Verwaltungsgericht Lüneburg
v. 12.02.2004, Az.: 6 A 38/02
Aufenthalt in JVA; gewöhnlicher Aufenthalt; Jugendhilfe; Kostenerstattung zwischen Trägern der Jugendhilfe; örtliche Zuständigkeit
Bibliographie
- Gericht
- VG Lüneburg
- Datum
- 12.02.2004
- Aktenzeichen
- 6 A 38/02
- Entscheidungsform
- Gerichtsbescheid
- Referenz
- WKRS 2004, 50481
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- [keine Angabe]
Rechtsgrundlagen
- § 86 SGB 8
- § 86a SGB 8
- § 86c SGB 8
- § 89c Abs 1 SGB 8
- § 89e SGB 8
- § 30 Abs 3 SGB 1
- § 109 BSHG
Amtlicher Leitsatz
Leitsatz
Ein Strafhäftling kann zuständigkeitsbegründend i.S. des § 86 SGB VIII seinen gewöhnlichen Aufenthalt in einer JVA haben.
Tatbestand:
Mit der Klage begehrt die Klägerin vom Beklagten die Erstattung von Jugendhilfeleistungen, die sie für (C.) in der Zeit vom 2. Oktober 1997 bis zum 31. Mai 2000 aufgewendet hat.
(C.) ist am 27. Dezember 1979 geboren. Ihre Mutter verstarb im Jahre 1986. Frau (D.) erhielt seit 1990 Jugendhilfeleistungen und zwar zunächst Vollzeitpflege in einer Familie im Landkreis Peine. Dieser war der nach § 86 Abs. 6 SGB VIII zuständige Jugendhilfeträger. Die Klägerin war nach § 89 a Abs. 1 SGB VIII erstattungspflichtig, weil der Vater von Frau (D.) seinen gewöhnlichen Aufenthalt in Hannover hatte. Diese Jugendhilfemaßnahme endete am 6. Juli 1994.
Frau (D.) zog vorübergehend zu ihrem Stiefvater in den Landkreis Peine.
Seit dem 15. September 1994 erhielt Frau (D.) Heimerziehung (§ 34 SGB VIII) im (E.) in (F.). Die Klägerin sah sich als örtlich zuständiger Jugendhilfeträger nach § 86 Abs. 1 SGB VIII an, weil der Vater von Frau (D.) seinen gewöhnlichen Aufenthalt im Bereich der Klägerin hatte.
Zum 1. April 1997 wechselt die Frau (D.) unter Beibehaltung der Hilfeform und der örtlichen Zuständigkeit der Klägerin in eine Einrichtung des VSE in (F.) über.
Ab dem 27. Dezember 1997 (Volljährigkeit von Frau (D.)) erhielt diese Heimerziehung in der Form für Hilfe für junge Volljährige. Die Kosten wurden von der Klägerin vorläufig nach § 86 c SGB VIII weiter übernommen.
Der Vater von Frau (D.) befand sich ab 4. März 1997 in Strafhaft und zwar zunächst in der JVA (G.) und dann ab dem 29. Juni 1997 in der JVA (H.). In (H.) befand er sich in der sogenannten Freigängerabteilung.
Bereits zum 2. Oktober 1997 hatte er sich mit ersten Wohnsitz in (I.), im Zuständigkeitsbereich des Beklagten, angemeldet. Dort wohnte seine Familie. In der Zeit vom 2. Oktober 1997 bis zum Jahresende 1997 hatte Herr (D.) nach einer Auskunft der Justizvollzugsanstalt (H.) an 27 Tagen Urlaub. Haftende war der 5. Februar 1998; Herr (D.) wurde nach (I.) entlassen, zog dann am 8. Dezember 1998 nach (H.) um.
Die Maßnahmen der Jugendhilfe endeten am 31. Mai 2000.
Mit Schreiben vom 20. Januar 1998 hatte die Klägerin gegenüber dem Beklagten einen Kostenerstattungsanspruch mit der Begründung geltend gemacht, dass dieser seit dem 2. Oktober 1997 der nach § 86 Abs. 1 Satz 3 SGB VIII örtlich zuständige Jugendhilfeträger sei, weil der Vater von Frau (D.) zu diesem Zeitpunkt seinen Hauptwohnsitz und damit seinen gewöhnlichen Aufenthalt im Bereich des Beklagten gehabt habe.
Dies lehnte der Beklagte mit Schreiben vom 25. März 1998 ab. Er vertrat die Auffassung, dass es wegen der Inhaftierung von Herrn (B.) diesem unmöglich gewesen sei, den gewöhnlichen Aufenthalt in der Gemeinde (I.) zu begründen. Dies sei erst nach Haftentlassung möglich gewesen. Zu diesem Zeitpunkt sei Frau (D.) jedoch bereits volljährig gewesen, so dass die örtliche Zuständigkeit der Klägerin gem. § 86 a Abs. 4 SGB VIII weiterhin gegeben gewesen sei.
Mit Schreiben vom 11. März 1998 erweiterte die Klägerin ihren Kostenerstattungsanspruch in zeitlicher Hinsicht und erneuerte ihren Standpunkt mit weiterem Schreiben vom 13. Januar 1999. Herr (D.) habe seinen Lebensmittelpunkt vor der Inhaftierung in dem Haushalt seiner Familie gehabt. Mit dem Umzug der Familie in die Gemeinde (I.) habe auch Herr (D.) seinen gewöhnlichen Aufenthalt in (H.) aufgegeben und den gewöhnlichen Aufenthalt in (I.) wiederum bei seiner Familie genommen. Damit habe der gewöhnliche Aufenthalt vor der Haftentlassung von Herrn (D.) gewechselt.
Nachdem der Beklagte mit Schreiben vom 14. Juli 1999 dieser Auffassung erneut entgegen getreten war, hat die Klägerin am 19. Dezember 2001 die Klage erhoben und zwar beim VG Hannover, das diese dann durch Beschluss vom 29. Januar 2002 an das erkennende Gericht verwiesen hat.
Zur Begründung ihrer auf die Erstattung von Jugendhilfekosten in Höhe von 155.434,11 DM für den Zeitraum vom 2. Oktober 1997 bis zum 31. Mai 2000 gerichteten Klage trägt die Klägerin zur Begründung im Wesentlichen folgendes vor:
Der gewöhnliche Aufenthalt des Vaters von Frau (D.) habe sich zunächst bei seiner Familie in ihrem - der Klägerin - Zuständigkeitsbereich befunden. Der gewöhnliche Aufenthalt sei auch nicht durch Eintritt in die JVA entfallen, sondern habe sich mit dem Umzug der Familie (und der Ummeldung) nach (I.) verlagert. Eindeutig sei insofern der subjektive Wille von Herrn (D.) zur Begründung des gewöhnlichen Aufenthaltes. Auch die objektive Begründung sei ausreichend, weil er als Freigänger in der Lage war, mit seiner Familie im Bereich des Beklagten zu leben. Zwar sei es auch möglich, einen gewöhnlichen Aufenthalt in einer JVA zu begründen. Hierzu müsste jedoch die Voraussetzung erfüllt sein, dass dieser Aufenthalt für einen längeren fast unbefristeten Zeitraum vorgesehen sei und eine Rückkehr an den bisherigen Wohnort nicht vorgesehen oder möglich sei. Dieser Tatbestand habe hier jedoch nicht vorgelegen, da der Kindesvater eine enge Verbindung zu seiner Familie gehabt und als Freigänger diese Möglichkeit auch genutzt habe. Dass der Kindesvater bereits am 8. Dezember 1998 wieder zurück in den Bereich der Klägerin gezogen sei sei unerheblich, da sich die Zuständigkeit ab Volljährigkeit nach § 86 a Abs. 4 SGB VIII richte.
Die Klägerin beantragt,
den Beklagten zu verpflichten, die in dem Zeitraum vom 2. Oktober 1997 bis zum 31. Mai 2000 aufgewendeten Jugendhilfekosten für (J.) in Höhe von 79.472,20 EUR (entspricht 155.434,11 DM) zu erstatten.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Er trägt vor:
Nach ständiger Entscheidungspraxis der Zentralen Spruchstelle begründe eine Person den gewöhnlichen Aufenthalt, wenn sie den Willen oder die Absicht habe, diesen Ort bis auf weiteres, also nicht nur vorübergehend oder besuchsweise zum Mittelpunkt ihrer Lebensbeziehung zu machen (subjektive Seite) und dies auch verwirklicht (objektive Seite), soweit dem nicht objektive Hinderungsgründe entgegen stehen. Hier fehle es an der objektiven Voraussetzung. Herr (D.) sei vom 4. März 1997 bis zum 5. Februar 1998 in Strafhaft gewesen. Nach der Spruchpraxis entfalle bei einem Zwangsaufenthalt wie der Inhaftierung grundsätzlich das subjektive Element; allein entscheidend seien die objektiven Umstände. Darauf hinzuweisen sei, dass auch in einer Strafvollzugsanstalt ein die örtliche Zuständigkeit des Jugendhilfeträgers bestimmender gewöhnlicher Aufenthalt begründet werden könne. Hilfsweise sei darauf aufmerksam zu machen, dass Herr (D.) bereits am 8. Dezember 1998 wieder in den Zuständigkeitsbereich der Klägerin verzogen sei. Die übrige Familie (D.) sei am 3. Dezember 1998 in den Bereich des Landkreises (H.) verzogen.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtsakte sowie die beigezogenen Verwaltungsvorgänge der Beteiligten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
Die Klage ist unbegründet.
Die Klägerin hat gegen den Beklagten keinen Anspruch auf Erstattung von Jugendhilfeleistungen, die sie für (C.) in der Zeit vom 2. Oktober 1997 bis zum 31. Mai 2000 aufgewendet hat.
Als - von den Beteiligten nicht diskutierte, aber offensichtlich vorausgesetzte - Anspruchsgrundlage kommt allenfalls § 89 c Abs. 1 Satz 1 SGB VIII in Betracht. Danach sind Kosten, die ein örtlicher Träger im Rahmen seiner Verpflichtung nach § 86 c aufgewendet hat, von dem örtlichen Träger zu erstatten, der nach dem Wechsel der örtlichen Zuständigkeit zuständig geworden ist. Nach § 86 c SGB VIII bleibt der bisher örtlich zuständige Träger bei einem Wechsel der örtlichen Zuständigkeit so lange zur Gewährung der Leistung verpflichtet, bis der nunmehr örtlich zuständige Träger die Leistung fortsetzt.
Unstreitig gehen die Beteiligten davon aus, dass die Klägerin bis zum 1. Oktober 1997 der (nach § 86 Abs. 1 Satz 3 SGB VIII) zuständige Jugendhilfeträger war.
Die Auffassung der Klägerin, im Zeitpunkt der ordnungsbehördlichen Ummeldung des Vaters von Frau (D.) am 2. Oktober 1997 nach (I.) im Bereich des Beklagten habe die örtliche Zuständigkeit gewechselt, ist unzutreffend.
Um festzustellen, ob ein Wechsel stattgefunden hat, muss zunächst festgestellt werden, wo zu diesem Zeitpunkt der gewöhnliche Aufenthalt des Vaters von Frau (D.), auf den es hier ankommt, war. Dieser lag im Bereich der Klägerin. Denn entweder hatte er seinen gewöhnlichen Aufenthalt an seinem bisherigen Wohnsitz vor der Inhaftierung, also im Bereich der Klägerin oder aber er hatte seit seiner Inhaftierung den gewöhnlichen Aufenthalt in dem Bereich des Trägers, in dem sich die Justizvollzugsanstalt befand. Unabhängig von der unten zu erörternden Frage, ob ein Strafhäftling in einer Justizvollzugsanstalt seinen gewöhnlichen Aufenthalt begründen kann, würde dies kein anderes Ergebnis bringen. Da er seit dem 4. März 1997 in der Justizvollzugsanstalt (G.) und sodann seit dem 29. Juni 1997 in der Justizvollzugsanstalt (H.) war, wäre seit dieser Verlegung wiederum die Klägerin der örtlich zuständige Jugendhilfeträger.
Somit ist davon auszugehen, dass bis zum 1. Oktober 1997 die Klägerin örtlich zuständiger Jugendhilfeträger war. Diese Zuständigkeit wechselte am 2. Oktober 1997 nicht. Zu diesem Zeitpunkt hat der Vater von Frau (D.) keinen neuen gewöhnlichen Aufenthalt begründet. Was ein gewöhnlicher Aufenthalt ist, ist in § 30 Abs. 3 Satz 2 SGB I definiert. Die Vorschrift lautet:
„Den gewöhnlichen Aufenthalt hat jemand dort, wo er sich unter Umständen aufhält, die erkennen lassen, dass er an diesem Ort oder in diesem Gebiet nicht nur vorübergehend verweilt“.
Die Anwendbarkeit dieser Vorschrift auf das Jugendhilferecht hat das Bundesverwaltungsgericht (BVerwGE 74, 206 [208]) für das JWG bejaht. Das etwas anderes für den Zeitraum seit Geltung des SGB VIII gelten würde, ist nicht ersichtlich. Diese gesetzliche Definition deckt sich im Wesentlichen mit der aus der ständigen Entscheidungspraxis der Zentralen Spruchstelle entwickelten Definition. Hat danach eine Person den Willen oder die Absicht einen Ort oder ein Gebiet bis auf weiteres, also nicht nur vorübergehend oder besuchsweise, zum Mittelpunkt ihrer Lebensbeziehung zu machen und stehen dem nicht objektive Hinderungsgründe entgegen, so begründet sie an diesem Ort oder in diesem Gebiet einen gewöhnlichen Aufenthalt (vgl. Entscheidung der Zentralen Spruchstelle v. 7.10.1999).
Nach diesen Definitionen ist davon auszugehen, dass der Vater von Frau (D.) in der jeweiligen Justizvollzugsanstalt seinen gewöhnlichen Aufenthalt hatte. Zunächst ist das Tatbestandsmerkmal „nicht nur vorübergehend“ erfüllt und zwar unabhängig davon, ob man auf den Gesamtzeitraum der Inhaftierung von 11 Monaten abstellt oder nur auf den Zeitraum in der JVA (H.), der gut 7 Monate betragen hat. Mit diesem Tatbestandsmerkmal sollen nicht nur besuchsweise und kurze vorübergehende Aufenthalte ausgeschlossen werden (die beispielsweise beim tatsächlichen Aufenthalt im Sinne des § 97 Abs. 1 BSHG eine Rolle spielen). Herr (D.) hielt sich in der JVA auch unter Umständen auf, die erkennen lassen, dass er dort verweilte. Er war im Strafvollzug. Trotz tageweiser Beurlaubung war dort sein gewöhnlicher Aufenthalt. Dies ist auch von der Zentralen Spruchstelle (Entscheidung v. 13.6.1996) für den Aufenthalt in einer Justizvollzugsanstalt so gewertet worden und zwar auch unter der Würdigung, dass es Ausgänge und Kurzurlaube gibt, dass aber bis zum Ende der Strafzeit ein Zwangsaufenthalt in der Justizvollzugsanstalt besteht. Auch nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (Urt. v. 6.4.1995 - 5 C 12.93 - zitiert nach Juris) bleibt der Aufenthalt eines Strafgefangenen auch bei Hafturlaub in der Justizvollzugsanstalt. Eine entsprechende gesetzliche Regelung findet sich in § 103 Abs. 2 BSHG, wonach auch bei einem vorübergehenden Verlassen einer Einrichtung der Aufenthalt in dieser fortbesteht. Diese Strafhaft sind „Umstände“ im Sinne der Definition des § 30 Abs. 3 Satz 2 SGB I, die einen anderen Wohnsitz als den der Justizvollzugsanstalt ausschließen.
Die Vorschriften des SGB VIII schließen die Begründung eines gewöhnlichen Aufenthalts in einer Justizvollzugsanstalt nicht aus. Dies zeigt gerade die Existenz der Vorschrift des § 89 e SGB VIII, der dem Schutz der Einrichtungsorte und zwar auch unter ausdrücklicher Nennung des Strafvollzugs dient. Eines derartigen Schutzes bedürfte es nicht, wenn man keinen gewöhnlichen Aufenthalt in einer Strafvollzugsanstalt begründen könnte, weil dann ohnehin der Träger zuständig wäre, in dem der Strafgefangene vor Antritt der Strafhaft seinen gewöhnlichen Aufenthalt hatte. Im SGB VIII fehlt es auch an einer dem § 109 BSHG vergleichbaren Vorschrift. Danach gilt als gewöhnlicher Aufenthalt nicht der Aufenthalt in einer Strafvollzugsanstalt. Das Fehlen dieser Fiktion im SGB VIII und die ausdrückliche Nennung in § 89 e SGB VIII ergibt somit, dass in Ausfüllung der insoweit vorgegebenen Definitionen ein Strafvollzugsangehöriger wie Herr (D.) in der Justizvollzugsanstalt seinen gewöhnlichen Aufenthalt haben kann.
Dieser Einzelfallwertung steht auch nicht die von der Klägerin zitierte Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts vom 4. Juni 1997 (NVwZ-RR 1997, S. 751 ff [BVerwG 04.06.1997 - BVerwG 1 C 25/96]) entgegen. In dem dort entschiedenen Fall hatte das Bundesverwaltungsgericht seinen Rechtsgrundsatz wiederholt, dass es eine Einzelfallfrage darstelle, ob bei der Verbüßung einer Freiheitsstrafe der Haftort den Ort des gewöhnlichen Aufenthalts darstelle und hatte daran anknüpfend für den Fall einer etwa zehnmonatigen Inhaftierung entschieden, dass der Häftling seinen gewöhnlichen Aufenthalt, den er vor Inhaftierung inne hatte, während dieser Zeit beibehalten hatte. Im vorliegenden Fall geht es jedoch nicht um die Frage, ob jemand während der Strafhaft seinen bisherigen gewöhnlichen Aufenthalt beibehält, sondern an die daran anknüpfende Fragestellung, ob bei Beibehaltung dieses gewöhnlichen Aufenthalts dieser durch Familienumzug und ordnungsbehördliche Ummeldung des Häftlings geändert werden kann. Dies ist grundsätzlich und auch aus den Gründen des hier vorliegenden Einzelfalles zu verneinen.
Das von der Klägerin vertretene Ergebnis, der gewöhnliche Aufenthalt von Herrn (D.) sei auch während der Strafhaft der Wohn- und Lebensmittelpunkt seiner Restfamilie und würde bei Umzug dieser Restfamilie sozusagen mitwandern, würde zu Ergebnissen führen, die nicht dem Sinn des § 86 SGB VIII entsprechen. Denn dann käme es entgegen der eindeutigen Bestimmung der Regelungen des § 86 SGB VIII nicht maßgeblich auf die Person des Vaters von (C.) an, sondern auf die Restfamilie. Dies könnte insbesondere bei Fragestellungen, wer die Restfamilie ist, ob sie evtl. aus mehreren Teilen besteht, zu Problemerweiterungen führen, die der Gesetzgeber bei der Bestimmung des örtlich zuständigen Jugendhilfeträgers nicht gewollt hat.
Auch im Einzelfall ist es so, dass nicht davon ausgegangen werden kann, Herr (D.) habe seinen gewöhnlichen Aufenthalt bei der sogenannten Restfamilie gehabt. Aus den Akten ergibt sich, dass diese Restfamilie offenbar aus seiner mit ihm seit 1995 verheirateten Ehefrau, deren Kindern und gemeinsamen Kindern bestanden hat. Die gemeinsamen Kinder sind ausweislich des jeweiligen Geburtsdatums vorehelich geborene Kinder. Die Wege von Herrn (D.) und der Restfamilie trennten sich spätestens bereits im Dezember 1998 wieder, weil sie unterschiedliche Wohnsitze nahmen. Die Ehe wurde dann im Jahre 2000 geschieden. Angesichts dieser Familiengeschichte vermittelt sich der Kammer nicht der Eindruck, als sei die Verbindung zwischen Herrn (D.) und seiner Familie derart eng gewesen, dass dieser trotz Inhaftierung seinen gewöhnlichen Aufenthalt bei der Restfamilie gehabt hätte.
Somit hatte Herr (D.) bis zur Haftentlassung am 5. Februar 1998 seinen gewöhnlichen Aufenthalt in der JVA (H.).
Während dieses gewöhnlichen Aufenthalts in (H.) mit der Folge der Zuständigkeit der Klägerin erfolgte eine Änderung der Hilfeform innerhalb derselben Hilfeart, weil die bisherige Heimerziehung nach § 34 SGB VIII umgewandelt wurde in die Hilfe für junge Volljährige nach § 41 SGB VIII. § 86 a Abs. 4 SGB VIII schreibt für diese Fälle vor, dass bei einer derartigen Änderung der örtliche Träger zuständig bleibt, der bis zu diesem Zeitpunkt zuständig war. Das hat zur Folge, dass die Klägerin bis zum Ende der Hilfe für junge Volljährige am 31. Mai 2000 der örtlich zuständige Jugendhilfeträger war. Da somit kein Wechsel der Zuständigkeit bis zum Ende des streitbefangenen Zeitraumes stattgefunden hat, besteht kein Erstattungsanspruch.
Die Klägerin hat die Kosten gemäß § 154 Abs. 1 VwGO zu tragen. Das Verfahren ist gerichtskostenfrei gemäß § 188 Satz 2 VwGO a.F., weil das Klageverfahren vor dem 1. Januar 2002 anhängig gemacht worden ist.
Gründe für die Zulassung der Berufung liegen nicht vor.