Finanzgericht Niedersachsen
Urt. v. 15.08.1996, Az.: V 198/95
Möglichkeit der Regelbesteuerung für einzelne landwirtschaftliche und forstwirtschaftliche Betriebe
Bibliographie
- Gericht
- FG Niedersachsen
- Datum
- 15.08.1996
- Aktenzeichen
- V 198/95
- Entscheidungsform
- Urteil
- Referenz
- WKRS 1996, 18722
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- ECLI:DE:FGNI:1996:0815.V198.95.0A
Rechtsgrundlage
- § 24 Abs. 4 UStG
Fundstelle
- EFG 1997, 185-186 (Volltext mit red. LS)
Verfahrensgegenstand
Umsatzsteuer 1989 bis 1991
Amtlicher Leitsatz
Die Option zur Regelbesteuerung nach § 24 Abs. 4 UStG ist nur einheitlich für das land- und forstwirtschaftliche Unternehmen und nicht für einzelne land- und forstwirtschaftliche Betriebe möglich.
In dem Rechtsstreit
hat der V. Senat des Niedersächsischen Finanzgerichts
nach mündlicher Verhandlung
in der Sitzung vom 15. August 1996,
an der mitgewirkt haben:
Richter am Finanzgericht als Vorsitzender ...
Richter am Finanzgericht ...
Richter am Finanzgericht ...
ehrenamtlicher Richter ...
ehrenamtlicher Richter ...
für Recht erkannt:
Tenor:
Die Klage wird abgewiesen.
Der Kläger trägt die Kosten.
Die Revision wird zugelassen.
Der Streitwert wird auf 40.014,00 DM festgesetzt.
Tatbestand
Der Kläger ist Tierarzt. Seine Tierarztpraxis umfaßt auch die gewerbliche Abgabe von Tierarzneimittelfutter. Daneben betreibt er seit 1983 als Landwirt eine Schweinemast in N., L. und seit dem 1. Mai 1987 eine Ferkelaufzucht in Li. Die beiden landwirtschaftlichen Betriebe liegen 37 km voneinander entfernt. Die in den Betrieben anfallenden Arbeiten werden jeweils von fremden Arbeitnehmern ausgeführt. Für die Betriebe liegen getrennte Buchführungen und Gewinnermittlungen nach § 4 Abs. 1 Einkommensteuergesetz (EStG) vor.
Der Kläger erklärte gemäß § 24 Abs. 4 Umsatzsteuergesetz (UStG) für den landwirtschaftlichen Betrieb in N., L. die Option zur Umsatzsteuer für die Jahre 1983 bis 1987. Die Option wurde mit Schreiben vom 28.12.1987 ab 1. Januar 1988 widerrufen. Für den landwirtschaftlichen Betrieb in Li. optierte der Kläger mit Schreiben vom 26.10.1987 gemäß § 24 Abs. 4 UStG für die Zeit vom 1. Mai 1987 bis 31. Dezember 1992. Die Option wurde ab 1. Januar 1993 durch Erklärung vom 3. Dezember 1992 widerrufen.
In den Umsatzsteuererklärungen für die Streitjahre hat der Kläger nur die Umsätze seiner Tierarztpraxis und des landwirtschaftlichen Betriebes in Li. erklärt. Abweichend von der Erklärung des Klägers versteuerte der Beklagte auch die Umsätze des Teilbetriebes in N. unter Berufung auf Abschn. 270 Umsatzsteuer-Richtlinien (UStR) nach dem allgemeinen Steuersatz und setzte die Steuer entsprechend fest.
Der dagegen eingelegte Einspruch war erfolglos.
Hiergegen richtet sich die Klage. Der Kläger beruft sich auf die Umsatzsteuerkommentierung von Rüttinger, Anm. D 75 und meint, es sei eine Einzeloption bezogen auf den Betrieb i.S.d. § 24 Abs. 1 UStG zulässig. Dies ergebe sich auch aus dem Wortlaut des § 24 UStG, der in der Überschrift den Terminus "Land- und forstwirtschaftliche Betriebe" verwende und aus § 24 Abs. 3 UStG. Gemäß § 24 Abs. 3 UStG sei nämlich ein land- und forstwirtschaftlicher Betrieb als ein in der Gliederung des Unternehmens gesondert geführter Betrieb zu behandeln. Diese Voraussetzungen lägen bei den von ihm getrennt geführten landwirtschaftlichen Betrieben vor. Dies sei auch ertragsteuerlich anläßlich einer Außenprüfung anerkannt worden. Der Gesetzgeber habe die Durchschnittsatzgewinnermittlung ebenfalls betriebsbezogen gesehen. Dies folge aus § 24 a Abs. 2 UStG, wonach die Regelungen über die Gewährung des Kürzungsanspruchs betriebsbezogen seien. Die unter Praktikabilitätsgesichtspunkten getroffene Regelung der Finanzverwaltung in Abschn. 270 Abs. 1 UStR, wonach die Option einheitlich nur für alle land- und forstwirtschaftlichen Betriebe zulässig sei, führe zu unvertretbaren Ergebnissen. Dies zeige sich bei Anwendung der Regelung auf die Neuregelung zur Geschäftsveräußerung gemäß § 1 Abs. 1 a UStG 1994 und die Regelungen in den neuen Bundesländern, bei denen die Einzelsteuergesetze der DDR in ihrem ehemaligen Staatsgebiet noch bis zum 31.12.1990 in Kraft blieben. Seiner Rechtsmeinung zur Zulässigkeit der Einzeloption stehe auch nicht mehr die Rechtsprechung zu § 15 a UStG entgegen, da der BFH nunmehr entschieden habe, daß eine Änderung der Verwendung eines Vermögensgegenstandes zwischen den Bereichen Regelbesteuerung und Pauschalierung im Jahr nach seiner erstmaligen Verwendung ebenfalls zu einer Berechtigung der Vorsteuer nach § 15 a UStG führe. Im übrigen könne ein Landwirt auch dadurch die unterschiedliche steuerliche Behandlung seiner Betriebe erreichen, daß er einen Betrieb strukturell umgestalte.
Der Kläger beantragt,
die Umsatzsteuer 1989 um 7.787,73 DM, die Umsatzsteuer 1990 um 20.202,93 DM und die Umsatzsteuer 1991 um 12.024,25 DM herabzusetzen.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Der Beklagte beruft sich auf Abschn. 270 Abs. 1 UStR. wonach eine Option nur einheitlich ausgeübt werden könne. Der Kläger könne sich bei seiner Rechtsmeinung nicht auf § 24 Abs. 3 und § 24 a Abs. 2 UStG berufen, da diese Regelungen nicht landwirtschaftliche Betriebe gegeneinander abgrenzen wollen, sondern klarstellen, daß diese Regelungen nur Bedeutung für den landwirtschaftlichen Teil des Unternehmens, nicht aber für den gewerblichen hätten. Der Kommentar "Rüttinger" gebe lediglich eine Empfehlung zur Auslegung des § 24 UStG.
Wegen der Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Finanzgerichtsakte verwiesen. Dem Gericht haben die Steuerakten zu Steuernummer ... vorgelegen.
Entscheidungsgründe
Die Klage ist unbegründet.
Der Beklagte hat zu Recht alle Umsätze aus den landwirtschaftlichen Betrieben des Klägers der Regelbesteuerung unterworfen, da dieser mit Schreiben vom 26. Oktober 1987 gemäß § 24 Abs. 4 UStG ab 01.05.1987 die Besteuerung nach den allgemeinen Vorschriften des Umsatzsteuergesetzes beantragte und er an diese Erklärung gemäß § 24 Abs. 4 Satz 2 UStG mindestens fünf Jahre gebunden ist.
Der Kläger kann die Option nur einheitlich für sein land- und forstwirtschaftliches Unternehmen ausüben. Die Möglichkeit der Option nach § 24 Abs. 4 Satz 1 UStG bezieht sich nach dem Wortlaut auf die in § 24 Abs. 1-3 UStG genannten Umsätze. § 24 Abs. 1 Satz 1 UStG bestimmt, wie die Steuer "für die im Rahmen eines land- und forstwirtschaftlichen Betriebes ausgeführten Umsätze" festgesetzt wird. Damit sind alle Umsätze gemeint, die ein Unternehmer aus der Landwirtschaft erzielt, unabhängig davon, wieviel Teilbetriebe der Unternehmer ertragsteuerlich führt. Dies folgt aus § 24 Abs. 2 Nr. 2 UStG. wonach als land- und forstwirtschaftlicher Betrieb Tierzucht- und Tierhaltungsbetriebe gelten. Denn das Gesetz stellt insofern klar, daß umsatzsteuerrechtlich mehrere Betriebe als ein land- und forstwirtschaftlicher Betrieb anzusehen sind. Der Kläger kann sich auch nicht auf §§ 24 Abs. 3 und 24 a Abs. 2 UStG berufen, da diese Regelungen nicht einzelne landwirtschaftliche Betriebe gegeneinander abgrenzen wollen, sondern landwirtschaftliche Betriebe gegenüber gewerblichen und anderen. Gegen den Wortlaut des § 24 UStG kann der Kläger ferner nicht geltend machen, daß ein Landwirt durch Strukturmaßnahmen die Möglichkeit hätte, sich mit einem Teilbetrieb der landwirtschaftlichen Besteuerung zu entziehen. Denn im Falle der Strukturveränderung würde der Landwirt tatsächliche Maßnahmen treffen, während es sich bei der Option um eine Rechtsgestaltung handelt.
Da der Kläger auf ausdrückliche Nachfrage in der mündlichen Verhandlung an seiner Option zur Regelbesteuerung festgehalten hat, erweist sieh die Steuerfestsetzung des Beklagten als rechtmäßig.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 135 Abs. 1 Finanzgerichtsordnung (FGO).
Der Senat hat die Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung gemäß § 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO zugelassen.
Streitwertbeschluss:
Der Streitwert wird auf 40.014,00 DM festgesetzt.
Die Streitwertfestsetzung ergeht gemäß §§ 13 Abs. 2, 25 Abs. 2 Gerichtskostengesetz (GKG).