Finanzgericht Niedersachsen
Urt. v. 25.03.1999, Az.: XIV 23/97
Gewährung einer Kraftfahrzeugsteuerbefreiung; Gewährung der Wiedereinsetzung in den vorigen Stand; Hilfsgütertransporte in ausländische Gebiete
Bibliographie
- Gericht
- FG Niedersachsen
- Datum
- 25.03.1999
- Aktenzeichen
- XIV 23/97
- Entscheidungsform
- Urteil
- Referenz
- WKRS 1999, 19608
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- ECLI:DE:FGNI:1999:0325.XIV23.97.0A
Rechtsgrundlagen
- § 3 Nr. 5a KraftStG
- § 5 Abs. 2 KraftStG
- § 68 FGO
- § 56 Abs. 1 FGO
Fundstelle
- UVR 2000, 20
Verfahrensgegenstand
Kraftfahrzeugsteuer
Amtlicher Leitsatz
Die Kraftfahrzeugsteuerbefreiung gemäß § 3 Nr. 5a KraftStG umfaßt auch Hilfsgütertransporte in ausländische Gebiete, in denen eine allgemeine wirtschaftliche Not- und Krisensituation besteht.
In dem Rechtsstreit
hat der XIV. Senat des Niedersächsischen Finanzgerichts
ohne mündliche Verhandlung in der Sitzung vom 25. März 1999,
an der mitgewirkt haben:
Vorsitzender Richter ... am Finanzgericht ...
Richter am Finanzgericht ... Dr. ...
Richterin am Finanzgericht ...
ehrenamtlicher Richter ... Landwirt
Dr. ...ehrenamtlicher Richter Kaufmann
für Recht erkannt:
Tenor:
Die Kraftfahrzeugsteuerbescheide vom. Juni 1996,. Januar 1997,. April 1997 und. Mai 1998 für das Fahrzeug, amtliches Kennzeichen C 2, vom. April 1997 und. Mai 1998 für das Fahrzeug, amtl. Kennzeichen C, und der Ablehnungsbescheid vom. September 1996 in der Fassung des Einspruchsbescheides vom. Dezember 1996 werden aufgehoben. Der Beklagte wird verpflichtet, die beiden Fahrzeuge, amtliche Kennzeichen C 2 und C 1, ab. Mai 1996 von der Kraftfahrzeugsteuer freizustellen.
Der Beklagte trägt die Kosten.
Das Urteil ist hinsichtlicht des Kostenanspruchs vorläufig vollstreckbar.
Der Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des Kostenerstattungsanspruchs abwenden, wenn nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in entsprechender Höhe leistet.
Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Streitig ist, ob für zwei Fahrzeuge des Klägers die Kraftfahrzeugsteuerbefreiung gemäß § 3 Nr. 5a Kraftfahrzeugsteuergesetz (KraftStG) gewährt werden kann.
Der Kläger ist ein mit Freistellungsbescheid vom 1. August 1995 als gemeinnützig i. S. d. §§ 51ff. Abgabenordnung (AO) anerkannter eingetragener Verein. Nach § 2 der Satzung des Vereins vom 24. April 1993 (Blatt 7, 8 Kraftfahrzeugsteuerheftung des Beklagten) ist der Zweck des Vereins die Förderung des friedlichen Zusammenlebens der Menschen in preußen () und der Verständigung unter den Völkern.
Mit Schreiben vom 16. Juni 1996 beantragte der Kläger die Steuerbefreiung für einen Lastkraftwagen (Lkw), amtliches Kennzeichen C 1, und einen Anhänger, amtliches Kennzeichen C 2, gemäß § 3 Nr. 5a KraftStG. In dem Antrag wurde angegeben, die Fahrzeuge würden ausschließlich für Hilfsgütertransporte durch gemeinnützige Organisationen verwendet. Die beiden Fahrzeuge wurden in der Zeit vom 30. Mai 1996 bis 23. April 1998 für Transporte von Hilfsgütern in den Bezirk Königsberg, Nordostpreußen eingesetzt. Hinsichtlich Art und Umfang der Transporte wird auf die vom Kläger überreichten Transportunterlagen, Reiseberichte, Ladelisten und Abrechnungen (Ordner "Hilfstransporte und Ladelisten ab 1996") Bezug genommen.
Das Finanzamt setzte mit Kraftfahrzeugsteuerbescheid vom. Juni 1996 für den Anhänger (C 2) die Kraftfahrzeugsteuer ab 30. Mai 1996 auf jährlich 1.750,00 DM fest. Den Antrag auf Gewährung der Steuerbefreiung lehnte es mit Bescheid vom. September 1996 ab mit der Begründung, die Steuerbefreiung gemäß § 3 Nr. 5a KraftStG komme nur bei Hilfsgütertransporten zur Linderung akuter humanitärer Notlagen in Betracht. Die Verbesserung einer allgemeinen schlechten wirtschaftlichen Lage reiche nicht aus. Zur Begründung des hiergegen eingelegten Einspruchs trug der Kläger vor, im Bezirk Königsberg herrsche eine akute Notlage. Er legte in diesem Zusammenhang sechs Zeitungsausschnitte (Blatt 28 - 30 Kraftfahrzeugsteuerheftung des Beklagten) aus dem in Königsberg erschienenen "Königsberger Express" vor. Aus diesen Zeitungsartikeln werde die in preußen vorhandene wirtschaftliche Notlage deutlich. Die Lage in der Landwirtschaft und die Wohnsituation sei katastrophal. Viele der in den Dörfern wohnenden ehemaligen Kolchosarbeiter, die wegen der Auflösung der Großbetriebe inzwischen arbeitslos geworden seien, seien nicht einmal in der Lage, Brot zu kaufen. Die Wasserversorgung sei zum Teil zusammengebrochen. Ein Großteil der Einwohner der Stadt Königsberg verfüge über weniger als das ihnen zustehende Existenzminimum. Der Kläger gebe der Bevölkerung durch die Hilfsgütertransporte eine Chance zum selbständigen Überleben.
Im Verlauf des Einspruchsverfahrens legte der Kläger eine neue Vereinssatzung vor (Blatt 24 und 25 der Kraftfahrzeugsteuerheftung des Beklagten). Nach § 2 dieser Satzung ist es Aufgabe des Vereins, bei akuter Notlage (Unabweisbarkeit) und Katastrophen (z. B. Hungersnot) den Betroffenen eine Überlebenschance zu bieten. Es handele sich um eine Soforthilfe die zuerst den dringenden Bedarf decken solle. Der Einsatz solle auch der Völkerverständigung und dem friedlichen Zusammenleben dienen. Als Einsatzgebiet werde Rußland, bes. preußen/ festgelegt.
Das Finanzamt wies den Einspruch zurück. Zur Begründung seiner ablehnenden Entscheidung führte es wiederum aus, das Tatbestandsmerkmal des § 3 Nr. 5a KraftStG "humanitäre Hilfsgütertransporte" sei so zu verstehen, dass es sich um Transporte zur Linderung einer akuten humanitären Notlage handeln müsse. InBetracht kämen insbesondere Transporte anläßlich kriegerischer Auseinandersetzungen, Hungersnöte, Naturkatastrophen, d. h. wenndurch diese Krisen eine Grundversorgung an Essen, Kleidung, Unterkunft und medizinischer Betreuung nicht sichergestellt sei. Eine derart akute Notlage liege im Bezirk Königsberg nicht vor. Die dort getroffenen Maßnahmen dienten der Entwicklung der Region und seien mit Nothilfe in Kriegs- oder Hungerkatastrophengebieten nicht vergleichbar.
Hiergegen richtet sich die Klage, mit der der Kläger weiterhin die Gewährung der Steuerbefreiung für die beiden o. b. Fahrzeuge begehrt. Er wiederholt zum Teil sein vorprozessuales Vorbringen und trägt ergänzend im wesentlichen folgendes vor: Die Auslegung des Kraftfahrzeugsteuergesetzes durch den Beklagten sei falsch, die wirtschaftliche Situation in preußen werde fehlerhaft beurteilt. Die Arbeit des Klägers sei darauf abgestellt, der in großer Not lebenden Bevölkerung das Überleben zu ermöglichen.Der Kläger liefere insbesondere Trecker, Landmaschinen, Saatgut u. a. an private Landwirte, die für die Betriebe notwendig seien, damit diese durch eigene Arbeit Hunger, Not und Armut besiegen könnten. Ein wichtiger Aspekt der humanitären Arbeit sei es zudem, die Rußlanddeutschen in ihrem gewohnten Umfeld zu belassen. Der Kläger legte in diesem Zusammenhang ein Schreiben des Bundesministeriums des Innern vom 16. Dezember 1996 (Bl. 10, 11 FG-Akte, ein Schreiben des Pfarrers Kurt Beyer, der im Gebiet Kaliningrad tätig war, vom 6. Januar 1997 (Blatt 12, 13 FG-Akte), des Fördervereins Königsberg e. V. vom 12. Januar 1997 (Blatt 21 FG-Akte) sowie diverse Zeitungsartikel aus dem "Königsberger Express" vor (Bl. 14-17 FG-Akte), auf die Bezug genommen wird.
Andere Finanzämter hätten Fahrzeuge von Mitgliedern des Vereins für humanitäre Hilfstransporte in die Region Kaliningrad/Ostpreußen von der Kraftfahrzeugsteuer freigestellt.
Das Finanzamt hat im Verlauf des Klageverfahrens für die streitigen Fahrzeuge folgende Kraftfahrzeugsteuerbescheide erteilt:
amtliches Kennzeichen | Datum des Bescheides | Zeitraum | festgesetzte Steuer | |
---|---|---|---|---|
C | 2 | .01.1997 | 30.05.-29.12.1996 | 1.023,00 DM |
C | 2 | .04.1997 | 03.04.-31.10.1997 | 1.016,00 DM |
C | 2 | .05.1998 | 01.04.-23.04.1998 | 110,00 DM |
C | 1 | .04.1997 | 03.04.-31.12.1997 | 2.032,00 DM |
C | 1 | .05.1998 | 01.04.-23.04.1998 | 220,00 DM |
In den Rechtsbehelfsbelehrungen dieser Steuerbescheide wurde als Rechtsbehelf der Einspruch angegeben. Ein Hinweis auf die fristgebundene Antragstellung nach § 68 Satz 3 Finanzgerichtsordnung(FGO) erfolgte nicht. Der Kläger hat gegen die Steuerbescheide keinen Einspruch eingelegt. In der mündlichen Verhandlung am 14. Januar 1999 hat er beantragt, die o. b. Kraftfahrzeugsteuerbescheide gemäß § 68 FGO zum Gegenstand der Klage zu machen.
Der Kläger beantragt,
die zum Gegenstand des Klageverfahrens gemachten Kraftfahrzeugsteuerbescheide aufzuheben,
im übrigen hilfsweise
den Ablehnungsbescheid des Finanzamtes vom. September 1996 und den Einspruchsbescheid vom. Dezember 1996 betreffend die Ablehnung der Steuerbefreiung nach § 3 Nr. 5a Kraftfahrzeugsteuergesetz aufzuheben und das Finanzamt zu verpflichten, den Kläger hinsichtlich der strittigen Fahrzeuge von der Kraftfahrzeugsteuer freizustellen (Erlaß eines Freistellungsbescheides).
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Er verweist auf die Ausführungen im Einspruchsbescheid und trägt ergänzend vor: Die abweichende Handhabung durch ein anderes Finanzamt sei unbeachtlich, da das Finanzamt bei der Durchführung des Besteuerungsverfahrens grundsätzlich nicht an Auffassungen gebunden sei, die es in vorgehenden Besteuerungsverfahren vertreten habe.
Entscheidungsgründe
Die Klage hat Erfolg. Das Finanzamt hat die Gewährung der Steuerbefreiung gemäß § 3 Nr. 5a KraftStG für die streitigen Fahrzeuge zu Unrecht abgelehnt.
I.
Die Klage ist zulässig.
Gegenstand des Verfahrens sind auf Antrag des Klägers gemäß § 68 FGO die Kraftfahrzeugsteuerbescheide vom. Januar 1997,. April 1997,. Mai 1998 für das Fahrzeug mit dem amtlichen Kennzeichen C 2 und vom. April 1997 und. Mai 1998 für das Fahrzeug mit dem amtlichen Kennzeichen C 1 geworden.
1.
Nach § 68 FGO wird bei Änderung oder Ersetzung des angefochtenen Verwaltungsaktes nach Klageerhebung durch einen Verwaltungsakt dieser auf Antrag des Klägers Gegenstand des Verfahrens. Die in § 68 FGO verwendeten Begriffe "ändern" und "ersetzen" sind weit auszulegen (BFH-Urteil vom 24. Juli 1984 VII R 122/80, BStBl. II 1984, 791 unter II 2 c; vom 17. September 1992 V R 17/86, BFH-NV 1993, 279). Nach der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofes verlangt die Anwendung des § 68 FGO nur, dass der ursprüngliche und der neue Verwaltungsakt "dieselbe Steuersache" betreffen (vgl. BFH-Urteil vom 17. April 1991 II R 142/87, BStBl. II 1991,327) und der ursprüngliche Verwaltungsakt durch den Erlaß des neuen seine Wirkung verliert (BFH-Urteil vom 17. September 1992 V R 17/86 a.a.O.). Diese Voraussetzungen sind im Streitfall erfüllt. Die o. b. Kraftfahrzeugsteuerbescheide nehmen den Regelungsgehalt des Ablehnungsbescheides auf. Es besteht damit Identität der Beteiligten und des Besteuerungsgegenstandes.
2.
Der Wirksamkeit des Antrages nach § 68 FGO steht nicht entgegen, dass der Kläger diesen erst in der mündlichen Verhandlung am 14. Januar 1999 gestellt hat.
a)
Der Kläger hat zwar die Monatsfrist des § 68 Satz 2 FGO die mit der Bekanntgabe der Kraftfahrzeugsteuerbescheide in Gang gesetzt worden ist, nicht eingehalten. Da die Rechtsbehelfsbelehrungen der Bescheide aber nicht den nach § 68 Satz 3 FGO vorgeschriebenen Hinweis enthielten, ist die Monatsfrist des § 68 Abs. 2 FGO entsprechend § 55 Abs. 2 Satz 1 FGO durch die Jahresfrist ersetzt worden (BFH-Urteil vom 24. Januar 1995 IX R 22/94, BStBl. II 1995, 328; vom 26. Oktober 1995 XI R 26/94, BFH/NV 1996, 444).
aa)
Hinsichtlich der Kraftfahrzeugsteuerbescheide vom . Mai 1998 ist der Antrag gemäß § 68 FGO innerhalb dieser Jahresfrist gestellt worden.
bb)
Der Antrag gemäß § 68 FGO betreffend die Kraftfahrzeugsteuerbescheide vom. Januar 1997 und. April 1997 ist hingegen nicht innerhalb dieser Jahresfrist und damit verspätet gestellt worden. Dem Kläger ist jedoch insoweit die Wiedereinsetzungin den vorigen Stand gemäß § 56 Abs. 1 FGO zu gewähren. Nach dieser Vorschrift ist jemandem, der ohne Verschulden verhindert war, eine gesetzliche Frist einzuhalten, auf Antrag Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren. Gemäß § 56 Abs. 2 FGO ist der Antrag binnen zwei Wochen nach Wegfall des Hindernisses, das zur Fristversäumnis geführt hat, zu stellen. Innerhalb der Antragsfrist ist die versäumte Rechtshandlung nachzuholen. Ist dies geschehen, kann Wiedereinsetzung ohne Antrag gewährt werden.
cc)
Im Streitfall ist der Vertreter des Klägers in der mündlichen Verhandlung am 14. Januar 1999 auf die Möglichkeit der Antragstellung nach § 68 FGO hingewiesen worden. Bis zu diesem Zeitpunkt ist er - ebenso wie das beklagte Finanzamt - davon ausgegangen, dass es sich bei den Verfahren betreffend die Ablehnung des Antrags auf Steuerbefreiung gemäß § 3 Nr. 5a KraftStG um ein gesondertes - von der Steuerfestsetzung unabhängiges - Verfahren handeltund im Falle eines Klageerfolges, d. h. einer Aufhebung des Ablehnungsbescheides, die Steuerfestsetzungen vom Finanzamt aufgehoben werden müßten. Dem Kläger kann nicht zur Last gelegt werden, dass er keine Kenntnis davon hatte, dass diese "Zweigleisigkeit" im Kraftfahrzeugsteuergesetz keine Grundlage hat, da selbst das Finanzamt irrtümlich von der Rechtmäßigkeit dieser Handhabung ausgegangen ist.
II.
Die mithin wirksam zum Gegenstand des Klageverfahrens gemachten Kraftfahrzeugsteuerbescheide sind rechtswidrig, da dem Kläger die Steuerbefreiung gemäß § 3 Nr. 5a KraftStG zu gewähren ist.
1.
Nach § 3 Nr. 5a KraftStG ist steuerbefreit das Halten von Fahrzeugen von gemeinnützigen oder mildtätigen Organisationen für die Zeit, in der sie ausschließlich für humanitäre Hilfsgütertransporte in das Ausland oder für zeitlich damit zusammenhängende Vorbereitungsfahrten verwendet werden.
a)
Unstreitig ist, dass der Kläger als anerkannter gemein nütziger Verein zu den in dieser Vorschrift begünstigten Fahrzeughaltern zählt.
b)
Der Senat vermag die Auffassung des Beklagten, die Steuerfreiheit setze Transportleistungen zur Linderung einer akuten humanitären Notlage voraus, nicht zu teilen.
aa)
Aus dem Wortlaut des § 3 Nr. 5a KraftStG ist eine solche Einschränkung nicht ersichtlich.
bb)
Auch nach der Gesetzesbegründung (vgl. Bundestags drucksache 13/901 Seite 166; 13/1558 Seite 178) ist die vom Finanzamt angenommene Begrenzung der Steuerbefreiung nicht zwingend. In der Bundestagsdrucksache 13/901, Seite 166, zu § 5 Abs. 2 KraftStG, in dem in Satz 5 ebenso wie in § 3 Nr. 5a KraftStG auf die Verwendung für "humanitäre Hilfsgütertransporte in das Ausland" abgestellt wird, heißt es:
".... Die vorgeschlagene Rechtsänderung soll eine möglichst breite Wirkung entfalten. Die Ausdehnung der Steuerbefreiung kommt deshalb besonders zum Tragen bei den entsprechenden Transporten anläßlich kriegerischer Auseinandersetzungen, Hungersnöte, Naturkatastrophen und ähnliche Ereignisse, die eine akute humanitäre Notlage verursachen. Als begünstige Hilfsgüter werden alle Güter anzusehen sein, die zur Linderung einer allgemeinen Notlage bestimmt und geeignet sind ...".
Hieraus wird deutlich, das der Gesetzgeber bei Einführung des Steuerbefreiungstatbestandes des § 3 Nr. 5a KraftStG bzw. des § 5 Abs. 2 KraftStG zwar in erster Linie an Transporte anläßlich der konkret benannten Ereignisse gedacht hat. Nach Auffassung des Senates werden aber Hilfsgütertransporte in ausländische Gebiete, in denen die Bevölkerung aufgrund allgemeiner wirtschaftlicher Not- und Krisensituationen der Hilfe bedarf, dadurch nicht ausgeschlossen. Insbesondere läßt die Formulierung "besonders" darauf schließen, dass die vom Gesetzgeber vorgenommene Aufzählung nicht abschließend ist.
cc)
Dass sich die Bevölkerung in der Region Königsberg in einer äußerst schwierigen wirtschaftlichen Situation befindet, ist zwischen den Beteiligten unstreitig. Im übrigen ist dies dem Senat, zum Teil aus eigener Anschauung, zum Teil aus Presseberichten und Fernsehdokumentationen bekannt. Veranschaulicht wird die Notlage der Menschen im Bezirk Königsberg zudem durch die vom Kläger vorgelegten Unterlagen (Zeitungsartikel, Reiseberichte, Schriftverkehr). Da die vom Kläger gelieferten Hilfsgüter unstreitig zur Linderung der dortigen Notsituation bestimmt und geeignet waren, liegen die Tatbestandsvoraussetzungen des § 3 Nr. 5a KraftStG damit vor.
Die ergangenen Kraftfahrzeugsteuerbescheide sowie der Ablehnungsbescheid in der Fassung des Einspruchsbescheides waren somit aufzuheben. Der Beklagte ist verpflichtet, für die beiden streitigen Fahrzeuge entsprechende Freistellungsbescheide für den Zeitraum ab 30. Mai 1996 zu erteilen.
2.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 135 Abs. 1 FGO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 708 Nr. 10, 711 Zivilprozeßordnung in Verbindung mit §§ 151, 155 FGO.
3.
Die Revision war wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechts sache zuzulassen (§ 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO).