Finanzgericht Niedersachsen
Beschl. v. 17.03.1999, Az.: VI 8/98 S

Verzicht auf Rückforderung von Kindergeld aus Gründen der sachlichen und persönlichen Billigkeit in den Fällen des sog. Berechtigtenwechsels; Erlass eines Rückforderungsanspruchs aus sachlichen Billigkeitsgründen; Berechtigtenwechsel; Gerichtliche Überprüfbarkeit von Billigkeitsmaßnahmen

Bibliographie

Gericht
FG Niedersachsen
Datum
17.03.1999
Aktenzeichen
VI 8/98 S
Entscheidungsform
Beschluss
Referenz
WKRS 1999, 29738
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
ECLI:DE:FGNI:1999:0317.VI8.98S.0A

Verfahrensgegenstand

Sachliche Unbilligkeit einer Kindergeldrückforderung.

Prozeßkostenhilfe zur Durchführung des Rechtsstreits VI 503/98 Ki

Redaktioneller Leitsatz

  1. 1.

    Sachlich unbillig ist die Geltendmachung eines Anspruchs aus dem Steuerschuldverhältnis, wenn sie im Einzelfall zwar dem Wortlaut einer Vorschrift entspricht, aber nach dem Zweck des Gesetzes nicht zu rechtfertigen ist und dessen Wertungen zuwiderläuft (ständige Rechtsprechung des BFH)

  2. 2.

    Persönliche Unbilligkeit liegt vor, wenn die Einziehung eines Anspruchs die wirtschaftliche oder persönliche Existenz des Steuerpflichtigen vernichten oder ernstlich gefährden würde.

  3. 3.

    Eine sachliche Billigkeitsentscheidung ist in den Fällen des sog. Berechtigtenwechsels bei Kindergeldbezug vor allem bei Eintritt einer vom Gesetzgeber nicht bedachten Situation geboten, dass für die Zeit zwischen dem Wegfall des Kindergeldanspruchs des nachrangig Berechtigten und dem Zeitpunkt, von dem an das Kindergeld dem vorrangig Berechtigten rückwirkend gewährt werden konnte, überhaupt kein Kindergeld gezahlt wurde, obwohl es dem vorrangig Berechtigten materiell-rechtlich zugestanden und dieser es - beispielsweise im Wege der Weiterleitung - tatsächlich auch erhalten hatte.

  4. 4.

    Die vom Bundesministerium der Finanzen für die Fälle des sog. Berechtigtenwechsels getroffene Billigkeitsregelung soll lediglich vermeiden, dass ein Berechtigtenwechsel zum vollständigen Wegfall der Kindergeldzahlung für solche Zeiträume führt, in denen materiell-rechtlich ein Anspruch auf Kindergeld bestand, nicht jedoch die doppelte Auszahlung des Kindergeldes an mehrere Anspruchsberechtigte für ein und denselben Zeitraum ermöglichen.

  5. 5.

    Die Entscheidung über eine Billigkeitsmaßnahme ist als Ermessenentscheidung nur in den durch § 102 FGO festgelegten Grenzen gerichtlich überprüfbar.

Der VI. Senat des Niedersächsischen Finanzgerichts hat
durch
den Präsidenten des Finanzgerichts ... und
die Richter am Finanzgericht ... und ...
am 17. März 1999
beschlossen:

Tenor:

Der Antrag wird abgelehnt.

Gründe

1

I.

Der Kläger und Antragsteller (Antragsteller - Ast. -) begehrt Prozeßkostenhilfe zur Durchführung des Klageverfahrens VI 503/98 Ki, mit der er die Verpflichtung des Beklagten (des Arbeitsamts - AA -) zum Erlaß eines Kindergeldrückforderungsanspruchs begehrt.

2

Der Ast. bezog bis einschließlich April 1997 für seine Kinder und Kindergeld in Höhe von 400 DM bzw. - ab Januar 1997 - 440 DM pro Monat. Seit Mitte Januar 1996 lebt er von seiner zwischenzeitlich von ihm geschiedenen Ehefrau und Kindesmutter getrennt. Die Kinder sind im Haushalt der Kindesmutter untergebracht. Von diesem Sachverhalt erhielt das AA am 19. April 1997 durch einen Anruf der Kindesmutter Kenntnis. Aufgrund eines von ihr gestellten Antrages wurde dieser rückwirkend ab Oktober 1996 Kindergeld gewährt.

3

Durch Bescheid vom 16. April 1997 hob das AA die Kindergeldbewilligung gegenüber dem Ast. ab Februar 1996 mit der Begründung auf, daß das Kindergeld ab diesem Zeitraum vorrangig der vom ihm getrennt lebenden Kindesmutter zustehe und der Anspruch des Ast. auf die Leistung entfallen sei. Zugleich forderte es das für den Zeitraum Februar 1996 bis April 1997 gewährte Kindergeld in Höhe von insgesamt 6.160 DM zurück. Dieser Bescheid wurde bestandskräftig.

4

Mit Schreiben vom 28. Juli 1997 teilte der Ast. dem AA mit, daßdas Kindergeld nicht von ihm selbst in Anspruch genommen, sondern stets auf das Konto seiner zwischenzeitlich von ihm geschiedenen Ehefrau überwiesen worden sei. Im Hinblick darauf beantragte er auf einen entsprechenden Hinweis des AA mit Schreiben vom 20. August 1997 den Erlaß des Erstattungsanspruchs.

5

Durch Bescheid vom 2. März 1998 lehnte das AA diesen Antrag mit der Begründung ab, daß der Antragsteller keinen Nachweis für die von ihm behauptete Weiterleitung des Kindergeldes erbracht habe. Der hiergegen eingelegte Einspruch vom 13. März 1998 hatte nur teilweise Erfolg. Durch Einspruchsentscheidung vom 23. Juni 1998 gab das AA dem Erlaßbegehren hinsichtlich des für die Zeit von Februar 1996 bis September 1996 gezahlten Kindergelds in Höhe von insgesamt 3.200 DM statt. Hinsichtlich der Rückforderung des für die Zeit von Oktober 1996 bis April 1997 gezahlten Kindergeldes wies es den Einspruch als unbegründet zurück, weil das Kindergeld für diesen Zeitraum bereits an die vorrangig berechtigte Kindesmutter ausgezahlt worden sei, so daß die von dem Ast. behauptete Weiterleitung nicht zum Erlaß des Erstattungsanspruchs führen könne.

6

Mit seiner Klage macht der Ast. geltend, daß auch die Kindergeldrückforderung für den Zeitraum Oktober 1996 bis April 1997 sachlich unbillig sei, weil das AA der Kindesmutter das Kindergeld für diesen Zeitraum zu Unrecht nachgezahlt habe. Es sei diesem bekannt gewesen, daß das ihm - dem Ast. - bewilligte Kindergeld auf das Konto der Kindesmutter überwiesen worden und deren Kindergeldanspruch für den fraglichen Zeitraum daher der Sache nach bereits erfüllt gewesen sei. Nicht er - der Ast. -, sondern das AA habe daher die Doppelzahlung zu vertreten.

7

Im übrigen sei der vollständige Erlaß des Rückforderungsanspruchs auch aus persönlichen Billigkeitsgründen geboten. Er - der Ast. - verfüge nur über geringe Einkünfte und habe so hohe Unterhaltszahlungen an seine Kinder und seine geschiedene Ehefrau zu erbringen, daß ihm nicht einmal 1.000 DM für den eigenen Lebensunterhalt verblieben. Er sei daher ohne Gefährdung seines eigenen Unterhalts nicht in der Lage, den Rückforderungsanspruch zu erfüllen.

8

Mit der Klageschrift hat der Ast. zugleich die Gewährung von Prozeßkostenhilfe zur Durchführung des Klageverfahrens beantragt und eine Erklärung über seine persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen beigeführt. Auf den Inhalt dieser Erklärung (Bl. 3/3 Rückseite der Gerichtsakte VI 8/98 S) sowie der mit Schriftsatz vom 16. September 1998 vorgelegten Nachweise (Bl. 7 bis 11 der Gerichtsakte VI 8/98 S) wird Bezug genommen.

9

Der Ast. beantragt,

ihm unter Beiordnung der Rechtsanwältin ... Prozeßkostenhilfe zur Durchführung des Klageverfahrens VI 503/98 Ki zu gewähren.

10

Der Antragsgegner beantragt,

den Antrag abzulehnen.

11

Er vertritt unter Hinweis auf seine Einspruchsentscheidung die Ansicht, daß die beabsichtigte Rechtsverfolgung keine hinreichende Aussicht auf Erfolg biete.

12

II.

Der Antrag ist nicht begründet. Nach § 114 der Zivilprozeßordnung (ZPO) in Verbindung mit § 142 Abs. 1 der Finanzgerichtsordnung (FGO) erhält eine Partei, die nach ihren persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen die Kosten der Prozeßführung nicht, nur zum Teil oder nur in Raten aufbringen kann, auf Antrag Prozeßkostenhilfe, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet und nicht mutwillig erscheint. Die Rechtsverfolgung verspricht hinreichende Aussicht auf Erfolg, wenn für seinen Eintritt bei summarischer Prüfung eine gewisse Wahrscheinlichkeit spricht (Bundesfinanzhof - BFH -, Beschlüsse vom 29. April 1981 IV S 4/77, Bundessteuerblatt II 1981, 580; vom 25. März 1986 III B 5-6/86, Bundessteuerblatt II 1986, 526; vom 16. Dezember 1986 VIII B 115/86, Bundessteuerblatt II 1987, 217). Diese Voraussetzungen sind im vorliegenden Fall nicht erfüllt. Das AA hat den Erlaßantrag des Ast. nach summarischer Prüfung offensichtlich zu Recht abgelehnt.

13

Nach § 227 der Abgabenordnung (AO) können die Finanzbehörden - hier also das AA (§ 5 Abs. 1 Nr. 11 Satz 3 des Gesetzes über die Finanzverwaltung) - Ansprüche aus dem Steuerschuldverhältnis - zu denen auch er hier streitige Anspruch auf Rückzahlung von unrechtlichem Grund gezahlten Kindergeld gehört (§ 37 Abs. 2 Satz 1 AO in Verbindung mit § 31 Satz 3 des Einkommensteuergesetzes (EStG) - ganz oder zum Teil erlassen, wenn deren Einziehung nach Lage des einzelnen Falles unbillig wäre. Die Entscheidung der Finanzbehörde ist eine Ermessensentscheidung, die von dem Gericht nur darauf zu überprüfen ist, ob der Verwaltungsakt oder die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsaktes rechtswidrig ist, weil die gesetzlichen Grenzendes Ermessens überschritten sind oder von dem Ermessen in einerdem Zweck der Ermächtigung nicht entsprechenden Weise Gebrauch gemacht ist (§ 102 FGO). Einen derartigen Ermessenfehler läßt die Einspruchsentscheidung des AA nicht erkennen.

14

Das AA ist zutreffend davon ausgegangen, daß die Voraussetzungen für einen Erlaß des Rückforderungsanspruchs aus sachlichen Billigkeitsgründen nicht gegeben sind. Sachlich unbillig ist die Geltendmachung eines Anspruchs aus dem Steuerschuldverhältnis vor allem dann, wenn sie im Einzelfall zwar dem Wortlaut einer Vorschrift entspricht, aber nach dem Zweck des Gesetzes nicht zu rechtfertigen ist und dessen Wertungen zuwiderläuft (ständige Rechtsprechung des BFH; vgl. nur Urteile vom 11. Juli 1996 V R 18/95, Bundessteuerblatt II 1997, 259; vom 26. Oktober 1994 X R 104/92, Bundessteuerblatt II 1995, 297). Eine Unbilligkeit in diesem Sinne liegt nach der Verfügung des Bundesamtes für Finanzen (BfF) vom 30. Juni 1997 - St. I 4 - S2470 - 15/97 - (Bundessteuerblatt I 1997, 654) insoweit vor, als sich der Rückforderungsanspruch auf Monate bezieht, für die Kindergeld an die berechtigte Person wegen bestandskräftiger, auf § 66 Abs. 3 EStG gestützter Festsetzung nicht gezahlt werden kann (Nr. 2) bzw. das Kindergeld zwar an eine nachrangig berechtigte Person gezahlt worden ist, die vorangig berechtigte Person es jedoch im Ergebnis - z.B. durch Weiterleitung - erhalten hat (Nr. 3). Die Verfügung des BfF trägt den Härten Rechnung, die sich in Fällen des sog. Berechtigtenwechsels aus der Anwendung des § 66 Abs. 3 EStG in der bis zum 31. Dezember 1997 geltenden Fassung ergeben konnten. Da diese Vorschrift die rückwirkende Zahlung von Kindergeld an den vorangig Berechtigten nur für die letzten 6 Monate vor Beginn des Monats zuließ, in dem dieser den Antrag auf Kindergeld gestellt hatte, für die Aufhebung der Kindergeldfestsetzung und die Rückforderung des Unrecht gezahlten Kindergeldes gegenüber dem nachrangig Berechtigten aber keine vergleichbare zeitliche Einschränkung galt, konnte sich in diesen Fällen die vom Gesetzgeber nicht bedachte Konsequenz ergeben, daß für die Zeit zwischen dem Wegfall des Kindergeldanspruchs des nachrangig Berechtigten und dem Zeitpunkt, von dem an das Kindergeld dem vorangig Berechtigten rückwirkend gewährt werden konnte, überhaupt kein Kindergeld gezahlt wurde, obwohl es dem vorangig Berechtigtenmateriell-rechtlich zugestanden und dieser es - z.B. durch Weiterleitung - tatsächlich auch erhalten hatte.

15

Dementsprechend hat das AA den Rückforderungsanspruch gegenüber dem Ast. gemäß Nr. 2 der Verfügung des BfF für die Monate Februar bis September 1996 erlassen, für die eine rückwirkende Bewilligung gegenüber der Kindesmutter nach § 66 Abs. 3 EStG nicht mehr möglich war. Ein Erlaß des Rückforderungsanspruches gemäß Nr. 3 der Verfügung des BfF auch für die Monate Oktober 1996 bis April 1997 kommt demgegenüber nicht in Betracht. Dievon dem BfF getroffene Billigkeitsregelung soll lediglich vermeiden, daß ein Berechtigtenwechsel zum vollständigen Wegfall der Kindergeldzahlung für solche Zeiträume führt, in denen materiell-rechtlich ein Anspruch auf Kindergeld bestand, nicht jedoch die doppelte Auszahlung des Kindergeldes an mehrere Anspruchsberechtigte für ein und denselben Zeitraum ermöglichen. Dementsprechend setzt der Verzicht auf Rückforderung des Kindergelds für solche Zeiträume, für die dem vorangig Berechtigten Kindergeld rückwirkend bewilligt werden konnte, voraus, daß dieser gegenüber der Familienkasse bestätigt, daß er das Kindergeld von dem nachrangig Berechtigten erhalten hat und seinen Anspruch auf Kindergeld für den fraglichen Zeitraum dadurch als erfüllt ansieht (Anhang 18 zu Textziffer 64.4 Abs. 3 der Dienstanweisung zur Durchführung des steuerlichen Familienleistungsausgleichs in der Fassung der Verfügung des BfF vom 25. August 1997 (Bundessteuerblatt I 1997, 797). Diehiernach geforderte Erklärung hat die Kindesmutter im vorliegenden Fall nicht abgegeben. Vielmehr hat sie im Gegenteil rückwirkend für die Zeit ab Oktober 1996 das Kindergeld für die beiden Kinder beantragt und auch tatsächlich erhalten.

16

Der Einwand des Ast., das AA habe der Kindesmutter das Kindergeld für die Zeit von Oktober 1996 bis April 1997 zu Unrecht gewährt, ist offensichtlich unbegründet. Da die Kindesmutter nach § 62 Abs. 1 in Verbindung mit § 63 Abs. 1 Nr. 1 und § 32 Abs. 1 EStG für den fraglichen Zeitraum Anpruch auf Kindergeld für die beiden Kinder hatte und ihr Anspruch dem des Ast. nach § 64 Abs. 2 Satz 1 EStG vorging, mußte das AA dem von der Kindesmutter im April 1997 gestellten Antrag in den zeitlichen Grenzendes § 66 Abs. 3 EStG entsprechen. Der Ast. kann sich auch nicht mit Erfolg darauf berufen, daß das AA jedenfalls nicht berechtigt gewesen sei, aufgrund dieser Festsetzung das Kindergeldnochmals - an die Kindesmutter auszuzahlen. Die Überweisung des ursprünglich gegenüber dem Ast. festgesetzten Kindergeldes auf das Konto der Kindesmutter stellte keine Leistung auf deren Kindergeldanspruch, sondern auf den - nach § 78 Abs. 1 Satz 1 EStG als nach den Vorschriften dieses Gesetzes festgesetzt geltenden - Anspruch des Ast. dar. Sie konnte daher den Kindergeldanspruch der Kindesmutter nicht nach § 47 AO in Verbindung mit § 224 AO zum Erlöschen bringen. Ebensowenig hatte das AA die Möglichkeit, den wirksam festgesetzten Anspruch der Kindesmutter durch Aufrechnung mit einem eigenen Erstattungsanspruch wegen der vorangegangenen Auszahlung des gegenüber dem Ast. als festgesetzt geltenden Kindergeldes zum Erlöschen zu bringen (§ 47 AO in Verbindung mit § 226 AO) und dadurch eine - nochmalige ...-Auszahlung zu vermeiden. Nach § 226 Abs. 1 AO gelten für die Aufrechnung mit Ansprüchen aus dem Steuerschuldverhältnis sowie für die Aufrechnung gegen diese Ansprüche die Vorschriften des Bürgerlichen Rechts sinngemäß. Hiernach setzt die Aufrechnung insbesondere die Gegenseitigkeit der Ansprüche voraus (§ 387 des Bürgerlichen Gesetzbuches). Diese Bedingung ist im vorliegenden Fall nicht erfüllt. Nach § 37 Abs. 2 Satz 1 AO richtet sich der Erstattungsanspruch wegen einer ohne rechtlichen Grund gezahlten Steuervergütung gegen den Leistungsempfänger, d.h. gegen denjenigen, gegenüber dem der Leistende seine - vermeintliche ...-Schuld erfüllen wollte. Dies war im Streitfall nicht die Kindesmutter, sondern der Ast., gegenüber dem das Kindergeld nach § 78 Abs. 1 Satz 1 EStG als festgesetzt galt. Daß die Leistung auf seine Anweisung auf ein Konto der Kindesmutter ausgezahlt worden ist, vermag an dieser rechtlichen Beurteilung nichts zu ändern. Durch die darin liegende Verfügung über den Kindergeldanspruch konnte die Kindesmutter allenfalls zur Zahlstelle, nicht jedoch anstelle des Ast. zur Gläubigerin des Kindergeldanspruchs bestimmt werden. Auch ein Erlaß aus persönlichen Billigkeitsgründen kommt nicht in Betracht. Persönliche Unbilligkeit liegt vor, wenn die Einziehung des Anspruchs die wirtschaftliche oder persönliche Existenz des Steuerpflichtigen vernichten oder ernstlich gefährden würde (BFH-Urteile vom 29. April 1981 IV R 23/78, Bundessteuerblatt II 1981, 726; vom 26. Mai 1994 IV R 51/93, Bundessteuerblatt II 1994, 833). Abgesehen davon, daß der Ast. seine diesbezüglichen Behauptungen bisher nicht in einer nachprüfbaren Weise dargelegt hat, kommt eine Berücksichtigung persönlicher Billigkeitsgründe im vorliegenden Fall schon deshalb nicht in Betracht, weil der Ast. sie überhaupt erstmals im Klageverfahren vorgebracht hat. Da die Entscheidung über eine Billigkeitsmaßnahme als Ermessenentscheidung nur in den Grenzen des § 102 FGO gerichtlich überprüfbar ist, können Prüfungsgegenstand der richterlichen Kontrolle der Verwaltungsentscheidung auf Ermessensfehler nur diejenigentatsächlichen Verhältnisse sein, die der Finanzbehörde im Zeitpunkt der letzten Verwaltungsentscheidung - hier also der Einspruchsentscheidung vom 23. Juni 1998 - bekannt waren oder - bei ordnungsgemäßer Erfüllung der Ermittlungspflichten (§ 88 AO) - hätten bekannt sein müssen (ständige Rechtsprechung des BFH: Urteil vom 31. März 1976 I R 51/74, Bundessteuerblatt II 1976, 499; Beschluß vom 13. März 1990 VII S 3/90, BFH/NV 1991, 171). Nach den ihm im Zeitpunkt der Einspruchsentscheidung bekannten tatsächlichen Umständen hatte das AA aber keinen Anlaß, das Vorliegen persönlicher Billigkeitsgründe in Betracht zu ziehen. Solche Gründe ergaben sich weder aus dem Inhalt der Akten noch waren sie von dem Ast. selbst geltend gemacht worden.

17

Der Antrag auf Prozeßkostenhilfe ist daher abzulehnen. Einer Kostenentscheidung bedarf es nicht, weil der Antrag auf Prozeßkostenhilfe keine Gerichtsgebühren auslöst und dem Gegner entstandene Kosten nicht erstattet werden (§ 1 Abs. 1 Buchstabe c des Gerichtskostengesetzes; § 118 Abs. 1 Satz 4 ZPO in Verbindung mit § 142 Abs. 1 FGO).