Finanzgericht Niedersachsen
Urt. v. 15.08.1996, Az.: X 123/93
Steuerliche Anerkennung eines Ehegatten-Arbeitsverhältnisses im Rahmen der Einkommensteuerfestsetzung als Werbungskosten
Bibliographie
- Gericht
- FG Niedersachsen
- Datum
- 15.08.1996
- Aktenzeichen
- X 123/93
- Entscheidungsform
- Urteil
- Referenz
- WKRS 1996, 16662
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- ECLI:DE:FGNI:1996:0815.X123.93.0A
Rechtsgrundlagen
- § 9 Abs. 1 EStG
- § 4 Abs. 4 EStG
Verfahrensgegenstand
Ehegattenarbeitsverhältnis
Höhe Arbeitslohn
Einkommensteuer 1990
Der X. Senat des Niedersächsischen Finanzgerichts hat
nach Einverständnis der Beteiligten
ohne mündliche Verhandlung
in der Sitzung vom 15. August 1996,
an der mitgewirkt haben:
Vorsitzender Richter am Finanzgericht ...
Richter am Finanzgericht ...
Richter am Finanzgericht ...
ehrenamtlicher Richter ...
ehrenamtlicher Richter ...
fürRecht erkannt:
Tenor:
Die Klage wird abgewiesen.
Die Kläger haben die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten um die steuerliche Anerkennung eines Ehegatten-Arbeitsverhältnisses bei der Einkommensteuerfestsetzung für das Jahr 1990.
Der Kläger war im Streitjahr als Bezirksdirektor der Krankenversicherung tätig, die Klägerin arbeitete als Hausfrau. In seiner Einkommensteuererklärung 1990 machte der Kläger ein von ihm an die Klägerin gezahltes Gehalt in Höhe von 5.520 DM als Werbungskosten bei seinen Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit geltend. Das pauschalversteuerte Gehalt zahlte der Kläger aufgrund eines Arbeitsvertrages vom 01.01.1990, der auf einem Vordruck des ...-Verlages beruhte und in dem es u.a. heißt:
"...
§ 2 Tätigkeit
Der Arbeitgeber beschäftigt seinen Ehegatten als Angestellten des oben bezeichneten Unternehmens ab 01.01.1990.
Der Angestellte übernimmt die nachfolgend beschriebenen Aufgaben und Pflichten: Allgemeine Büroarbeiten (genaue Angaben erforderlich; z.B. Verkauf im Laden; Bedienung der Kasse; Einkauf; Buchhalterin; Sprechstundenhilfe, Leitung der Filiale in ... oder dergleichen ...)
Der Angestellte ist verpflichtet, wöchentlich mindestens 15 Stunden/die tarifliche Arbeitszeit in dem Unternehmen zu arbeiten. Die tägliche Arbeitszeit richtet sich nach den betrieblichen Bedürfnissen unter Berücksichtigung der sonstigen Pflichten des Angestellten im gemeinsamen Haushalt. Sie wird von den Vertragsparteien im beiderseitigen Einvernehmen geregelt. ...
§ 3 Gehalt
Der Angestellte erhält monatlich ein Gehalt von brutto 400 DM. ...
§ 4 Urlaub
Der Angestellte hat Anspruch auf einen bezahlten Erholungsurlaub von 30 Werktagen kalenderjährlich. ..."
Bei der Veranlagung versagte das FA dem Ehegattenarbeitsvertrag die steuerliche Anerkennung mit der Begründung, der Vertrag halte dem sogenannten Fremdvergleich nicht stand. Weder hätten die Kläger Art und Umfang der zu leistenden Arbeiten nach Aufgabenbereiche und Arbeitsdauer ausreichend spezifiziert noch Höhe und Fälligkeit des Arbeitslohnes wie zwischen fremden Dritten üblich geregelt. Die Tätigkeitsbeschreibung "allgemeine Büroarbeiten" sei unzureichend, denn daraus gehe nicht hervor, was die Klägerin im einzelnen für Arbeiten im Rahmen des Ehegatten-Arbeitsverhältnisses zu verrichten habe und ob es sich dabei nicht nur um Tätigkeiten handele, die im allgemeinen neben den hausfraulichen Tätigkeiten erledigt werden und mehr auf familienrechtlicher Beziehung als auf arbeitsrechtlicher Grundlage basierten. Ein fremder Dritter lasse sich auch nicht auf eine Arbeitszeit von mindestens 15 Stunden ein bei einem Gehalt von nur 400 DM monatlich. Bei höherer Stundenzahl sei es üblich, auch das Gehalt entsprechend aufzustocken.
Dagegen richtet sich nach erfolglosem Vorverfahren die Klage.
Die Kläger sind der Auffassung, die Voraussetzungen für ein steuerlich anzuerkennendes Arbeitsverhältnis seien erfüllt. Als Bezirksdirektor einer Krankenversicherung spiele sich für den Kläger ein Großteil seiner Tätigkeit im Außendienst ab. Die Büroarbeiten müßten demzufolge zu Hause erledigt werden. Zwecks Bewältigung dieser notwendigen - für den Außendienst aber hinderlichen - Arbeiten, habe der Kläger seine Ehefrau als Bürokraft eingestellt. Als Arbeitsvertrag habe man ein Formular des ...-Verlages verwendet, in dem man nur die entsprechenden Leerzeilen ergänzt habe. Die Formulierung "wöchentlich mindestens" könne man den Klägern nicht zur Last legen, denn sie hätten dort lediglich die Zahl der abzuleistenden Arbeitsstunden ergänzt. Auch die Formulierung "allgemeine Büroarbeiten" reiche als Beschreibung der Tätigkeit der Klägerin aus. Denn in einem Büro dieser Größenordnung könne es sich dabei zwangsläufig nur um Telefondienst, Schreibarbeiten, Terminvereinbarungen und Archivierungsarbeiten handeln.
Die Kläger beantragen,
die Einkommensteuer 1990 unter Aufhebung der Einspruchsentscheidung vom 15.02.1993 und Änderung des geänderten Einkommensteuerbescheides 1990 vom 07.12.1992 soweit herabzusetzen, wie sie sich bei Anerkennung weiterer Werbungskosten des Klägers in Höhe von 5.520 DM ergibt.
Das beklagte Finanzamt beantragt,
die Klage abzuweisen.
Das FA verbleibt im wesentlichen bei der bereits im Vorverfahren vertretenen Rechtsauffassung und trägt ergänzend vor, ausschlaggebend für die Nichtanerkennung des Arbeitsverhältnisses sei bereits der Umstand, daß es bezüglich der Arbeitszeit an einer klaren, im voraus erfolgten Festlegung nicht nur hinsichtlich Zeit sondern auch Entlohnung fehle, da nur eine Mindestarbeitszeit vereinbart worden sei.
Wegen des weiteren Vorbringens der Beteiligten wird Bezug genommen auf den Inhalt der zwischen ihnen gewechselten Schriftsätze nebst den dazu überreichten Anlagen sowie auf den Inhalt der Steuerakten. Auf mündliche Verhandlung haben die Beteiligten übereinstimmend verzichtet.
Entscheidungsgründe
Die Klage ist nicht begründet.
Zutreffend hat das FA die Aufwendungen für das Ehegatten-Arbeitsverhältnis nicht als Werbungskosten bei den Einkünften des Klägers aus nichtselbständiger Arbeit berücksichtigt.
Werbungskosten bei den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit sind gemäß § 9 Abs. 1 in Verbindung mit § 4 Abs. 4 EStG solche Aufwendungen, die durch die berufliche Tätigkeit veranlaßt sind. Zu derartigen Aufwendungen gehören grundsätzlich auch die infolge eines Arbeitsvertrages für den Arbeitnehmer erbrachten Leistungen. Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH), der der Senat folgt, sind Arbeitsverhältnisse zwischen Ehegatten steuerrechtlich grundsätzlich unter der Voraussetzung anzuerkennen, daß sie ernstlich vereinbart sind und den Vereinbarungen entsprechend tatsächlich durchgeführt werden (vgl. z.B. BFH-Urteil vom 30.06.1971, BStBl II 1972, 112). Darüber hinaus muß die Vertragsgestaltung und Vertragsdurchführung aufgrund des zwischen Ehegatten fehlenden natürlichen Interessengegensatzes, der bei Verträgen zwischen Fremden grundsätzlich unterstellt werden kann, den zwischen fremden Drittenüblichen Kriterien entsprechen. Demgemäß können Ehegatten-Arbeitsverhältnisse im Einkommensteuerrecht nur berücksichtigt werden, sofern der Vertrag zivilrechtlich gültig, ernsthaft gewollt, klar und eindeutig und tatsächlich durchgeführt worden ist sowie einem internen oder externen Fremdvergleich stand hält. Diese auf die Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs zurückgehenden Voraussetzungen hat das Bundesverfassungsgericht mit Beschluß vom 07.11.1995 (Der Betrieb 1995, 2572) erst kürzlich bestätigt (vgl. dazu im einzelnen auch Wendt, Akt. StR 96, 55 m.w.N.).
Im hier zu entscheidenden Streitfall kommt das Gericht nach den vorgenannten Kriterien bei Abwägung aller Umstände zu dem Ergebnis, daß das zwischen dem Kläger und der Klägerin abgeschlossene Ehegatten-Arbeitsverhältnis steuerlich nicht anerkannt werden kann.
Zwar mag der Inhalt der Tätigkeit der Klägerin mit der Formulierung "allgemeine Büroarbeiten" vielleicht noch ausreichend beschrieben worden sein (vgl. dazu Niedersächsisches Finanzgericht, Urteil vom 18.01.1994 VIII 150/91). Denn bei einer Tätigkeit, wie sie der Kläger ausübt, liegt es auf der Hand, daß mit der Formulierung "allgemeine Büroarbeiten" im wesentlichen Telefondienst, Terminvereinbarungen, Archivierung und allgemeiner Schriftverkehr gemeint sind. Anlaß zu Zweifeln gibt dem Senat aber der Umstand, daß die Klägerin gemäß § 2 des Arbeitsvertrages verpflichtet war, wöchentlich mindestens 15 Stunden abzuleisten und das bei einem gleichbleibenden Gehalt von brutto 400 DM monatlich. Gerade bei fremden Dritten wäre es jedoch üblich, nicht nur den Umfang der Mindestarbeitszeit zu regeln, sondern auch bei einer sich ggf. ändernden Arbeitszeit Änderungen des Arbeitslohnes entsprechend der gestiegenen Arbeitszeit vertraglich festzuhalten. Das gilt um so mehr bei einem Gehalt von nur 400 DM bei einer Wochenstundenzahl von mindestens 15. Denn wenn man eine derartige Wochenstundenzahl zugrunde legt, ergibt sich eine monatliche Arbeitszeit von mindestens 60 Stunden. Umgelegt auf das Monatsgehalt von 400 DM ergibt sich dann ein Stundenlohn von 6,67 DM. Daß ein fremder Dritter sich mit einem derart niedrigen Stundenlohn bei vielleicht sogar noch steigender Arbeitszeit, die zu einem noch niedrigeren Stundenlohn führen würde, zufrieden geben könnte, vermag sich der Senat jedoch nicht vorzustellen.
Nach dem Gesamtbild der Verhältnisse ist deshalb davon auszugehen, daß der Arbeitsvertrag zwischen dem Kläger und der Klägerin einem Fremdvergleich nicht stand hält.
Die Klage war daher mit der sich gemäß § 135 Abs. 1 FGO ergebenden Kostenfolge abzuweisen.
Die Revision ist nicht zugelassen worden.