Finanzgericht Niedersachsen
Urt. v. 17.03.1999, Az.: II 653/98
Führung eines Fahrtenbuchs zum Nachweis der Privatfahrten; Geltung der 1%-Regel für Gebrauchtfahrzeuge
Bibliographie
- Gericht
- FG Niedersachsen
- Datum
- 17.03.1999
- Aktenzeichen
- II 653/98
- Entscheidungsform
- Urteil
- Referenz
- WKRS 1999, 17998
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- ECLI:DE:FGNI:1999:0317.II653.98.0A
Rechtsgrundlage
- § 6 Abs. 1 Nr. 4 Satz 2 EStG
Tenor:
Die Klage wird auf Kosten der Kläger abgewiesen.
Tatbestand
Zwischen den Parteien ist im Streitjahr 1996 der private Nutzungsanteil des betrieblich genutzten Kraftfahrzeuges streitig (§ 6 Abs. 1 Nr. 4 Satz 2 Einkommensteuergesetz - EStG).
Der Kläger (Kl.) erzielte im Streitjahr als Rechtsanwalt und Notar Einkünfte aus selbständiger Arbeit. Im Jahr 1990 erwarb er einen gebrauchten PKW Mercedes Benz zu einem Preis von 26.316,00 DM. Der Listenpreis im Zeitpunkt der Erstzulassung betrug 58.000,00 DM. Bei der Ermittlung des privaten Nutzungsanteils des Fahrzeuges ging der Kl. von 1 % monatlich des Anschaffungspreises von 26.316,00 DM aus (3.157,92 DM). Das Finanzamt (FA) hingegen ermittelte den privaten Nutzungsanteil mit monatlich 1 % des Listenpreises im Zeitpunkt der Anschaffung (6.900,00 DM).
Der Einspruch blieb ohne Erfolg.
Hiergegen richtet sich die Klage. Der Ansatz des Listenpreises zum Zeitpunkt der Erstzulassung sei nicht zulässig, da der Kl. hiermit unverhältnismäßig belastet werde. Der Privatanteil betrage bei Ansatz des Listenpreises im Vergleich zu den tatsächlichen Kosten 71,48 %. Die Bestimmung des § 6 EStG sei zudem widersprüchlich. Bei der 1%-Regel handele es sich zudem um eine "Strafsteuer".
Im Klageverfahren erklärte der Kl., er sei im übrigen mit einem Privatanteil von 35 % der tatsächlichen Kosten (9.736,00 DM gesamt) einverstanden.
Die Kl. beantragen,
unter Änderung des Einkommensteuerbescheides 1996 vom 29.06.1998 in Gestalt des Einspruchsbescheides vom 4. September 1998 den privaten Nutzungsanteil für den PKW mit lediglich 3.157,00 DM zu berücksichtigen und die Einkommensteuer entsprechend herabzusetzen.
Der Beklagte (Bekl.) beantragt,
die Klage abzuweisen.
Die private Nutzung des Kraftfahrzeuges sei ab 1996 nach § 6 Abs. 1 Nr. 4 Satz 2 EStG für jeden Kalendermonat mit 1 % des inländischen Listenpreises im Zeitpunkt der Erstzulassung anzusetzen. Die 1%-Regelung sei eine Methode zur Schätzung des ertragsteuerlichen Wertes der Nutzungsentnahme. Sie sei auch dann vorzunehmen, wenn das Fahrzeug gebraucht gekauft oder geleast werde. Soweit der Kl. diese Methode nicht für sachgerecht halte, habe er die Möglichkeit, die private Nutzung nach § 6 Abs. 1 Nr. 4 Satz 3 EStG mit den auf die Privatfahrten entfallenden Aufwendungen anzusetzen. Da der Kl. jedoch ein ordnungsgemäßes Fahrtenbuch nicht geführt habe, könne eine geringere private Kfz.-Nutzung nicht angesetzt werden.
Gründe
Die Klage ist nicht begründet.
Das FA hat den privaten Nutzungsanteil zutreffend nach der Vorschrift des § 6 Abs. 1 Nr. 4 Satz 2 EStG ermittelt. Die Vorschrift des § 6 Abs. 1 Nr. 4 Satz 2 EStG ist auch nicht verfassungswidrig.
Bei der Gewinnermittlung ist nach § 6 Abs. 1 Nr. 4 Satz 2 EStG ab dem Veranlagungsjahr 1996 (Streitjahr) die private Nutzung eines Kraftfahrzeuges grundsätzlich für jeden Kalendermonat mit 1 v. H. des inländischen Listenpreises im Zeitpunkt der Erstzulassung zuzüglich der Kosten für Sonderausstattungen einschließlich der Umsatzsteuer anzusetzen. Die private Nutzung kann dabei allerdings abweichend von Satz 2 mit den auf die Privatfahrten entfallenden Aufwendungen angesetzt werden, wenn die für das Kfz. insgesamt entstehenden Aufwendungen durch Belege und das Verhältnis der privaten zu den übrigen Fahrten durch ein ordnungsgemäßes Fahrtenbuch nachgewiesen werden (§ 6 Abs. 1 Nr. 4 Satz 3 EStG).
Diese pauschalierte private Kfz.-Nutzung ist ab dem streitbefangenen Veranlagungszeitraum 1996 der Höhe nach erstmals gesetzlich geregelt, so dass sich im Hinblick auf das Vorhandensein einer Rechtsgrundlage gerade jetzt keine verfassungsrechtlichen Bedenken mehr ergeben. Die Tatsache, dass es sich bei der 1- v.- H.-Regelung um pauschalierende Bestimmungen handelt, ist verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden. Im Steuerrecht sind typisierende und generalisierende Regelungen verfassungsrechtlich zulässig, insbesondere um damit bei Massenverfahren zu Verwaltungsvereinfachungen zu gelangen. Dabei steht dem Gesetzgeber ein weiter Beurteilungs- und Gestaltungsspielraum zu (Bundesverfassungsgerichtsbeschlüsse vom 6. Dezember 1983 2 BvR 1275/79, BStBl II 1984, 72; vom 23. Januar 1990 1 BvR 4 - 7/87, BStBl II 1990, 483; BFH-Urteil vom 27. September 1996 VI R 47/96, BStBl II 1997, 22 [BFH 25.01.1996 - III R 137/93]). Damit wollte der Gesetzgeber auch gerade bei der Ermittlung des privaten Nutzungsanteils die bisher teilweise unzuträgliche Diskussion um prozentuale Anteile der privaten Nutzung von Kraftfahrzeugen vermeiden.
Auch der Vorwurf der Überbesteuerung greift nicht durch, da der Steuerpflichtige diesen durch Einzelnachweis vermeiden kann. Es bleibt dem Steuerpflichtigen unbenommen, nach § 6 Abs. 1 Nr. 4 Satz 3 EStG durch Führung eines ordnungsgemäßen Fahrtenbuches den Anteil der tatsächlichen Privatfahrten nachzuweisen. Unter verfassungsrechtlichen Gesichtspunkten war es deshalb ausreichend, dass der Gesetzgeber Steuerpflichtigen, bei denen die Listenpreisregelung zu einer nachteiligen Besteuerung führt, nach den gesetzlichen Bestimmungen die Möglichkeit eingeräumt hat, diesen Nachteil dadurch abzuwenden, dass die für das Kfz. entstandenen Aufwendungen durch Belege und Führung eines ordnungsgemäßen Fahrtenbuches nachgewiesen werden.
Die Klage war abzuweisen, die Kostenentscheidung folgt aus § 135 FGO.