Verwaltungsgericht Göttingen
Urt. v. 23.05.1995, Az.: 4 A 4353/93

Heranziehung zu endgültigen Wasserentnahmegebühren ; Materieller Gehalt von Wasserentnahmegebühren ; Qualifizierung des niedersächsisches Wasserentnahmeentgeltes als Gebühr; Kostendeckungsprinzip als Abgrenzungsmerkmal der Gebühr gegenüber der Steuer; Zweckidentität bundesrechtlicher Rahmenvorschriften und landesrechtlicher Gebührenvorschriften; Verstoß gegen das Äquivalenzprinzip ; Einklang des Wasserentnahmeentgelts in Niedersachsen mit dem Grundgesetz

Bibliographie

Gericht
VG Göttingen
Datum
23.05.1995
Aktenzeichen
4 A 4353/93
Entscheidungsform
Urteil
Referenz
WKRS 1995, 17205
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
ECLI:DE:VGGOETT:1995:0523.4A4353.93.0A

Verfahrensgegenstand

Streitgegenstand: Wasserrecht

Entnahmegebühr

Prozessführer

... vertreten durch die ...

Prozessgegner

...

Redaktioneller Leitsatz

  1. 1.

    Bei der Wasserentnahmegebühr handelt es sich nach niedersächsischem Recht um eine Gebühr im Rechtssinne, wobei entscheidend für die Annahme einer Gebühr ist, dass der Staat eine entgeltfähige Gegenleistung gegenüber dem Gebührenschuldner - in Form der Duldung der Nutzung der Ressource Wasser - erbringt.

  2. 2.

    Die Erhebung einer Wasserentnahmegebühr in Niedersachsen findet ihre verfassungsrechtliche Rechtfertigung in der Vorteilsabschöpfungsfunktion und steht im übrigen auch mit dem Grundgesetz in Einklang.

In der Verwaltungsrechtssache
hat die 4. Kammer des Verwaltungsgerichts Göttingen
auf die mündliche Verhandlung vom 23. Mai 1995
durch
die Vizepräsidentin des Verwaltungsgerichts Kaiser,
den Richter am Verwaltungsgericht Dr. Wenderoth und
den Richter Dr. Rudolph sowie
die ehrenamtliche Richterin Tolle und
den ehrenamtlichen Richter Tapken
für Recht erkannt:

Tenor:

Das Verfahren wird eingestellt, soweit sich die Klage gegen die Vorauszahlungen für das Veranlagungsjahr 1993 gerichtet hat.

Im übrigen wird die Klage abgewiesen.

Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens.

Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten des nicht erledigten Verfahrensteils vorläufig vollstreckbar.

Die Klägerin kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht der Beklagte zuvor Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Tatbestand

1

Die Klägerin ist ein Bergbau- und Mahlwerksunternehmen. Im Rahmen ihres Unternehmens betreibt sie zur Läuterung des Grubenrohhaufwerkes die Waschanlage "Hoher Trost", sowie zur Schwerspataufbereitung die Aufbereitungs- und Neutralisationsanlage ... Für die Wasch- und Aufbereitungsanlage entnimmt die Klägerin gemäß wasserrechtlicher Erlaubnis des Bergamtes ... vom 29.08.1975, zuletzt angepaßt mit Bescheid vom 27.06.1991, Oberflächenwasser aus der ... bzw. der ... Für den, durch Bescheid des Bergamtes Goslar vom 24.11.1970, zuletzt angepaßt durch Bescheid vom 27.06.1991, genehmigten Betrieb der Neutralisationsanlage wird Grundwasser entnommen. Nach der Nutzung wird das Wasser vor Wiedereinleitung in die Gewässer wiederaufbereitet.

2

Mit Bescheid vom 10.03.1993 zog der Beklagte die Klägerin für das Veranlagungsjahr 1992 (Juli bis Dezember) zu einer Wasserentnahmegebühr von 3.605,55 DM heran. Gleichzeitig wurde eine Vorauszahlung für das Veranlagungsjahr 1993 auf 7.211,10 DM festgesetzt. Für das Jahr 1993 erließ der Beklagte inzwischen einen endgültigen Heranziehungsbescheid, der mit Widerspruch, über den bisher noch nicht entschieden worden ist, angefochten wurde.

3

Den gegen den Bescheid vom 10.03.1993 eingelegten Widerspruch wies die Bezirksregierung ... mit Widerspruchsbescheid vom 08.07.1993 zurück. Der angefochtene Bescheid sei sowohl dem Grunde als auch der Höhe nach rechtmäßig. Insbesondere bestünden keine verfassungsrechtlichen Bedenken gegen die §§ 47 ff. des Niedersächsischen Wassergesetzes, auf die sich der Bescheid stütze.

4

Hiergegen hat die Klägerin am 29.07.1993 Klage erhoben. Sie ist der Ansicht, der angefochtene Bescheid sei rechtswidrig, weil die Normen, auf denen er beruhe (§§ 47, 47 h NWG) verfassungswidrig seien. Durch den Bescheid sei sie daher in ihrem Grundrecht aus Art. 2 Abs. 1 GG verletzt.

5

Entgegen der Ansicht des Beklagten handele es sich bei der Wasserentnahmegebühr nicht um eine Gebühr im rechtlichen Sinne, sondern um eine Steuer. Für die Normierung einer derartigen Abgabe fehle dem Land die Gesetzgebungskompetenz.

6

Die niedersächsische Wasserentnahmegebühr sei darüber hinaus auch in materieller Hinsicht verfassungswidrig. Sie stelle einen unverhältnismäßigen Eingriff in ihre, der Klägerin, Grundrechte dar, weil der mit der Gebühr verfolgte Gesetzeszweck nicht erreicht werden könne. Weitere als die von ihr bereits vorgenommenen Wassereinsparungsmöglichkeiten seien nämlich wirtschaftlich nicht zumutbar. Im übrigen behalte sie durch den im Produktionsprozeß nur ca. 5 % des entnommenen Wassers ein. Der Rest werde dem Wasserkreislauf wieder zugeführt. Dies führe darüber hinaus zu einer rechtlichen Ungleichbehandlung mit den Wasserentnehmern, die das benutzte Wasser vollständig verbrauchten.

7

Deshalb sei eine Aussetzung des Klageverfahrens und eine Vorlage an das Bundesverfassungsgericht gemäß Art. 100 Abs. 1 GG geboten.

8

Die Klägerin beantragt,

den Bescheid des Beklagten vom 10.03.1993, soweit darin eine Veranlagung für das Jahr 1992 erfolgt ist, und den diesbezüglichen Widerspruchsbescheid der Bezirksregierung ... vom 08.07.1993 aufzuheben.

9

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

10

Er tritt dem klägerischen Vorbringen in der Sache entgegen.

11

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtsakte sowie die Verwaltungsvorgänge des Beklagten verwiesen. Sie sind Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen.

Gründe

12

I.

Nach den übereinstimmenden Erledigungserklärungen der Beteiligten ist das Verfahren in bezug auf die Vorauszahlungen für den Veranlagungszeitraum 1993 in entsprechender Anwendung des § 92 Abs. 2 VwGO einzustellen und nach § 161 Abs. 2 VwGOüber die Verfahrenskosten unter Berücksichtigung des bisherigen Sach- und Streitstandes nach billigem Ermessen zu entscheiden.

13

Im vorliegenden Fall entspricht es aus den Erwägungen zu II. dieses Urteils billigem Ermessen, der Klägerin die Verfahrenskosten aufzuerlegen, weil sie aus den dort genannten Gründen auch bezüglich der Vorausleistung in der Sache unterlegen wäre.

14

II.

Im übrigen ist die zulässige Klage unbegründet.

15

Die angefochtenen Bescheide sind rechtmäßig und verletzen die Klägerin daher nicht in ihren Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).

16

Die Heranziehung der Klägerin zu endgültigen Wasserentnahmegebühren für den Veranlagungszeitraum 1992 ist weder dem Grunde noch der Höhe nach zu beanstanden. Sie findet ihre Rechtsgrundlage in den durch das 8. Änderungsgesetz vom 23. Juni 1992 m.W.v. 01.07.1992 eingeführten gesetzlichen Bestimmungen der §§ 47, 47 a bis h des Niedersächsischen Wassergesetzes - NWG - (Nds. GVBl. S. 163) i.V.m. Art. 2 des 8. Änderungsgesetzes (betr. den Veranlagungszeitraum im Jahre 1992).

17

Die Kammer teilt die verfassungsrechtlichen Bedenken der Klägerin nicht.

18

Zweifel an der Gesetzgebungskompetenz des Landes bestehen nicht. Bei der niedersächsischen Wasserentnahmegebühr handelt es sich um eine Gebühr, für die das Land gemäß Art. 30, 70 Abs. 1, 72 Abs. 1, 75 Nr. 4 GG die Gesetzgebungskompetenz besitzt. Es handelt sich um eine Annexmaterie zum Wasserrecht.

19

Maßgeblich für die Beurteilung als Gebühr ist allerdings nicht die vom Gesetzgeber gewählte Bezeichnung, sondern der materiell-rechtliche Gehalt der Abgabe (BVerfG, Urt. vom 10.12.1980 - 2 BvF 3/77 -, BVerfGE 55, S. 274 (304) [BVerfG 10.12.1980 - 2 BvF 3/77][BVerfG 10.12.1980 - 2 BvF 3/77]; Urt. vom 06.11.1984, - 2 BvL 19, 20/83, 2 BvR 363, 491/83 -, BVerfGE 67, S. 256 (276); BVerwG, Beschl. vom 19.08.1994 - 8 N 1/93 -, NVwZ 1995, S. 59 (60) [BVerwG 19.08.1994 - 8 N 1/93]; Beschl. vom 20.07.1994 - 8 B 92.94 -, ZfW 1995, S. 16 (17); Meßerschmidt, DVBl. 1987, S. 925 (932); Sander, DVBl. 1990, S. 18 (19); Bosse-Arbogast, NSt-N 1993, S. 73).

20

Der materielle Gehalt der Wasserentnahmegebühr (auch Wasserpfennig genannt) ist in Literatur und Rechtsprechung umstritten. So wird - im wesentlichen zu §§ 17 a Abs. 1 und 3, 17 b, 17 c des Baden-Württembergischen Wassergesetzes - vertreten, es handele sich

  • um eine (nicht örtliche) Verbrauchsteuer i.S.v. Art. 105 Abs. 2 i.V.m. Art. 106 Abs. 1 Nr. 2 GG (F. Kirchhof, NVwZ 1987, S. 1031 (1035 f.); Pietzcker, DVBl. 1987, S. 774 (780 f.); Hofmann, VwBlBW 1988, S. 426 (428 f.); Sander, a.a.O. S. 23; Bosse-Arbogast a.a.O., S. 75),
  • eine Steuer eigener Art (Osterloh, NVwZ 1991, S. 823 (827 f.))
  • um eine sog. Lenkungsabgabe eigener Art (Breuer, DVBl. 1992, S. 485 (494)),
  • um eine Nutzungsgebühr (Meßerschmidt a.a.O., S. 932 im Sinne einer Sondernutzungsgebühr; Hendler, NuR 1989, S. 22 (24 ff.) im Sinne einer Benutzungsgebühr; ähnlich OVG Lüneburg, Beschl. vom 06.12.1994 - 9 M 4687/94 -; VG Stade, Urt. vom 12.09.1994 - 6 A 70/93 -),
  • um eine Verleihungsgebühr (OVG Hamburg, Beschl. vom 20.03.1990 - Bs VI 15/90 -, KStZ 1990, S. 170 (171); F. Kirchhof, DVBl. 1978, S. 554 (555 f.)); so zunächst auch der niedersächsische Gesetzgeber, vgl. Lt-Drs 12/2960, S. 11, später offen gelassen, vgl. schriftlichen Bericht, Lt-Drs 12/4260, S. 3, (5),
  • um eine Gebühr eigener Art (so wohl VG Karlsruhe, Besohl, vom 24.07.1989 - 6 K 157/89 -, VwBlBW 1990, S. 69 (70); Murswiek, NuR 1994, S. 170 (173 f.)).

21

Dabei wird von den Autoren und der Rechtsprechung die Gesetzgebungskompetenz der Länder im wesentlichen nur für den Fall bejaht, daß es sich bei der Wasserentnahmegebühr tatsächlich um eine Gebühr im rechtlichen Sinne handelt.

22

Die Kammer ordnet die niedersächsische Wasserentnahmegebühr als eine Gebühr eigener Art ein, für die dem Land die Gesetzgebungskompetenz zusteht.

23

Es gibt keinen einheitlichen Gebührenbegriff. Der Begriff der Gebühr wird im Grundgesetz (Art. 74 Nr. 22 und 80 Abs. 2) lediglich vorausgesetzt, nicht aber definiert (BVerfG, Beschl. vom 06.02.1979 - 2 BvL 5/76 -, BVerfGE 50, S. 217 (226) [BVerfG 06.02.1979 - 2 BvL 5/76][BVerfG 06.02.1979 - 2 BvL 5/76]. Auch bundes- oder landesrechtlich ist der Gebührenbegriff nicht vorgegeben (BVerwG, Urt. vom 25.05.1984 - 8 C 55 und 58.82 -, BVerwGE 69, S. 242 (243); Urt. vom 28.02.1986 - 7 C 22.85 -, DÖV 1986, S. 654; Dahmen in: Driehaus, Kommunalabgabenrecht, Stand: 3/94, § 4 Rn. 1 f.).

24

Das Wesen der Gebühr wird nach herrschender Ansicht - der die Kammer folgt - darin gesehen, daß sie eine Geldleistung ist, die aus Anlaß individuell zurechenbarer öffentlicher Leistungen dem Gebührenschuldner durch eine öffentlich-rechtliche Norm oder sonstige hoheitliche Maßnahme als Gegenleistung auferlegt wird und dazu bestimmt ist, in Anknüpfung an diese Leistung deren Kosten ganz oder teilweise zu decken (BVerfG, Beschl. vom 06.02.1979, a.a.O. m.w.N.; BVerwG, Urteil vom 25.05.1984, a.a.O.; sowie Beschl. vom 06.02.1984 - 3 B 87.82 -, Buchholz 401.8 Nr. 16; OVG Lüneburg, Urt. vom 19.03.1985 - 10 A 6/84 -, NJW 1985, S. 1482 (1483) [OVG Niedersachsen 19.03.1985 - 10 A 6/84][OVG Niedersachsen 19.03.1985 - 10 A 6/84]; Dahmen, a.a.O., § 4 Rn. 2).

25

Durch das Merkmal der Gegenleistung wird die Gebühr als sog. Vorzugslast (vgl. zu diesem Begriff § 1 Abs. 1 Satz 2 Reichsabgabenordnung vom 22.05.1931, Reichsgesetzblatt I S. 161) von der Steuer abgegrenzt, deren wesentliches Merkmal die Voraussetzungslosigkeit der Festsetzung ist (vgl. BVerfG, Besohl, vom 06.12.1983 - 2 BvR 1275/79 -, BVerfGE 65, S. 325 (344) [BVerfG 06.12.1983 - 2 BvR 1275/79][BVerfG 06.12.1983 - 2 BvR 1275/79]; Urteil vom 10.12.1980, a.a.O. S. 300; BVerwG Beschl. vom 03.07.1992 - 7 B 149.91 -, Buchholz 445.4 § 29 WHG Nr. 3; Beschl. vom 19.08.1994 a.a.O. S. 60, jeweils m.w.N.; Friauf in: Festschrift der rechtswissenschaftlichen Fakultät zur 600-Jahr-Feier der Universität zu Köln, 1989, S. 679 (695).

26

Unter Zugrundelegung dieser Wesensmerkmale handelt es sich bei der Wasserentnahmegebühr nach niedersächsischem Recht um eine Gebühr im Rechtssinne. Allerdings schlägt der Versuch der Einordnung in den herkömmlichen Gebührenkanon fehl. Um eine Verwaltungsgebühr (vgl. § 1 Abs. 1 Niedersächsisches Verwaltungskostengesetz - NVwKostG - i.d.F. vom 07.11.1991, Nds. GVBl. S. 295; auch § 4 des Niedersächsischen Kommunalabgabengesetzes - NKAG - i.d.F. vom 11.02.1992, Nds. GVBl. S. 29) handelt es sich bei der Wasserentnahmegebühr nicht, weil keine Amtshandlung entgolten werden soll. Vielmehr knüpft der Gebührentatbestand gemäß § 47 Abs. 1 i.V.m. § 4 Abs. 1 Nr. 1 und 7 NWG an das Entnehmen und Ableiten von Wasser aus oberirdischen Gewässern bzw. das Entnehmen, Zutagefördern, Zutageleiten und Ableiten von Grundwasser an. Die Einordnung als Benutzungs- oder Sondernutzungsgebühr (vgl. für die Erhebung Kommunaler Abgaben: § 5 NKAG, für die straßenrechtliche Sondernutzungsgebühr § 21 i.V.m. § 18 Niedersächsisches Straßengesetz - NStrG -) scheidet aus, da der Gebührentatbestand nicht an die Benutzung einer öffentlichen Einrichtung oder Anlage anknüpft. Weder bei dem Oberflächen- noch bei dem Grundwasser handelt es sich um eine derartige Einrichtung. In Niedersachsen besteht vielmehr kein öffentliches Eigentum an diesem Wasser (vgl. §§ 69, 2 a NWG sowie die entsprechende Kommentierung in Haupt/Reffken/Rohde, Nds. Wassergesetz, § 69 Rn. 2; § 2a Rn. 3 unter Bezugnahme auf die Naßauskiesungsentscheidung des Bundesverfassungsgerichtes, Beschl. vom 15.07.1981 - 1 BvL 77/78 -, BVerfGE 58, S. 300 ff.).

27

Hinzu kommt, daß eine etwaige öffentliche Einrichtung "Wasser" anders als öffentliche Straßen räumlich nicht abgrenzbar ist, so daß die Zuordnung des Entgeltes zu dieser Einrichtung unmöglich erscheint.

28

Die niedersächsische Wasserentnahmegebühr stellt auch keine Verleihungsgebühr dar. Unabhängig von den gegen diesen Gebührentypus erhobenen verfassungsrechtlichen Bedenken (vgl. Pietzcker, a.a.O., S. 778; Friauf, a.a.O., S. 682 f., 697; Sander, a.a.O., S. 22), scheidet die Einordnung als Verleihungsgebühr zur Überzeugung der Kammer aus, weil Erhebungstatbestand für die Wasserentnahmegebühr nicht der Akt der wasserrechtlichen Bewilligung nach §§ 3, 4, 10, 13 NWG ist, sondern, wie dargelegt, derjenige der tatsächlichen Wasserentnahme.

29

Die Gebühr im Rechtssinne ist ihrem Wesen nach aber nicht auf den dargestellten vorhandenen Gebührenkanon beschränkt. Wie dargelegt gibt es weder einen verfassungs- noch bundes- noch landesrechtlichen Gebührenbegriff. Die vorhandenen Gebührenbegriffe haben lediglich rechtstatsächliche Bedeutung. Entscheidend für die. Annahme einer Gebühr ist ausschließlich, ob der Staat eine entgeltfähige Gegenleistung gegenüber dem Gebührenschuldner erbringt. Dies ist hier zu bejahen.

30

Die die Annahme einer Gebühr rechtfertigende Leistung des Staates besteht vorliegend in der Duldung der Nutzung der der öffentlich-rechtlichen Bewirtschaftung unterliegenden Ressource Wasser. Die Kammer folgt dabei zunächst der in der Literatur vertretenen Ansicht, daß eine derartige staatliche Leistung grundsätzlich auch in einem Dulden bestimmter Handlungen bestehen kann (vgl. Wilke, Gebührenrecht und Grundgesetz 1973, S. 56 f., 80; Meßerschmidt a.a.O., S. 932; Friauf a.a.O., S. 691; Vogel in: Festschrift für W. Geiger zum 80. Geburtstag 1989, S. 518 (533); ähnlich zur bergrechtlichen Förderabgabe BVerfG, Urteil vom 24.06.1986 - 2 BvF 1, 5, 6/83 und 1, 2/85 -, BVerfGE 72, S. 330 (410)). Dies entspricht der grundlegenden Regelung in § 241 S. 2 BGB, die nach dem Grundsatz der Einheit der Rechtsordnung auch im öffentlichen Recht Anwendung findet.

31

Die Duldung der Nutzung der Ressource Wasser ist nicht zu verwechseln mit der zur Verfügungstellung des entsprechenden Naturbestandteils. Diese würde für sich genommen nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts möglicherweise keine Leistung der öffentlichen Hand i.S.d. Beitrags- und Gebührenrechts sein (vgl. Urteil vom 04.07.1986 - 4 C 50.83 - DVBl. 86, S. 1009; kritisch hierzu, Meßerschmidt, a.a.O., S. 932). Vielmehr geht es um eine Duldung im Rahmen der umfassenden staatlichen Bewirtschaftung und Kontrolle, der das Wasser in Niedersachsen, wie aus §§ 2 a, 3 ff. NWG ersichtlich, unterliegt. Diese staatliche Bewirtschaftung und Kontrolle hat zur Folge, daß die Nutzung des Wassers in Niedersachsen einem allgemeinen Verbot mit Erlaubnisvorbehalt unterliegt. Ist das Gut Wasser somit der freien wirtschaftlichen Verfügbarkeit entzogen, stellt das Dulden der Nutzung eine staatliche Leistung dar (ebenso Murswiek, a.a.O., S. 173; so wohl auch Dahmen, a.a.O., § 4 Rn. 40).

32

Der Qualifizierung des niedersächsisches Wasserentnahmeentgeltes als Gebühr steht auch nicht seine fehlende Aufwandsabhängigkeit entgegen (ebenso Murswiek, a.a.O., S. 174 f.). Anders als im Beitragsrecht findet im Gebührenrecht nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts, der sich die Kammer anschließt, das Kostendeckungsprinzip nicht uneingeschränkt Anwendung (vgl. Beschluß vom 06.02.1984, a.a.O.).

33

Ein Ausnahmefall, in dem das Bundesverwaltungsgericht die strikte Geltung des Kostendeckungsprinzips bejaht, liegt nicht vor. Hinsichtlich des Nds. Wasserentnahmeentgeltes ist dieses Prinzip weder gesetzlich festgelegt, noch durch Rechtsvorschriften der Europäischen Gemeinschaft vorgeschrieben.

34

Es gibt auch aus finanzverfassungsrechtlicher Sicht entgegen der Annahme der Klägerin keinen Grund, das Kostendeckungsprinzip als zusätzliches Abgrenzungsmerkmal der Gebühr gegenüber der Steuer zu postulieren.

35

Zwar formuliert das Bundesverfassungsgericht in seinem Beschluß vom 06.02.1979, (a.a.O., S. 226), Gebühren seien dazu bestimmt, speziell die Kosten einer individuell zurechenbaren öffentlichen Leistung ganz oder teilweise zu decken. Wie Murswieck (a.a.O., S. 175) zutreffend ausführt, stellt das Bundesverfassungsgericht für diesen Satz indes keine verfassungsrechtliche Vorgabe auf, sondern geht, für den zur Entscheidung stehenden Fall einer Verwaltungsgebühr zutreffend, von der Existenz dieses Satzes aus (so auch Friauf, a.a.O., S. 695). Der mit der Erhebung einer Gebühr verfolgte Zweck und damit auch die Frage der Kostendeckung ist indes von Verfassungs wegen kein Abgrenzungskriterium der Gebühr von der Steuer, sondern wird erst auf der nachfolgenden Stufe der Rechtmäßigkeitskontrolle im Hinblick auf die Höhe der Gebühr relevant (ebenso Murswieck, ebenda; dies verkennend: Friauf, ebenda).

36

Die Erhebung einer Wasserentnahmegebühr findet ihre verfassungsrechtliche Rechtfertigung in der Vorteilsabschöpfungsfunktion. Die Nutzung bzw. der Verbrauch des öffentlichen Umweltgutes Wasser stellt einen wirtschaftlichen Wert an sich dar. Mit der Wasserentnahmegebühr wird nicht die Freiheitsausübung entgeltpflichtig gemacht, sondern ein der Allgemeinheit zugeordnetes Umweltgut, an dem kein verfassungsrechtlicher Anspruch auf kostenlose Teilhabe besteht, zur Nutzung gegen Entgelt zur Verfügung gestellt.

37

Die Einführung eines Wasserentnahmeentgelts findet ihre sachliche Rechtfertigung schließlich auch darin, daß die Unterhaltung und Pflege sowie die Reinhaltung der Gewässer, insbesondere auch des Grundwassers, dem Land Kosten verursachen, zu deren Ausgleich es berechtigt ist, ein Entgelt von demjenigen zu erheben, der die Gewässer über den Gemeingebrauch hinaus benutzt (vgl. auch VG Karlsruhe a.a.O. S. 70; VG Stade, a.a.O., UA S. 18, Hendler, a.a.O., S. 27).

38

Für das Nds. Wasserentnahmeentgelt um als einer Gebühr im materiellen Sinne steht dem Land gemäß Art. 30, 70 Abs. 1, 72 Abs. 1, 75 Nr. 4 GG die Gesetzgebungskompetenz zu. Es ist nicht ersichtlich, daß der Bund aufgrund seiner rahmenrechtlichen Gesetzgebungskompetenz auf dem Gebiet des Wasserhaushaltes (Art. 75 Nr. 4 GG) die Frage der Erhebung derartiger Gebühren abschließend - negativ - geregelt hätte. Der ursprüngliche Regierungsentwurf des WHG aus dem Jahre 1957 sah in § 19 einen sog. Wasserzins vor. Ausweislich der Gesetzesbegründung sollte dieser Wasserzins als Gegenleistung zur pfleglichen Tätigkeit der öffentlichen Hand auf dem Gebiet der Wasserwirtschaft den Charakter einer Gebühr tragen (vgl. Bt-Drs 2/2072, S. 29). Im Gesetzgebungsverfahren wandte der Bundesrat ein, die Regelung gehöre nicht zum Wasserhaushalt (vgl. Art. 75 Nr. 4 GG), sondern in das allgemeine Wasserrecht. Die Entscheidung über die Einführung oder Ablehnung des Wasserzinses könne der Landesgesetzgebung überlassen bleiben. Daraufhin nahm der Bundestag die Vorschrift des § 19 auf Vorschlag seines Sonderausschusses "Wasserhaushaltsgesetz" nicht in das Gesetz auf. Der schriftliche Bericht des Ausschusses (Bt-Drs 2/3536, S. 7) nannte als Gründe hierfür:

"Es bleibt zweifelhaft, ob der Wasserzins tatsächlich eine echte Angelegenheit des Wasserhaushalts ist. Die von der Bundesregierung vorgeschlagene Formulierung des § 19 bringt eine Verquickung zwischen öffentlich-rechtlichen und fiskalischen Interessen, die verfassungsrechtlich bedenklich ist.

Schließlich läßt die Formulierung des § 19 die Rechtsnatur des Wasserzinses nicht erkennen. Es ist möglich, den Wasserzins als Steuer, als Gebühr oder auch als Beitrag aufzufassen. Abschließend ist zu befürchten, daß allein durch die Einführung eines Wasserzinses der Wasserpreis erhöht werden muß, eine Folge, die im Interesse der Allgemeinheit nicht verantwortet werden kann."

39

Ergebnis war mithin, daß eine rahmenrechtliche Regelung für einen Wasserzins im WHG nicht zustande kam und die Länder zur Einführung eines solchen Zinses nicht verpflichtet worden sind. Andererseits ist aber auch keine Vorschrift vorhanden, die den Ländern die Einführung untersagt. Aus den Gesetzesmaterialien ergibt sich, daß es nicht die Absicht des Bundesgesetzgebers gewesen ist, den Wasserzins bundesrechtlich abschließend negativ zu regeln.

40

In diesem Zusammenhang ist auch unerheblich, daß das Land mit der Erhebung der Wasserentnahmegebühr einen Zweck verfolgt, der einem bundesrechtlich geregelten Bereich, dem des Wasserhaushalts, zugeordnet ist. Wie sich aus § 1 a Abs. 1 des Gesetzes zur Ordnung des Wasserhaushaltes - WHG - in der Fassung der Bekanntmachung vom 23.09.1986 (BGBl. III 753-1) ergibt, ist Sinn und Zweck des WHG der Schutz der Gewässer vor vermeidbaren Beeinträchtigungen, insbesondere vor Verunreinigungen oder sonstigen nachteiligen Veränderungen der Gewässereigenschaften, sowie das Ziel einer sparsamen Verwendung des Wassers.

41

Eben diesem Ziel dient auch die Erhebung der Nds. Wasserentnahmegebühr nach dem Willen des Gesetzgebers. In der Begründung des Gesetzentwurfes (Lt-Drs 12/2960, S. 10 f.) heißt es:

"Es entspricht dem Gebot vorsorgender, auf Schonung des vorhandenen, nutzbaren Wasservorkommens angelegter Politik, stärker als bisher auf einen haushälterischen Umgang mit der Ressource Wasser hinzuwirken, um Einsparpotentiale bei den privaten wie auch den gewerblichen, industriellen und sonstigen Verbrauchern auszuschöpfen und dem Gewässerbenutzer auch den Wert des auf lange Sicht begrenzten Gutes Wasser vor Augen zu führen. Mit dem Entwurf eines Gesetzes zum Einsparen von Wasser und zur Förderung des Gewässerschutzes soll ein erster Schritt zur Unterstützung und Verwirklichung des Zieles "Wassersparen" mit der Einführung einer öffentlichen Abgabe auf die Nutzung des Naturgutes Wasser getan werden. Damit soll das bestehende ordnungsrechtliche Instrumentarium des Wasserrechts, das "die mit Rücksicht auf den Wasserhaushalt gebotene sparsame Verwendung des Wassers" als ein verpflichtendes Ziel der Bewirtschaftung der Gewässer (§ 1a WHG) enthält, i.S.d. ökonomischen Anreizwirkung um ein neues abgabenrechtliches Instrument ergänzt werden. Neben dem ökonomischen Aspekt eines solches Instrumentariums wird auch ein Gerechtigkeitsaspekt eingeführt. ..."

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Diese Zweckidentität bundesrechtlicher Rahmenvorschriften einerseits und landesrechtlicher Gebührenvorschriften andererseits ist verfassungsrechtlich unbedenklich. Sowohl nach verfassungsrechtlicher Rechtsprechung als auch nach höchstrichterlicher Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts, der die Kammer folgt, sperrt die bundesrechtliche Regelung eines Gegenstandes der konkurrierenden Gesetzgebung bzw. Rahmengesetzgebung nur die Zuständigkeit der Länder zur unmittelbaren Regelung dieses Gebiets, schließt aber die Verfolgung von Bundesrechtsbereichen zugeordneten Zwecken etwa bei der Gebührenfestsetzung nicht aus (BVerwG, Beschluß vom 03.05.1994 - 8 NB 1.94 -, Buchholz 401.84 Nr. 70 jeweils m.w.N. aus der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts und des Bundesverwaltungsgerichts). Die Bedeutung der §§ 47 ff. NWG erschöpft sich (wie die im genannten Urteilsfall im Streit befindliche Abfallgebührenbestimmung des Freistaates Sachsen) darin, Maßstäbe für die Gebührenbemessung vorzugeben, nicht aber, konkrete wasserwirtschaftliche (dort abfallwirtschaftliche Gebote oder Verbote) auszusprechen. Da § 1a WHG andererseits - und, wie dargestellt, das gesamte Wasserhaushaltsgesetz - Gebührenfragen gänzlich ausklammert, ist die streitige landesrechtliche Bestimmung durch die bundesrechtliche Regelung nicht ausgeschlossen.

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Auch im übrigen steht die Einführung eines Wasserentnahmeentgelts in Niedersachsen mit dem Grundgesetz in Einklang.

44

Die Nds. Wasserentnahmegebühr verstößt nicht gegen Art. 2 Abs. 1 GG. Zwar greift die Pflicht zur Zahlung einer Abgabe in die wirtschaftliche Freiheit des Einzelnen, die durch Art. 2 Abs. 1 GG geschützt ist, ein; eine Verletzung dieses Grundrechtes liegt jedoch nicht vor, weil den Gebührenschuldnern und damit auch der Klägerin ein angemessener Spielraum verbleibt, sich als Unternehmer wirtschaftlich frei zu entfalten. Die Abgabenbelastung ist in Ansehung der Höhe der Gebühr gemäß § 47a Abs. 1 NWG i.V.m. der Anlage zu dieser Vorschrift sowohl abstrakt als auch konkret im Fall der Klägerin verhältnismäßig. Dies schließt auch einen Verstoß gegen Art. 14 GG aus.

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Ebensowenig ist ein Verstoß gegen das Äquivalenzprinzip ersichtlich. Es hat zum Gegenstand, daß bei der Bemessung der Gebühren der Grundsatz der Ausgewogenheit im Einzelfall zu wahren ist. Es muß also zwischen Leistung und Gegenleistung ein angemessenes Verhältnis bestehen (vgl. BVerwG, Beschluß vom 06.02.1984 a.a.O.). Diesem Grundsatz trägt der Gesetzgeber durch die unterschiedlichen - an den jeweiligen Verwendungszweck anknüpfenden - Gebührensätze in der Anlage zu § 47a Abs. 1 NWG hinreichend Rechnung.

46

Auch die von der Klägerin gerügte Ungleichbehandlung gegenüber den Wasserentnehmern, die anders als die Klägerin das Wasser vollständig verbrauchen, kann die Kammer nicht erkennen. Gebührenpflichtiger Tatbestand ist, wie sich aus § 47 Abs. 1 i.V.m. §§ 4 Abs. 1 Nr. 1 und 7 NWG ergibt, die Wasserentnahme. Unerheblich ist danach, in welchem Umfang das entnommene Wasser später dem Wasserkreislauf wieder zugeführt wird. Hinsichtlich des Tatbestandes der Wasserentnahme liegt keine Ungleichbehandlung der Klägerin vor und wird von ihr auch nicht geltend gemacht. Abgesehen davon gelangt das Wasser in einen durch den Produktionsbetrieb veränderten Zustand in den Wasserkreislauf zurück; sei es, daß sich die Temperatur verändert hat, sei es, daß das Wasser zusätzliche Stoffe enthält, die vor der Wasserentnahme in ihm nicht vorhandenen waren.

47

Auch die in der Anlage zu § 47 a Abs. 1 NWG vorgenommene Staffelung der Gebührenhöhe in Abhängigkeit von der Herkunft und dem Verwendungszweck des Wassers ist verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden. Ein Verstoß gegen Art. 3 Abs. 1 GG ist nicht zu erkennen. Ausweislich der Gesetzesbegründung (Lt-Drs 12/2960 S. 19 f.) liegen dieser Staffelung sachgerechte Erwägungen zugrunde. Sie orientieren sich speziell an der Ressourcenschonung des Grundwassers einerseits und an der Leistungs- und Wettbewerbsfähigkeit landwirtschaftlicher und gewerblicher Betriebe mit wasserintensiver Nutzung andererseits.

48

Die vom Gesetzgeber in § 47 Abs. 2 NWG normierten Ausnahmetatbestände für die Gebührenerhebung führen ebensowenig zu einer verfassungswidrigen Ungleichbehandlung der Klägerin. Sie beruhen auf einer vom Gesetzgeber ausweislich der Gesetzesbegründung (Lt-Drs 12/2960 S. 17 ff.) im Rahmen des ihm zustehenden Gestaltungsspielraums bei der Formulierung von Gebührentatbeständen sachgerechten Zweckabwägung zwischen dem mit der Erhebung der Wasserentnahmegebühr verfolgten Ziel einerseits und den vom Gesetzgeber als schutzwürdig angesehenen, mit der jeweiligen Wassernutzung verfolgten Zwecken andererseits, zu denen die Tätigkeit der Klägerin nicht gehört.

49

Die Kammer vermag in diesem Zusammenhang auch keine Verletzung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit zu erkennen, die sich nach Ansicht der Klägerin aus der tatbestandlichen Anknüpfung der Gebühr an die Wasserentnahme statt an den tatsächlichen Wasserverbrauch ergeben soll.

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Dies ergibt sich schon aus der Regelung des § 47 a Abs. 2 NWG i.V.m. der Anlage 1 zu § 47 Abs. 1 NWG. Sie führt generell und konkret im Fall der Klägerin dazu, daß die Wasserentnahme zu sonstigen Zwecken auf das Maß der Höhe der Gebühr (Entnahme von Oberflächenwasser) bzw. auf ein noch darunter liegendes Maß (Entnahme von Grundwasser) reduziert wird, das auf diejenigen Gebührenschuldner angewendet wird, die bei der Herstellung nicht alle zumutbaren Maßnahmen zur Wassereinspannung getroffen haben.

51

Es liegt im Fall der Klägerin schließlich auch keine Verfehlung des mit der Erhebung der Wasserentnahmegebühr verfolgten Gesetzeszweckes vor. Der Gesetzgeber ist von Verfassungs wegen nicht gehindert, neben der Kostendeckung weitere Ziele zu verfolgen und bei den Gebührenmaßstäben auch den Wert der staatlichen Leistung zu berücksichtigen (vgl. BVerfG, Beschluß vom 12.02.1992 - 1 BvL 1/89 - BVerfGE 85, S. 337 [BVerfG 12.02.1992 - 1 BvL 1/89] (346 [BVerfG 12.02.1992 - 1 BvL 1/89] m.w.N.)). Sind Normen untauglich, diesen Zweck zu erreichen, können sie - in seltenen Fällen - nichtig sein (vgl. BVerwG, Beschluß vom 03.05.1994, a.a.O., S. 16). Dabei schließt sich die Kammer allerdings der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (Beschluß vom 03.05.1994 a.a.O., S. 17) an, wonach die Frage der Geeignetheit einer Regelung zur Erreichung des beabsichtigten Zwecks aus der Sicht des Gesetzgebers bei Erlaß der Regelung und beschränkt darauf zu beantworten ist, ob dessen Prognose sachgerecht und vertretbar bzw. ob das eingesetzte Mittel "objektiv untauglich" oder "schlechthin ungeeignet" war. Davon kann hier nicht die Rede sein.

52

Die Erhebung der Nds. Wasserentnahmegebühr ist auch im Falle der Klägerin nicht objektiv untauglich oder schlechthin ungeeignet, das Ziel, einen sparsamen Umgang mit der Ressource Wasser zu fördern (vgl. Lt-Drs 12/2960, S. 10 f.), zu erreichen. Dies wird auch von der Klägerin nicht in Abrede gestellt. Sie macht lediglich geltend, weitere als die bereits vorgenommenen Wassereinsparungsmöglichkeiten seien in ihrem Fall wirtschaftlich nicht zumutbar. Diesem Zumutbarkeitsgesichtspunkt trägt in verfassungsrechtlich hinreichender Weise wie dargestellt der § 47a Abs. 2 NWG Rechnung. Diese Bestimmung hat der Beklagte zugunsten der Klägerin in bezug auf die Aufbereitungs- und Neutralisationsanlage Bad Lauterberg auf deren Antrag hin auch zur Anwendung gebracht.

53

Nach alledem hat der angefochtene Bescheid eine tragfähige Rechtsgrundlage. Er ist auch im übrigen rechtlich nicht zu beanstanden.

54

Die Kostenentscheidung beruht diesbezüglich auf § 154 Abs. 1 VwGO.

55

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 167 Abs. 1 VwGO i.V.m. § 708 Nr. 11, 711 ZPO.

Kaiser,
Dr. Rudolph,
Dr. Wenderoth