Finanzgericht Niedersachsen
Urt. v. 23.03.1999, Az.: VI 357/95

Abgrenzung von Geschäftsbeziehungen zu gesellschaftsrechtlichen Beziehungen; Bürgschaftserklärungen und Patronatserklärungen; Finanzielle Ausstattung von Tochtergesellschaften

Bibliographie

Gericht
FG Niedersachsen
Datum
23.03.1999
Aktenzeichen
VI 357/95
Entscheidungsform
Urteil
Referenz
WKRS 1999, 19480
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
ECLI:DE:FGNI:1999:0323.VI357.95.0A

Fundstellen

  • DStRE 2000, 409-412 (Volltext mit amtl. LS)
  • IStR 2000, 312-315

Verfahrensgegenstand

Körperschaftsteuer 1985

Redaktioneller Leitsatz

  1. 1.

    Für die Abgrenzung von Geschäftsbeziehungen zu gesellschaftsrechtlichen Beziehungen kommt es entscheidend darauf an, welche wirtschaftlichen Interessen der Steuerpflichtige bei der Abgabe der Bürgschafts- und Patronatserklärungen verfolgt hat.

  2. 2.

    Bei der finanziellen Ausstattung von Tochtergesellschaften hat der Steuerpflichtige grundsätzlich die Wahl, diese mit Eigenkapital oder Fremdkapital ggf. als Gesellschafterdarlehen auszustatten. Bürgschaftserklärungen und Patronatserklärungen können in diesem Fall zur Dokumentation der wirtschaftlichen Stärke des Gesamtkonzern dienen. Sie sind dann durch den Betrieb der Konzernmutter veranlasst.

  3. 3.

    Werden von Tochtergesellschaften für einzelne geschäftliche Maßnahmen Kredite aufgenommen und verlangen die Kreditgeber hierfür Bürgschaften, die von der Muttergesellschaft gegeben werden, sind demgegenüber bankübliche Provisionszinsen als angemessene Preise zugrundezulegen.

In dem Rechtsstreit
hat der VI. Senat des Niedersächsischen Finanzgerichts
ohne mündliche Verhandlung in der Sitzung vom 23. März 1999,
an der mitgewirkt haben:
Präsident des Finanzgerichts ... als Vorsitzender ...
Richter am Finanzgericht ...
Richterin am Finanzgericht ...
ehrenamtlicher Richter..... Kaufmann
ehrenamtlicher Richter..... Landwirt
für Recht erkannt:

Tenor:

Der Körperschaftsteuerbescheid 1985 vom 20.08.1990 in der Fassung der Einspruchsentscheidung vom 30.05.1995 wird dahingehend geändert, daß der Berichtigungsbetrag nach § 1 AStG um 92.300 DM gemindert wird.

Im übrigen wird die Klage abgewiesen.

Die Berechnung der Steuer wird dem Finanzamt übertragen.

Die Klägerin trägt 2/3, der Beklagte 1/3 der Kosten des Verfahrens.

Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe der zu erstattenden Kosten abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Die Revision wird zugelassen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten um eine Gewinnberichtigung gemäß § 1 Außensteuergesetz (AStG) wegen von der Klägerin gegebenen Patronatserklärungen zugunsten ausländischer Tochtergesellschaften.

2

Die Klägerin hat ihren Sitz in H. Sie stellt her und vertreibt Reifen sowie technische Produkte aus Kautschuck und Kunststoffen.

3

In der Zeit vom 31. August 1987 bis zum 31.01.1990 fand bei ihr eine Außenprüfung statt, die die Veranlagungszeiträume 1981 bis 1985 umfaßte. Dabei stellte der Außenprüfer in seinem Bericht vom 09.03.1990 Tz. 171 ff. folgendes fest:

4

Die Klägerin habe zugunsten einer Reihe von ausländischen Tochtergesellschaften Garantieerklärungen abgegeben. Er stellte weiter fest, daß für die Jahre 1981 bis 1983 von vier Produktionstochtergesellschaften Bürgschaftsprovisionen erhoben wurden. Zudem ermittelte er, daß bei vier weiteren Gesellschaften in unterschiedlichen Jahren innerhalb des gleichen Zeitraums wegen der schlechten finanziellen Situation der Tochtergesellschaften und dem sich daraus ergebenden wirtschaftlichen Interesse der Klägerin auf die Erhebung von Bürgschaftsprovision verzichtet wurde. Ab 1984 habe die Klägerin wegen eines Dienstleistungsvertrages, der eine Kostenerstattung im Umlageverfahren für alle Gesellschaften ihres Konzerns vorsehe, generell von der Erhebung von Bürgschaftsprovision von ihren Tochtergesellschaften abgesehen. Der Prüfer hat gemäß § 1 AStG wegen dieser Bürgschaftserklärungen in den Jahren 1981 bis 1985 Hinzurechnungen bei der Klägerin vorgenommen. Für das Streitjahr 1985 erhöhte der Beklagteaußerhalb der Bilanz den Gewinn der Klägerin um folgende Beträge:

Produktionsgesellschaften F.27.900 DM
M.2.100 DM
H.19.500 DM
N.36.100 DM
T.21.600 DM
C.19.000 DM
W.73.300 DM
I.4.100 DM
Finanzierungsgesellschaften G. F.70.700 DM
Summe274.300 DM
5

Im Körperschaftsteuerbescheid 1985 vom 20.08.1990 ist dieser Betrag in dem Berichtigungsbetrag nach § 1 AStG in Höhe von 483.268 DM enthalten. Der letztgenannte Betrag ergibt sich aus Tz. 175 des Außenprüfungsberichts.

6

Gegen diesen Körperschaftsteuerbescheid legte die Klägerin am 04.09.1990 Einspruch ein, der mit Einspruchsbescheid vom 30. Mai 1995 zurückgewiesen wurde. Hiergegen richtet sich die am 23. Juni 1995 erhobene Klage.

7

Trotz Aufforderung hat die Klägerin keine Unterlagen über die wirtschaftlichen Verhältnisse der Tochtergesellschaften vorgelegt. Vorgelegt worden sind hingegen genaue Berechnungen, wie sich die einzelnen Beträge zusammensetzen, und die Texte der einzelnen Partonatserklärungen. Dabei handelt es sich bei den einzelnen Komplexen um folgende Bürgschaftserklärungen:

8

F

Die Bürgschaftserklärung stammt vom 02.10.1974. Sie wurde abgegeben vom Vorsitzenden des Vorstandes und einem Mitglied des Vorstandes als Vertretern der Klägerin und unter Bezugnahme auf einen Kredit, den die L der F in Höhe von 4,4 Millionen Franc gegeben hat. Sie besagt, daß sie für die Klägerin der L gegenüber auf Einhaltung der Anleihebürgen, und sie verpflichten sich, keine Einwände zu erheben und den Betrag, sofern er schuldig ist, auf erstes Anfordern zu zahlen.

9

In einem zweiten Vertrag, ebenfalls über 4,4 Millionen Franc, abgegeben am 07.04.1975, wird eine mitschuldnerische Bürgschaft abgegeben. Gleiches gilt für weitere Verträge(2.083.340 Franc vom 03.12.1990, über 5,5 Millionen Franc vom 09.02.1976, für eine Anleihe in Höhe von 5 Millionen Franc aus dem Jahre 1983 (ohne näheres Datum), gegeben von der Kredit N mit einer selbstschuldnerischen Bürgschaft der Klägerin in Artikel 10, Anleihe über 6,5 Millionen Franc vom 25. Februar 1985 und vom gleichen Tag eine Anleihe über 1 Million Franc). Schließlich liegt noch ein Schreiben der Klägerin vor vom 15.02.1982 an L betreffend die Zurverfügungstellung von Darlehen in Höhe von 13 Millionen, in dem die Klägerin erklärt, daß die Zurverfügungstellung der Kredite im Rahmen ihrer Investitions- und Finanzpolitik ihrer Gruppe wünschenswert erscheine. Die Klägerin sagt zu, daß sie dafür Sorge tragen werde, daß die Liquidität ihrer Tochtergesellschaft in den nächsten 5 Jahren ausreichen werde, um die Verpflichtungen gegenüber der L zu erfüllen. Das gleiche betrifft mehrere Anleihen der F bei 4 französischen Banken in Höhe von 8,6 Millionen in einem Schreiben vom 02.01.1984.

10

Insgesamt ist festzustellen, daß es sich jeweils um selbstschuldnerische Bürgschaften und sog. harte Partonatserklärungen der Klägerin gehandelt hat.

11

M

Die Klägerin hat eine Bürgschaftserklärung am 09.05.1975 über 40 Millionen Pesetas zugunsten der S G de Banque en E als selbstschuldnerische Bürgschaft abgegeben, ebenso am 13. Juli 1984 dem Banco C

12

T gegenüber in Höhe von 7,285 Millionen Peseten. Die Hypobank mit Schreiben vom 21.04.1982 und die D Bank mit Schreiben vom 30.03.1982 hatten Garantien übernommen, für die die Klägerin haftete und die Avalprovisionen trug. Zugrunde lagen Darlehen des Banco I E von 40 Mio. Ptes und des Banco d B von 109.7 Mio. Ptas.

13

H

Die Akte enthält selbstschuldnerische Bürgschaften der Klägerindrei Banken gegenüber vom 05.11.1982, 19.11.1985 und 04.10.1985, wobei diejenige vom 19.11.1985 zugunsten der P U E S. A. Filiale per I i.L. gegeben wurde.

14

N

Vorgelegt wurden folgende Bürgschaften:

15

7.12.1980 (D B), 22.01.1985 (R Bank of S) und 17. August 1979 (ebenfalls B of S).

16

T

Enthalten ist eine Erklärung vom 22.12.1981 an die Caisse de l'E L, in der die Klägerin hinsichtlich eines Darlehens über 100 Millionen Luxemburger Franc versichert, daß sie die Beteiligung an ihrer Tochtergesellschaft in unveränderter Höhe aufrecht erhalten wird, solange das Kreditverhältnis besteht. Weiterhin wurden vorgelegt eine selbstschuldnerische Bürgschaft vom 20. Juli 1970 sowie eine vom 16. Oktober 1979. Schließlich schlug die Klägerin am 23.08.1984 ein Weiterbestehen einer Patronatserklärung vom 15.06.1984 vor.

17

C

Die Klägerin gab eine harte Bürgschaftserklärung am 21. Januar 1988 gegenüber dem C N, am 07.12.1984 gegenüber dem C d'e und eine am 6. Mai 1985 gegenüber der SDR P ab.

18

W

Für einen der W gegebenen Kredit in Höhe von 12 Mio. DM trat die Klägerin als Garantin an die Stelle des C -Bankenvereins, am 12.08.1985 ein. Eine weitere Garantie für 275 Mio. ÖS gab sie am 05.09.1985.

19

I

Bürgschaftserklärungen sind wie folgt vorgelegt: vom 4. Dezember 1985 gegenüber der Bank of I, vom 9. Januar 1987 (nicht mehr Streitjahre), eine Bürgschaftserklärung vom 22.11.1985 gegenüber der C Bank. Außerdem liegt ein Prospekt der I R Finance (später C) über eine Inhaberteilschuldverschreibung in Höhe von 150 Millionen DM, garantiert von der Klägerin, vor.

20

Schließlich enthält die Akte Bilanzen der zuvor genannten Gesellschaften. Danach ist festzustellen, daß die F bei einer Bilanzsumme von 515 Millionen Franc ein Eigenkapital von 226 Millionen Franc besaß.

21

Das Verhältnis stellt sich bei den anderen Gesellschaften wie folgt dar:

  1. M

    Eigenkapital 473 Millionen Peseten bei einer Bilanzsumme von 1.253 Millionen Peseten.

  2. H

    434 Millionen belgische Franc Eigenkapital bei einer Bilanzsumme von 2.205 Millionen belgische Franc.

  3. N

    Eigenkapital 13 Millionen Pfund bei einer Bilanzsumme von 33 Millionen Pfund.

  4. T

    Eigenkapital 542 Millionen Luxemburger Franc bei einer Bilanzsumme von 945 Millionen Franc.

  5. C

    56 Millionen France Eigenkapital bei 378 Millionen Bilanzsumme.

  6. W

    623 Millionen östereichische Schilling Eigenkapital bei einer Bilanzsumme von 4.054 östereichische Schilling.

  7. I

    Eigenkapital 8 Millionen irische Pfund bei einer Bilanzsumme von 27 Millionen irische Pfund.

  8. G F

    491.000 holländische Franc Eigenkapital bei einer Bilanzsumme von 120 Millionen holländische Franc.

22

Die Klägerin trägt vor, daß die Voraussetzungen einer Hinzurechnung gemäß § 1 AStG nicht gegeben seien. Dies ergebe sich auch aus den sogenannten Verwaltungsgrundsätzen für die Prüfung der Einkunftsabgrenzung bei international verbundenen Unternehmen (BStBl I 1983, 218). Die Bürgschaftsübernahmen zugunsten konzernfremder Unternehmen im Wirtschaftsverkehr stellten keine üblichen Geschäftsvorfälle dar. Dies sei nur bei Kreditinstituten der Fall. Bürgschaftsübernahmen gegen Entgelt gehörten nicht zum Geschäftsbereich der Klägerin. Sie tätige keine Bankgeschäfte im Sinne des Kreditwesengesetzes. Bürgschaften einer Muttergesellschaft gegenüber einer Tochtergesellschaft seien daher keine Geschäftsbeziehungen, sondernsie beruhten auf gesellschaftsrechtlicher Veranlassung. Dies ergebe sich auch daraus, daß die Klägerin durch die Bürgschaftsübernahmen keine neuen Risiken übernommen habe. Als weltbekanntes Unternehmen müsse sie für ihre Konzerntöchter einstehen. Wirtschaftliche Schwierigkeiten einer Tochtergesellschaft, insbesondere einer Finanzierungsgesellschaft, könnten eine existenzbedrohende Vertrauenskrise für den gesamten Konzern zur Folge haben. Somit seien die Bürgschaften im Interesse der Klägerin gegeben worden.

23

Die Klägerin beantragt,

das für 1985 zu versteuernde Einkommen von DM 80.614 um DM 274.300 zu ermäßigen und die Körperschaftsteuer 1985 entsprechend niedriger festzusetzen.

24

Der Beklagte beantragt Klageabweisung.

25

Er folgt der von der Klägerin vorgenommenen Auslegung des § 1 Abs. 1 AStG nicht. Der Vergleichsmarkt sei der maßgebliche Markt, auf dem Fremde ihre Geschäftsbeziehungen aushandeln würden. Der Markt für die Bemessung von Bürgschaftsprovisionensei der Geldmarkt. Daher sei als Vergleich die Abgabe einer Bürgschaftserklärung durch eine Bank heranzuziehen. Und bei diesem Vergleich müßte geprüft werden, ob die Bürgschaftsgewährungen in ihren Bedingungen dem üblichen Geschäftsverkehr entsprächen. Daher seien die von der Klägerin vorgebrachten Abgrenzungen unerheblich.

Entscheidungsgründe

26

Die zulässige Klage ist teilweise begründet.

27

Gemäß § 1 AStG sind Einkünfte eines Steuerpflichtigen zu berichtigen, wenn seine Einkünfte aus Geschäftsbeziehungen mit einer ihm nahestehenden Person dadurch gemindert worden sind,daß er im Rahmen dieser Beziehungen zum Ausland Bedingungen vereinbart hat, die von denen abweichen, die voneinander unabhängige Dritte unter gleichen oder ähnlichen Verhältnissen vereinbart hätten.

28

Fraglos sind die genannten Tochtergesellschaften der Klägerin nahestehende Personen im Sinne dieser Bestimmung. Es wird auchfestgestellt, daß die fraglichen Beträge im Hinblick auf die Höhe der Garantieerklärungen der Klägerin für ihre Tochtergesellschaften rechnerisch zutreffend ermittelt sind. Ausschließlich entscheidend kommt es daher darauf an, ob es sich um Geschäftsbeziehungen der Klägerin zu ihren Tochtergesellschaften gehandelt hat und ob die insoweit vereinbarten Bedingungen einem Fremdvergleichsmaßstab standhalten.

29

Durch das Steueränderungsgesetz 1992 (Bundesgesetzblatt I 1992, 297) ist in § 1 Abs. 4 AStG definiert, was unter Geschäftsbeziehungen zu verstehen ist. Diese Vorschrift ist auf den Streitfall noch nicht anwendbar.

30

Was unter Geschäftsbeziehungen im übrigen zu verstehen ist, ist abschließend höchstrichterlich noch nicht geklärt. Der BFH hat sich in mehreren Urteilen (vom 05.12.1990 I R 94/88, BStBl II 1991, 287; vom 05.12.1990 I R 28/90, BFH/NV 1991, 654; vom 30.05.1990 I R 97/88, BStBl II 1990, 875 und vom 19.01.1994 I R 93/93, BStBl II 1994, 725) mit der Auslegungder Vorschrift befaßt. Dabei ist geklärt worden, daß Geschäftsbeziehungen solche sind, die ein Betrieb im Sinne der Gewinneinkünfte eingeht, d.h. die Teile einer selbständigen, nachhaltigen, mit Gewinnerzielungsabsicht und unter Teilnahme am allgemeinen wirtschaftlichen Verkehr ausgeübten Betätigungen sind. Daraus hat das Gericht gefolgert, daß private Darlehensvergaben nicht unter § 1 AStG fallen. Auch im Hinblick auf die ab 29.02.1992 anzuwendenen gesetzlichen Klarstellungen in § 4 Abs. 1 AStG (vgl. Flick/Wassermeyer/Becker, Kommentar zum Außensteuergesetz § 1 Rz. 391) ergeben sich für den Streitfall insoweit keine Besonderheiten, als die Klägerin nur im Rahmen von Gewinneinkünften tätig geworden sein kann.

31

Für den Streitfall entscheidend ist die Abgrenzung der geschäftlichen Tätigkeit der Klägerin von gesellschaftlichen Beziehungen zu ihren Tochtergesellschaften.

32

Eine Einkunftsberichtigung nach § 1 Abs. 1 AStG ist nicht vorzunehmen, wenn es sich um gesellschaftsrechtliche Beziehungen zwischen Gesellschaften handelt. Dies folgt bereits aus dem Wortlaut von § 1 AStG. Geschäftliche Beziehungen sind solche, die aus Austauschbeziehungen bestehen. Sie sind von den gesellschaftsrechtlichen abzugrenzen. Dies wird bestätigt durch Sinn und Zweck von § 1 AStG. Diese Vorschrift will verhindern, daß es im Rahmen steuerlich als Drittbeziehung zu wertenden Verhältnissen zwischen Nahestehenden zu einer Einkünfteverlagerung ins Ausland kommt (Blümich/Menck § 1 AStG, Rz. 17). Handelt es sich um gesellschaftsrechtliche Beziehungen, so kommen verdeckte Einlagen in Betracht, die zu nachträglichen Anschaffungskosten auf die Beteiligungen an den Tochtergesellschaften führen können, vorausgesetzt, daß es sich um einlagefähige Vorteile handelt (vgl. Schmidt/Weber-Grellet, EStG, 18. Aufl., § 17 Rz. 164 m.w.N.; Verwaltungsgrundsätze Tz. 1.4.1, 6.1, 6.2.1).

33

Nach welchen Kriterien die Abgrenzung zwischen Geschäftsbeziehungen und gesellschaftsrechtlichen Beziehungen zu erfolgen hat, ist höchstrichterlich noch nicht geklärt und im Schrifttum streitig. Werden Dienstleistungen zwischen verbundenen Unternehmen erbracht, so stehen sich zwei Ansätze gegenüber (grundlegend Clemens Engel, Konzerntransferpreise im Internationalen Steuerrecht, 1986, S. 116 ff): Die funktionale Betrachtungsweise stellt darauf ab, welche Funktion den einzelnen Mitgliedern im Rahmen des Verbundes zukommt (vgl.Flick/Wassermeyer/Becker § 1 AStG Rz. 258 f, 266). Danach hat beispielsweise die Konzernmutter ihren Aufwand einem Konzernmitglied weiterzubelasten, wenn sie dessen Aufgabe wahrgenommen hat. Um wessen Aufgaben es sich handelt, wird dabei nach dem Maßstab der betrieblichen Veranlassung beurteilt.

34

Die andere Aussicht fragt danach, in wessen Nutzen (sog. benefittest) die Dienstleistung erfolgt ist (so insbesondere OECD, Verrechnungspreise und Multinationale Unternehmen, 1979,Tz. 151; Verwaltungsgrundsätze Tz. 6.2.2; kritisch Becker FR 1979, 521 ff., anders auch OECD, Verrechnungspreisgrundsätze 1995, Tz. 1.20 ff.).

35

Dementsprechend wird auch unterschiedlich beurteilt, ob eine Konzernmutter für die Abgabbe von Patronatserklärungen für ihre Tochtergesellschafften Provisionen berechnen muß.

36

Die Finanzverwaltung äußert sich in Tz. 4.4.1. der Verwaltungsgrundsätze dahingehend, daß die Rechtsfolgen aus der Übernahme einer Bürgschaft für eine Tochtergesellschaft nur dann das Einkommen der Muttergesellschaft mindern dürfen, wenn es auch zwischen unabhängigen Unternehmen bei Anwendung der Sorgfalt eines ordentlichen Geschäftsleiters zur Gewährung einer Bürgschaft gekommen wäre (ebenso BFH-Urteil vom 19.03.1975 I R 173/73, BStBl. II 1975, 614). Dies setze einen außerhalb des Gesellschaftsverhältnisses liegenden wirtschaftlichen Grund voraus. Nach Tz. 4.4.2 sind Bürgschaftsprovisionen anzusetzen, soweit diese zwischen Fremden vereinbart wordenwären. Dies sei z.B. dann der Fall, wenn die Bürgschaft dem begünstigten Schuldner einen Vorteil bringe, inbesondere Eigenfinanzierungskosten erspare oder den Zugang zu einem bestimmten Kapitalmarkt eröffne. Eine Bürgschaftsprovision sei dann anzusetzen, wenn die Bürgschaft für eine Finanzierungsgesellschaft übernommen werde, die auf ausländischen Kapitalmärkten Anleihen aufnimmt, um mit diesen Mitteln Investitionen des Konzerns zu finanzieren. Andererseits sei keine Provision anzusetzen, wenn die Übernahme der Bürgschaft im eigenem betrieblichen Interesse des Bürgen liege, wie dies z.B. bei der Übernahme einer Bürgschaft zugunsten eines Vertriebsunternehmens der Fall sei.

37

Flick/Wassermeyer/Becker (Kommentar zum Außensteuergesetz § 1 Rz. 270) halten ein Entgelt für die Stärkung der Kreditfähigkeit der Tochtergesellschaft, die sich aus dem Konzernrückhalt ergibt, für nicht gerechtfertigt. Die Bedeutung des Gesamtkonzerns rechtfertige kein eigenes Leistungsentgelt. Jedoch sofern die Kreditfähigkeit durch eine Konzernbürgschaft oder Patronatserklärung erhöht werde, liege dem eine Assistenzleistung zugrunde, die entgeltpflichtig sei. Das gelte jedoch nicht, wenn eine Tochtergesellschaft Kredite zugunsten des Gesamtkonzern aufnehme und der Mutter und anderen Gesellschaften zur Verfügung stelle. In diesem Falle sei die Bürgschaft ein Teil des Entgeltes für die Tochter.

38

In der Literatur wird überwiegend die Auffassung vertreten, das Eigeninteresse der Konzernmutter überwiege bei der Errichtung ... ausländischer ... Finanzierungsgesellschaften (Ammelung/Sorocean, Patronatserklärungen zugunsten ausländischer Tochtergesellschaften, RIW 1996, 668, 671; Flick/Wassemeyer/Becker, Kommentar zum Außensteuerrecht Band IV § 1 Tz. 4.4.2; BDI Steuerliche Prüfung internationaler Verrechnungspreise, 1983, Anm. zu Tz. 4.4.1. und 4.4.2.; DIHTInternationale Verrechnungspreisplanspiel 1981 Seite 35; Vögele u.a., Handbuch der Verrechnungspreise, 1997, S. 912 f.). Sieker (Debartin/Wassermeyer, Doppelbesteuerung MA Artikel 9 Rz. 319) verneint eine Vergütungspflicht für Bürgschaften, wenn die Sicherheiten dazu dienen, die Kreditwürdigkeit der die Darlehen aufnehmenden Konzerngesellschaft erst herzustellen (ebenso Baumhoff in Mössner, Steuerrecht international tätiger Unternehmen C 383; Nieß, Verrechnungspreise für Dienstleistungen Finanzdienstleistungen, in: Schaumburg (Herausgeber) Internationale Verrechnungspreise zwischen Kapitalgesellschaften Köln 1994 Seite 45, 59).

39

Hinsichtlich einer sog. weichen Partonatserklärung hat das FG Baden-Würthemberg (Urteil vom 26.09.1996 10 K 156/93, EFG 1997, 456) eine Berichtigung gemäß § 1 AStG abgelehnt. Das FG Düsseldorf (Urteil vom 17. Juli 1996 14 K 2511/92, EFG 1996, 1035) und das FG Berlin (Urteil vom 10.06.1996 VIII 96/95,EFG 1996, 1036) sind davon ausgegangen, daß die Inanspruchnahme aufgrund von Bürgschaften oder Patronatserklärungen zu nachträglichen Anschaffungskosten auf die Beteiligung führen.

40

Wie die Entscheidung des BFH vom 30.05.1990 (I R 97/88 BStBl II 1990, 875) deutlich macht, führen Vorgänge, die der Begründung oder Erhöhung einer Beteiligung dienen, die also bilanziell als nachträgliche Anschaffungskosten zu erfassen sind, nicht zu Einkünfteerhöhungen nach § 1 AStG. Dies richtet sich letztlich danach, ob auf Seiten der Gesellschaft Eigenkapital oder Fremdkapital angenommen wird, was u.a. von den Voraussetzungen der Beurteilung im Ansässigkeitsstaat der Tochtergesellschaft abhängt.

41

Nach Auffassung des erkennenden Senates kommt es für die Abgrenzung von Geschäftsbeziehungen zu gesellschaftsrechtlichen Beziehungen entscheidend darauf an, welche wirtschaftlichen Interessen die Klägerin bei der Abgabe der Bürgschafts- und Patronatserklärungen verfolgt hat. Die Produktionstochtergesellschaften hatten teils selbst produziert, teils Rohstoffe für die Produktion der Klägerin geliefert, teils Produkte der Klägerin vertrieben. Sie hat damit in einem ganz erheblichen Maße zwar ihre eigenen wirtschaftlichen Interessen gefördert, zugleich aber durch dieser Tochtergesellschaft Produktions- und Vertriebsfunktionen zugeordnet. Bei der finanziellen Ausstattung der Tochtergesellschaften hatte die Klägerin grundsätzlich die Wahl, diese mit Eigenkapital oder Fremdkapital ggf. als Gesellschafterdarlehen auszustatten. Bürgschaftserklärungen und Patronatserklärungen können in diesem Fall zur Dokumentation der wirtschaftlichen Stärke des Gesamtkonzern dienen (so auch Schaumburg, Internationales Steuerrecht, 1998 Rz. 18.146; Baumhoff in: Mössner a.a.O.). Sie sind dann durch den Betrieb der Konzernmutter veranlaßt (vgl. BFH-Urteil vom 19.03.1975 I R 173/73, BStBl. II 1975, 615).

42

Anders ist die Lage zu beurteilen, wenn für einzelne geschäftliche Maßnahmen Kredite aufgenommen werden und die Kreditgeber Bürgschaften verlangen. Werden diese von der Muttergesellschaft gegeben, so sind bankliche Provisionszinsen als angemessene Preise zugrundezulegen. Voraussetzung ist aber stets, daß es sich um eine harte Patronatserklärung oder um eine Bürgschaftserklärung handelt. Hinsichtlich weicher Patronatserklärung folgt der Senat der Auffassung des FG Baden-Württemberg.

43

Soweit die Klägerin die Zusage abgegeben hat, während der Laufzeit des Kredites die Beteiligung an der Tochtergesellschaft nicht aufzuheben oder zu ändern, handelt es sich um eine weiche Patronatserklärung (vgl. Gerth, atypische Kreditsicherheiten 2. Auflage 1980 Seite 90 ff). Damit scheidet eine Einkunftsberichtigung hinsichtlich der folgenden Erklärung aus:

44

T vom 22.12.1981 für ein Darlehen in Höhe von 100 Mio. luxenburger Francs. Somit entfällt eine Hinzurechung in Höhe von DM 21.600.

45

In allen übrigen Fällen der Produktionsgesellschaften gibt das Verhältnis von Eigenkapital zu Fremdkapital keine Veranlassung, die Bürgschafts- bzw. Patronatserklärungen in einen Zusammenhang mit Eigenkapitalersatz zu bringen. Auch auf einen entsprechenden Hinweis des erkennenden Gerichts hin hat die Klägerin nichts dergleichen vorgetragen. Die von den Tochtergesellschaften aufgenommenen Kredite haben sich über Jahre erstreckt und hängen somit offenbar nicht mit der Gründung der Gesellschaften zusammen. Nach dem Inhalt der Akten geht dererkennende Senat davon aus, daß es sich um übliche Betriebsmittelkredite gehandelt hat. Dafür spricht auch die Größenordnung der Bankkredite, die sich jeweils im Hinblick auf die Bilanzsumme in einem üblichen Rahmen gehalten haben. In diesen Fällen hat die Klägerin durch die Übernahme ihrer eigenen Verpflichtungen ihren Tochtergesellschaften Aufwendungen Banken gegenüber erspart. Entgegen der Auffassung der Klägerin kommtes in diesem Zusammenhang nicht darauf an, daß die Klägerin im übrigen keine Bankgeschäfte betreibt und betreiben darf. Entscheidend ist, daß sie für ihre Tochtergesellschaften eine Leistung übernommen hat, die diese nur gegen Entgelt am Markt hätten erwerben können und die Übernahme im überwiegenden Interesse der Tochtergesellschaften erfolgt ist. Diesen sind dadurch Aufwendungen erspart worden, die sie zur Erfüllung ihrer eigenen Aufgaben sonst hätten erbringen müssen.

46

Die Klägerin hat trotz des Hinweises des Gerichtes nicht im einzelnen dargetan, daß aufgrund ihrer Vermögens- und Ertragslage die Tochtergesellschaften jeweils ohne Bürgschaftserklärung der Muttergesellschaft entsprechende Kredite nicht auf dem Markt hätten aufnehmen können. Insoweit ist der Ansatz der Provisionen durch den Beklagten berechtigt.

47

Dies gilt jedoch nicht für die niederländische Finanzierungsgesellschaft. Für die Errichtung von ausländischen Finanzierungsgesellschaften sind vor allem Gründe des Gesamtkonzerns maßgebend. Eine Finanzierungsgesellschaft bündelt den Finanzbedarf des gesamten Konzerns und schafft somit Nachfragemacht, aufgrund derer sie günstigere Konditionen am Anleihemarkt erzielen kann, als wenn jede einzelne Konzerngesellschaft Anleihen aufnähme. Sie gibt dann die Anleihen an die Konzerngesellschaften weiter und bezieht von diesen Zinsen. Es ist dann das Eigeninteresse der Muttergesellschaft, das sie zu Abgabe einer Patronatserklärung veranlaßt. Entgegen den Verwaltungsgrundsätzen (Tz. 4.4.2.) steht die Ersparnisvon Finanzierungskosten der Tochtergesellschaften oder der Einstieg in einen ausländischen Kapitalmarkt seitens dieser Gesellschaften deutlich im Hintergrund. Dafür spricht auch die relativ geringe Eigenkapitalausstattung der Finanzierungsgesellschaft. Ohne entsprechende Garantieerklärungen der Muttergesellschaft hätte die Finanzierungsgesellschaft die ihrzugedachte Aufgabe nicht erfüllen können, es sei denn, die Klägerin hätte die Interconti Finance ausreichend mit entsprechendem Eigenkapital ausgestattet. Somit hat im Streitjahr die Hinzurechnung in Höhe von DM 70.700 zu unterbleiben.

48

Soweit die Klägerin aus eigenem Interesse gehandelt hat, kommt es nicht zu verdeckten Einlagen bei ihren Tochtergesellschaften, da die Übernahme der Haftung kein (einlagefähiges) Wirtschaftsgut darstellt.

49

Die Berechnung der Steuer wird gem. § 100 Abs. 2 FGO dem Finanzamt übertragen.

50

Die Kostenentscheidung folgt aus § 136 FGO. Die Klägerin hat zu 1/3 obsiegt.

51

Die Revision war wegen der grundsätzlichen Bedeutung zuzulassen.

52

Die Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 151 Abs. 3 FGO i.V.m. §§ 708 Nr. 10, 11 ZPO.