Finanzgericht Niedersachsen
Urt. v. 20.08.1996, Az.: II (VIII) 291/91

Anforderungen an die Abzugsfähigkeit von Kundengeschenken ; Voraussetzungen für die Abzugsfähigkeit von Bewirtungsaufwendungen; Begriff der "Absetzung für Abnutzung (AfA)"

Bibliographie

Gericht
FG Niedersachsen
Datum
20.08.1996
Aktenzeichen
II (VIII) 291/91
Entscheidungsform
Urteil
Referenz
WKRS 1996, 18737
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
ECLI:DE:FGNI:1996:0820.II.VIII291.91.0A

Fundstelle

  • DStRE 1997, 401-402 (Volltext mit amtl. LS)

Verfahrensgegenstand

Einkommensteuer 1985-1988
AfA nach § 7 b EStG für Nebengebäude

Tatbestand

1

Die Parteien streiten über die Abzugsfähigkeit von (1.) Kundengeschenken und Bewirtungsaufwendungen und (2.) AfA gem. § 7 b Einkommensteuergesetz (EStG) für ein "Gartenhaus". Streitjahre sind die Veranlagungszeiträume (VZ) 1985 bis 1988.

2

1.

Der Kläger (Kl.) ist für eine Firma "I." in K. als Handelsvertreter im Anstellungsverhältnis tätig. In seinen Einkommensteuererklärungen für die Streitjahre machte er u.a. Werbungskosten für Kundengeschenke und Bewirtungen geltend, die das Finanzamt (FA) nur zum Teil anerkannte. Es handelt sich dabei um folgende Beträge:

Jahrgeltend gem. Werbungk.vom FA anerkannt
19852.386 DM1.383 DM
19863.616 DM2.189 DM
19872.568 DM1.596 DM
19882.251 DM2.237 DM
3

Das FA erkannte im wesentlichen dabei solche Bewirtungen nicht an, bei denen eine Vielzahl von Personen teilnahm oder die Ehefrau oder der Kl. offensichtlich an den Wochenenden mit seiner Ehefrau Essen gegangen ist.

4

Der Kl. macht mit der Klage nach erfolglosem Einspruch geltend, die Aufwendungen seien beruflich veranlaßt. Ihm ist unter Fristsetzung gem. § 79 b Finanzgerichtsordnung (FGO) aufgegeben worden, die berufliche Veranlassung in jedem Einzelfall darzutun, die begünstigten Personen zu benennen und die Belege vorzulegen. Dem ist der Kl. nicht nachgekommen. Lediglich für das Jahr 1987 hat er in der mündlichen Verhandlung die Belege vorgelegt, aus denen die bewirteten Personen und der Anlaß der Bewirtung jeweils ersichtlich ist und auf die wegen weiterer Einzelheiten verwiesen wird.

5

Der Kl. machte in den Streitjahren Aufwendungen für ein Arbeitszimmer als Werbungskosten geltend, darunter einen Anteil von 12 v.H. an Erhaltungsaufwendungen, die er, im Jahre 1985 in Höhe von insgesamt 9.145 DM, davon 12 v.H. als Werbungskosten geltend gemacht, angefallen, gem. § 82 b EStDV auf 5 Jahre verteilte (Einzelheiten siehe EStA 1985/Anlage) und weitere Erhaltungsaufwendungen in den Jahren 1986 bis 1988 (1986: insgesamt 4.001 DM, 1987: 10.823 DM, 1988: 8.232 DM; jeweils davon 12 v.H. als Werbungskosten geltend gemacht). Das FA erkannte das Arbeitszimmer dem Grunde nach an, ließ aber die geltend gemachten Erhaltungsaufwendungen nicht zum Abzug zu, weil sie nicht mit dem Arbeitszimmer im Zusammenhang stünden.

6

2.

Der Kl. hatte schon im Jahre 1963 ein Einfamilienhaus errichtet, für das er die Vergünstigung nach § 7 b EStG in Anspruch genommen hatte. Im Jahr 1983 errichtete er ein rd. 40 qm großes "Gartenhaus", vorwiegend aus Holzmaterialien. Das Gartenhaus grenzt an die Garage des Wohnhauses an, es ist von dem Wohnhaus aus nicht zugänglich und von ihm räumlich getrennt. Das FA bewilligte für die Vorjahre die AfA jedoch nicht. Die hiergegen erhobene Klage hatte, da sie unzulässig war, keinen Erfolg.

7

Für das Streitjahr begehrt der Kl. die AfA nach § 7 b EStG erneut, und zwar als nachgeholte AfA mit dem dreifachen Satz für das Streitjahr 1985, im übrigen mit einfachem Satz.

8

Das FA lehnte die Anerkennung der AfA gem. § 7 b EStG ab, weil derartige Herstellungen nicht üblich seien und das Haus auch keine Verbindung zum angrenzenden Einfamilienhaus habe. Hiergegen richtet sich die Klage. Der Kl. meint, derartige Aufwendungen für Gartenhäuser seien begünstigt.

9

Der Kl. hat erstmals in der mündlichen Verhandlung mit Schreiben vom 17.08.1996 Berechnungen über seinen Klageantrag vorgelegt, die jedoch wegen Ungereimtheiten und wegen zahlreicher handschriftlicher Korrekturen, die dann aber bei den Subtraktionen und Additionen keinen Niederschlag gefunden haben, nicht vollständig und nicht nachvollziehbar sind. Aus diesen Berechnungen ergibt sich jedoch, daß der Kl. sinngemäß begehrt,

  1. 1.

    ihm AfA gem. § 7 b EStG für das Gartenhaus in Höhe von 2.040 DM jährlich zu gewähren, für das Jahr 1985 im Wege der Nachholung indes mit dem dreifachen Satz (6.120 DM insgesamt), ferner die Ermäßigung gem. § 34 f EStG,

  2. 2.

    überdies zusätzliche Werbungskosten, darunter Bewirtungsaufwendungen "Kundengeschenke"), in Höhe von weiteren 1.604 DM (1985), 3.029 DM (1986), 2.561 DM (1987), 1.223 DM (1988),

  3. 3.

    zusätzliche Aufwendungen für DDR-Besuche in Höhe von 176 DM (1986), 50 DM (1988),

  4. 4.

    Verlustbeteiligung aus einer KG in Höhe von 1.145 DM (1987) zu gewähren.

10

Das FA beantragt Klageabweisung.

11

Das FA meint, das Gartenhaus sei nicht nach § 7 b EStG begünstigt, weil es von dem Wohnhaus getrennt ist. Auch gehöre der Raum nicht üblicherweise zur Ausstattung einer Wohnung.

Entscheidungsgründe

12

Die Klage ist im erkannten Umfange begründet. Der Kl. kann die von ihm begehrten Begünstigungen für das "Gartenhaus" in Anspruch nehmen, ferner für das Jahr 1987 weitere Werbungskosten zum Abzug bringen. Im übrigen ist die Klage nicht begründet.

13

1.

Nach § 7 b Abs. 2 EStG sind auch "Erweiterungen" an einem Einfamilienhaus begünstigt. Eine Erweiterung ist dabei eine Baumaßnahme, durch die neuer Wohnraum geschaffen wird (§ 17 II. Wohnungsbaugesetz - WoBauG). Solchen Wohnraum hat der Kl. hier geschaffen, denn das Gartenhaus dient dem Aufenthalt von Menschen. Zu Wohnraum im vorstehenden Sinne zählen auch Nebengebäude, wie etwa Garagen (ausdrücklich in § 7 b Abs. 4 EStG), aber auch andere Nebengebäude, wie auch Gartenhäuser, wie sie vielfach bei Grundstücken und Wohnhäusern und größeren Gartenflächen üblich sind. Das Nebengebäude muß, entgegen der Auffassung des FA, auch nicht einen Zugang zum Hauptgebäude besitzen. Zwar soll die Erweiterung "an" dem Hauptgebäude erfolgen (§ 17 II. WoBauG), indes ist ein Nebengebäude, wie hier, auch noch dann "an" dem Hauptgebäude errichtet, wenn es zwar nicht körperlich mit ihm verbunden ist, aber "bei wirtschaftlicher Betrachtung" als zum Hauptgebäude zugehörig anzusehen ist, weil es sich auf demselben Grundstück wie das Hauptgebäude befindet und nach der Verkehrsauffassung mit diesem eine "wirtschaftliche Einheit" bildet. Die Begünstigung nach § 7 b Abs. 2 EStG soll nicht bloß deshalb ausgeschlossen werden, weil - zufälligerweise - eine körperliche Verbindung zwischen beiden Gebäuden nicht besteht (BFH-Urteil vom 19.12.1956 VI 85/56 U, BStBl III 1957, 66; Herrmann/Heuer, § 10 e EStG Anm. 210, § 7 b EStG Anm. 66; wie hier auch Finanzgericht Münster, Urteil vom 07.12.1989 XIV 7874/88 L, abgedruckt in EFG 1991, 121).

14

Die Vergünstigung nach § 7b EStG kann auch nicht deshalb versagt werden weil das Gartenhaus für die Nutzung des Einfamilienhauses nicht erforderlich ist (so jedoch Finanzgericht Schleswig-Holstein, Urteil vom 16.03.1994 II 1139/93, EFG 1994, 748). Nach § 7 b EStG sind nicht lediglich für das Wohnen zwingend notwendige bauliche Anlagen begünstigt, vielmehr auch solche, die "bei vernünftiger Auffassung" für die Erfüllung zeitgemäßer Wohnansprüche nötig sind (BFH-Urteil vom 11.12.1973 VI II R 1717/71, BStBl II 1974; 474; vom 09.09.1980 VIII R 21/79, BStBl II 19181, 260). Ein Gartenhaus ist bei Nutzung eines freistehenden Einfamilienhauses auf einer größeren Grundfläche, die mit Gartenanlagen genutzt wird, heute vielfach üblich. § 7 b EStG will nicht lediglich für das Wohnen unerläßlichen Wohnraum begünstigen.

15

Der Kl. kann daher die AfA gem. § 7 b EStG auf den Anbau in Anspruch nehmen, und zwar in Höhe von jährlich, wie beantragt, 2.040 DM, für das Jahr 1985 jedoch in Höhe von insgesamt 6.120 DM, weil er die AfA der beiden Vorjahre noch nachholen kann (§ 7 b Abs. 3 Satz 1 EStG). Ferner kann der Kl. in den Streitjahren die zusätzliche Vergünstigung gem. § 34 f EStG in Höhe von jährlich 600 DM beanspruchen.

16

2.

Die geltend gemachten zusätzlichen Aufwendungen für Bewirtung und Kundengeschenke kann der Kl. indes nur für das Jahr 1987 zusätzlich beanspruchen (972 DM). Nur für dieses Jahr hat der Kl. Belege vorgelegt, obwohl er aufgefordert worden war, für alle Streitjahre diese Belege vorzulegen. Die vom Kl. geltend gemachten Aufwendungen sind gem. § 9 Abs. 1 EStG als Werbungskosten abzugsfähig, denn sie dienten ihm, als nichtselbständigem Vertreter mit Provisionseinnahmen, zur Erzielung von Einnahmen.

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Warum das FA die geltend gemachten Aufwendungen, anders als andere Bewirtungsaufwendungen, nicht anerkannt hat, ist aus den Akten nicht zu entnehmen. Daß diese Bewirtungen an Wochenenden erfolgten und auch die Ehefrauen der Geschäftspartner zugegen waren, erklärt sich aus dem Beruf des Kl., der den Verkauf von Backwaren vermittelt. Wie das Gericht aber weiß, können Bäcker, dies sind die Kunden, wegen der beruflichen Beanspruchung an den Werktagen meist nur an Wochenenden und dann auch nur zusammen mit deren Ehefrauen angesprochen werden.

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Ferner kann der Kl. die erstmals in der mündlichen Verhandlung geltend gemachten Aufwendungen für "Aufkleber" als Werbungskosten im Jahr 1987 abziehen (230 DM). Die Aufkleber haben, wie die vorgelegte Probe zeigt, einen deutlichen Bezug zum Beruf des Klägers, denn sie weisen den Kl. als "Bezirksleiter" aus und sind mit dem Firmenemblem seines Arbeitgebers versehen.

19

3.

Die übrigen geltend gemachten Aufwendungen sind dagegen nicht abzugsfähig. Die geltend gemachten weiteren Aufwendungen für das Arbeitszimmer sind nicht abzugsfähig, denn sie stehen nicht mit dem Beruf und dem Arbeitszimmer des Kl. in Zusammenhang. Es handelt sich um Handwerkerrechnungen, die ganz offenkundig nicht das Arbeitszimmer betreffen, sondern Reparaturen ("Erhaltungsaufwand") an anderen Teilen des Hauses zum Gegenstand haben. Der Kl. hätte dartun müssen, inwiefern die Reparaturen mit dem Arbeitszimmer und seinem Beruf in Zusammenhang stehen. Ein solcher Zusammenhang ist nicht erkennbar. Die Aufwendungen sind deshalb nicht gem. § 9 Abs. 1 EStG abzugsfähig.

20

Ebenso sind auch die anderen Werbungskosten, z. B. "Arbeitskleidung" nicht abzugsfähig, weil der Kl. den Nachweis der Aufwendungen schuldig geblieben ist. Die ebenfalls erstmals in der mündlichen Verhandlung geltend gemachten Verlustzuweisungen kann der Kl. nicht beanspruchen. Hierzu reicht nicht die Vorlage einer Bescheinigung der Kommanditgesellschaft aus. Verlustzuweisungen dieser Art sind nur zu berücksichtigen, wenn eine einheitliche und gesonderte Gewinnfeststellung für die Kommanditgesellschaft vorliegt, die für den Kl. einen entsprechenden Verlustanteil ausweist (§ 175 Abs. 1 Nr. 1 AO). Eine Gewinnfeststellung dieser Art liegt jedoch nicht vor. Für eine ausnahmsweise Schätzung des Verlustanteils gem. § 162 Abs. 3 AO bestand kein Grund, und zwar schon deshalb nicht, weil angesichts des inzwischen verstrichenen langen Zeitraumes der Verlustanteil des Kl. längst festgestellt worden wäre, wenn er bestünde, zumal gerade Verlustanteile aus Abschreibungsgesellschaften von der Finanzverwaltung bevorzugt ermittelt werden. Bei dieser Sachlage reicht die vorgelegte Bescheinigung der Kommanditgesellschaft jedenfalls für die Berücksichtigung des behaupteten Verlustanteils nicht mehr aus.

21

Aufwendungen für außergewöhnliche Belastung wegen Unterstützung von Angehörigen in der ehemaligen DDR durch Besuche und Paketsendungen sind über den vom FA erkannten Umfang hinaus ebenfalls nicht zu berücksichtigen, weil der Kl. auch insoweit keine Nachweise erbracht hat.

22

Die Kostenentscheidung beruht auf § 136 Abs. 1 FGO, weil beide Parteien in etwa gleicher Höhe obsiegt haben bzw. unterlegen sind. Die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 710 Nr. 8, 713 Zivilprozeßordnung i.V.m. § 155 FGO, die Übertragung der Ausrechnung auf § 100 Abs. 2 Satz 2 FGO.