck, Sozialgesetzbuch, § 128 SGB VII Rdnr. 5 ebenfalls unter Bezug auf die Gesetzesmaterialien).
Die Kostenentscheidung beruht auf der Anwendung von § 197a SGG. Die Beschwerdegegnerin hat nach § 197a Abs. 1 Satz 1 2. Halbsatz SGG i.V.m. § 154 Abs. 1 Verwaltungsgerichtsordnung die Kosten des Verfahrens zu tragen.
Streitwertbeschluss:
Der Streitwert wird für beide Instanzen auf jeweils 2.072,00 EUR festgesetzt.
Bei der Festsetzung des Streitwertes in Anwendung von § 13 GKG orientiert sich der Senat an den Regelungen im Streitwertkatalog der Verwaltungsgerichtsbarkeit (abgedruckt bei Redeker/v. Oertzen, VwGO, 14. Aufl., § 165 Rn 19; Schoch/Schmidt-Aßmann/Pietzner, VwGO, § 163 Rn 3). Nach Abschnitt II, Stichwort Abgabenrecht ist bei dem Streit um Abgaben (hierunter sind auch Beiträge - wie hier - zu fassen) der Streitwert nach dem Wert der streitigen Abgabe zu bemessen. Für Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes beträgt der Streitwert nach Abschnitt I Nr. 7 des Katalogs in der Regel 1/2 des im Hauptsacheverfahrens umstrittenen Wertes. In den Fällen des § 80 Abs. 2 Nr. 1 VWGO, der eine gleich lautende Regelung mit § 86a Abs. 2 Nr. 1 SGG enthält, ist der Streitwert indes auf 1/4 des für das Hauptsacheverfahren anzunehmenden Streitwertes anzusetzen.