Verwaltungsgericht Oldenburg
Urt. v. 29.06.2004, Az.: 1 A 1048/02

Kernkraftwerk; Kühlwasser; Wasserentnahmegebühr

Bibliographie

Gericht
VG Oldenburg
Datum
29.06.2004
Aktenzeichen
1 A 1048/02
Entscheidungsform
Urteil
Referenz
WKRS 2004, 50649
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
[keine Angabe]

Verfahrensgang

nachfolgend
OVG Niedersachsen - 29.06.2006 - AZ: 13 LC 356/04
BVerwG - 30.05.2007 - AZ: BVerwG 10 B 56.06
BVerfG - 20.01.2010 - AZ: 1 BvR 1801/07

Amtlicher Leitsatz

Leitsatz

Verfassungsrechtlichen Bedenken an der Regelung zur Erhebung von Wasserentnahmegebühren für das Entnehmen und Ableiten von Wasser aus oberirdischen Gewässern zur Kühlung bestehen nicht, dies gilt auch für die 1999 erfolgte Erhöhung dieser Gebühr auf 0,02 Pfennig je m³.

Tenor:

Die Klage wird abgewiesen.

Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens; insoweit ist das Urteil gegen Sicherheitsleistung in Höhe des beizutreibenden Betrages vorläufig vollstreckbar.

Die Berufung wird zugelassen.

Tatbestand:

1

Die Klägerin wendet sich gegen die Festsetzung einer Wasserentnahmegebühr.

2

Die Klägerin ist ein Energieunternehmen. Sie entnimmt gem. § 4 Abs. 1 Nr. 1 NWG entsprechend einer ihrer Rechtsvorgängerin am 9. Juli 1973 erteilten wasserrechtlichen Erlaubnis für den Betrieb ihres Kernkraftwerkes Unterweser in der Gemeinde Stadland Wasser aus einem oberirdischen Gewässer, der Weser, zu Kühlzwecken.

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Mit Bescheid vom 7. April 2000 zog die Beklagte die Rechtsvorgängerin der Klägerin hinsichtlich dieses Kraftwerkes u.a. für den Veranlagungszeitraum 1999 zu einer Wasserentnahmegebühr von 30.707.280,-- DM (15.700.382,96 Euro) heran.

4

Die Rechtsvorgängerin der Klägerin erhob hiergegen Widerspruch. Zur Begründung führte sie aus: Die Ermächtigungsgrundlage für die Erhebung im Niedersächsischen Wassergesetz stehe spätestens mit der letzten Erhöhung des Gebührensatzes für die Entnahme von Oberflächenwasser zu Kühlzwecken auf 0,02 DM je m³ nicht im Einklang mit dem Grundgesetz. Die Wasserentnahmegebühr lasse sich nicht als Vorteilsabschöpfungsabgabe rechtfertigen. Der Gebührensatz von 0,02 DM je m³ liege bereits mindestens 33 % über dem tatsächlichen Wert der Kühlwasserentnahme. Zwar weise das Entnahmerecht aufgrund der öffentlichen Bewirtschaftung des Wassers und dessen bisher nicht vorhandener Kommerzialisierung keinen Marktpreis auf, den eine Gebühr äquivalent quantifizieren könnte. Es müsse in derartigen Fällen aber auf Hilfsmaßstäbe zurück gegriffen werden, die zumindest indizierten, was ein Käufer auf einem hypothetischen Markt aufwenden würde, um die staatliche Leistung zu erhalten. Hier könne als tauglicher Hilfsmaßstab allein der Betrag dienen, den man aufwenden müsste, um Kraftwerke statt mit einer Frischwasser- mit einer Kreislaufkühlung zu betreiben. Daraus ergebe sich ein ökonomisch gewichteter Nutzen des Kühlwassers zwischen 1,0 bis 1,5 Pfennig je m³. Der geltende Satz von 2 Pfennig je m³ überschreite diesen Vorteil um 33 % bis 100 %. Es handele sich deshalb bei der Wasserentnahmegebühr richtigerweise um eine Steuer. Mangels Gesetzgebungskompetenz des Landes Niedersachsen sei diese Steuer verfassungswidrig. Auch als Lenkungsabgabe könne die niedersächsische Wasserentnahmegebühr nicht gerechtfertigt werden, da das Lenkungsziel dem Gesetz nicht mit hinreichender Genauigkeit entnommen werden könne, die Abgabe keinen gesetzlich legitimen Zweck verfolge und auch nicht geeignet, erforderlich und angemessen sei.

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Die Beklagte wies den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 20. Februar 2002 aus folgenden Gründen zurück: Rechtsgrundlage für die Erhebung seien die §§ 47, 47 a Abs. 1 NWG i.V.m. Nr. 2.1 der Anlage zum NWG in der Fassung vom 25. März 1998, geändert durch Gesetz vom 21. Januar 1999. Danach sei für die Entnahme von Wasser aus oberirdischen Gewässern eine Gebühr zu erheben, und zwar in Höhe von 0,02 DM je m³. Diese Vorschriften seien gültig. Das Wasserentnahmeentgelt stelle nicht, wie für Steuer und Sonderabgaben charakteristisch, eine von einer Gegenleistung unabhängige Abgabe dar. Sie sei vielmehr als Gegenleistung für eine dem jeweiligen Abgabeverpflichteten individuell zurechenbare öffentliche Leistung zu sehen. Die Ressource Wasser sei als Allgemeingut durch die Wassergesetze dem freien Zugriff Einzelner entzogen. Die Wasserentnahme bedürfe vielmehr einer Erlaubnis, auf die kein Anspruch bestehe. Der Gewässerbenutzer genieße mit dieser Erlaubnis einen Sondervorteil, der, solange die Erlaubnis bestehe, fortlaufend gewährt werde. Dieser Vorteil werde nicht abgegolten, wenn für die wasserrechtliche Gestattung eine Verwaltungsgebühr erhoben werde. Denn letztere knüpfe an die in dem Erlass des Erlaubnisbescheides liegende Amtshandlung an, während das hier in Rede stehende Entgelt die Wasserentnahme betreffe. Durch die Erhebung der Gebühr werde der so gewährte wirtschaftlich verwertbare Vermögensvorteil zumindest teilweise abgeschöpft. Ein Missverhältnis zwischen Gebühr und staatlicher Leistung liege nicht vor. Bei Einführung der Wasserentnahmegebühr 1992 habe der Gesetzgeber den Gebührensatz für die Entnahme von Oberflächenwasser zu Kühlzwecken auf 1 Pfennig je m³ festgelegt, um den Vorteil wenigstens teilweise abzuschöpfen. Er habe sich damit für einen Gebührensatz zur Einführung entschieden, der angesichts des Wertes des eingeräumten Vorteils als Einstieg zu sehen gewesen sei. Die danach vorgenommene Erhöhung des Gebührensatzes sei schrittweise erfolgt, wie dies im Rahmen der Anhörung zum Regierungsentwurf bereits vorgeschlagen gewesen sei. Es sei zunächst eine Anhebung auf 1,5 Pfennig je m³ durch das Haushaltsbegleitgesetz 1997 erfolgt und erst mit dem Haushaltsbegleitgesetz 1999 der Gebührensatz dann auf 2 Pfennig je m³ angehoben worden. Damit sei die Kühlwasser nutzende Industrie stufenweise an den jetzt geltenden Gebührensatz herangeführt worden. Es bestehe kein Anspruch darauf, dass die anfangs bestehende Regelung einer stärker eingeschränkten Vorteilsabschöpfung erhalten bleibe. Ein Verstoß gegen das Verbot des Gewinnprinzips bei der Erhebung von Wasserentnahmeentgelten liege nicht vor. Es existiere für Wasser kein wirtschaftlicher Marktwert. Einen gut vertretbaren Bewertungsansatz für den erlangten Vorteil durch die Wasserentnahme habe jedoch Mußgnug (Beiakte A, S. 117ff) dargestellt. Danach solle Anhaltspunkt der Wasserabgabepreis der öffentlichen Wasserversorgung sein. Es liege auf der Hand, dass der wirtschaftliche Wert des entnommenen, aufbereiteten und dem Endverbraucher zugeleiteten Wassers höher anzusetzen sei, als der des Wassers, das der Entnehmer auf eigene Kosten ableiten und aufbereiten müsse. Unangemessen sei demnach ein Wasserentnahmeentgelt, das seiner Höhe nach dem Abgabepreis für Trinkwasser näher rücke. Das Entgelt müsse mithin einen deutlichen Abstand von den Benutzungspreisen der öffentlichen Wasserversorgung wahren. Dies sei bei einem Spitzensatz von 0,10 DM pro m³ und einem Wasserabgabepreis von 1,-- DM pro m³ gegeben. Für Niedersachsen bedeute dies: Die Entnahmegebühr für die öffentliche Wasserversorgung liege derzeit bei 0,10 DM je m³. Der durchschnittliche Bezugspreis von Trinkwasser betrage 2,50 DM je m³ und damit das 25-fache der Gebühr. Angesichts des sehr geringen Anteils der Wasserentnahmegebühr stehe das angemessene Verhältnis zum Abgabepreis des Trinkwassers außer Frage. Die Wasserentnahmegebühr für Kühlzwecke in Höhe von 0,02 DM je m³ betrage 20 % der Gebühr für die öffentliche Wasserversorgung. Die von der Klägerin vorgeschlagene Bestimmung des Vorteils der Wasserentnahme nach dem Betrag, der aufgewandt werden müsse, um Kraftwerke statt mit einer Frischwasser- mit einer Kreislaufkühlung zu betreiben, könne sie nicht nachvollziehen. Die Folgen der Entnahme des Wassers und der Wiedereinleitung des erwärmten Kühlwassers blieben dabei außer Ansatz. Die Wasserentnahmegebühr diene aber gerade der Geltendmachung dieser Umweltkosten. Sie verweise zudem darauf, dass das Bundesverfassungsgericht in einer Entscheidung vom 7. November 1995 ausgeführt habe, dass selbst bei einem Höchstsatz einer Grundwasserabgabe von 1,-- DM je m³ ein Übersteigen des Wertes der öffentlichen Leistung nicht ersichtlich sei. Die in dem Verfahren vor dem Bundesverfassungsgericht nicht beanstandeten Regelungen des Baden-Württembergischen Wassergesetzes hätten ein Entgelt für die Entnahme von Wasser aus oberirdischen Gewässern von bis zu 4 Pfennig je m³ vorgesehen. Folglich führe auch hier bereits der Charakter des Wasserentnahmeentgeltes als Vorteilsabschöpfungsabgabe im Rahmen einer öffentlich-rechtlichen Nutzungsregelung zur sachlichen Legitimation. Ob auch die Lenkungsfunktion der Wasserentnahmeabgabe eine sachliche Rechtfertigung darstelle, könne nach der Auffassung des Bundesverfassungsgerichts ausdrücklich dahin stehen. In Niedersachsen werde die sachliche Rechtfertigung der Wasserentnahmegebühr als Vorteilsabschöpfungsabgabe durch die Lenkungsfunktion der Gebühr allerdings besonders verstärkt.

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Die Klägerin hat am 13. März 2002 Klage erhoben. Sie trägt ergänzend vor: Sie halte daran fest, dass die Wasserentnahmegebühr nicht als Vorteilsabschöpfungsabgabe gerechtfertigt werden könne. Entgegen der Ansicht der Beklagten könne das Gutachten von Mußgnug nicht zur Ermittlung des wirtschaftlichen Wertes der Entnahme von Oberflächenwasser zu Kühlzwecken herangezogen werden. Durch die Annahme, dass eine Wasserentnahmegebühr, die in ihrer Höhe dem Abgabepreis für Trinkwasser nahe rücke, mit Sicherheit unangemessen sei, führe Mußgnug lediglich aus, ab wann eine Gebühr vorliege, die zwingend rechtswidrig sei. Der von der Beklagten gezogene Schluss, dass jegliche Gebühren bis zu dieser Höhe beliebig im Einklang mit der Rechtsordnung festgesetzt werden könnten, könne dem Gutachten dagegen nicht entnommen werden. Zudem sei hier zu berücksichtigen, dass bei der Durchlaufkühlung das Wasser selbst vollständig wieder an den Fluss abgegeben werde. Genutzt werde lediglich die im Vergleich zum betrieblichen Wasser geringere Temperatur. Die Bewertung dieses Vorteils sei einfach möglich, da es zur Durchlaufkühlung grundsätzlich eine technische Alternative, nämlich die Kreislaufkühlung gebe. Aus einer von ihr hierzu in Auftrag gegebenen Studie ergebe sich, dass der ökonomisch gewichtige Nutzen des Kühlwassers lediglich zwischen 0,83 Pfennig je m³ bis maximal 1,37 Pfennig je m³ liege. Entgegen der Annahme der Beklagten könnten sogenannte Umweltkosten insofern keine Berücksichtigung finden. Ökologische Aspekte und der daraus folgende Wert des Wassers seien vielmehr primär bei der Entscheidung zu berücksichtigen, ob die Nutzung des Wassers zulässig sei oder nicht. Sekundär sei diese Frage zwar auch abgabenrechtlich relevant, dies aber nur insoweit, als es um Lenkungsaspekte gehe. Zudem sei nicht belegt und auch nicht belegbar, dass aufgrund der Durchlaufkühlung Umweltkosten anfielen. Der Hinweis der Beklagten, dass das Bundesverfassungsgericht die Entscheidung des Baden-Württembergischen Wassergesetzes nicht beanstandet habe, in dem ein Gebührensatz für die Entnahme von Oberflächenwasser von bis zu 0,04 Pfennig je m³ vorgesehen sei, sei ebenfalls unergiebig. Dieser Gebührensatz sei nicht für die Entnahme von Oberflächenwasser zu Kühlzwecken vorgesehen gewesen, hierfür habe lediglich der Gebührensatz von 0,01 Pfennig je m³ gegolten. Dieser Wert werde mit dem vorliegenden Beitragsbescheid um 100 % überschritten. Es sei mithin weiterhin anzunehmen, dass es sich bei der Wasserentnahmegebühr um eine Steuer handele. Aus den im Widerspruchsverfahren genannten Gründen, die die Klägerin im Klageverfahren vertieft, sei eine Rechtfertigung als Lenkungsabgabe jedoch nicht möglich.

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Die Klägerin beantragt,

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den Bescheid der Beklagten vom 7. April 2000 und ihren Widerspruchsbescheid vom 20. Februar 2002 aufzuheben, soweit darin die Wasserentnahmegebühr für das Veranlagungsjahr 1999 festgesetzt wird.

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Die Beklagte beantragt,

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die Klage abzuweisen.

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Sie trägt ergänzend vor: Die Wasserentnahmegebühr sei als Vorteilsabschöpfungsabgabe gerechtfertigt. Wegen der Knappheit der Ressource Wasser sei bei der Ermittlung des Vorteils ein weiter Kostenbegriff anzuwenden, der nicht auf einen betriebswirtschaftlich- individuellen Ansatz beschränkt sein dürfe. Es gehe vielmehr um eine volkswirtschaftlich-ökologische Kostendimension. In die Berechnungen des Vorteils der Kühlwasserentnahme seien unter Ressourcengesichtspunkten die Kosten einzubeziehen, die durch die Entnahme und Wiedereinleitung des erwärmten Kühlwasser in das Gewässer einträten. Die damit einher gehenden Umweltkosten könnten anhand von zwei Tatbeständen greifbar gemacht werden. Die Wiedereinleitung von erwärmtem Wasser führe zu biozynotischen Veränderungen, also zur Verschlechterung der angestammten ökologischen Qualität des Ökosystems des Gewässers. Außerdem führe die Entnahme von Wasser zu Verlusten von Lebewesen. Demgegenüber stelle die von der Klägerin vorgeschlagene Ermittlung des Vorteils aufgrund der Einsparung von Wasser durch die Kreislaufkühlung keine Annäherung an den im Rahmen der Gewässerbewirtschaftung maßgeblichen volkswirtschaftlichen Werteverzehr dar, sondern konzentriere sich allein auf betriebswirtschaftliche Interna des Wassernutzers. Es könne nicht akzeptiert werden, dass die Klägerin den ihr durch die Nutzung der Ressource Wasser bei der Herstellung von Energie zuwachsenden Vorteil des Produktionsfaktors Wasser durch die Vermeidungskosten eines Teils des Produktionsfaktors Wasser beschreiben und bewerten wolle. Aus dem im Widerspruchsbescheid genannten Gründen, die die Beklagte im Klageverfahren vertieft, sei darüber hinaus eine Rechtfertigung der Wasserentnahmegebühr auch durch ihre Lenkungsfunktion gerechtfertigt.

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Wegen des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten im einzelnen wird auf die Gerichtsakte und die beigezogenen Verwaltungsvorgänge der Beklagten Bezug genommen; sie sind Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen.

Entscheidungsgründe

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Die Klage ist zulässig, aber unbegründet. Die Heranziehung der Klägerin zu Wasserentnahmegebühren für den Veranlagungszeitraum 1999 ist weder dem Grunde noch der Höhe nach zu beanstanden. Sie findet ihre Rechtsgrundlage in §§ 47, 47 a bis h des Niedersächsischen Wassergesetzes - NWG - in der Fassung vom 25. März 1998 (Nds. GVBl. S. 347), geändert durch Gesetz vom 21. Januar 1999 (Nds. GVBl. S. 10) i.V.m. Nr. 2.1. der Anlage zu § 47a Abs. 1 NWG. Nach § 47 Abs. 1 NWG erhebt das Land Niedersachsen für Gewässerbenutzungen nach § 4 Abs.1 Nr. 1 bis 7 NWG von den Benutzern (§ 47b Abs. 1 NWG) Gebühren, deren Höhe sich nach § 47a NWG i.V.m. der Anlage zu dieser Vorschrift richtet. Nach Nr. 2.1. der Anlage zu § 47a Abs. 1 NWG ist für das Entnehmen und Ableiten von Wasser aus oberirdischen Gewässern zur Kühlung - wie hier - eine Gebühr von 0,02 Pfennig je m³ zu entrichten.

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Die Klägerin nutzt mit der Entnahme von Wasser der Weser zu Kühlzwecken auf Grund der wasserrechtlichen Erlaubnis für den Betrieb des Kernkraftwerkes Unterweser gem. § 47 Abs. 1 NWG i.V.m. § 4 Abs. 1 Nr. 1 NWG ein Gewässer. Einer der Ausnahmetatbestände nach § 47 Absätze 2 und 4 NWG liegt ebenso wenig vor wie ein Befreiungsgrund nach § 47 Abs. 6 NWG.

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Die Kammer teilt die verfassungsrechtlichen Bedenken der Klägerin an den genannten Regelungen zur Erhebung von Gebühren für das Entnehmen und Ableiten von Wasser aus oberirdischen Gewässern zur Kühlung nicht, dies gilt auch hinsichtlich der 1999 erfolgten Erhöhung der Gebühr auf 0,02 Pfennig je m³. Eine Vorlage an das Bundesverfassungsgericht gem. Art. 100 Abs. 1 GG ist mithin nicht erforderlich.

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Die von der Klägerin in Frage gestellten gesetzlichen Regelungen stellen kein verfassungswidriges Einzelfallgesetz dar. Insofern schließt sich die Kammer in vollem Umfang den Ausführungen des Niedersächsischen Oberverwaltungsgerichts in dem Beschluss vom 5. Februar 2001 (Az.: 7 MB 179/01) an, mit dem die Beschwerde der Klägerin gegen den ablehnenden Beschluss des Verwaltungsgerichts Oldenburg in einem vorangegangenen Verfahren über die Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes vom 25. September 2000 (Az.: 1 B 3189/00) zurückgewiesen worden ist, an. Auf die Gründe dieses Beschlusses wird verwiesen.

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Bei der Wasserentnahmegebühr nach dem Niedersächsischen Wassergesetz handelt es sich auch nicht um eine Steuer, für deren Regelung dem Landesgesetzgeber die Gesetzgebungskompetenz fehlt.

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Es ist verfassungsrechtlich geklärt, dass die Erhebung von Wasserentnahmeentgelten gegenüber dem Prinzip des Steuerstaates sachlich legitimiert ist und diese Entgelte sich hinreichend scharf von Steuern unterscheiden lassen, so dass die Regelungen in Art. 105 und 106 GG nicht durch ein Wahlrecht zwischen der Einführung von Steuern oder nicht-steuerlichen Abgaben zur Disposition des Gesetzgebers gestellt werden (BVerfG, Beschluss vom 7. November 1995 - 2 BvR 413/88, 2 BvR 1300/93 - BVerfGE 93, 319ff). Diese Entscheidung, getroffen für Wasserentnahmeentgelte nach dem Baden-Württembergischen Wassergesetz und Grundwasserabgaben nach dem Hessischen Grundwasserabgabengesetz, ist grundsätzlich auf die hier streitig gestellte, vom Niedersächsischen Gesetzgeber geregelte Wasserentnahmegebühr übertragbar. Das Bundesverfassungsgericht führt in diesem Beschluss aus, dass sich die sachliche Legitimation von Wasserentnahmeentgelten bereits aus ihrem Charakter als Vorteilsabschöpfungsabgabe im Rahmen einer öffentlich-rechtlichen Nutzungsregelung ergebe. Knappe, natürliche Ressourcen, wie etwa das Wasser, seien Güter der Allgemeinheit. Werde Einzelnen die Nutzung einer solchen, der Bewirtschaftung unterliegenden Ressource, eröffnet, werde ihnen die Teilhabe an einem Gut der Allgemeinheit verschafft. Sie erhielten einen Sondervorteil gegenüber all denen, die das betreffende Gut nicht oder nicht in gleichem Umfang nutzen dürften. Es sei sachlich gerechtfertigt, diesen Vorteil ganz oder teilweise abzuschöpfen. Wasserentnahmeentgelte ließen sich auch hinreichend scharf von Steuern unterscheiden. Für die Definition des Begriffes „Steuer“ sei an die Definition der Abgabenordnung anzuknüpfen, konstitutiv für den Steuerbegriff sei die fehlende Abhängigkeit von einer Gegenleistung. Wasserentnahmeentgelte stellten folglich bereits deshalb keine Steuer dar, weil sie gegenleistungsabhängig seien. Das Bundesverfassungsgericht führt hierzu weiter aus: „Sie werden für eine individuell zurechenbare öffentliche Leistung, die Eröffnung der Möglichkeit der Wasserentnahme, erhoben. Die Wasserentnahmeentgelte in Baden-Württemberg und Hessen werden allerdings nach der tatsächlich entnommenen Wassermenge berechnet. Diese Konstruktion der Abgabe bewirkt aber für die rechtliche Beurteilung keinen Unterschied: Abgeschöpft wird der in der Eröffnung der Nutzungsmöglichkeit liegende Vorteil nicht nach seinem rechtlichen, sondern nach seinem tatsächlichen Umfang. Da die Wasserentnahmeentgelte in Baden-Württemberg und Hessen allein für erlaubnispflichtige Wassernutzungen erhoben werden (erlaubnisfreie Nutzungen sind abgabefrei: § 17 a Abs. 2 Nr. 1 WG BaWü, § 1 Abs. 2 Nr. 1 a und b HGRruwAG), bedarf es keiner Erörterung, ob Abgaben auch für Nutzungen erhoben werden dürften, die nicht erlaubnispflichtig sind. Der Gegenleistungsbezug der Wasserentnahmeentgelte ergibt sich auch eindeutig aus dem Abgabetatbestand. Die Abgaben auf die Entnahme von Wasser unterscheiden sich daher klar von der Steuer und lassen deshalb die Finanzverfassung unberührt“ (BVerfGE 93, 319, 346). Mit Beschluss vom 18. Dezember 2002 (Az.: 2 BvR 591/95, NVwZ 2003, 467) hat das Bundesverfassungsgericht trotz der dort erwähnten z.T. kritischen Stimmen aus der Literatur an den im Beschluss vom November 1995 niedergelegten Grundsätzen festgehalten. Diese Grundsätze finden in vollem Umfang auch für die Gebührenpflicht für Wasserentnahmen nach dem Niedersächsischen Wassergesetz Anwendung, die Vorschriften sind annähernd gleichlautend (vgl. OVG Lüneburg, Beschlüsse vom 6. Dezember 1994 - 9 M 4687/94 - NVwZ-RR 1995, 442 [OVG Nordrhein-Westfalen 20.01.1995 - 10 A 2429/92] und vom 5. Februar 2001 - 7 MB 179/01 -, dem Verfahren zur Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes zum Streitgegenstand dieses Verfahrens). Auch bei den Regelungen zur Erhebung von Gebühren für Wasserentnahmen im Niedersächsischen Wassergesetz erfolgt nach § 47 a NWG i.V.m. der Anlage zu § 47 a Abs. 1 die Bemessung der Gebühr nach der tatsächlich entnommenen Wassermenge, für erlaubnis- oder bewilligungsfreie Wasserentnahmen nach den §§ 21, 73 und 136 NWG werden gemäß § 47 Abs. 4 NWG Gebühren nicht erhoben.

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Entgegen der Ansicht der Klägerin steht der Annahme, dass es sich bei dem Wasserentnahmeentgelt um eine Gebühr handelt, auch nicht die in der genannten Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts erwähnte Einschränkung entgegen, dass die für die Abgrenzung zur Steuer unerlässliche Abhängigkeit der Wasserentnahmeentgelte von einer Gegenleistung nur erhalten bleibe, wenn deren Höhe den Wert der öffentlichen Leistung nicht übersteige. Diese Einschränkung erachtet das Bundesverfassungsgericht für erforderlich, weil anderenfalls die Abgabe wie eine Steuer voraussetzungslos erhoben werde und nicht mehr nur der Abschöpfung eines dem Abgabeschuldner zugewandten Vorteils diene, sondern zugleich auf seine allgemeine Leistungsfähigkeit im Blick auf die Finanzierung von Gemeinlasten zugreife (BVerfGE 93, 319, 347). Entgegen der Ansicht der Klägerin ergibt sich daraus aber nicht die Forderung, dass der Vorteil konkret und aufwandsabhängig, hier bezogen auf den entstehenden Aufwand einer Kühlturmkühlung, berechnet werden müsse. Denn den Ausführungen des Bundesverfassungsgerichts lässt sich nicht entnehmen, dass damit die Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts, wonach anders als im Beitragsrecht im Gebührenrecht das Kostendeckungsprinzip nicht uneingeschränkt Anwendung findet, keinen Bestand mehr haben soll. Danach ist zu berücksichtigen, dass die Verwaltung durch die beanspruchte Leistung einen bestimmten Vorteil gewährt. Dies kann für die Gebührenbemessung beachtlich sein und die Erhebung von solchen Gebühren rechtfertigen, die über dem tatsächlich entstehenden Verwaltungsaufwand liegen. So führt der Umstand, dass der Gebührengläubiger den den Verwaltungsaufwand für die Amtshandlungen übersteigenden Teil des Aufkommens den allgemeinen Haushaltsmitteln zuzuführen in der Lage ist, nicht schon dazu, dass diese Gebühr ihren Gebührencharakter verliert und zur - unzulässigen - Steuer wird (BVerwG, Beschluss vom 6. Februar 1984 - 3 B 87/82 - Buchholz 401.8 Verwaltungsgebühren Nr. 16, hier nach juris m.w.N.). Folglich kann auch die fehlende Aufwandsabhängigkeit der Qualifizierung des Niedersächsischen Wasserentnahmeentgeltes als Gebühr nicht entgegen stehen (so auch VG Göttingen, Urteil vom 23. Mai 1995 - 4 A 4353/93 - nach Juris). Die Kammer sieht die genannten einschränkenden Ausführungen in dem Beschluss des Bundesverfassungsgerichts vielmehr als Ausgestaltung des allgemein geltenden und verfassungsrechtlich gebotenen Äquivalenzprinzips, wonach Leistung und Gegenleistung in einem angemessenen Verhältnis stehen müssen. Hinsichtlich des insofern heranzuziehenden Maßstabs hat die Kammer keine rechtlichen Bedenken, insofern jedenfalls zur Bestimmung der verfassungsrechtlich zulässigen Höchstgrenze an den Preis anzuknüpfen, der für Trinkwasser bzw. Brauchwasser zu bezahlen ist. Dieser Maßstab steht in sachlichem Zusammenhang mit der Ressource Wasser und ist als Abgrenzungskriterium zu einer verfassungsrechtlich bedenklichen Gebührenhöhe auch nicht deshalb untauglich, weil Unterschiede zu machen sind hinsichtlich der Herkunft (Grundwasser- oder Oberflächenwasser) und der Verwendung (Verbrauch, Verschmutzung oder Rückführung in veränderter Form) des Wassers. Eine Differenzierung nach diesen Kriterien der Wertigkeit und Nutzung der Ressource kann vielmehr, wie hier in der Anlage zu § 47 a Abs. 1 NWG geregelt, durch unterschiedliche Gebührenhöhen erfolgen. Solange die Grenze der verfassungsrechtlichen Bedenklichkeit nicht erreicht und der Gleichheitsgrundsatz gewahrt wird, verbleibt dem Gesetzgeber ein weiter Spielraum zur Festsetzung der Gebührenhöhe. Nur unter Berücksichtigung dieses Spielraums lässt sich die allgemein gehaltene Feststellung in dem bereits erwähnten Beschluss des Bundesverfassungsgerichts vom 7. November 1995 erklären, wonach bei den dort zur Überprüfung stehenden Gesetzen in Baden-Württemberg und Hessen nicht ersichtlich sei, dass die Höhe der Wasserentnahmeentgelte den Wert der öffentlichen Leistung übersteigen könnten und dies selbst für den höchsten Satz der Grundwasserabgabe von DM 1,-- je m³ gelte (BVerfGE 93, 319, 347). Die Bandbreite des Spielraums wird zudem deutlich an den vom Bundesverfassungsgericht im Rahmen des Gleichheitssatzes für zulässig erachteten Möglichkeiten des Gesetzgebers, über die Gestaltung der Abgabesätze auch Subventionsentscheidungen zu treffen. Hierzu reicht es demnach aus, dass die Subvention sich gemeinwohlbezogen rechtfertigen lasse. Sachbezogene Gesichtspunkte stünden jedoch dem Gesetzgeber in sehr weitem Umfang zu Gebote; solange die Regelung sich auf eine der Lebenserfahrung nicht geradezu widersprechende Würdigung der jeweiligen Lebensverhältnisse stütze, insbesondere der Kreis der von der Maßnahme Begünstigten sachgerecht abgegrenzt sei, könne sie verfassungsrechtlich nicht beanstandet werden (BVerfGE 93, 319, 350 [BVerfG 07.11.1995 - 2 BvR 413/88]).

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Der hier zu beurteilende Satz von DM 0,02 je m³ stellt nur einen sehr geringen Bruchteil von 1/125 des durchschnittlichen Bezugspreises für Trinkwasser von 2,50 DM/ m³ (nach den Angaben im Widerspruchsbescheid) bzw. von 1/50 des durchschnittlichen Preises für Brauchwasser von 1,-- je m³ (nach den Angaben der Vertreterin der Beklagten im Termin zur mündlichen Verhandlung) dar. Dieser Satz nähert sich auch nicht annähernd den genannten Preisen und bewegt sich damit offenkundig in dem Bereich, der dem Gesetzgeber als Gestaltungsspielraum offen steht. Die demgegenüber von der Klägerin angestrengte Ermittlung des Vorteils aus einem Vergleich zwischen der Kühlung durch einen Kühlturm und der Durchlaufkühlung ist bereits deshalb für eine Bemessung der Gebühr nicht geeignet, weil der Wert der Ressource Wasser dabei außer Betracht bleibt. Der der Klägerin durch die Nutzung dieser Ressource zukommende Sondervorteil würde bei dieser Berechnungsweise keine Beachtung finden. Unter Berücksichtigung des dargelegten Spielraums des Gesetzgebers bei der Bestimmung der Gebührenhöhe sind jedenfalls verfassungsrechtliche Schranken, die der von der Beklagten angewandten Methode entgegen stehen und stattdessen die Anwendung des von der Klägerin favorisierten Modells gebietet, nicht ersichtlich.

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Die hier vom Niedersächsischen Gesetzgeber getroffene Entscheidung, das Entnehmen und Ableiten von Wasser aus oberirdischen Gewässern zur Beregnung und Berieselung mit einer Gebühr für den hier relevanten Zeitraum von unverändert (nur) 0,01 DM je m³ zu subventionieren, das Entnehmen und Ableiten von Wasser aus oberirdischen Gewässern zur Kühlung jedoch nicht, bewegt sich ebenfalls in dem ihm zustehenden Rahmen und lässt es insbesondere nicht zu, einen Verstoß gegen Art. 3 Abs. 1 GG anzunehmen. Unbedenklich im Hinblick auf den allgemeinen Gleichheitssatz ist schließlich auch der Umstand, dass in anderen Bundesländern kein oder ein geringeres Wasserentnahmeentgelt zu Kühlzwecken erhoben wird (vgl. BVerfGE 93, 319, 350 [BVerfG 07.11.1995 - 2 BvR 413/88] unter Hinweis auf die entsprechende ständige Rechtsprechung des Gerichts zur grundsätzlichen Verpflichtung der Landesgesetzgeber, nur innerhalb des Landes auf den Gleichheitsgrundsatz zu achten). Soweit der Beistand der Klägerin nach seinen Angaben im Termin zur mündlichen Verhandlung darüber hinaus in der aktuellen Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts zur so genannten Ökosteuer (Urteil vom 20. April 2004 - 1 BvR 1748/99) eine Modifizierung der Rechtsprechung zum allgemeinen Gleichheitsgrundsatz sieht, die auch hier Beachtung finden müsse, folgt dem die Kammer nicht. In der genannten Entscheidung hält das Bundesverfassungsgericht ausdrücklich an der oben wiedergegebenen Rechtsprechung zur Gestaltungsfreiheit des Gesetzgebers fest und zitiert dabei die Entscheidung vom 7. November 1995 (vgl. Absatz Nr. 58 des auf der Homepage des Bundesverfassungsgerichts veröffentlichten Urteils vom 20. April 2004).

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Wegen der auch hier gesetzlich vorgegebenen Möglichkeiten der vollständigen oder teilweisen Befreiung von der Abgabepflicht gem. § 47d Abs.1 Nr. 9 i.V.m. § 163 AO und § 47d Abs.1 Nr. 10 i.V.m. §§ 222, 227 AO ist die Klägerin schließlich auch in ihren Grundrechten aus Art. 12 Abs. 1 GG und Art. 14 Abs. 1 GG nicht verletzt (vgl. BVerfG 93, 319, 351f zu den vergleichbaren Regelungen im HGruwAG).

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Die Kammer sieht aus den genannten Gründen das Ergebnis im Verfahren zur Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes (vgl. Beschlüsse der Kammer vom 25. September 2000 - 1 B 3189/00 - und des Niedersächsischen Oberverwaltungsgerichts vom 5. Februar 2001 - 7 MB 179/01 -) auch nach einer eingehenderen rechtlichen Prüfung bestätigt.

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Vor dem Hintergrund der eindeutigen Zuordnung des Wasserentnahmeentgeltes als Vorteilsabschöpfungsabgabe lässt es die Kammer, wie auch das Bundesverfassungsgericht in dem Beschluss vom 7. November 1995 zu den vergleichbaren Regelungen in Baden-Württemberg und Hessen (BVerfGE 93, 319, 345 [BVerfG 07.11.1995 - 2 BvR 413/88]), dahinstehen, ob die sachliche Legitimation des Wasserentgeltes gegenüber dem Prinzip des Steuerstaates darüber hinaus auch aus der Lenkungsfunktion dieser Abgabe folgt.

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Anhaltspunkte für Rechtsfehler bei der konkreten Berechnung der hier erhobenen Gebühr sind nicht ersichtlich und werden auch nicht vorgetragen.

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Die Klage war folglich mit der Kostenfolge aus § 154 Abs. 1 VwGO abzuweisen, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 VwGO i.V.m. § 709 Satz 1 ZPO. Die Kammer lässt gem. § 124a Abs. 1 iVm § 124 Abs. 2 Nr.3 VwGO die Berufung wegen der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache zu.