Finanzgericht Niedersachsen
Beschl. v. 05.03.1999, Az.: VI 15/98 Ko
Fortsetzung des Verfahrens nach Hauptsacheerledigung zur Klärung der zugesagten Änderungen; Ermittlung der Höhe der anzusetzenden Verlustvorträge; Rechtmäßigkeit der Ablehnung eines Antrags auf Kostenerstattung
Bibliographie
- Gericht
- FG Niedersachsen
- Datum
- 05.03.1999
- Aktenzeichen
- VI 15/98 Ko
- Entscheidungsform
- Beschluss
- Referenz
- WKRS 1999, 20445
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- ECLI:DE:FGNI:1999:0305.VI15.98KO.0A
Rechtsgrundlagen
- § 13 Abs. 2 BRAGO
- § 5 Abs. 6 GKG
Verfahrensgegenstand
Kostenfestsetzung
Amtlicher Leitsatz
Fortsetzung des Verfahrens nach Hauptsacheerledigung zur Klärung der zugesagten Änderungen ist gebührenrechtlich dieselbe Angelegenheit.
In dem Rechtsstreit
hat der VI. Senat des Niedersächsischen Finanzgerichts
durch
den Präsidenten des Niedersächsischen Finanzgerichts ...,
die Richterin am Finanzgericht ... und
den Richter am Finanzgericht ...
am 05. März 1999
beschlossen:
Tenor:
Die Erinnerung wird zurückgewiesen.
Die Entscheidung ergeht gerichtsgebührenfrei.
Gründe
I.
Die Klägerin führte unter dem Aktenzeichen VI 147/91 einen Rechtsstreit, in dem die Höhe der anzusetzenden Verlustvorträge streitig war. Zur gütlichen Beilegung des Rechtsstreites wurde ein Erörterungstermin am 8.3.1996 abgehalten. Im Erörterungstermin nahm die Klägerin die Klage wegen Körperschaftsteuer 1985 zurück. Der Beklagte verpflichtete sich, einen geänderten Körperschaftsteuerbescheid für 1988 zu erlassen und zwar dahingehend, dass die Körperschaftsteuer auf 0,00 DM festgesetzt wird und dementsprechend das Einkommen und die Tarifbelastung 1988 festgestellt werden. Daraufhin erklärten beide Beteiligten den Rechtsstreit VI 147/91 wegen Körperschaftsteuer 1988, also soweit er noch anhängig war, in der Hauptsache für erledigt. Durch Beschluß vom 8. März 1996 wurden dem Beklagten die Kosten des Verfahrens auferlegt.
Durch Kostenfestsetzungsbeschluß vom 4. September 1996 setzte der Urkundsbeamte die zu erstattenden Kosten auf 10.835,60 DM fest. Wegen der im einzelnen berücksichtigten Gebührentatbestände wird auf den Beschluß vom 4. September 1996 (Blatt 105 f. Finanzgerichtsakte) Bezug genommen.
Mit Schriftsatz vom 22. Juli 1997 beantragte die Klägerin das Klageverfahren unter entsprechender Anwendung der §§ 68 und 100 Abs.1 Satz 4 Finanzgerichtsordnung (FGO) fortzuführen und den Beklagten zu verpflichten, die Körperschaftsteuer 1988 entsprechend der Zusage im Erörterungstermin vom 8.3.1996 auf 0,00 DM herabzusetzen. Der Beklagte kam diesen Begehren durch Bescheid vom 11.6.1998 nach. Die Beteiligten erklärten daraufhin erneut den Rechtsstreit in der Hauptsache für erledigt. Mit Beschluß vom 9. Juli 1998 wurden dem Beklagten für das gesamte Verfahren unter Bezugnahme auf den Beschluß vom 8.3.1996 die Kosten auferlegt.
Mit Kostenrechnung vom 31.7.1998 beantragte die Kostengläubigerin für ihren Prozeßbevollmächtigten unter Zugrundelegung eines Streitwertes von 13.601,00 DM, die Erstattung der Kosten in Höhe von 2.181,20 DM. Wegen der Einzelheiten wird auf die Gebührenrechnung vom 31.7.1998 (Blatt 140 f. der Finanzgerichtsakte) Bezug genommen. Durch Beschluß vom 30.10.1998 lehnte der Urkundsbeamte den Antrag der Klägerin auf Kostenerstattung ab.
Hiergegen legte die Kostengläubigerin mit Schriftsatz vom 14.11.1998 Erinnerung ein. Zur Begründung trägt sie im wesentlichen vor, das Wiederaufnahmeverfahren bilde stets eine neue Instanz. Im übrigen seien durch Senatsbeschluß vom 9.7.1998 dem Beklagten die Kosten auch insoweit auferlegt worden, als durch die erneute Änderung des Körperschaftsteuerbescheides 1988 eine weitere Minderung der festgesetzten Steuer eingetreten sei. Dieser Beschluß sei rechtskräftig und bindend. Gegen den geänderten Körperschaftsteuerbescheid 1988 sei ein Einspruch eingelegt worden. Hierdurch sei ein neues außergerichtliches Verfahren in Gang gesetzt worden. Den Einspruch habe der Beklagte als unzulässig verworfen, weil der Prozeßbevollmächtigte zur Einlegung des Rechtsbehelfs nicht befugt gewesen sein solle. Entsprechend der Rechtsbehelfsbelehrung im Einspruchsbescheid habe gegen diese Entscheidung Klage eingereicht werden können. Hierdurch habe der Beklagte nachweislich neue Gebührentatbeständegeschaffen. Dem stehe letztlich auch nicht die Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs entgegen. Auch wenn der Rechtsgedanke der §§ 68 und 100 Abs. 1 Satz 4 FGO angewendet werde, geschehe dies lediglich aus prozeßökonomischen Gründen. Dies könne gebührenrechtlich nicht dazu führen, dass die eigentlich zur erhebende Verpflichtungsklage nicht mehr berücksichtigt werde.
Die Kostengläubigerin beantragt,
die zu erstattenden Kosten auf 2.981,20 DM festzusetzen.
Der Kostenschuldner beantragt,
die Erinnerung zurückzuweisen.
Zur Begründung trägt er vor, der Antrag auf Kostenerstattung sei zu Recht abgelehnt worden. Wie im Beschluß vom 30.10.1998 ausgeführt, liege im Streitfall kein neues Klageverfahren vor, sondern es sei lediglich das bisherige Verfahren wiederaufgelebt. Somit sei auch kein Wiederaufnahmeverfahren gegeben. Zwar sei es zutreffend, dass gegen den geänderten Körperschaftsteuerbescheid vom 26.7.1996 Einspruch eingelegt und darüber mit Einspruchsbescheid entschieden worden sei. Die Klägerin habe jedoch keine Klage gegen den Einspruchsbescheid erhoben, sondern die Fortführung des Verfahrens beantragt. Die Tätigkeit des Prozeßbevollmächtigten im Rahmen des fortgesetzten Verfahrens sei daher bereits durch die mit Beschluß vom 4.9.1996 festgesetzten Gebühren abgegolten.
II.
Die Erinnerung ist unbegründet. Der Urkundsbeamte hat den Antrag auf Kostenerstattung vom 31.7.1998 zu Recht abgelehnt. Gemäß § 45 Steuerberatergebührenverordnung in Verbindung mit § 13 Abs. 2 BRAGO kann der Prozeßbevollmächtigte in jedem Rechtszug die Gebühren nur einmal fordern. Durch Kostenfestsetzungsbeschluß vom 4. September 1996 wurden der Kostengläubigerin für sämtliche relevanten Gebührentatbestände Kostenerstattung in Höhe des gesamten Streitwertes gewährt. Der Kostenbeschluß vom 9. Juli 1998, der den Beschluß vom 8.3.1996 in sich aufnahm, konnte dementsprechend nicht zu einer weiteren Erhöhungdes Streitwertes führen.
Entgegen der Auffassung der Kostengläubigerin sind auch keine neuen Gebührentatbestände aufgrund eines eigenständigen Verfahrens entstanden. Der Prozeßbevollmächtigte kann die Gebühren in derselben Angelegenheit nur einmal fordern. Der Begriff der Angelegenheit dient gebührenrechtlich zur Abgrenzung ab desjenigen Tätigkeitsbereich, der durch die Pauschalgebühren abgegolten werden soll. Grundsätzlich soll die ganze Pauschalgebühr die gesamte Tätigkeit des Steuerberaters von der Erteilung des jeweiligen Auftrags bis zur Erledigung dieses Auftrags oder bis zum Ausscheiden abgelten. Eine Erledigung tritt folglich erst dann ein, wenn die Streitsache im jeweiligen Rechtszug ihren Abschluß gefunden hat. Dies kann durch prozeßbeendigende Erledigungserklärungen der Beteiligten geschehen. Führen die übereinstimmenden Erledigungserklärungen - wie im Streitfalllediglich formell zur Beendigung des Verfahrens, handelt es sichnoch um dieselbe Angelegenheit, wenn aufgrund der Rechtsprechung das ursprüngliche Verfahren aus dem Rechtsgedanken der §§ 68 und 100 Abs. 1 Satz 4 FGO fortgeführt wird, um zu klären, ob die abgegebene Zusageerklärung tatsächlich eingehalten wurde. In derartigen Fällen wird aus prozeßökonomischen Gründen der ursprüngliche Rechtsstreit fortgeführt. Dies rechtfertigt sich insbesondere daraus, dass der gesamte Prozeßstoff mit dem für beendigt erklärten Verfahren identisch ist. Dem entspricht es gebührenrechtlich von derselben Angelegenheit auszugehen.
Demzufolge konnte die Erinnerung keinen Erfolg haben.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 5 Abs. 6 GKG.
Dieser Beschluß ist unanfechtbar (§ 128 Abs. 4 FGO).