Finanzgericht Niedersachsen
Urt. v. 25.03.1999, Az.: V 270/98
Steuerliche Bewertung von Umsätzen aus der Verpachtung eines Schweinemaststalles; Voraussetzungen für eine Pauschalbesteuerung; Unzulässigkeit eines Vorsteuerabzuges wegen der Baukosten des Maststalles
Bibliographie
- Gericht
- FG Niedersachsen
- Datum
- 25.03.1999
- Aktenzeichen
- V 270/98
- Entscheidungsform
- Urteil
- Referenz
- WKRS 1999, 19481
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- ECLI:DE:FGNI:1999:0325.V270.98.0A
Rechtsgrundlagen
- § 4 Nr. 12a UStG
- § 9 UStG
- § 24 UStG
Fundstellen
- DStRE 2000, 313-314 (Volltext mit amtl. LS)
- NWB 2000, 1951
Verfahrensgegenstand
Umsatzsteuer-Voranmeldung II/1997
Amtlicher Leitsatz
Die Umsätze aus der Verpachtung eines Schweinemaststalles unterfallen der Pauschalbesteuerung nach § 24 UStG. Deshalb ist ein Verzicht nach § 9 UStG auf die Befreiung des § 4 Nr. 12 a UStG nicht möglich, ein Vorsteuerabzug wegen der Baukosten des Maststalles kommt nicht in Betracht.
In dem Rechtsstreit
hat der V. Senat des Niedersächsischen Finanzgerichts
ohne mündliche Verhandlung
in der Sitzung vom 25. März 1999,
an der mitgewirkt haben:
Vizepräsidentin ... des Finanzgerichts ...
Richter am Finanzgericht ...
Richter am Finanzgericht ...
ehrenamtlicher Richter ...
ehrenamtlicher Richter ...
für Recht erkannt:
Tenor:
Die Klage wird abgewiesen.
Der Kläger trägt die Kosten.
Tatbestand
Die Parteien streiten darüber, ob die Vorsteuern aus der Errichtung eines Schweinemaststalls abziehbar sind.
Der Kläger ist pauschalierender Landwirt nach § 24 Umsatzsteuergesetz (UStG). Er betreibt Schweinemast.
In 1997 begann er auf einem Teil seines Grundstücks eine Schweinemastanlage zu errichten, die seinen eigenen Angaben zufolge im April 1998 fertiggestellt werden sollte. Am 26. Februar 1998 verpachtete er das Wirtschaftsgebäude an die neu gegründete ... (GbR).
Der Kläger gab eine Umsatzsteuervoranmeldung für II/1997 ab, in welcher er Umsätze von Null DM und Vorsteuern von 22.799 DM erklärte. Der Beklagte lehnte die Auszahlung des beantragten Vorsteuerüberschusses mit der Begründung ab, dass der Kläger seine Umsätze nach Durchschnittssätzen versteuere und insofern eine Einzeloption für den Schweinemaststall nicht in Betracht komme.
Der hiergegen erhobene Einspruch war erfolglos. Hiergegen richtet sich die Klage.
Der Kläger trägt vor, er habe das Grundstück ertragsteuerlich am 1. November 1996 aus dem Betriebsvermögen entnommen. Dies gehe aus dem eingereichten Jahresabschluss für das Wirtschaftsjahr 1996/1997 hervor. Das Grundstück sei jetzt Sonderbetriebsvermögen der GbR.
Aus umsatzsteuerlicher Sicht habe er mit der Verpachtung des Maststalles einen neuen Unternehmensteil gegründet. Dieser Unternehmensteil sei ausschließlich auf Vermietungsleistungen beschränkt. Diese unterlägen der Regelbesteuerung mit der Folge, dass wegen des erklärten Verzichts nach § 9 UStG auf die Steuerfreiheit der Verpachtungsumsätze die beantragten Vorsteuerbeträge nach § 15 UStG festzusetzen seien.
Der Kläger beantragt sinngemäß,
den Umsatzsteuer-Vorauszahlungsbescheid II/1997 vom 14. Oktober 1997 in der Fassung des Einspruchsbescheids vom 13. Mai 1998 dahingehend abzuändern, dass die erklärten Vorsteuern von 22.799,54 DM zum Abzug zugelassen werden.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Er trägt vor, ein Vorsteuerabzug aus der Errichtung der Schweinemastanlage sei nicht möglich, weil § 24 Abs. 1 Satz 2 UStG die Anwendung von § 9 UStG bei Umsätzen, die nach Durchschnittssätzen zu versteuern seien, ausschließe. Die Umsätze aus der Verpachtung des Schweinemaststalles stellten typische landwirtschaftliche Hilfstätigkeiten dar, die entsprechend den übrigen land- und forstwirtschaftlichen Umsätzen (hier: Pauschalierung nach § 24 UStG) zu besteuern seien.
Wegen der Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Finanzgerichtsakte Bezug genommen. Dem Gericht hat die Umsatzsteuerakte des Klägers zu St.-Nr. ... vorgelegen.
Entscheidungsgründe
Die Klage ist unbegründet.
Der vom Kläger begehrte Vorsteuerabzug nach § 15 Abs. 1 Nr. 1 UStG kommt wegen § 24 Abs. 1 Satz 2 UStG nicht in Betracht. Danach ist für die Verpachtungsumsätze ein Verzicht nach § 9 UStG auf die Befreiung des § 4 Nr. 12 a UStG nicht möglich. Denn die Verpachtung des Maststalles stellt eine typische landwirtschaftliche Hilfstätigkeit dar. Diese unterliegt - wie die übrigen land- und forstwirtschaftlichen Umsätze des Klägers - der Pauschalbesteuerung des § 24 UStG.
Umsatzsteuerlich kann es dahinstehen, ob der Kläger das mit dem Maststall bebaute Grundstück ertragsteuerlich wirksam entnommen hat.
Die Anwendung der Pauschalbesteuerung ist auf Umsätze anzuwenden, die im Rahmen eines land- und forstwirtschaftlichen Betriebs ausgeführt werden. Insofern ist die für die Umsatzsteuer vorgreifliche Frage, ob ein land- und forstwirtschaftlicher Betrieb vorliegt, nach den Grundsätzen zu beurteilen, die bei der Abgrenzung für die Zwecke der Einkommen- und Gewerbesteuer maßgebend sind (Abschnitt 264 Abs. 1 Umsatzsteuerrichtlinien - UStR -). Dabei beschränkt sich jedoch die Heranziehung ertragsteuerlicher Grundsätze auf die Klärung der Frage, ob die jeweilige Tätigkeit ihrem Wesen nach eine landwirtschaftliche Tätigkeit ist. Die bilanzielle Behandlung des Wirtschaftsguts ist umsatzsteuerlich ohne Bedeutung (Lange in: Schüle/Teske/Wendt, § 24 UStG, Tz. 25). Die Umsatzsteuer knüpft nämlich nicht an die Zuordnung von Gegenständen oder an die Unterscheidung nach Vermögensarten an,sondern an die unternehmerische Tätigkeit. Insofern ist die vom Kläger behauptete ertragsteuerliche Entnahme umsatzsteuerlich unbeachtlich.
Die Verpachtung landwirtschaftlicher Gebäude ist eine typische landwirtschaftliche Hilfstätigkeit, die bei Landwirten üblicherweise vorkommt. Die Verpachtung einzelner landwirtschaftlicher Flächen durch einen Landwirt unterliegt der Durchschnittsbesteuerung (BFH-Urteil vom 11. Mai 1995 V R 4/92, BStBl II 1995, 610). Die Überlassung einzelner landwirtschaftlicher Grundstücke auf Zeit ist als landwirtschaftliche Tätigkeit anzusehen, da der Boden weiterhin der Erzeugung pflanzlicher oder tierischer Produkte dient.
Das gilt auch dann, wenn der Boden mit einer baulichen Anlage versehen wird, die ebenfalls vollständig dazu bestimmt ist, landwirtschaftliche Produkte zu erzeugen. Auch in diesem - hier vorliegenden Fall - liegt eine typische landwirtschaftliche Tätigkeit vor.
In diesem Zusammenhang ist auch zu berücksichtigen, dass der Kläger selbst Schweinemast betreibt und die Gebäude nach Beendigung der Verpachtung ohne bauliche Veränderungen selbst nutzen könnte.
Nur die Verpachtung des gesamten land- und forstwirtschaftlichen Betriebs bzw. eines lebensfähigen Teilbetriebs fällt nicht unter die Besteuerung nach § 24 UStG (BFH-Urteile vom 21. Februar 1980 V R 113/73, BStBl II 1980, 613; vom 29. Juni 1988 X R 33/82, BStBl II 1988, 922; jetzt auch Abschnitt 264 Abs. 5 UStR). Diese Ausnahme ist vorliegend nicht einschlägig. Ein Teilbetrieb liegt vor, wenn dieser organisatorisch selbständig ist. Das ist der Fall, wenn er im wesentlichen die Möglichkeit bietet, künftig als selbständiger Betrieb geführt zu werden, auch wenn dies noch einzelne Ergänzungen oder Änderungen bedingen sollte (vgl. R 131 Abs. 3 Einkommensteuerrichtlinien - EStR - 1997). Die Pachtung eines Maststalles ist jedenfalls unzureichend für die Annahmeeines lebensfähigen Teilbetriebs. Insofern wäre zumindest noch die Überlassung von Vieheinheiten und Flächen erforderlich gewesen.
Der Vorsteuerabzug wäre nur dann zu berücksichtigen gewesen, wenn der Kläger für den gesamten land- und forstwirtschaftlichen Betrieb zur Regelbesteuerung nach § 24 Abs. 4 UStG optiert hätte. Dies ist jedoch nicht geschehen.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 135 Abs. 1 FGO.