Verwaltungsgericht Oldenburg
Urt. v. 04.06.2004, Az.: 6 A 3919/02

Ausbildungsmittel; Außenwirkung; Fachausbildung; Personalcomputer; Soldatenversorgung; Verwaltungsvorschrift

Bibliographie

Gericht
VG Oldenburg
Datum
04.06.2004
Aktenzeichen
6 A 3919/02
Entscheidungsform
Urteil
Referenz
WKRS 2004, 50635
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
[keine Angabe]

Amtlicher Leitsatz

Leitsatz

Die Bundeswehr darf im Rahmen der Fachausbildung bei der Soldatenversorgung die notwendigen Kosten für die Anschaffung eines PC auf die Hälfte der Anschaffungskosten, höchstens 650 Euro begrenzen.

Tatbestand:

1

I. Der Kläger begehrt von der Beklagten die Kostenübernahme für die Anschaffung eines Personalcomputers – PC – im Rahmen der Berufsförderung für ehemalige Soldaten auf Zeit.

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Der im ... geborene Kläger hat nach dem Besuch einer allgemein bildenden Schule, die er mit dem qualifizierten Hauptschulabschluss abschloss, eine Ausbildung zum Bürokaufmann durchlaufen und trat im Januar 1992 in den Dienst der Bundeswehr als Soldat auf Zeit ein, wobei eine Dienstzeit von 12 Jahren vorgesehen war. Vorgesehenes Dienstzeitende ist der 31. Dezember 2003 gewesen. Zuletzt war er Oberfeldwebel.

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Auf seinen Antrag gewährte ihm das Kreiswehrersatzamt ... – Berufsförderungsdienst – mit Bescheid vom 10. Mai 2001 eine Förderung der Fachausbildung zum Beamten des gehobenen Polizeivollzugsdienstes mit Vorpraktikum und Vorbereitungsdienst bei der Polizei der ... Dort war er mit Wirkung vom 1. Oktober 2001 unter Berufung in das Beamtenverhältnis auf Widerruf zum Polizeikommissaranwärter ernannt worden.

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Mit Schreiben vom 22. Oktober 2001 beantragte der Kläger bei der Beklagten die Übernahme von Kosten für die Anschaffung eines Personalcomputers in Höhe von 1.014,33 Euro (=1.983,85 DM). Zur Begründung verwies er darauf, dass entsprechend der beigefügten Bescheinigung der Hochschule für öffentliche Verwaltung in Bremen vom 19. Oktober 2001 als Pflichtprojekt die Erstellung einer Internetpräsenz der Hochschule vorgesehen sei und dass dafür zwingend ein Personalcomputer notwendig wäre. Diese Geräte könnten aber seitens der Hochschule nicht gestellt oder finanziert werden. Der Projektzeitraum erstrecke sich über drei Semester. Im übrigen sei auch ein PC für die Anfertigung von Hausarbeiten und sonstigen schriftlichen Ausarbeitungen allgemein üblich und werde in der Ausbildung erwartet.

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Mit Bescheid vom 7. November 2001 lehnte es das Kreiswehrersatzamt ... ab, die betreffenden Kosten zu übernehmen. Zur Begründung führte es aus, dass es grundsätzlich Aufgabe der jeweiligen Ausbildungsstätte sei, die erforderlichen technischen Hilfsmittel für die Ausbildung bereit zu stellen. Etwaige Mängel in der Ausstattung der Ausbildungsstätten könnten nicht zu Lasten des Berufsförderungsdienstes der Bundeswehr gehen. Dagegen legte der Kläger mit Schreiben vom 16. November 2001 Widerspruch ein und führte mit Schreiben vom 10. Januar 2002 zur Begründung aus, dass ein PC ein arbeitstechnisches Hilfsmittel im Sinne der Regelung von Nr. 14 Abs. 1 der Verwaltungsvorschriften zu den §§ 5 und 5 a des Soldatenversorgungsgesetzes sei.

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Im Verlaufe des Widerspruchsverfahrens gewährte das Kreiswehrersatzamt ... mit Bescheid vom 30. April 2002 dem Kläger im Hinblick auf seinen Antrag einen Zuschuss zum Erwerb eines PC in Höhe von 507,16 Euro. Zur Begründung wurde ausgeführt, dass mit Erlass des Bundesverteidigungsministeriums vom 24. April 2002 bestimmt worden sei, es könnten im Wege der Berufsförderung Zuschüsse bis zur Hälfte der nachgewiesenen Kosten, maximal jedoch bis zu einem Betrag von 650,-- Euro gewährt werden, da regelmäßig von einem anteiligen privaten sowie späteren beruflichen Gebrauch des angeschafften PC auszugehen sei.

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Gegen diesen Bescheid, der nicht als Abhilfebescheid auf den Widerspruch des Klägers gekennzeichnet, sondern mit einer Rechtsbehelfsbelehrung für die Beschwerde versehen war, legte der Kläger mit Schreiben vom 15. Mai 2002 Beschwerde ein und teilte mit, dass er weiterhin an seiner früheren Beschwerde festhalte.

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Mit Beschwerdebescheid vom 14. August 2002 wies die Wehrbereichsverwaltung  ... die Beschwerden als unbegründet zurück. Unter Bezugnahme auf die Ausgangsbescheide vom 7. November 2001 und 30. April 2002 wurde ausgeführt, dass entsprechend den Regelungen des Erlasses des Bundesministeriums für Verteidigung vom 24. April 2002 im Falle des Klägers verfahren worden sei. Darüber hinaus könnten wegen des auch denkbaren privaten Gebrauchs dieser PC weitergehende Leistungen nicht gewährt werden.

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Am 16. September 2002 hat der Kläger Klage erhoben. Er macht geltend: Zu Unrecht versage ihm die Beklagte die vollständige Kostenübernahme des von ihm angeschafften PC. Er habe durch die entsprechenden Bescheinigungen nachgewiesen, dass bei seiner Ausbildung die Anschaffung des PC zwingend erforderlich sei. Denn das 18 Monate dauernde Pflichtprojekt habe gerade zum Ziel, mittels eines PC einen Internetauftritt zu erstellen. Dies sei später dann auch Gegenstand seiner Diplomarbeit. Sei die Anschaffung des Arbeitsmittels aber notwendig, so müsse dies auch bei der  Höhe der zu übernehmenden Kosten berücksichtigt werden. Auch andere, von der Beklagten im Rahmen der Berufsförderung übernommene Kosten für Hilfsmittel wie zum Beispiel Bücher und Bleistifte könnten privat genutzt werden. Keineswegs sei die Annahme gerechtfertigt, er benutze den PC zwingend auch für private Zwecke wie zum Beispiel Computerspiele oder zum „Surfen“ im Internet.

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Der Kläger beantragt,

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die Beklagte zu verpflichten, ihm einen weiteren Zuschuss zum Erwerb eines Personalcomputers in Höhe von 507,16 Euro zu gewähren und

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den Bescheid des Kreiswehrersatzamtes ... vom 7. November 2001 und dessen Änderungsbescheid vom 30. April 2002 sowie den Beschwerdebescheid der Wehrbereichsverwaltung ... vom 14. August 2002 aufzuheben, soweit sie dem entgegenstehen.

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Die Beklagte beantragt,

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die Klage abzuweisen.

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Sie wiederholt und vertieft die Begründung der angefochtenen Bescheide und macht geltend, dass die allgemeine Entscheidung, wie sie im Erlass vom 24. April 2002 ihren Ausdruck gefunden habe, nicht zu beanstanden sei.

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Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und der beigezogenen Verwaltungsvorgänge ergänzend Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

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II. Die zulässige Klage hat keinen Erfolg. Die angefochtenen Bescheide sind rechtlich nicht zu beanstanden. Der Kläger hat keinen Anspruch darauf, dass von der Beklagten mehr als die Hälfte der Kosten für die Anschaffung seines PC, den er im Rahmen seiner Fachausbildung als Polizeikommissaranwärter angeschafft hat, übernommen werden. Dazu im einzelnen:

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Als gesetzliche Grundlage für den Anspruch des Klägers auf Übernahme der vollständigen Anschaffungskosten für den PC kommt § 5 Abs. 1 des Soldatenversorgungsgesetzes – SVG – in Betracht. Danach erhält ein Soldat auf Zeit, der wie der Kläger nicht Inhaber eines Eingliederungsscheines ist und der auf die Dauer von mindestens 4 Jahren in dieses Dienstverhältnis berufen worden ist, auf Antrag eine Fachausbildung auf Kosten des Bundes. Nach § 5 Abs. 8 SVG bestimmt das Nähere u.a. über die berücksichtigungsfähige Höhe der Kosten die Bundesregierung durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates. Indessen sagt die hierzu ergangene Verordnung zur Durchführung der §§ 4, 5 und 5 a SVG in der Fassung vom 14. November 1994 (BGBl. I, Seite 3432 = VMBl. S. 336) insbesondere in ihren Regelung nach §§ 9 ff. zur Höhe der Kosten nichts aus. Bestimmungen über Fachausbildungskosten enthalten jedoch die Nr. 12 ff. der Allgemeinen Verwaltungsvorschrift zu §§ 5, 5 a SVG in der Fassung vom 10. Mai 1973 (VMBl. 1973, 206, zuletzt geändert am 11. August 1981, Bundesanzeiger Nr. 151 vom 18. August 1981, abgedruckt in Schwenck/Weidinger, Handbuch des Wehrrechts, Nr. 612). Hiernach sind Kosten der Fachausbildung die für ihre erfolgreiche Durchführung notwendigen finanziellen Belastungen (Nr. 12 Abs. 1 VwV). Zu ihnen gehören die Aufwendungen für Ausbildungsmittel, d.h. Lernmittel, arbeitstechnische Hilfsmittel, Berufs—und Schutzkleidung und sonstige Gegenstände, die zur Durchführung der Fachausbildung erforderlich sind (vgl. Nr. 12 Abs. 2 Nr. 2 i.V.m. Nr. 14 Abs. 1 VwV). Soweit dem Soldaten die Ausbildungsmittel nicht zur Verfügung stehen, sind grundsätzlich nur die für die Anmietung erforderlichen Kosten zu übernehmen; dies gilt jedoch nicht, wenn das Anmieten des Ausbildungsmittels nicht möglich oder nicht üblich ist oder die Mietkosten höher als die Kosten der Anschaffung eines zweckmäßigen und ausreichenden Ausbildungsmittels sind; im letzteren Falle sind die Anschaffungskosten zu übernehmen (Nr. 14 Abs. 2 und 3 VwV).

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Diese als Verwaltungsvorschriften vorliegenden Regelungen sind zwar für das Gericht mangels eines bestimmten Rechtsformcharakters nicht unmittelbar verbindlich, sie können aber für die rechtliche Beurteilung gleichwohl beachtlich sein, wenn sie sich im Rahmen der einschlägigen Rechtsvorschriften halten, diese norminterpretierend und sachgerecht ausfüllen und eine gleichmäßige Behandlung der durch sie Betroffenen sicher stellen. Denn durch verwaltungsinterne Vorschriften bindend sich der Dienstherr selbst; insofern haben sie im Hinblick auf Art. 3 Abs. 1 GG jedenfalls eine mittelbare Auswirkung auf das geltend gemachte Recht des einzelnen Soldaten, entsprechend der in den Verwaltungsvorschriften zum Ausdruck kommenden Praxis- und Ermessensbindung der Verwaltung gleichmäßig behandelt zu werden. Dabei darf der Dienstherr von diesen normkonkretisierenden Regelungen nur dann abweichen, wenn wesentliche Besonderheiten diese Abweichungen rechtfertigen.

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Ausgehend von diesen Grundsätzen geht das Gericht mit der Beklagten davon aus, dass der Kläger dem Grunde nach einen Anspruch auf Kostenübernahme für die Anschaffung eines PC hat. Diesem Anspruch ist die Beklagte auch dadurch nachgekommen, dass sie ihm mit dem Änderungsbescheid vom 30. April 2002 507,16 Euro als Zuschuss für die Anschaffung des PC gewährt hat. Allerdings stellt sich die Frage, ob die im Erlass des Bundesministeriums der Verteidigung vom 24. April 2002 vorgenommene Kostenbeschränkung auf die Hälfte der Anschaffungskosten, höchstens 650,-- Euro rechtmäßig ist. Diese Frage wird vom Gericht bejaht.

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Zwar kann heutzutage ohne weiteres davon ausgegangen werden, dass die Anschaffung eines PC mit Drucker nebst dem dazu gehörenden Software-Programm bei der Ausbildung in qualifizierten Berufen als notwendig angesehen werden kann. Damit ist aber – entgegen der Ansicht des Klägers – noch nichts abschließend dazu gesagt, in welchem Umfang derartige Kosten als notwendig angesehen werden können. Denn grundsätzlich ist es nicht von der Hand zu weisen, dass ein PC auch in erheblichem Umfang zu privaten Zwecken genutzt werden kann. Auch bestätigt die Lebenserfahrung des Gerichts, dass nicht nur die abstrakte Möglichkeit einer derartigen privaten Nutzung besteht, sondern dass tatsächlich in sehr großem Umfang von zahlreichen Menschen der dienstlich zur Verfügung gestellt PC oder aus dienstlichen Gründen angeschaffte PC zu privaten Zwecken genutzt wird. Bei dieser Sachlage ist es nach Ansicht des Gerichts nicht zu beanstanden, wenn im Wege eines Erlasses (norminterpretierend und gleichbehandelnd) für derartige Fragestellungen eine allgemeine Regelung über die Kostenerstattung durch die Beklagte erfolgt, so wie es mit dem Erlass vom 24. April 2002 geschah. Jedenfalls ist die Annahme, eine hälftige Kostenübernahme sei im Hinblick auf die allgemein übliche private Nutzung ausreichend, nicht sachwidrig. In diesem Zusammenhang wurde in der von dem Kläger angesprochenen Entscheidung des VGH Baden-Württemberg vom 27. Juni 2001 – 4 S 728/99 – ausgeführt, dass bei der Berufsförderung in besonderem Maße das Gebot der Sparsamkeit und Wirtschaftlichkeit der einzusetzenden Mittel Beachtung finden müsse. Die Beklagte darf nicht mit Kosten belastet werden, die mit der geförderten Fachausbildung und mit der Nutzung des entsprechenden Hilfsmittels nicht mehr im Zusammenhang stehen. Deswegen ist eine - generelle -  Ermessensbetätigung dahin, dass die Annahme einer auch privaten Nutzung – auch nach Ende der betreffenden Fachausbildung – zutreffend ist, unter rechtlichen Gesichtspunkten nicht zu beanstanden. Es handelt sich um eine sachgerechte Ausfüllung des Begriffs der „notwendigen“ Kosten für die durchzuführende Fachausbildung.

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Die Klage war daher mit den kostenrechtlichen Nebenentscheidungen aus §§ 154 Abs. 1, 167 VwGO i.V.m. §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO abzuweisen. Gründe, die Berufung zuzulassen, sind weder vorgetragen noch ersichtlich.