Verwaltungsgericht Oldenburg
Urt. v. 29.06.2004, Az.: 1 A 4193/99
effektiver Rechtsschutz; feststellungsfähiges Rechtsverhältnis; FFH-Gebiet; FFH-Richtlinie; Flora Fauna Habitat; Miete oder Pacht; qualifiziertes Rechtsschutzinteresse; Rechtsschutzbedürfnis; schuldrechtliche Ansprüche; Schutzgebiete; vorbeugende Feststellungsklage; Vorschlagsliste
Bibliographie
- Gericht
- VG Oldenburg
- Datum
- 29.06.2004
- Aktenzeichen
- 1 A 4193/99
- Entscheidungsform
- Urteil
- Referenz
- WKRS 2004, 50700
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- [keine Angabe]
Rechtsgrundlagen
- § 43 Abs 1 VwGO
- Art 4 Abs 1 EWGRL 43/92
- § 33 Abs 1 BNatSchG
- Art 14 Abs 1 S 1 GG
Amtlicher Leitsatz
Leitsatz
Über die Rechtmäßigkeit der Aufnahme eines Grundstücks in die Vorschlagsliste für ein FFH-Gebiet kann nicht mit der Feststellungsklage nach § 43 VwGO entschieden werden (wie OVG Münster Urt. v. 14. Mai 2003, 8 A 4229/01)
Tenor:
Die Klage wird abgewiesen.
Die Kläger tragen die Kosten des Verfahrens; insoweit ist das Urteil vorläufig vollstreckbar.
Die Berufung wird zugelassen.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten über die Rechtmäßigkeit der Auswahl von Flächen des ... in einen Vorschlag zur Umsetzung der FFH-Richtlinie.
Die Kläger betreiben im Landkreis ... Ziegeleien. Dem für die Herstellung der dort gebrannten Klinkerziegel verwendeten Ton wird zu einem geringen Teil auch Lehm aus Waldflächen im N. H. (sog. Forstlehm) beigemischt, der den Ziegeln besondere arttypische Eigenschaften verleiht. Die Waldgebiete stehen im Eigentum des beklagten Landes. Die Kläger bzw. ihre Rechtsvorgänger haben 1957 mit der Landesforstverwaltung einen Rahmenvertrag über die Ausbeutung von Lehmvorkommen im ... geschlossen. Danach dürfen die Kläger Lehm auf Flächen abbauen, die von der Landesforstverwaltung im Rahmen der ordnungsgemäßen Forstbewirtschaftung abgeholzt worden sind. Im Anschluss daran muss der abgeräumte Mutterboden wieder aufgebracht werden, damit die Flächen erneut der forstwirtschaftlichen Nutzung zugeführt werden können. Nach Angaben der Kläger stehen noch ungefähr 250 ha Flächen zur Verfügung, die bislang noch nicht für den Lehmabbau in Anspruch genommen wurden.
Zur Umsetzung der Flora-Fauna-Habitat-Richtlinie des Rates der EG (92/43/EWG) (FFH-Richtlinie) musste das Land Niedersachsen Gebiete melden, die für ein europäisches ökologisches zusammenhängendes kohärentes Netz besonderer Schutzgebiete „Natura 2000“ in Betracht kommen. Dabei wurde u.a. auch das Neuenburger Holz für die Aufnahme in das Netz der Schutzgebiete vorgeschlagen (Vorschlag 9). Die Fläche war ungefähr 180 ha groß und umfasste auch ungefähr 80 ha, die Gegenstand von Lehmabbauverträgen sind. Der Vorschlag wurde am 16. November 1999 vom Kabinett beschlossen und an das zuständige Bundesministerium zur Weiterleitung gemeldet. Das Verfahren bei der Kommission der EG ist noch nicht abgeschlossen. Die Kommission hat die vorgesehene Liste noch nicht erstellt. Allerdings sind die der Entscheidung vorgeschalteten wissenschaftlichen Seminare im Jahre 2002 durchgeführt worden. Die Ergebnisse dieser Seminare führten in Niedersachsen zu weiteren Vorschlägen für eine Nachmeldung. Dabei ist auch der Gebietsvorschlag des ... erweitert worden. Der Bundesrat hat am 11. Juni 2004 dem von der Kommission übersandten Entwurf einer Liste von Gebieten von gemeinschaftlicher Bedeutung mit Maßgaben zugestimmt.
Unmittelbar vor der Befassung des Niedersächsischen Kabinetts mit dem Gebietsvorschlag haben die Kläger Klage erhoben und um Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes nachgesucht (1 B 4195/99). Sie wollten ursprünglich die Meldung von Flächen, auf denen Lehmabbaurechte ruhten, verhindern. Das Land sollte es unterlassen, Flächen des Neuenburger Holzes, auf denen Lehmabbaurechte ruhten, als FFH-Gebietsvorschlag auszuwählen. Nach Beschlussfassung im Kabinett haben die Kläger ihr Begehren umgestellt und es auf die Feststellung gerichtet, dass die Auswahlentscheidung des Beklagten zu Flächen des ... rechtswidrig war.
Der Antrag auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes ist mit Beschluss der Kammer vom 20. Januar 2000 abgelehnt worden. Den Antrag auf Zulassung der Beschwerde hat das Niedersächsische Oberverwaltungsgericht mit Beschluss vom 24. März 2000 abgelehnt.
Die Kläger halten ihr Begehren für zulässig und begründet. Sie seien durch die Meldung des ... als Gebiet für die Umsetzung der FFH-Richtlinie in ihren Rechten beeinträchtigt. Schon der Vorschlag zur Aufnahme in die von der Kommission zu erstellende Liste führe zu unzumutbaren Rechtsbeeinträchtigungen bei der Ausübung ihrer vertraglich zugesicherten Lehmabbaurechte. Ausreichenden Rechtsschutz könnten sie nur vor den Verwaltungsgerichten in der Bundesrepublik erlangen. Nach Erstellung der Liste durch die Kommission der EG sei die Landesregierung nach der FFH-Richtlinie und dem Niedersächsischen Naturschutzgesetz verpflichtet, dieses Gebiet unter Schutz zu stellen. Effektiver Rechtsschutz - als Normenkontrollverfahren oder inzident im Verfahren auf Erteilung einer naturschutzrechtlichen Genehmigung - sei dann nicht mehr möglich. Selbst wenn ein Antrag beim Europäischen Gerichtshof zulässig und statthaft sein sollte, so sei die Kontrolldichte dort geringer als bei deutschen Verwaltungsgerichten. Insbesondere finde eine Sachaufklärung nicht statt. Schon die Meldung des ... als Schutzgebiet führe zu Beeinträchtigungen in verfahrensrechtlicher Hinsicht. Die Klägerin zu 2) wolle in weiter Entfernung zum vorgesehenen FFH-Gebiet eine Fläche abbauen und müsse dazu umfangreiche Unterlagen beibringen, die sie ohne die FFH-Gebietsauswahl nicht vorzulegen hätte. Nach Unterschutzstellung des Gebietes sei ein Bodenabbau in dem Maße, wie die Kläger darauf bislang hätten vertrauen können, nicht mehr möglich. Das Rechtsschutzbedürfnis für eine Feststellungsklage sei schon deshalb gegeben, weil das Land Niedersachsen sich durch die Auswahl fehlerhaft und ohne sachlichen Anlass in eine Position begeben habe, die es ihm unmöglich mache, seine vertraglichen Pflichten aus den Abbauverträgen den Klägern gegenüber zu erfüllen.
Zur Begründetheit machen die Kläger geltend, das ... sei fehlerhaft in die Liste der Gebiete von gemeinschaftlicher Bedeutung aufgenommen worden, weil die Voraussetzungen aus der FFH-Richtlinie nicht vorlägen. Die für schutzwürdig gehaltenen Bestände von Alnus glutinosa und Fraxinus excelsior (Erlen und Eschen) seien nicht in dem für die Annahme eines prioritären Lebensraumes „Auenwald“ erforderlichen Umfang vorhanden.
Die Kläger seien darauf angewiesen, die Entscheidung nationaler Behörden korrigieren zu lassen. Ohne die nationale Entscheidung über die Auswahlwürdigkeit könne die Europäische Kommission das fragliche Gebiet nicht in die Liste aufnehmen. Wenn das Verwaltungsgericht die Rechtswidrigkeit der Gebietsauswahl feststelle, werde dadurch die Europäische Kommission an einer Listungsentscheidung gehindert. Gegen den Spruch eines nationalen Gerichts dürfe die Europäische Kommission nicht entscheiden.
Die Kläger beantragen,
festzustellen, dass die Entscheidung des Beklagten über die FFH-Gebietsauswahl vom 16. November 1999 insoweit rechtswidrig ist, als davon Grundstücke betroffen sind, auf denen vertragliche Abbaurechte der Klägerinnen ruhen und die nicht in der Anlage zum Gerichtsprotokoll schraffiert dargestellt sind,
sowie hilfsweise,
festzustellen, dass die Auswahl des Gebietes insoweit rechtswidrig ist, als ihr Grund das angebliche Vorkommen und die angebliche Erfüllung der Kriterien aus Anhang III Phase 1 FFH-Richtlinie hinsichtlich des prioritären Lebensraumtypes „Auenwälder mit Alnus glutinosa und Fraxinus excelsior (Code 91 E0)“ war.
Die Beklage beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie hält die Klage für unzulässig. Das Meldeverfahren sei zu weit fortgeschritten, als dass darauf noch Einfluss genommen werden könne. Die umstrittenen Bereiche seien vom Bundesumweltministerium bereits an die Kommission übermittelt und die Kommission habe den Bereich in den Entwurf einer Liste der Gebiete von gemeinschaftlicher Bedeutung aufgenommen, zu der der Bundesrat sein Einvernehmen erteilen werde. Eine gerichtliche Entscheidung nütze den Klägerinnen nichts, weil die Kommission nicht an die Entscheidung des Verwaltungsgerichts gebunden sei. Sie werde den Bereich unabhängig von der gerichtlichen Entscheidung in die Liste der Gebiete von gemeinschaftlicher Bedeutung aufnehmen und damit die Pflicht des Landes zur Ausweisung dieses Gebietes nach Art. 4 Abs .4 FFH-Richtlinien begründen. Das Land Niedersachsen sei an die Entscheidung der Kommission gebunden. Die Klage sei im Übrigen auch unbegründet. Die Voraussetzungen der FFH-Richtlinie für den Vorschlag dieses Gebietes seien erfüllt.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird ergänzend auf die Prozessakten und auf die vorgelegten Verwaltungsvorgänge verwiesen.
Entscheidungsgründe
Die Klage ist unzulässig.
Rechtlicher Ausgangspunkt des Feststellungsbegehrens der Kläger ist § 33 Abs. 1 BNatschG i. d. F. v. 25. März 2002 (entspr. § 19b Abs. 1 BNatschG i. d .F .v. 21. Sept. 1998). Diese Norm dient der Umsetzung der Richtlinie 92/43/EWG des Rates vom 21. Mai 1992, i. d. F. d. RL 97/62/EG vom 27. Okt. 1997 zur Erhaltung der natürlichen Lebensräume sowie der wildlebenden Tiere und Pflanzen (FFH-Richtlinie). Zur Vorbereitung einer Liste der Gebiete von gemeinschaftlicher Bedeutung, die von der Kommission der EG erstellt wird, wählen die Länder nach § 33 Abs. 1 S. 1 BNatschG Gebiete aus, die der Kommission nach Art. 4 der FFH-Richtlinie zu melden sind. Nach Herstellung des Benehmens mit dem Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit werden diese Gebiete der Kommission benannt. Die Kläger wenden sich gegen die Aufnahme von Teilen des ... (Vorschlag 9) in die Vorschlagsliste, die dem zuständigen Bundesministerium übermittelt worden ist und wollen mit ihrer Klage die Feststellung der Rechtswidrigkeit dieses Vorschlages erreichen.
Die Feststellungsklage ist sowohl mit dem Haupt- als auch mit dem Hilfsantrag unzulässig, weil es an einem feststellungsfähigen Rechtsverhältnis fehlt. Die in § 43 VwGO als besondere Klageart vorgesehene Feststellungsklage dient der gerichtlichen Feststellung des Bestehens eines Rechtsverhältnisses oder einzelner seiner Teile und insbesondere auch der Feststellung der sich aus dem Rechtsverhältnis ergebenden Rechte und Pflichten. Feststellungsfähige Rechtsverhältnisse sind die rechtlichen Beziehungen, die sich aus einem konkreten Sachverhalt auf Grund einer öffentlich-rechtlichen Norm für das Verhältnis von natürlichen oder juristischen Personen untereinander oder einer Person zu einer Sache ergeben, kraft deren eine der beteiligten Personen etwas Bestimmtes tun muss, kann oder darf oder nicht zu tun braucht (OVG Münster, Urt. v. 14. Mai 2003 - 8 A 4229/01 - Natur und Recht 2003, 706).
Es mag hier offen bleiben, ob die für ein Rechtsverhältnis zu einem Träger öffentlicher Verwaltung erforderliche Nähe und Betroffenheit schon deshalb abzulehnen ist, weil die Kläger weder Eigentümer von noch dinglich Berechtigte an Flächen im N. .sind. Ihre Ansprüche auf Grundstücksnutzung beruhen lediglich auf schuldrechtlichen Verträgen. Grundsätzlich können Eigentümer und dinglich Berechtigte ihre Rechte gegenüber Inanspruchnahme oder Belastungen durch Planungen gerichtlich gegenüber dem Hoheitsträger geltend machen. Aber auch schuldrechtliche Ansprüche aus Miete oder Pacht gehören zu den vermögenswerten Rechten, die verfassungsrechtlichen Schutz aus Art 14 GG genießen. Aus Miet- oder Pachtverträgen erwächst eine Rechtsstellung, die nicht nur Nutzungs-, sondern auch selbständige Abwehrrechte umfasst. Auch wenn eine solche Position dem Inhaber zwar nicht auf Dauer zugeordnet ist, da sie durch Kündigung beendet werden kann und die Verfügungsbefugnis weitgehend eingeschränkt ist, ist diese Rechtsposition wirtschaftlich betrachtet nicht nur eine bloße Chance oder Aussicht. Deshalb kann ein Pachtverhältnis nach §§ 535 ff. BGB die Qualität von Eigentum im Sinne des Art. 14 Abs. 1 Satz 1 GG haben und den Inhaber zur Anrufung des Gerichts berechtigen (BVerwG Urt. v. 1. September 1997, Az: 4 A 36/96, BVerwGE 105, 178-186, unter Aufgabe der bisherigen Rechtsprechung).
Im Vergleich zu einem Pächter haben die Kläger wesentlich geringere und schwächere Rechte aus den mit dem Land Niedersachsen geschlossenen Verträgen, die nicht dem öffentlichen, sondern ausschließlich dem privaten Recht zuzuordnen sind. In dem Rahmenvertrag vom 30. Juli 1957 ist den Klägern lediglich das Recht eingeräumt worden, Lehm auf Flächen abzubauen, die die Forstverwaltung ihnen nach freier Entscheidung zur Verfügung stellt. Ob die Kläger Flächen zum Abbau erhalten, entscheidet allein die Forstverwaltung im Rahmen der Bewirtschaftung des Waldes. Die Kläger haben keinen Anspruch auf bestimmte Flächen oder Einhaltung von Terminen. Sie sind darauf angewiesen, dass die Forstverwaltung ihnen Flächen zur Verfügung stellt und sind deshalb in hohem Maße von der Forstverwaltung abhängig, die im Rahmen ihrer Wirtschaftsplanungen über die Freilegung von Flächen entscheiden kann. Zwar ging man bei Vertragsabschluss wohl davon aus, dass die Bewirtschaftung durch Kahlschlag hiebreifer Bestände erfolgt und damit Flächen für den Abbau zur Verfügung stehen. Inzwischen haben sich die Bewirtschaftungsmethoden jedoch gewandelt. Es werden keine oder kaum noch größere Flächen kahlgeschlagen, sondern vielmehr werden einzelne Bäume entnommen. Wie die mündliche Verhandlung ergeben hat, sind den Klägern schon seit einigen Jahren kaum noch Flächen zum Abbau überlassen worden. Dabei handelt es sich im Wesentlichen um Windbruchflächen. Selbst wenn die Forstverwaltung sich entschließen würde, etwa aus finanziellen Erwägungen oder zum Schutz der Umwelt überhaupt keine Bäume mehr zu schlagen und den Wald zumindest zeitweilig sich selbst zu überlassen, hätten die Kläger das wohl hinzunehmen. Ob die zwar vertraglich gesicherte aber nur sehr schwache Rechtsposition der Kläger zur Klage gegen Handlungen von Hoheitsträgern berechtigt, mag offen bleiben. Die Kammer hat dazu seinerzeit im Verfahren zur Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes (Beschluss vom 20. Januar 2000, 1 B 4195/99, Natur und Recht 2000, 295) keine Entscheidung getroffen und sieht auch jetzt dazu keine Veranlassung, weil die Klage aus anderen Gründen unzulässig bleibt.
Ebenso wenig braucht entschieden zu werden, ob der von der Beklagten dargelegte Stand des Verfahrens der Listenerstellung durch die Kommission der EG eine gerichtliche Entscheidung noch zulässt. Nach Ansicht der Beklagten kann eine gerichtliche Entscheidung des Verwaltungsgerichts ohnehin nichts mehr an der Aufnahme des ... in die Liste der schutzwürdigen Gebiete ändern. Der Bundesrat hat am 11. Juni 2004 dem mit Schreiben der Kommission vom 20. November 2003 übersandten Entwurf einer Liste von Gebieten von gemeinschaftlicher Bedeutung für die Atlantische Region, zu der Nordwestdeutschland gehört, zugestimmt und gleichzeitig der Erteilung des Einvernehmens gem. Art. 4 Abs.1 der Richtlinie des Rates 92/43/EWG, (FFH-Richtlinie) zugestimmt. Der Bundesrat hat zwar einige Vorbehalte aufgenommen, die aber nicht das hier in Rede stehende Gebiet betreffen. Nach Ansicht der Beklagten wäre das Land in diesem Stadium an die Entscheidung der Kommission gebunden, selbst wenn das Verwaltungsgericht zu Gunsten der Kläger entscheiden sollte. Auf diese Fragen kommt es nicht an, weil die Kläger unabhängig vom Stand des Verfahrens kein feststellungsfähiges Rechtsverhältnis geltend machen können. Deshalb braucht eine Vorabentscheidung des EuGH zur Bindung der Kommission an Entscheidungen der Verwaltungsgerichte nicht eingeholt zu werden.
Unabdingbare Voraussetzung der Feststellungsklage, nicht nur in der Form der vorbeugenden Feststellungsklage, ist ein feststellungsfähiges Rechtsverhältnis, an dem es hier fehlt. Für die Aufnahme von Flächen in einen Vorschlag nach § 33 Abs. 1 BNatschG kommt es nur darauf an, ob das Gebiet die Eigenschaften für ein Schutzgebiet nach Art. 4 Abs. 1 der Richtlinie 92/43/EWG (FFH-Richtlinie) erfüllt. Die Eigenschaft einer Sache als solche ist als Vorfrage oder Bestandteil eines Rechtsverhältnisses nicht feststellungsfähig. Die Auswahl der Gebiete für die Vorschlagliste nach der FFH-Richtlinie und die Feststellung ihrer Eigenschaften sind bloß verwaltungsinterne Maßnahmen und lassen die Rechtsstellung der Betroffenen unberührt. Die Gebietsauswahl nach den Kriterien der FFH-Richtlinie durch die Länder ist eine Datensammlung oder ein Bestandsverzeichnis als Grundlage für die in der Richtlinie vorgesehenen weiteren Auswahlschritte, von denen dann Rechtswirkungen ausgehen können. Die Listung in den Mitgliedstaaten ist keine öffentlich-rechtliche Willenserklärung mit Rechtswirkungen, sondern eine naturschutzfachliche Beurteilung. Rechtliche Konsequenzen ergeben sich erst aus der Aufnahme eines Gebietes in die Liste der Kommission (OVG Münster, Urt. .v. 14. Mai 2003, 8 A 4229/01, Natur und Recht 2003, 706 mwN). Erst mit der Erstellung der Gemeinschaftsliste wird z. B das Verschlechterungsverbot des § 33 Abs. 5 BNatschG aktiviert. Auch von einem „potentiellen FFH-Gebiet“ gehen keine unmittelbaren Rechtswirkungen aus, weil diese Qualität sich aus der materiellen Schutzwürdigkeit unabhängig von der Aufnahme in eine Vorschlagsliste ergibt. (OVG Münster aaO).
Ein feststellungsfähiges Rechtsverhältnis zwischen den Klägern und dem beklagten Land kann auch nicht mit der Argumentation begründet werden, das beklagte Land mache sich mit dem Gebietsvorschlag die Erfüllung seiner vertraglichen Pflichten zur Überlassung von Flächen für den Bodenabbau unmöglich. Wenn nicht einmal das Eigentum an Flächen im Vorschlagsgebiet ein Rechtsverhältnis zum Hoheitsträger begründet, so gilt dies erst recht für lediglich vertraglich begründete private Rechte. Der Vertrag aus dem Jahre 1957 führt nicht zur Begründung öffentlich-rechtlicher Verpflichtungen, die Gegenstand einer Prüfung vor den Verwaltungsgerichten sein könnten. Dass der Partner des privatrechtlichen Vertrages identisch ist mit dem Beklagten in einem nach dem öffentlichen Recht zu beurteilenden Prozess, ist rein zufällig und führt nicht zu einer Ausweitung der Rechtsposition der Kläger vor dem Verwaltungsgericht.
Die Klage ist unabhängig vom Fehlen eines Rechtsverhältnisses auch deshalb unzulässig, weil es an dem erforderlichen qualifizierten Rechtsschutzinteresse fehlt. Auch wenn die Überprüfung der Schutzwürdigkeit eines Gebietes, von der mittelbar Beeinträchtigungen in der Grundstücksnutzung abhängen können, für den Betroffenen nicht mit der Feststellungsklage zu erreichen ist, so bleibt er doch nicht rechtsschutzlos. Nach der Umsetzung der FFH-Richtlinie in das innerstaatliche Recht werden die in der VwGO vorgesehenen Rechtsschutzmöglichkeiten eröffnet (OVG Münster, Urt. v. 14. Mai 2003, 8 A 4229/01, Natur und Recht 2003, 706). Da das Land Niedersachsen von der Ermächtigung des § 47 Abs. 1 Nr. 2 VwGO Gebrauch gemacht hat, besteht zum einen die Möglichkeit der Normenkontrolle gegen die Rechtsvorschriften, durch die das Gebiet unter den besonderen Schutz gestellt wird. Zum anderen gibt es die Inzidentkontrolle, wenn der Betroffene Rechtsschutz gegen die Folgemaßnahmen der Aufnahme in die Gemeinschaftsliste sucht. Sowohl bei dem Erlass von Rechtsvorschriften als auch bei Einzelmaßnahmen wie z. B. Geboten oder Verboten, haben die Mitgliedstaaten einen weiten vom Schutzzweck geforderten, aber dadurch auch begrenzten Gestaltungsspielraum (vergl. W. Möller, Waldrecht und Umweltrecht in Niedersachsen, 2. Aufl. 51.13.3). Dieser Gestaltungsraum unterliegt der verwaltungsgerichtlichen Kontrolle, soweit dadurch Betroffene in ihren Rechten verletzt werden. Das Verwaltungsgericht prüft dabei nicht nur die formelle Rechtmäßigkeit der Listung, sondern auch ihre inhaltliche Vereinbarung mit der FFH-Richtlinie und damit die naturschutzfachliche Bewertung. Wenn das Verwaltungsgericht die Aufnahme des Gebietes in die Liste nicht mit den Anforderungen der FFH-Richtlinie für vereinbar hält, kann es allerdings die Liste nicht aufheben oder sich darüber hinwegsetzen, sondern muss die Sache dem EuGH zur Vorabentscheidung vorlegen (OVG Münster, Urt. v. 14. Mai 2003, Natur und Recht 2003, 706, 709). Weil sich aber auf jeden Fall ein Verwaltungsgericht mit der Sache befassen muss, erweisen sich die Befürchtungen der Kläger unbegründet, es finde keine Tatsachenermittlung und -würdigung statt, weil der EuGH lediglich Rechtsfragen prüfe. Auf der verwaltungsgerichtlichen Ebene kann die Schutzwürdigkeit und -fähigkeit des Gebietes an Hand einer Bestandsaufnahme und Bewertung überprüft werden. Das Verwaltungsgericht kann und muss auch über die Erforderlichkeit und Zulässigkeit von Befreiungen und Ausnahmen entscheiden. In der gerichtlichen Überprüfung ist dann auch Raum für die Prüfung der von den Klägern für beweiserheblich gehaltenen Fragen zum Vorkommen der gebietstypischen Erlen und Eschen. Somit ist ausreichender Rechtsschutz möglich, ohne dass es der Entscheidung über die erhobene Feststellungsklage zur Klärung von Rechtsverhältnissen und der daraus sich ergebenden Folgen bedarf (so im Ergebnis mit ausführl. Begründung OVG Münster aaO).
Bei der Entscheidung auf der nationalen Ebene vor den Verwaltungsgerichten ist Prüfungsmaßstab allerdings nicht ausschließlich das deutsche, sondern auch das Gemeinschaftsrecht. Das stellt jedoch die Effektivität der Rechtsschutzgewährung und auch die erforderliche Kontrolldichte nicht in Frage. Es ist gewährleistet, dass die tatsächlichen und rechtlichen Fragen an Hand der (nationalen und gemeinschaftsrechtlichen) gesetzlichen Grundlagen einer unabhängigen Kontrolle unterzogen werden. Deshalb teilt die Kammer die Bedenken gegen die Effektivität des der Listung nachfolgenden Rechtsschutzes nicht (a.A. VG Bremen, Urt. v. 6. August 2002 - 8 K 1243/00 - Natur und Recht 2003, 132). Auch wenn Rechtsschutz durch die Verbindung des BNatschG mit der FFH-Richtlinie komplexer und durch die Einbeziehung des EuGH auch langwieriger sein könnte, wird er jedoch nicht verhindert oder unzumutbar erschwert.
Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 154 Abs. 1 VwGO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus §§ 167 VwGO, 708 Nr. 11 ZPO.
Die Berufung wird gem. §§ 124a Abs. 1 S. 1 VwGO wegen grundsätzlicher Bedeutung der Sache zugelassen.