Finanzgericht Niedersachsen
Urt. v. 06.08.1996, Az.: VII 96/96

Wirkungen des Fristablaufs auf die Zulässigkeit des Einspruch; Erschütterung der Zugangsvermutung des§ 122 Abs. 2 AO (Abgabenordnung)

Bibliographie

Gericht
FG Niedersachsen
Datum
06.08.1996
Aktenzeichen
VII 96/96
Entscheidungsform
Urteil
Referenz
WKRS 1996, 18714
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
ECLI:DE:FGNI:1996:0806.VII96.96.0A

Fundstellen

  • EFG 1997, 3 (Volltext mit red. LS)
  • SGb 1997, 423 (amtl. Leitsatz)

Verfahrensgegenstand

Versäumung d. Einspruchsfrist

Einkommensteuer 1993

Der VII. Senat des Finanzgerichts Niedersachsen hat
nach mündlicher Verhandlung
in der Sitzung vom 6. August 1996,
an der mitgewirkt haben:
Vorsitzender Richter am Finanzgericht ...
Richter am Finanzgericht ...,
Richter am Finanzgericht ...
ehrenamtlicher Richter Kaufmann,
ehrenamtliche Richterin Ärztin
fürRecht erkannt:

Tenor:

Die Klage wird abgewiesen.

Der Kläger trägt die Kosten

Tatbestand

1

Streitig ist, ob der Kläger rechtzeitig Einspruch gegen den Einkommensteuer (ESt)-Bescheid des Streitjahres eingelegt hat.

2

Der Kläger hatte keine ESt-Erklärung abgegeben. Der Beklagte schätzte deswegen die Besteuerungsgrundlagen und setzte mit ESt-Bescheid vom 25. Oktober 1995, der am selben Tage zur Post gegeben wurde, die Einkommensteuer auf 2.488 DM fest. Am 30. November 1995 ging bei dem Beklagten ausweislich des Eingangsstempels der Einspruch des Klägers gegen den ESt-Bescheid vom 25. Oktober 1995 ein. Mit Verfügung vom 11. Dezember 1995 teilte der Beklagte dem Kläger mit, daß das Einspruchsschreiben vom 26. November 1995 erst am 30. November 1995 und damit verspätet beim Finanzamt eingegangen sei. Da stichhaltige Gründe für eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand weder vorgetragen worden noch aus den Akten ersichtlich seien, sei der Rechtsbehelf unzulässig. Mit Schreiben vom 2. Januar 1996 teilte der Kläger dem Beklagten mit, daß seine Auffassung nach der Einspruch fristgerecht eingelegt worden sei. Mit Einspruchsbescheid vom 18. Januar 1996 verwarf der Beklagte den Einspruch als unzulässig.

3

Hiergegen richtet sich die vorliegende Klage. Zur Begründung trägt der Kläger vor, daß er den ESt-Bescheid erst am 30. Oktober 1995 erhalten habe. Woran dies liege, wisse er nicht. Es sei schon häufiger vorgekommen, daß die Post nicht in derüblichen Zeit zugestellt worden sei. Er bitte daher bei der Post zu ermitteln, ob dies auch in dem Zeitpunkt der Fall gewesen sei, als er den angefochtenen Steuerbescheid erhalten habe. Im übrigen müsse auch davon ausgegangen werden, daß sein Einspruchsschreiben vom 26. November 1995 rechtzeitig vor Fristablauf bei dem Beklagten eingegangen sei.

4

Der Kläger beantragt,

den Einspruchsbescheid aufzuheben.

5

Der Beklagte hält an der Auffassung des Vorverfahrens fest.

6

Wegen des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten im übrigen wird Bezug genommen auf die Gerichts- und Steuerakten (St.-Nr.:).

Entscheidungsgründe

7

Die Klage ist nicht begründet.

8

Zu Recht hat der Beklagte den Einspruch als unzulässig verworfen, denn der Kläger hat die Rechtsbehelfsfrist nach § 355 Abs. 1 AO von einem Monat nicht eingehalten. Der am 25. Oktober 1995 mit einfachem Brief zur Post gegebene ESt-Bescheid gilt gemäß § 122 Abs. 2 AO als am 28. Oktober 1995 bekanntgegeben. Damit endete die Rechtsbehelfsfrist mit Ablauf des 28. November 1995. Der Einspruch ging aber erst am 30. November 1995 und damit verspätet beim FA ein.

9

Zwar hat der Kläger vorgetragen, daß ihm der ESt-Bescheid erst am 30. Oktober 1995 zugegangen sei. Diese Behauptung hat der Kläger jedoch nicht belegt. Zwar hat er auf die Aufforderung des Berichterstatters einen Briefumschlag vorgelegt, der einen Freistempler des FA vom 13. November 1995 trägt. Insoweit hat der Kläger in der mündlichen Verhandlung eingeräumt, daß sich darin nicht der fragliche ESt-Bescheid befunden haben könne. Der allgemeine Hinweis, daß es in dem Bereich häufiger zu Unregelmäßigkeiten bei der Austragung der Post komme, reicht nicht aus, die Zugangsvermutung des § 122 Abs. 2 Abgabenordnung (AO) zu erschüttern. Es wäre Sache des Klägers gewesen, im einzelnen darzulegen, daß die Post nicht in der fraglichen Zeit ordnungsgemäß ausgetragen worden ist. Dem Beweisermittlungsantrag des Klägers war nicht nachzugehen.

10

Dem Kläger kann auch nicht darin gefolgt werden, daß sein Einspruchsschreiben vom 26. November 1995 rechtzeitig bei dem Beklagten eingegangen ist. Gegen die Behauptung des Klägers spricht der Eingangsstempel, der als öffentliche Urkunde den Eingang des Schriftstücks nachweist.

11

Eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gemäß § 110 AO hat der Beklagte zu recht abgelehnt. Der Kläger hätte spätestens innerhalb eines Monats nach dem Zugang des Schreibens des Beklagten vom 11. Dezember 1995 (vgl. § 110 Abs. 2 AO) Wiedereinsetzungsgründe vortragen müssen. Er hätte dazu vortragen müssen, wann er sein Einspruchsschreiben vom 26. November 1995 wo zur Post gegeben hat. Dies hat der Kläger jedoch nicht getan. Der Kläger hat auch nicht einmal im Klageverfahren dargelegt, wann er sein Schreiben vom 26. November 1995 zur Post gegeben hat. Danach kam aber eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wegen der Versäumung der Einspruchsfrist nicht in Betracht.

12

Danach konnte die Klage keinen Erfolg haben und war abzuweisen.

13

Die Kostenentscheidung folgt aus § 135 Abs. 1 FGO.