Oberlandesgericht Oldenburg
Urt. v. 13.01.1999, Az.: 2 U 54/98

Bewirkung der Wiedergestellung der Ware als Aufgabe des Auftraggebers eines Hauptverpflichteten gegenüber seinem Vertragspartner; Entlastung des Hauptverpflichteten von der übernommenen Haftung; Vertragliche Freistellungsansprüche aus den zustande gekommenen Geschäftsbesorgungsverträgen hinsichtlich der Formalitäten im Zusammenhang mit der Verzollung ; Anspruch auf Befreiung von einer Verbindlichkeit nur bei Erbringung von freiwilligen Aufwendungen zum Zweck der Ausführung eines Auftrags

Bibliographie

Gericht
OLG Oldenburg
Datum
13.01.1999
Aktenzeichen
2 U 54/98
Entscheidungsform
Urteil
Referenz
WKRS 1999, 29170
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
ECLI:DE:OLGOL:1999:0113.2U54.98.0A

Fundstellen

  • OLGReport Gerichtsort 1999, 125-127
  • TranspR 1999, 412-414 (Volltext mit amtl. LS)
  • VersR 2000, 1417-1419 (Volltext mit amtl. LS)

Amtlicher Leitsatz

Keine Verpflichtung des Auftraggebers eines Hauptverpflichteten im gemeinschaftlichen Versandverfahren gemäß VO (EWG) Nr. 222/77 zur Wiedergestellung der Ware bei der Bestimmungszollstelle.

Gründe

1

Die Berufung hat Erfolg. Die vom Landgericht zuerkannten Freistellungsansprüche stehen der Klägerin aus keinem Rechtsgrund zu.

2

Das Landgericht hat ausgeführt: Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme könne die Klägerin Freistellung von auf sie zukommenden Verpflichtungen als Hauptverpflichtete aus den in Rede stehenden T2-Versandscheinen verlangen. Sie habe ihre Leistungen als Hauptverpflichtete im Rahmen des gemeinschaftlichen Versandverfahrens auf Grund eines mit ihrem Auftraggeber geschlossenen Geschäftsbesorgungsvertrags erbracht. Zu den Aufgaben des Auftraggebers eines Hauptverpflichteten gehöre es, die Wiedergestellung der Ware, für die der Hauptverpflichtete als Garant eingetreten sei, bei der Bestimmungszollstelle zusammen mit der Wiedervorlage des eröffneten Versandscheins zu bewirken, um damit den Hauptverpflichteten von seiner Haftung zu entlasten. Die Klägerin habe den Beweis erbracht, dass in allen hier in Rede stehenden Versandscheinverfahren die Beklagte ihre Auftraggeberin gewesen sei.

3

Diesen Ausführungen ist nur teilweise zu folgen.

4

Allerdings wendet sich die Berufung vergeblich gegen die tatsächlichen Feststellungen des Landgerichts zur Auftraggebereigenschaft der Beklagten in allen in Rede stehenden Fällen (wird ausgeführt).

5

Gleichwohl hat die Berufung Erfolg, weil der rechtlichen Bewertung nicht zu folgen ist, die das Landgericht für Geschäftsbesorgungsverträge der in Rede stehenden Art vorgenommen hat:

6

Es ist keineswegs so, dass es ohne weiteres zu den Aufgaben des Auftraggebers eines Hauptverpflichteten seinem Vertragspartner gegenüber gehört, die Wiedergestellung der Ware bei der Bestimmungszollstelle zu bewirken und damit den Hauptverpflichteteten von der übernommenen Haftung zu entlasten. Und im vorliegenden Fall ist es nicht anders. Die Beklagte trafen im Verhältnis zur Klägerin entsprechende Verpflichtungen zur Wiedergestellung weder auf Grund vertraglicher Vereinbarungen mit der Klägerin noch in ihrer Eigenschaft als Versenderin der Kraftstoffe, und sie ist ihr auch sonst nicht zu einem gleichgerichteten Schadensersatz verpflichtet. Verwirklicht hat sich vielmehr allein ein von der Klägerin im Rahmen der in allen Fällen zustande gekommenen entgeltlichen Geschäftsbesorgungsverträge übernommenes - nach den Erörterungen im Senatstermin unstreitig versicherbares und nach der von der Beklagten ausdrücklich aufgegriffenen und damit ebenfalls unstreitigen Darstellung der Klägerin trotz des im Einzelfall berechneten geringen Entgelts einkalkuliertes und "abgedecktes" - Risiko.

7

Im Einzelnen:

8

.....

9

Der Klägerin stehen auch den Umständen nach keine vertraglichen Freistellungsansprüche aus den zustande gekommenen Geschäftsbesorgungsverträgen mit der Beklagten zu (§§ 675, 670 BGB). Rechtlich ist bei diesen Verträgen von "schlichten" Geschäftsbesorgungsverträgen - und nicht von Speditionsgeschäften (gem. § 407 HGB) - auszugehen, weil es nicht Aufgabe der Klägerin war, die Versendung von Gütern zu besorgen, sondern nur Formalitäten im Zusammenhang mit der Verzollung (vgl. dazu Münchener Kommentar zum HGB-Bydlinski, zu § 407 HGB, Rdnr. 80). Anspruch auf Befreiung von einer Verbindlichkeit könnte die Klägerin nur haben, wenn sie zum Zweck der Ausführung eines Auftrags freiwillig oder auf Weisung der Beklagten Aufwendungen erbracht hätte, die sich als notwendige Folge der Ausführung ergaben (BGHZ 8, 222, 229) [BGH 16.12.1952 - I ZR 29/52]. Zu derartigen Aufwendungen gehört auch die Eingehung einer Verbindlichkeit zur Ausführung des Auftrags, wobei als Aufwendungen auch gewisse Schäden angesehen werden, die der Beauftragte bei Ausführung des Auftrags erleidet (Palandt, 58. Auflage)