Oberlandesgericht Oldenburg
Beschl. v. 28.01.1999, Az.: 10 W 27/98
Verlust der Hofeigenschaften durch die Auflösung der wirtschaftlichen Betriebseinheit ohne Löschung des Hofvermerks
Bibliographie
- Gericht
- OLG Oldenburg
- Datum
- 28.01.1999
- Aktenzeichen
- 10 W 27/98
- Entscheidungsform
- Beschluss
- Referenz
- WKRS 1999, 29125
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- ECLI:DE:OLGOL:1999:0128.10W27.98.0A
Amtlicher Leitsatz
Die Frage der Hofeigenschaft ist unabhängig von der Rentabilität zu beantworten.
Gründe
Allerdings kann auch ohne Löschung des Hofvermerkes ein Hof die Hofeigenschaft verlieren, wenn die wirtschaftliche Betriebseinheit aufgelöst wird (BGH, Agrarrecht 1995, 235). Die Auflösung der "Betriebseinheit" ist anhand einzelner Indizien festzustellen, die dann einer Gesamtwürdigung zu unterziehen sind. Indizien können u.a. sein: Der Wegfall einer geeigneten Hofstelle, der Zustand der Wirtschaftsgebäude, die Wiederherstellbarkeit der Hofstelle aus Erträgen des Hofes unter betriebswirtschaftlichen Gesichtspunkten, das Fehlen von Inventar oder die langfristige parzellenweise Verpachtung von Ländereien.
Zu einer Auflösung der Betriebseinheit ist es bei Beachtung dieser Kriterien im vorliegenden Fall nicht gekommen. Auch nach dem Gutachten des Sachverständigen S... kann nicht davon ausgegangen werden, dass etwa eine geeignete Hofstelle weggefallen sei. Unstreitig besteht die Hofstelle aus einem 1973 neu errichteten Wohnhaus in hervorragendem Zustand, einem älteren Schweinestall und einer größeren Stahlträgerhalle mit den Maßen 25,50 Meter x 14,10 Meter sowie einer älteren Wagenremise. Wie das Amtsgericht - Landwirtschaftsgericht - festgestellt hat, befinden sich die Wirtschaftsgebäude zwar in einem nicht mehr zeit- gemäßen, aber auch nicht in einem schlechten Bauzustand. Diese Feststellung wird auch in dem Privatgutachten S... der Antragsgegnerin nicht in Frage gestellt. Bei dieser Sachlage ist davon auszugehen, dass eine als Hofstelle brauchbare Liegenschaft bestehend aus Wohn- und Wirtschaftsgebäuden vorhanden ist. dass die Aufteilung und der Zuschnitt der Hofstelle möglicherweise nicht modernen Anforderungen entspricht, ist rechtlich unerheblich. Es sind deshalb im vorliegenden Fall - anders als in dem der Entscheidung des BGH a.a.O. zugrundeliegenden Fall - für die Wiederherstellung der Hofstelle aus den Erträgen des Hofes keine erheblichen Mittel erforderlich.
Das zur Zeit zum größten Teil fehlende Inventar kann, soweit erforderlich, aus den bis zur Beendigung der Verpachtung einlaufenden Pachteinnahmen beschafft werden. In diesem Zusammenhang spricht auch für die Annahme der Fortdauer der Hofeigenschaft, dass die Ländereien nicht stückweise, sondern insgesamt verpachtet worden sind.
Nur von untergeordneter rechtlicher Bedeutung ist der von der Antragsgegnerin im Anschluss an das Gutachten des Privatsachverständigen S... vorgetragene Umstand, dass Bedenken bestehen, ob die landwirtschaftliche Besitzung auch unter betriebswirtschaftlichen Gesichtspunkten so bewirtschaftet werden kann, dass sie den Lebensunterhalt einer Familie erbringt. Denn eine landwirtschaftliche Besitzung verliert die Hofeigenschaft nicht schon allein dadurch, dass sie nur noch unrentabel zu bewirtschaften ist, sondern erst, wenn sie keine Betriebseinheit mehr bildet (vgl. Senatsbeschluss vom 17. Dezember 1998 - 10 W 2/98). Die Frage der Betriebseinheit ist aber völlig unabhängig von der Frage der Rentabilität zu beantworten, denn auch ein Betrieb, der - aus welchen Gründen auch immer - keinen oder nur geringen Gewinn abwirft, kann durchaus ein Hof sein.
Die Gesamtwürdigung aller Umstände im vorliegenden Fall hat daher zum Ergebnis, dass der hier betroffene Grundbesitz auch im Zeitpunkt des Erbfalls ein Hof im Sinne der Höfeordnung war. Der Feststellungsantrag der Antragstellerin ist damit begründet, der gegenteilige Antrag der Antragsgegnerin und auch ihre sofortige Beschwerde demnach unbegründet.