Vergabekammer Lüneburg
Beschl. v. 04.05.2020, Az.: VgK-06/2020

Zurückversetzung des Vergabeverfahrens in das Stadium vor Durchführung der Eignungsprüfung; Ausschreibung von Leistungen zur Errichtung eines passiven Breitbandnetzes in den unterversorgten Gebieten

Bibliographie

Gericht
VK Lüneburg
Datum
04.05.2020
Aktenzeichen
VgK-06/2020
Entscheidungsform
Beschluss
Referenz
WKRS 2020, 26346
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
[keine Angabe]

In dem Nachprüfungsverfahren
der xxxxxx, Verfahrensbevollmächtigte:
xxxxxx,
- Antragstellerin
-gegen
den xxxxxx,
Verfahrensbevollmächtigte: xxxxxx
- Antragsgegner
-beigeladen xxxxxx,
- Beigeladene
wegen Vergabeverfahren Breitbandausbau des xxxxxx, Bekanntmachung xxxxxx Tiefba Los 3
hat die Vergabekammer durch den Vorsitzenden MR Gause, den hauptamtlichen Beisitzer Dipl.-Sozialwirt Tiede und den ehrenamtlichen Beisitzer Dipl.-Ing. Magill auf die mündliche Verhandlung vom 04.05.2020 beschlossen:

Tenor:

  1. 1.

    Es wird festgestellt, dass die Antragstellerin in ihren Rechten verletzt ist. Der Antragsgegner wird verpflichtet, das Vergabeverfahren in das Stadium vor Durchführung der Eignungsprüfung zurückzuversetzen, diese bezüglich der Antragstellerin zu wiederholen und dabei die in den Entscheidungsgründen dargelegte Rechtsauffassung der Vergabekammer zu beachten.

  2. 2.

    Die Kosten werden auf xxxxxx € festgesetzt.

  3. 3.

    Die Kosten des Verfahrens hat der Antragsgegner zu tragen. Der Antragsgegner ist jedoch von der Entrichtung der Kosten befreit.

  4. 4.

    Der Antragsgegner hat der Antragstellerin die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung notwendigen Aufwendungen zu erstatten. Die Hinzuziehung der Verfahrensbevollmächtigten war für die Antragstellerin notwendig.

Begründung

I.

Der Antragsgegner hat mit EU-Bekanntmachung vom xxxxxx.2020 Leistungen zur Errichtung eines passiven Breitbandnetzes in den unterversorgten Gebieten des Landkreises xxxxxx in 7 Losen im offenen Verfahren ausgeschrieben. Streitgegenständlich ist das Los 3 "FL Tiefbau TL 3" über Tiefbau-Leistungen und Kabelmontage in der Stadt xxxxxx.

Zu den Teilnahmebedingungen wird in der Bekanntmachung in Abschnitt III unter Punkt III.1.2) unter anderem zur wirtschaftlichen und finanziellen Leistungsfähigkeit ausgeführt:

Die nachstehenden Angaben sind im Falle von Bietergemeinschaften von sämtlichen Mitgliedern der Bietergemeinschaft einzureichen.

...

3) Angaben zum Gesamtumsatz in den letzten 3 abgeschlossenen Geschäftsjahren, auf bes. Anforderung ggf. nachzuweisen z. B. durch Auszüge aus den Geschäftsberichten.

4) Angaben zum vergleichbaren Umsatz in den letzten 3 abgeschlossenen Geschäftsjahren, soweit er Bauleistungen und andere Leistungen betrifft, die mit der zu vergebenden Leistung vergleichbar sind (§ 6a EU Nr. 2 Satz 1 c) Satz 2 VOB-A), unter Einschluss des Anteils bei gemeinsam mit anderen Unternehmen ausgeführten Aufträgen; es wird für die Ausführung der Bauleistungen vom Bieter der Nachweis über einen Mindestjahresumsatz je Los gefordert, auf bes. Anforderung ggf. nachzuweisen z. B. durch Auszüge aus den Geschäftsberichten.

Es wird klargestellt, dass ein entsprechender Umsatz als Mindestanforderung gefordert wird.

...

Der Mindestjahresumsatz pro Jahr ist je Los wie folgt festgelegt: Fachlos Tiefbau

...

- Teillos 3: xxxxxx EUR,

...

Bewerbungen sind auf alle Lose zulässig, auch dann, wenn der Mindestumsatz nur für einzelne Lose oder für mehrere Lose kumuliert ausreichend ist.

Eine Vergabe erfolgt bis zur kumulierten Erreichung des durchschn. Mindestumsatzes des Unternehmens unter Berücksichtigung der benannten Rangfolge des Auftragnehmers.

Regel: Ist das Angebot eines Bieters in mehr Losen, als der benötigte Mindestumsatz des Unternehmers abdeckt, das wirtschaftlichste Angebot, werden unter Berücksichtigung der benannten Rangfolge die zum Zuschlag kommenden Lose ermittelt. In jedem Fall erhält der Bieter die priorisierten Lose, in denen sein Angebot das wirtschaftlichste ist und die Anforderungen an den durchschn. Mindestumsatz noch nicht überschritten sind.

Ferner werden unter Punkt III.1.3) zur technischen und beruflichen Leistungsfähigkeit folgende Eignungskriterien dargestellt:

Der Bieter hat zum Nachweis seiner technischen und beruflichen Leistungsfähigkeit mit Angebotsabgabe eine Eigenerklärung zur Eignung mit folgenden Angaben einzureichen:

Eigenerklärung über einschlägige Referenzen (Anzahl 1 Referenz) der letzten 5 Jahre (2015, 2016, 2017, 2018, 2019) mit Angabe des Leistungsgegenstandes (inkl. Kurzbeschreibung), des Rechnungswertes, des Leistungszeitraums, der Rolle Ihrer Firma, des Bereichs sowie des Auftraggebers. Die Vergleichbarkeit ergibt sich aus folgenden Kriterien:

- Art der Leistung,

- Auftragsvolumen,

- Öffentlicher Auftraggeber. Bitte benutzen Sie hierfür die:

- Anlage 003a Referenzen Fachlos Tiefbau Teillose 1-6,

- Anlage 003b Referenzbogeneingabemaske zu Anlage 003a Fachlos Tiefbau

Teillose 1-6,

- ...

Unter Punkt VI.3) erfolgt unter der laufenden Nummer 1) folgende zusätzliche Angabe:

Enthalten die Bekanntmachung oder die Vergabeunterlagen Unklarheiten, Widersprüche oder verstoßen diese nach Auffassung des Bieters gegen geltendes Recht, so hat er Niedersachsen Ports unverzüglich über die Kommunikationsfunktion des Vergabeportals darauf hinzuweisen.

Am 10.03.2020 erhielt die Antragstellerin ein Absageschreiben, mit dem der Antragsgegner mitteilte, dass das Angebot der Antragstellerin nicht berücksichtigt werden könne, weil begründete Zweifel im Hinblick auf die Leistungsfähigkeit bestehen. Die Antragstellerin erfülle die Anforderungen an das Kriterium Mindestumsatz nicht.

Darauf rügte die Antragstellerin mit Schreiben vom 16.03.2020 einen Verstoß gegen § 134 GWB. Ferner wurden Verstöße gegen § 6a EU Nr. 2c Satz 2, Satz 3 VOB/A, Art. 58 Abs. 3 Satz 2, Satz 4 RL 2014/24 sowie gegen den Newcomer-Schutz und den Schutz von KMU gerügt. Zudem sei die rechtswidrige Beschränkung der Anzahl der Referenzen ein Verstoß gegen das Wettbewerbsprinzip gemäß § 97 Abs. 1 GWB. Außerdem würden die unklaren, nicht eindeutigen, nicht nachvollziehbaren, somit intransparenten Angaben in der Auftragsbekanntmachung und den Vergabeunterlagen gegen § 97 Abs. 1 GWB verstoßen. Ferner verstoße der Ermessensnichtgebrauch gegen § 6a EU Nr. 2 Satz 2 VOB/A.

Nachdem der Antragsgegner mit Schreiben vom 18.03.2020 mitgeteilt hatte, dass der Rüge nicht abgeholfen werde, reichte die Antragstellerin ihren Nachprüfungsantrag ein.

Sie trägt vor, dass die Zulässigkeitsvoraussetzungen erfüllt seien. Somit sei der Antrag zulässig. Die Rüge sei rechtzeitig erfolgt und nicht präkludiert. Die Antragstellerin sei während des Laufs der Angebotsfrist davon ausgegangen, dass der Antragsgegner nur Angaben zu den letzten drei Geschäftsjahren berücksichtigen möchte. Die Antragstellerin habe nicht die Widersprüchlichkeit der Forderung der Umsatzangaben, die sich laut Bekanntmachung und somit verbindlich auch auf das Jahr 2016 erstrecke habe, erkannt und müsse dies auch nicht. Ebenso wenig habe sie erkennen müssen, dass ausweislich der - in sich widersprüchlichen - Bekanntmachung wohl die Umsätze aus drei der letzten vier Geschäftsjahre gefordert seien, und dass dies vergaberechtlich unzulässig sei. Eine Beschränkung auf die drei letzten Geschäftsjahre ist kein vom durchschnittlichen Bieter, ohne juristisches Spezialwissen im Bereich der hier gegenständlichen Beschaffung, zu erwartendes Wissen. Eignungsanforderungen in wirtschaftlich-finanzieller Hinsicht seien nicht abschließend in der EU VOB/A definiert. Hinzu käme, dass § 6 EU VOB/A von "kann" spräche, so dass keine Klarheit bestehe, wie verbindlich die Vorgabe der letzten drei Geschäftsjahre sei. Auch die Regelungen zum Newcomer-Schutz finden kaum Widerhall in der EU VOB/A, sie seien von der Rechtsprechung entwickelt worden und würden Kenntnis vom Wortlaut der RL 2014/24/EU erfordern.

Erkennbar seien nur solche Verletzungen von Vergabevorschriften, die bei einer Durchsicht der Vergabeunterlagen als auftragsbezogene Rechtsverstöße laienhaft und ohne Anwendung juristischen Sachverstands ins Auge fallen würden. Übersteigerte tatsächliche und rechtliche Anforderungen seien abzulehnen.

Auch die Rüge zur Beschränkung der Referenzen sei nicht präkludiert, da hierfür eine allgemein zugängliche Regelung nicht existiere und ein Bieter ohne weitere juristische Kenntnisse einen Verstoß nicht erkennen könne.

Der Antragsgegner habe die Angaben in der Auftragsbekanntmachung und in den Anlagen im Hinblick auf die eignungsrelevante Umsatzthematik widersprüchlich verwendet. Dies habe die Antragstellerin nicht erkennen müssen, so dass auch dieser Teil der Rüge nicht präkludiert sei. Die fehlende Erkennbarkeit gelte im vorliegenden Fall zumal deshalb, weil die Antragstellerin darauf gesetzt habe, der Antragsgegner könne sich im Hinblick auf die fehlenden Umsatzangaben vor allem für 2016 zu einer materiellen Betrachtung der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit unter Einbeziehung der Ergebnisse für das Geschäftsjahr 2019 und der Prognosen 2020 durchringen.

Der Nachprüfungsantrag sei auch begründet. Der gerügte Verstoß gegen den § 134 Abs. 1 GWB sei nicht mehr relevant. Die Vorgabe, den durchschnittlichen Mindestumsatz aus den Jahren 2016 bis 2018 für den vom Auftrag abgedeckten Bereich anzugeben, verstoße gegen Art. 58, Art 60 der Richtlinie 2014/24 EU i.V.m. Anlage XII. Als ausreichender aber auch erforderlicher Nachweis der Eignung für die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit werde der Umsatz für den Gegenstand der Ausschreibung höchstens in den letzten drei Geschäftsjahren ab Tätigkeitsaufnahme angesehen, sofern entsprechende Angaben verfügbar seien. Folglich dürften Erklärungen über den Gesamtumsatz höchstens für den Zeitraum 2017, 2018 und 2019 von den Bietern gefordert werden. Eine derartige Forderung über den Gesamtumsatz für die Jahre 2016, 2017 und 2018 stehe im Widerspruch zum Wortlaut der Richtlinie.

Selbst wenn man eine zulässige Eignungsanforderung erkenne, müsste diese Vorgabe - ausgehend vom Gegenstand der Beschaffung - sachlich begründbar sein. Dies wiederum erfordere eine inhaltliche Auseinandersetzung mit den beschaffungsgegenstandsbezogenen Anforderungen einer solchen anderweitigen Mindestanforderung, was vorliegend gerade nicht erfolgt sei. Vergabeverfahrensfehlerhaft habe es der Antragsgegner unterlassen, von dem ihm eingeräumten Ermessen Gebrauch zu machen, es fehle an einer formalen Dokumentation dieser Ermessenentscheidung. Zudem verstoße es gegen das Transparenzgebot, dass die Vergabeunterlagen, namentlich die Auftragsbekanntmachung im Verhältnis zu den Anlagen 001 und 002, im Hinblick auf eignungsrelevante Zeitvorgaben (letzten 3 Geschäftsjahre, 2016 - 2018) widersprüchlich und unklar seien.

Die umsatzbezogenen Vorgaben in der Auftragsbekanntmachung seien widersprüchlich und intransparent. Der Auftraggeber verstoße durch die von ihm gewählte Vorgabe eines Mindestjahresumsatzes gerade in Bezug auf mit der zu vergebenden Leistung vergleichbare Leistungen (vergleichbaren Umsatz) gegen zwingendes Vergaberecht. Der Mindestjahresumsatz dürfe das Zweifache des geschätzten Auftragswerts nicht überschreiten. Diese nach Art 58 Abs. 3 RL 2014/24 sowie nach § 6a EU Nr. 2c Satz 2 und Satz 3 VOB/A zulässige Vorgabe eines Mindestjahresumsatzes knüpfe nicht an einen Mindestjahresumsatz in einem bestimmten Tätigkeitsbereich an, sondern an einen allgemeinen Mindestjahresumsatz. Für die Festlegung eines spezifischen Mindestjahresumsatzes fehle es an normativen Vorgaben auf Verordnungsebene, die Vorgabe einer Mindestforderung im Hinblick auf den vergleichbaren Umsatz sei daher vergaberechtswidrig. Die Rüge sei somit auch hierzu nicht präkludiert. Die Vorgabe dieser Mindestforderungen sei zudem aus Gründen des Newcomer-Schutzes und des Schutzes von KMU rechtswidrig. Sie erfolge, ohne dass andere geeignet erscheinende Nachweise der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit zugelassen seien, was abstrakt bei Newcomern regelmäßig der Fall sei.

Die negative Prognose sei mit Blick auf die gezogenen eignungsrelevanten Schlussfolgerungen fehlerhaft, da die Antragstellerin seit rechtswirksamer Gründung im Mai 2018 ununterbrochen, nachweislich und nachhaltig in der Lage gewesen sei, die einzelnen Teillose im Zuschlagfall ordnungsgemäß und vertragsgerecht zu erfüllen. Für das hier maßgebliche Los 3 gilt dies in jedem Fall. Dabei sei zu berücksichtigen, dass das Auftragsvolumen zwar xxxxxx € betrage, allerdings beziehe sich der Auftrag auf einen Zeitraum von insgesamt 30 Monaten erstreckt, also zweieinhalb Jahre. Dies entspräche einem jährlichen Leistungssoll von xxxxxx € und läge damit bei weniger als 60 % des von der Antragstellerin erarbeiteten Umsatzes im ersten vollen Jahr ihrer geschäftlichen Tätigkeit. Der Antragsgegner habe es pflichtwidrig unterlassen, diese negative Prognose sachgerecht aufzuarbeiten und in die Bewertung einfließen zu lassen. Schließlich verletze der Antragsgegner auch das allgemeine Begründungserfordernis, das bei der Festlegung von Mindestumsätzen zum Tragen käme. Er verhalte sich vergaberechtswidrig soweit er einen durchschnittlichen Mindestumsatz verlange. Newcomer benachteiligende Anforderungen seien vorliegend nicht durch sachlich nachvollziehbare und im Beschaffungsgegenstand begründete Tatsachen gerechtfertigt und deshalb auch nicht wirksam vorgegeben.

Die rechtswidrige Beschränkung der Anzahl der Referenzen verstoße gegen das Wettbewerbsprinzip.

Zudem seien die Angaben in der Auftragsbekanntmachung und den Vergabeunterlagen intransparent, da sie unklar, nicht eindeutig und nicht nachvollziehbar seien. Die Verwendung von neun verschiedenen Formulierungen zum Mindestjahresumsatz würde gegen den Transparenzgrundsatz und die Widerspruchsfreiheit verstoßen. Ferner seien auch die Ausführungen hinsichtlich der wirtschaftlichen und finanziellen Leistungsfähigkeit mit den losweisen Mindestjahresumsätzen unklar und unverständlich. Der Antragsgegner mache keine erläuternden Angaben, wie die Begrifflichkeiten und Wortgruppen zu unterscheiden seien.

Auch sei die verbindlich vorgegebene Kopplung zwischen den intransparenten Umsatzvorgaben und dem daran auszurichtenden Zuschlag auf das preislich beste Angebot im jeweiligen Teillos intransparent und führe wahlweise zu willkürlichen, nicht prüfbaren und nicht den Bieterinteressen genügenden bzw. rechtswidrigen Ergebnissen. Die vom Antragsgegner in die Eignungsebene vorverlagerte Vorentscheidung im Hinblick auf eine Zuschlagserteilung für die preislich besten Angebote eines Bieters würden gegen den Grundsatz der Transparenz, der Gleichbehandlung und des Wettbewerbsprinzips verstoßen. Zudem seien die Haushaltsgrundsätze verletzt, wenn ein Bieter bei mehreren Losen der Bestbieter ist und er allein wegen "zu kumulierenden Mindestjahresumsätzen" den Zuschlag trotz Bestgebots aufgrund der zwingend festgelegten Rangfolge nicht erhalten würde. Ein Ausschluss des Angebotes sei bei diesen intransparenten Vorgaben willkürlich und sachlich nicht gerechtfertigt.

Die Antragstellerin könne als Newcomerin am Markt teilweise keine eignungsrelevanten Nachweise im geforderten Umfang beibringen. Diese dürfe nicht zwangsläufig dazu führen, dass die Eignung einer negativen Prognose unterliege und zu einem Ausschluss vom Verfahren wegen mangelnder Eignung führe. Dies würde der grundsätzlich bestehenden Verpflichtung der Beteiligung von Newcomern konträr zuwiderlaufen. Der Auftraggeber wäre gehalten, seine entsprechenden Vergabeentscheidungen im Hinblick auf die Eignung unter Ausschöpfung aller ihm zugänglichen bzw. auf seine Anforderung beigebrachten "anderen geeignet erscheinenden Nachweisen", also unter Ausübung sachlicher Ermessenserwägungen, vorzunehmen. Dies habe er vorliegend offenkundig unterlassen. Aus diesem Ermessensnichtgebrauch folge reflexartig auch ein Verstoß gegen die Dokumentationspflicht.

Nach Durchführung der Akteneinsicht trägt die Antragstellerin vor, dass Unternehmen, die noch nicht drei volle Jahre im einschlägigen Geschäftsbereich tätig seien, die geforderten Angaben nur insoweit machen müssten, als sie verfügbar seien. Der Antragsgegner habe es unterlassen, die Angaben der Antragstellerin einer ergebnisoffenen Prüfung zu unterziehen und von dem ihm eingeräumten Ermessen keinen Gebrauch gemacht.

Bezüglich einer Prognose zur technischen Leistungsfähigkeit ließen sich keine prüfbaren Inhalte in den Dokumentationsunterlagen finden. Vorliegend fehle es ebenso an einer ermessenstragenden Prognoseentscheidung zur wirtschaftlichen und finanziellen Leistungsfähigkeit. Zudem sei weder in der Richtlinie noch in der korrespondierenden nationalen Norm konstitutiv geregelt, dass als Nachweis für die gemachten Erklärungen allein maßgeblich das vorzulegende Bilanzergebnis sei.

Die Antragstellerin beanstandet zudem erstmals mit anwaltlichem Schriftsatz vom 29.04.2020, dass

- sich in den anlässlich der Akteneinsicht zur Verfügung gestellten Vergabeunterlagen keine entsprechende Dokumentation dahin gehend befinde, dass der Antragsgegner Rücksprache bei den Referenzgebern tatsächlich vorgenommen habe,

- der Vergabevermerk erst nach Abschluss des Vergabeverfahrens und der Zuschlagserteilung vorliege und nicht fortlaufend, vollständig und zeitnah dokumentiert worden sei,

- die Dokumentation nicht den Anforderungen an die Textform genüge,

- es an einer Dokumentation hinsichtlich des Loses "Kampfmittel Sondierung und Bergung" fehle,

- widersprüchlich am 10. März 2020 von einer Nicht-Eignung ausgegangen worden sei, spätestens am 6. April 2020 jedoch zum Ausdruck gebracht worden sei, dass sich diese Einschätzung zu Gunsten einer "bedingten" Eignung geändert habe.

Im Nachgang zur mündlichen Verhandlung und auf den nachgelassenen Schriftsatz des Antragsgegners rügt die Antragstellerin mit Schriftsatz vom 10.05.2020 ergänzend, dass nicht bekannt gemachte Eignungskriterien der Eignungsprüfung zugrunde gelegt worden seien. Die Eignungsprüfung konkretisierende Anforderungen bzw. Vorgaben im Hinblick auf die technische und berufliche Leistungsfähigkeit seien nicht erkennbar gewesen. Zudem seien die bei der Antragstellerin nachweislich positiv vorhandenen Anforderungsmerkmale im Ergebnis fehlerhaft bewertet worden.

Die Dokumentation der Eignungsprüfung sei intransparent. Die Datumsangabe 09.03.2020 im Vermerk zur Eignungsprüfung ließe keinen sicheren Rückschluss darauf zu, dass die in diesem Dokument erfassten Inhalte, mit dem Ergebnis der Nicht-Eignung, tatsächlich an diesem Tag in dem niedergelegten Umfang die Grundlage der Prognoseentscheidung des Antragsgegners bildeten. Der Antragsgegner sei bei der Prüfung der technischen und beruflichen Leistungsfähigkeit entweder von unrichtigen Tatsachen ausgegangen oder habe es bewusst bzw. unbewusst unterlassen, naheliegende Nachforschungen vollständig und gewissenhaft vorzunehmen. Die Antragstellerin sei ausweislich der beigefügten Referenzbestätigung nachweislich in der Lage, die geforderten Verlegetechniken selbst zu erbringen. Dies sei auch vom Referenzgeber telefonisch bestätigt worden.

Die Eignungsprüfung sei nach Antragsgegnerhorizont am 10.03.2020 abgeschlossen gewesen. Zu diesem Zeitpunkt habe der Antragsgegner das Ermessen in Hinblick auf die von ihm zu treffende Prognoseentscheidung ausgeübt. Alle nachfolgenden Eignungsprüfungen werden als intransparent und widersprüchlich gerügt.

Die tatsächlich erfolgte Bekanntmachung der Eignungskriterien bleibe fehlerhaft. Eine Heilung der rechtswidrigen Mindestjahresumsatzthematik sei nicht möglich. Der Vergabefehler wirke sich unmittelbar darauf aus, ob das Angebot eines Bieters unter Berücksichtigung seiner angegebenen Rangfolge der Teillose überhaupt weiter am Verfahren teilnehme oder mangels Eignung auszuschließen sei. Dass die Vorgaben und deren Anwendung innerhalb der Eignungsprüfung wettbewerbswidrig seien, würden die Einlassungen der Beigeladenen belegen.

Gerügt werde ferner, dass ein Ausschluss der Beigeladen nicht geprüft worden sei. Diese habe fahrlässig oder vorsätzlich irreführende Information über die Leistungserbringung der Antragstellerin übermittelt, was einen Verstoß gegen den Vertraulichkeitsgrundsatz und das Weitergabeverbot darstelle. Das hätte die Aufhebung des Verfahrens zur Folge, da die ordnungsgemäße Vergabe in geheimen Wettbewerb nicht mehr zu gewährleisten sei. Zudem sei der Vorgang nicht dokumentiert.

Die bisherige Dokumentation des Verfahrens sei lückenhaft, nicht systematisch und nicht schlüssig, offensichtlich tauchen erstmals im Rahmen dieses Nachprüfungsverfahrens Vermerke auf, deren Inhalt die evident vergaberechtswidrigen Entscheidungen des Antragsgegners nachträglich legitimieren sollen.

Die Antragstellerin beantragt:

  1. 1.

    Das Verfahren wird auf den Zeitpunkt vor Auftragsbekanntmachung zurückversetzt.

  2. 2.

    Dem Antragsgegner wird bei fortbestehender Vergabeabsicht aufgegeben, ein ordnungsgemäßes Vergabeverfahren gemäß VOB/A EU nach Maßgabe der Rechtsauffassung der Vergabekammer durchzuführen.

  3. 3.

    Hilfsweise: Das Verfahren wird bei fortbestehender Beschaffungsabsicht auf den Zeitpunkt vor der Prüfung und Wertung der Angebote zurückversetzt, und die Eignungsprüfung sowie die Angebotswertung werden unter Beachtung der Rechtsauffassung der Vergabekammer wiederholt; äußerst hilfsweise: die Vergabekammer wirkt unabhängig von dem Haupt- und Hilfsantrag zu 3. auf die Rechtmäßigkeit des Vergabeverfahrens ein (vgl. § 168 Abs. 1 S. 2 GWB).

  4. 4.

    Der Antragstellerin wird Einsicht in die Vergabeakten des Antragsgegners gewährt.

  5. 5.

    Die Hinzuziehung eines Bevollmächtigten durch die Antragstellerin wird für notwendig erklärt.

  6. 6.

    Der Antragsgegner hat die Kosten des Verfahrens einschließlich der Kosten der zweckentsprechenden Rechtsverfolgung der Antragstellerin zu tragen.

Der Antragsgegner beantragt:

  1. 1.

    Der Nachprüfungsantrag wird als unzulässig verworfen.

    Hilfsweise: Der Nachprüfungsantrag wird zurückgewiesen.

  2. 2.

    Die Antragstellerin hat die Kosten des Verfahrens einschließlich der zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung notwendigen Aufwendungen des Antragsgegners zu tragen.

  3. 3.

    Die Hinzuziehung eines Verfahrensbevollmächtigten durch den Antragsgegner wird für notwendig erklärt.

Der Nachprüfungsantrag sei bereits unzulässig, da für die Antragstellerin in der Sache keine Rechtsverletzung erkennbar sei. Es fehle an der Antragsbefugnis nach § 160 Abs. 2 GWB. Der Vortrag der Antragstellerin sei mangels Rüge vor Ablauf der Bewerbungsfrist präkludiert. In der Sache sei der Nachprüfungsantrag unbegründet.

Die behaupteten Verstöße gegen die Eignungskriterien seien hinsichtlich der umsatzrechtlichen Anforderungen für die Antragstellerin nicht von Belang. Ebenfalls sei sie nicht durch die Begrenzung der Anzahl von einzureichenden Referenzen beschwert, da mit dem Angebot statt möglicher zwölf nur eine Referenz eingereicht worden sei. Es sei auch nicht ersichtlich, dass eine Loslimitierung bei der Zuschlagserteilung für die Antragstellerin entscheidend sei, da bereits die Eignungsprüfung negativ ausgefallen sei. Insofern würden hierzu keine Rechtsverletzungen bestehen.

Ein Nachprüfungsantrag sei unzulässig, soweit Verstöße gegen Vergabevorschriften, die aufgrund der Bekanntmachung oder erst in den Vergabeunterlagen erkennbar seien, nicht spätestens bis zum Ablauf der in der Bekanntmachung benannten Frist zur Angebotsabgabe gegenüber dem Auftraggeber gerügt worden seien. Entsprechende missverständliche Ausführungen in der Bekanntmachung und in den Vergabeunterlagen wären bis zu der benannten Angebotsfrist am xxxxxx.2020 zu rügen gewesen. Dies sei unstreitig nicht erfolgt. Die erstmals mit Stellungnahme vom 16.03.2020 im Nachprüfungsverfahren erhobene Rüge sei somit verspätet, weil die von der Antragstellerin behaupteten Vergaberechtsverstöße bereits aufgrund der Auftragsbekanntmachung und der Vergabeunterlagen erkennbar gewesen seien. Für die Erkennbarkeit eines Vergaberechtsverstoßes sei auf die Erkenntnismöglichkeit bei Anwendung der üblichen Sorgfalt abzustellen, insofern sei nicht verständlich aus welchem Grund nicht bereits vor Angebotsabgabe eine Aufklärung auch in Form von Bieterfragen erfolgt sei. Nach diesen Maßstäben seien die gerügten Aspekte erkennbar gewesen und die Rüge präkludiert.

Die Ausschreibung habe vorgesehen, dass der jeweilige Umsatz der letzten der drei abgeschlossenen Geschäftsjahre vorzulegen sei. Die angeführte Anlage habe explizit die Umsätze der Jahre 2016 bis 2018 gefordert. Es sei davon auszugehen, dass ein Teilnehmer die Auftragsbekanntmachung und Vergabeunterlagen lese und gründlich abarbeite. Die Umsatzforderung für die Jahre 2016 bis 2018 habe auffallen müssen. Der behauptete Vergaberechtsverstoß sei im Hinblick auf die letzten drei abgeschlossenen Geschäftsjahre schon frühzeitig erkennbar gewesen, ohne dass dies bis zur Angebotsabgabe gerügt worden sei.

Die Antragstellerin habe in ihrem Angebot die Anlage 001 ausgefüllt, somit seien ihr der im Hinblick auf die Umsatzerlöse behauptete Vergaberechtsverstoß sowie die Vielzahl der angeblich irritierenden Begrifflichkeiten bekannt und seien nicht bis zur Angebotsabgabe gerügt worden. Dies sei zudem ohne Belang, da die Antragstellerin unstreitig als Newcomerin zu bewerten sei.

Die Antragstellerin habe in ihrem Angebot die Anlage 003a abgegeben. Insofern habe Sie Kenntnis von der Anlage und deren Inhalt gehabt. Zudem sei auch der behauptete Vergaberechtsverstoß im Hinblick auf Begrenzungen der Referenzen je Los frühzeitig durch die Auftragsbekanntmachung und die Anlage 001 erkennbar gewesen, ohne dass dies bis zur Angebotsabgabe gerügt worden sei. Mit dem Angebot sei nur eine Referenz eingereicht worden. Ein weiterer Referenzgeber sei erst bei der Einreichung nachgeforderter Unterlagen benannt worden. Aus welchem Grund die Begrenzung auf 2 Referenzen je Los explizit ein Nachteil für die Antragstellerin gewesen sei, gerade weil mit dem Angebot nur eine Referenz benannt worden sei, erschließe sich nicht. Dieses Vorbringen könne im Nachprüfungsverfahren nicht mehr gehört werden.

Entscheidend für die Auswahl des Kriteriums Umsatzerlöse für die letzten drei abgeschlossenen Geschäftsjahre sei nicht nur die finanzielle Leistungsfähigkeit, sondern auch die wirtschaftliche Betrachtung, welche durch die dreijährige unternehmerische Tätigkeit untermauert werde. Nach Prüfung der Eignung und Beurteilung der Gesamtumstände sei die Antragstellerin für die vorliegende Tiefbaumaßnahme als Newcomerin nicht geeignet. Es seien zwei Aufträge als Referenzen benannt worden, mit denen der ausgewiesene Umsatz überwiegend erwirtschaftet worden sei. Auch der aktuelle Umsatz werde in der Hauptsache noch mit einem dieser Aufträge erwirtschaftet.

Für die Antragstellerin seien die Jahresumsatzzahlen und der geforderte vergleichbare Umsatz zur ausgeschriebenen Leistung identisch und daher eine inhaltliche Diskussion, ob der Mindestumsatz sich auf die Tätigkeit des Unternehmens insgesamt oder auf den vergleichbaren Umsatz beziehen müsse, obsolet.

Von einer Loslimitierung sei zugunsten einer Zuschlagslimitierung abgesehen worden. Maßgeblich für die Zuschlagserteilung seien der kumulierte Umsatz (2016 bis 2018) des Unternehmens und die Vorgaben der Mindestumsätze zu den jeweiligen Losen. Für den Fall, dass der kumulierte Umsatz insgesamt geringer sei als die Mindestanforderungen an den Umsatz in den jeweiligen Losen, wurde festgelegt, dass ein Bieter die priorisierten Lose seiner vorgegebenen Reihenfolge erhält, in denen sein Angebot das wirtschaftlichste sei und die Anforderungen an den durchschnittlichen Mindestumsatz noch nicht überschritten werde.

Die Antragstellerin sei als Newcomerin eingestuft und bewertet worden. Die Eignungsanforderungen seien erforderlich, da es sich um ein risikoreiches und sehr großes bzw. sehr fachspezifisches Projekt handele. Bei der Eignungsprüfung sei eine Prognoseentscheidung zu treffen, ob die Antragstellerin nach ihrer personellen, sachlichen und wirtschaftlichen Fachkunde und Leistungsfähigkeit zur Ausführung des Auftrags im Zeitpunkt der Leistungserbringung in der Lage sein wird. Diese Eignung bestehe in Bezug auf die Leistungsfähigkeit nicht, was mit dem Nichterfüllen des Kriteriums des Mindestumsatzes begründet worden sei. Zwar könne ein junges Unternehmen den Auftraggeber mit einer Liste von bisherigen Leistungen davon überzeugen, dass hinreichend Erfahrung vorhanden sei. Allerdings können erfahrene Bieter dann eine immanente Bevorzugung erfahren, wenn der unerfahrene Existenzgründer nicht imstande sei, seine Fähigkeiten durch Verweis auf Projekte zu belegen.

Die Referenzen und die Ausführungen auf der Homepage der Antragstellerin seien mit den Umsatzzahlen ausgewertet worden. Der Inhalt der Referenzen konnte nicht überzeugen. Die geforderten Erfahrungen mittels Kabelflug bzw. Fräsverfahren oder mit Horizontalspülverfahren seien auch durch Rücksprache mit den Referenzgebern nicht bestätigt worden. Auch ein ähnlicher technischer Schwierigkeitsgrad sei nicht nachgewiesen worden. Weiterhin sei im Abwägungsprozess die finanzielle Abhängigkeit über ein Großprojekt mit dem Hauptanteil des Gesamtumsatzes von den bisherigen Auftraggebern berücksichtigt worden.

Die technische Leistungsfähigkeit, speziell die erforderlichen Maschinen und Geräte für die Durchführung der geschlossenen Bauweise, sei nicht nachgewiesen. Der Fuhrpark sei nicht entsprechend ausgestattet. Ein rechtzeitiger Ankauf notwendiger Maschinen zum Ausführungsbeginn sei nicht realistisch. Eine Anmietung der erforderlichen Maschinen, aber auch die notwendige Erfahrung des Personals im Umgang mit diesen Bauverfahren, sei nicht ersichtlich. Eine Verpflichtungserklärung eines Dritten zur Überlassung sei zudem nicht beigefügt worden. Bei der Komplexität der Leistung und der Bedeutung des Vorhabens für den Auftraggeber habe die Antragstellerin hinsichtlich der notwendigen Eignung nicht überzeugen können und war frühzeitig über den Ausschluss vom weiteren Verfahren zu informieren.

Der Antragsgegner führt mit anwaltlichem Schriftsatz vom 29.04.2020 ergänzend aus, dass die vorgeblich verwirrende Vielfalt der Umsatzbegriffe einem durchschnittlich fachkundigen Bieter hätte auffallen müssen.

Geschäftsjahre müssten nicht den Kalenderjahren entsprechen, da die Unternehmen den Bilanzstichtag verhältnismäßig frei wählen könnten. Es wäre also denkbar, weiter zurückliegende Zeiträume als die letzten drei Geschäftsjahre heranzuziehen. Als abgeschlossene Geschäftsjahre wären die letzten Geschäftsjahre zugrunde zu legen, für die entsprechende Jahresabschlüsse vorlägen. Ein Geschäftsjahr könne nur mit Vorliegen der Jahresabschlüsse als abgeschlossen gelten. Die Antragstellerin dürfte noch keinen entsprechenden Jahresabschluss für das Geschäftsjahr 2019 vorliegen haben.

Für eine Bewertung der Leistungsfähigkeit, etwa anhand von Mindestkriterien, könne einer potentiellen Ungleichbehandlung nur begegnet werden, indem ein maßgeblicher Zeitraum angegeben wird, in dem sicher von drei abgeschlossenen Geschäftsjahren ausgegangen werden könne. Angaben für das Jahr 2020 könnten sich nicht auf ein abgeschlossenes Geschäftsjahr beziehen.

Es sei unzutreffend, dass die Auftragsbekanntmachung wegen der umsatzbezogenen Mindestvorgaben widersprüchlich und intransparent sei. Mit den Ausführungen der Bekanntmachung sei klargestellt, dass für alle Fragen im Zusammenhang mit umsatzbezogenen Mindestanforderungen ausschließlich der Mindestjahresumsatz maßgeblich sei. Inhaltlich werde als Mindestbedingung der Mindestjahresumsatz in dem vom Auftrag abgedeckten Bereich zur Voraussetzung der Auftragserteilung gemacht, insofern könne ein Mindestjahresumsatz aus vergleichbarer Tätigkeit herangezogen werden.

Beim durchschnittlichen Mindestumsatz, anhand dessen die Erreichung der Mindestvorgaben bemessen werde, handele es um eine gängige Berechnung, die aufgrund alltäglicher Verwendung keiner näheren Erläuterung bedürfe. Die Bezugsgröße der Durchschnittsberechnung sei mit den Jahren 2016 bis 2018 vor- und damit angegeben. Zudem sei der Durchschnitt eine newcomerfreundliche Variante der Ermittlung von umsatzbezogenen Mindestanforderungen, ein kumulierter Jahresumsatz könne den strukturellen Nachteil haben, nicht die vollen drei Geschäftsjahre in eine Betrachtung einbringen zu können.

Der Antragsgegner habe seine Prognoseentscheidung über die Eignung der Antragstellerin und deren Ausschluss vergaberechtskonform getroffen. Um die Antragstellerin in ihrer Eignung zuzulassen, wären weitreichende Modifikationen der bekannt gemachten, zulässigen Angaben erforderlich gewesen, bei denen dann ein potenziell anderer Bieterkreis zu erwarten gewesen wäre.

Die Antragstellerin als neu gegründetes Unternehmen sei aus dem Vergabeverfahren auszuschließen, wenn sie die erforderliche Eignung nicht vorweisen könne. Sie sei hier auch nicht ausgeschlossen worden, weil sie erst seit 2018 existiere, vielmehr sei der Ausschluss damit begründet, dass die erforderliche Eignung fehle. Zudem habe sie auch keine anderen, geeigneten Nachweise eingereicht, die die Eignung hinreichend belegen würden und sei somit ihrer notwendigen Mitwirkungsobliegenheit nicht nachgekommen. Sie hätte dem Auftraggeber innerhalb der Vorlagefrist Gründe darzulegen, dass Nachweise aus stichhaltigen Gründen nicht erbracht werden können und daher ein alternativer, geeigneter Nachweis erbracht werden solle. Ein Auftraggeber sei nicht gehalten auf diese Möglichkeit hinzuweisen.

Im Rahmen des in der Verhandlung gewährten Schriftsatznachlasses trägt der Antragsgegner ergänzend schriftlich vor, dass er mit der Eignungsprüfung der Antragstellerin am 09.03.2020 eine umfassende, erschöpfende und abschließende Überprüfung der Angaben der Antragstellerin vorgenommen habe. Er habe sich ausweislich des vorgelegten Vermerkes vom 09.03.2020 intensiv mit der zu klärenden Frage auseinandergesetzt, ob die Antragstellerin auf der Grundlage ihrer Referenzlage tatsächlich in der Lage sei, den Auftrag auszuführen und berücksichtige auch die Frage einer Eignungsleihe. Er käme dabei zu dem Ergebnis, dass die Antragstellerin keine im Rahmen der Auftragsbekanntmachung geforderte "einschlägige Referenz" habe beifügen können.

Irreführend sei zudem die Ansicht der Antragstellerin, dass nur, weil bezüglich der Referenzen das Jahr 2019 in der Auftragsbekanntmachung einbezogen wurde, dies auch für die abgeschlossenen Geschäftsjahre hätte gelten müssen.

Als weitere Anlage ist dem Schriftsatz ein Gesprächsvermerk mit dem Referenzgeber angefügt, dessen Gesprächsergebnis in den Kontext der Eignungsprüfung eingehe. Der Antragsgegner käme durch die Nachfrage zu keinem anderen Ergebnis hinsichtlich der Eignungsprüfung. Zudem sei ein Gesprächsvermerk zu der Beigeladenen angefügt, der belege, dass kein Vertraulichkeitsbruch zu Lasten des Antragsgegners vorliege, da der Impuls und die Information zu der Referenz der Antragstellerin über die Beigeladene gekommen sei.

Die Beigeladene hat keine eigenen Anträge gestellt. Sie unterstützt das Vorbringen des Antragsgegners.

Die Vergabekammer hat die Frist zur Entscheidung mit Verfügung vom 05.05.2020 bis zum 19.05.2020 verlängert.

Wegen des übrigen Sachverhalts wird auf die Schriftsätze der Beteiligten, die Vergabeakte und das Protokoll über die mündliche Verhandlung vom 04.05.2020 Bezug genommen.

II.

Der Nachprüfungsantrag ist zulässig und begründet. Der Antragsgegner war weder gehalten noch berechtigt, das Angebot der Antragstellerin bereits deshalb aufgrund vermeintlich nicht nachgewiesener Eignung gemäß § 6 EU VOB/A auszuschließen, weil die Antragstellerin ihre Geschäftstätigkeit erst in 2018 begonnen hat und deshalb nicht - wie in der Bekanntmachung gefordert - den Umsatz von drei abgeschlossenen Geschäftsjahren angeben konnte. Die Antragstellerin durfte angesichts der vom Antragsgegner verwendeten Formulierungen der Teilnahmebedingungen unter Abschnitt IM, Ziffer III.1.2 der Bekanntmachung davon ausgehen, dass auch der Umsatz des für sie abgeschlossenen Kalenderjahres 2019 angegeben werden durfte und bei der Eignungsprüfung berücksichtigt wird. Die in der Vergabeakte dokumentierte Prüfung der Eignung der Antragstellerin - insbesondere auch hinsichtlich der von dieser beigebrachten Referenz - genügt weder den Anforderungen des § 16b EU VOB/A noch den Anforderungen an die Dokumentation des Vergabeverfahrens gemäß § 20 EU VOB/A und § 8 VgV.

1. Der Nachprüfungsantrag ist zulässig. Bei dem Antragsgegner handelt es sich um einen öffentlichen Auftraggeber i. S. d. § 99 Nr. 1 GWB. Der streitbefangene Auftrag übersteigt auch den für die Zuständigkeit der Vergabekammer maßgeblichen Schwellenwert gemäß § 106 Abs. 1 GWB. Danach gilt der 4. Teil des GWB nur für solche Aufträge, deren geschätzter Auftrags- oder Vertragswert ohne Umsatzsteuer die jeweiligen Schwellenwerte erreicht oder überschreitet, die nach den EU-Richtlinien festgelegt sind.

Bei den ausgeschriebenen Leistungen handelt es sich um einen Bauauftrag i. S. des § 103 Abs. 3 GWB, für den gemäß § 106 Abs. 2 Nr. 1 GWB i. V. m. Art. 4 der Richtlinie 2014/24/EU in der seit 01.01.2020 geltenden Fassung zum Zeitpunkt der hier streitbefangenen Auftragsvergabe ein Schwellenwert von 5.350.000 € gilt. Die vom Antragsgegner geschätzten Kosten sowohl für den Gesamtauftrag als auch bereits für das vorliegend verfahrensgegenständliche Los 3 übersteigen diesen Schwellenwert deutlich (vgl. undatierter Vermerk zur Dokumentation des Vergabeverfahrens, Seite 1, unter Hinweis auf die Kostenschätzung des beauftragten Ingenieurbüros vom 05.12.2020).

Die Antragstellerin ist auch gemäß § 160 Abs. 2 GWB antragsbefugt, da sie ein Interesse am Auftrag hat und die Verletzung von Rechten durch die Nichtbeachtung von Vergabevorschriften geltend macht, indem sie beanstandet, dass der Antragsgegner ihr Angebot zu Unrecht wegen vermeintlich fehlender Eignung gemäß § 6 EU VOB/A ausgeschlossen hat. Die Vorgabe, den durchschnittlichen Mindestumsatz aus den Jahren 2016 bis 2018 für den vom Auftrag abgedeckten Bereich anzugeben, verstoße gegen Art. 58, Art 60 der Richtlinie 2014/24 EU i. V. m. Anlage XII. Als ausreichender aber auch erforderlicher Nachweis der Eignung für die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit werde der Umsatz für den Gegenstand der Ausschreibung höchstens in den letzten drei Geschäftsjahren ab Tätigkeitsaufnahme angesehen, sofern entsprechende Angaben verfügbar seien. Folglich dürften Erklärungen über den Gesamtumsatz höchstens für den Zeitraum 2017, 2018 und 2019 von den Bietern gefordert werden.

Unternehmen, die noch nicht drei volle Jahre im einschlägigen Geschäftsbereich tätig seien, müssten die geforderten Angaben nur insoweit machen, als sie verfügbar seien. Der Antragsgegner habe es unterlassen, die Angaben der Antragstellerin einer ergebnisoffenen Prüfung zu unterziehen und von dem ihm eingeräumten Ermessen keinen Gebrauch gemacht.

Bezüglich einer Prognose zur technischen Leistungsfähigkeit ließen sich keine prüfbaren Inhalte in den Dokumentationsunterlagen finden. Vorliegend fehle es ebenso an einer ermessenstragenden Prognoseentscheidung zur wirtschaftlichen und finanziellen Leistungsfähigkeit.

Zudem seien die Angaben in der Auftragsbekanntmachung und den Vergabeunterlagen intransparent, da sie unklar, nicht eindeutig und nicht nachvollziehbar seien. Die Verwendung von verschiedenen Formulierungen zum "Mindestjahresumsatz" würde gegen den Transparenzgrundsatz und die Widerspruchsfreiheit verstoßen.

Voraussetzung für die Antragsbefugnis nach § 160 Abs. 2 GWB ist, dass das Antrag stellende Unternehmen einen durch die behauptete Rechtsverletzung entstandenen oder drohenden Schaden darlegt. Das bedeutet, dass der Antragsteller diejenigen Umstände aufzeigen muss, aus denen sich schlüssig die Möglichkeit eines solchen Schadens ergibt (vgl. Boesen, Vergaberecht, § 107 GWB, Rn. 52). Nach herrschender Meinung und Rechtsprechung sind an diese Voraussetzungen keine allzu hohen Anforderungen zu stellen. Es genügt für die Zulässigkeit eines Nachprüfungsantrags, wenn der Bieter schlüssig einen durch die behauptete Rechtsverletzung drohenden oder eingetretenen Schaden behauptet, also darlegt, dass durch den behaupteten Vergaberechtsverstoß seine Chancen auf den Zuschlag zumindest verschlechtert sein können (BVerfG, Urteil vom 29.07.2004 - 2 BvR 2248/04; Möllenkamp in: Kulartz/Kus/Portz, GWB-Vergaberecht, § 107, Rn. 35 ff.). Ob tatsächlich der vom Bieter behauptete Schaden droht, ist eine Frage der Begründetheit (vgl. BGH, Beschluss vom 29.06.2006 - X ZB 14/06, zitiert nach VERIS). Die Antragstellerin hat eine mögliche Beeinträchtigung ihrer Chancen auf den Zuschlag und damit einen möglichen Schaden schlüssig dargelegt.

Die Antragstellerin hat auch ihrer Pflicht genügt, die geltend gemachten Verstöße gegen die Vergaberechtsvorschriften gemäß § 160 Abs. 3 Satz 1 GWB vor Einreichen des Nachprüfungsantrags rechtzeitig zu rügen.

Gemäß § 160 Abs. 3 Satz 1 Nr.1 GWB muss der Bieter einen geltend gemachten Verstoß vor Einreichen des Nachprüfungsantrags innerhalb einer Frist von zehn Kalendertagen nach positiver Kenntniserlangung gegenüber dem Auftraggeber rügen. Bei der Vorschrift des § 160 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 GWB handelt es sich um eine Präklusionsregel unter dem Gesichtspunkt von Treu und Glauben. Der Bieter soll Vergabefehler nicht auf Vorrat sammeln. Die Rügepflicht gemäß § 160 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 GWB entsteht, sobald ein Bieter oder Bewerber im Vergabeverfahren einen vermeintlichen Fehler erkennt. Vorausgesetzt ist die positive Kenntnis des Bieters von den Tatsachen.

Der Antragsgegner hat der Antragstellerin mit Absageschreiben vom 10.03.2020 (Formblatt 332 VHB-Bund) mitgeteilt, dass ihr Angebot nicht berücksichtigt werden könne, weil begründete Zweifel im Hinblick auf die Leistungsfähigkeit bestehen. Die Antragstellerin erfülle die Anforderungen an das Kriterium Mindestumsatz nicht.

Die Antragstellerin hat daraufhin mit Schreiben vom 16.03.2020 und damit rechtzeitig ihren Ausschluss vom Vergabeverfahren gerügt. Sie beanstandete insbesondere Verstöße gegen § 6a EU Nr. 2c Satz 2, Satz 3 VOB/A sowie gegen den Newcomer-Schutz und den Schutz von KMU. Zudem sei die rechtswidrige Beschränkung der Anzahl der Referenzen ein Verstoß gegen das Wettbewerbsprinzip gemäß § 97 Abs. 1 GWB. Außerdem würden die unklaren, nicht eindeutigen, nicht nachvollziehbaren, somit intransparenten Angaben in der Auftragsbekanntmachung und den Vergabeunterlagen gegen § 97 Abs. 1 GWB verstoßen. Ferner verstoße der Ermessensnichtgebrauch gegen § 6a EU Nr. 2 Satz 2 VOB/A.

Der Zulässigkeit des Nachprüfungsantrags steht aufgrund der vom Antragsgegner verwendeten, widersprüchlichen Formulierungen im Hinblick auf die Umsatzangaben vorliegend auch kein Rügeversäumnis der Antragstellerin gemäß § 160 Abs. 3 Satz 1 Nrn. 2 und 3 GWB entgegen.

Gemäß § 160 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 und Nr. 3 GWB müssen Verstöße gegen Vergabevorschriften, die in der Bekanntmachung oder in den Vergabeunterlagen erkennbar sind, spätestens bis zum Ablauf der Frist zur Bewerbung oder zur Angebotsabgabe gegenüber dem Auftraggeber gerügt werden. Bei der Feststellung der Erkennbarkeit wird nach herrschender Meinung auf einen objektiven Maßstab abgestellt. Beim Maßstab der Erkennbarkeit ist nicht auf den Vergaberechtsexperten, sondern auf diejenigen abzustellen, die Adressaten der Bekanntmachung sind, nämlich die fachkundigen Bieter; diese prägen den objektiven Empfängerhorizont, aus dem die Erkennbarkeit zu beurteilen ist (vgl. OLG Celle, Beschluss v. 03.07.2018 - Verg 2/18; VK Lüneburg, Beschl. v. 14.05.2018 - VgK-11/2018; Hofmann in Müller-Wrede, GWB Vergaberecht, § 160, Rn. 70, m. w. N.). Diese Auffassung hat auch der BGH in seinem Urteil vom 03.04.2012 bestätigt. Dort hat der BGH ausgeführt: "Dafür, ob die in vorformulierten Vergabeunterlagen vorgesehenen Erklärungen diesen Anforderungen genügen, ist der objektive Empfängerhorizont der potenziellen Bieter, also eines abstrakt bestimmten Adressatenkreises, maßgeblich" (vgl. BGH-Urteil vom 03.04.2012, X ZR 130/10). In dem dort zu beurteilenden Einzelfall hat der BGH tatsächlich missverständliche, unklare Formulierungen gesehen.

Unter Berücksichtigung dieses zutreffenden Maßstabs mussten im vorliegenden Vergabeverfahren fachkundige Bieter und damit auch die Antragstellerin aus den in Abschnitt III unter III.1.2 geforderten Angaben und Nachweisen zur wirtschaftlichen und finanziellen Leistungsfähigkeit nicht erkennen, dass der Antragsgegner nur Angebote von Unternehmen akzeptieren würde, die Umsatzzahlen für die Geschäftsjahre 2016, 2017 und 2018 einreichen und dass Umsatzangaben für das Geschäftsjahr 2019 unberücksichtigt bleiben.

Der Antragsgegner hatte ausdrücklich "Angaben zum Gesamtumsatz in den letzten 3 abgeschlossenen Geschäftsjahren" sowie "Angaben zum vergleichbaren Umsatz in den letzten 3 abgeschlossenen Geschäftsjahren, soweit er Bauleistungen und andere Leistungen betrifft, die mit der zu vergebenden Leistung vergleichbar sind (§ 6a EU Nr. 2 Abs. 1 c) Satz 2 VOB-A)". Diese Angaben waren (nur)

"auf bes. Anforderung ggf. nachzuweisen z.B. durch Auszüge aus den Geschäftsberichten".

Daraus folgt aus der Sicht eines verständigen Bieters nicht zwingend, dass der Antragsgegner von vornherein davon ausgegangen ist, dass das Geschäftsjahr 2019 noch nicht als abgeschlossen betrachtet werden kann, weil mit Ablauf der Angebotsfrist xxxxxx.2020 für die meisten Unternehmen die entsprechenden Bilanzen noch nicht vorliegen. Auch die Beigeladene hat in der mündlichen Verhandlung vor der Vergabekammer angegeben, dass sie ursprünglich ihrem Angebot die Umsatzangaben für das Geschäftsjahr 2019 beigefügt hatte.

Erst mit der den Vergabeunterlagen beigefügten Anlage 001 wurden die Bieter durch den Antragsgegner aufgefordert, einen "durchschnittlichen Mindestumsatz, ermittelt aus den Jahren 2016 - 2018, für den vom Auftrag abgedeckten Bereich" anzugeben.

Abgesehen davon, dass es einen "durchschnittlichen Mindestumsatz" schon begrifflich nicht gibt (gemeint war offenbar ein durchschnittlicher Umsatz im vom Auftrag abgedeckten Bereich im Sinne des § 6a EU Nr. 2 Satz 1c Satz 2 VOB/A), konnte die Antragstellerin allenfalls erst aus einem Vergleich der Vergabeunterlagen mit dem Text der Bekanntmachung erkennen, dass sie als Newcomerin voraussichtlich nicht die Eignungsanforderungen des Antragsgegners erfüllen kann. Der öffentliche Auftraggeber ist im Hinblick auf die bereits in der Bekanntmachung festzulegenden Eignungsanforderungen jedoch an seine europaweit bekannt gemachten Vorgaben gebunden. Die am Auftrag interessierten Unternehmen dürfen davon ausgehen, dass die in der Bekanntmachung formulierten Anforderungen maßgeblich sind (VK Westfalen, Beschluss vom 15.11.2019 - VK 2-30/19 - zitiert nach ibr-online).

Erst recht musste die Antragstellerin nicht erkennen, dass der Antragsgegner möglicherweise Angebote von Bietern, die erst kurzfristig am Markt sind und nicht mindestens drei Geschäftsjahre vorweisen können, von vornherein nicht berücksichtigen wollte oder das Eignungsanforderungen, die von vornherein zum Ausschluss von Newcomern führen, vergaberechtswidrig sein können und deshalb bis zum Ablauf der Angebotsfrist unter der Bewerbungsfrist gegenüber dem Auftraggeber gemäß § 160 Abs. 3 Satz 1 Nr. 3 und 4 GWB gerügt werden müssen.

Der Nachprüfungsantrag ist somit zulässig.

Der Nachprüfungsantrag ist auch begründet. Die Antragstellerin ist durch den Ausschluss ihres Angebotes in ihren Rechten gemäß § 97 Abs. 7 GWB verletzt. Die in der Vergabeakte dokumentierte Prüfung der Eignung der Antragstellerin trägt nicht die Entscheidung des Antragsgegners, das Angebot der Antragstellerin bei der Ermittlung des wirtschaftlichsten Angebots nicht zu berücksichtigen. Sie genügt so weder den Anforderungen an die Eignungsprüfung gemäß § 16b EU VOB/A noch den Anforderungen an eine ordnungsgemäße Dokumentation gemäß § 20 EU VOB/A. Dies gilt sowohl im Hinblick auf die Prüfung der Umsatzangaben, die die Antragstellerin als 2018 gegründetes Unternehmen logischerweise nicht für drei abgeschlossene Geschäftsjahre beibringen konnte (im Folgenden a) als auch für die Überprüfung und Bewertung der vom Antragsgegner geforderten und von der Antragstellerin mit dem Angebot benannten Referenzleistung (im Folgenden b).

a. Der Antragsgegner war weder gehalten noch berechtigt, das Angebot der Antragstellern bereits deshalb aufgrund vermeintlich nicht nachgewiesener Eignung gemäß § 6 EU VOB/A auszuschließen, weil die Antragstellerin ihre Geschäftstätigkeit erst in 2018 begonnen hat und deshalb nicht - wie in der Bekanntmachung gefordert - den Umsatz von drei abgeschlossenen Geschäftsjahren angeben konnte.

Gemäß § 122 Abs. 4 Satz 2 GWB sind die Eignungskriterien in der Auftragsbekanntmachung, der Vorinformation oder der Aufforderung zur Interessensbestätigung aufzuführen. Diese Regelung ist Ausfluss des vergaberechtlichen Transparenzgebotes gemäß § 97 Abs. 1 GWB (Hausmann/von Hoff in: Kulartz/Kus/Portz/Prieß, GWB-Vergaberecht, 4. Aufl., § 123 GWB, Rn. 42). Die früher häufig angewandte Praxis, die Eignungskriterien erst in Vergabeunterlagen mitzuteilen, ist damit nicht mehr zulässig. Mit dieser Regelung geht einher, dass die Eignungskriterien in der Bekanntmachung eindeutig und abschließend beschrieben sein müssen. Für die Bekanntgabe der Eignungskriterien genügt daher ein bloßer Verweis auf § 122 Abs. 2 Satz 2 GWB ebenso wenig, wie für die Bekanntgabe der Eignungsnachweise ein bloßer Verweis auf die Nachweisvorschriften der Vergabeordnungen genügt (OLG Frankfurt am Main, Beschluss vom 16.02.2015-11 Verg 11/14). Gleiches gilt für einen Verweis auf ergänzende Unterlagen oder Formblätter, die erst auf Anfrage zugesendet werden (OLG Celle, Beschluss vom 24.04.2014 -13 Verg 2/14 = IBR 2014, Seite 435; OLG Düsseldorf, Beschluss vom 22.01.2014 - VII Verg 26/13 = NZBau 2014, Seite 371). Der (potentielle) Bieter und Bewerber soll sich bereits aufgrund der Bekanntmachung überlegen können, ob er die festgelegten Eignungskriterien erfüllen kann.

Es ist daher grundsätzlich nicht zu beanstanden, dass der Antragsgegner die Bieter in Abschnitt III unter Punkt III.1.2 Abs. 3 und 4 der Bekanntmachung aufgefordert hat, zum Nachweis der wirtschaftlichen und finanziellen Leistungsfähigkeit Angaben zum Gesamtumsatz in den letzten 3 abgeschlossenen Geschäftsjahren und Angaben zum vergleichbaren Umsatz in den letzten 3 abgeschlossenen Geschäftsjahre einzureichen, soweit der Umsatz Bauleistungen und andere Leistungen betrifft, die mit der zu vergebenden Leistung vergleichbar sind; unter Einschluss des Anteils bei gemeinsam mit anderen Unternehmen ausgeführten Aufträgen. Gemäß § 45 Abs. 1 Nr. 1 VgV kann der öffentliche Auftraggeber im Hinblick auf die wirtschaftliche und finanzielle Leistungsfähigkeit verlangen, dass die Bewerber oder Bieter einen bestimmten Mindestjahresumsatz, einschließlich eines bestimmten Mindestjahresumsatz in dem Tätigkeitsbereich des Auftrags, erzielen, der gemäß Abs. 2 dieser Vorschrift das Zweifache des geschätzten Auftragswertes nur überschreiten darf, wenn aufgrund der Art des Auftragsgegenstands spezielle Risiken bestehen. Gemäß § 45 Abs. 4 Nr. 4 VgV darf der Auftraggeber eine Erklärung über den Gesamtumsatz und gegebenenfalls den Umsatz in dem Tätigkeitsbereich des Auftrags höchstens für die letzten 3 Geschäftsjahre verlangen, sofern entsprechende Angaben verfügbar sind. Dieser Regelung entspricht § 6a EU Nr. 2 c VOB/A. Danach kann eine Erklärung über den Umsatz des Unternehmens jeweils bezogen auf die letzten 3 abgeschlossenen Geschäftsjahre verlangt werden, sofern er Bauleistungen und andere Leistungen betrifft, die mit der zu vergebenden Leistung vergleichbar sind; unter Einschluss des Anteils bei gemeinsam mit anderen Unternehmen ausgeführten Aufträgen.

Der öffentliche Auftraggeber kann auch danach von den Unternehmen insbesondere verlangen, einen bestimmten Mindestjahresumsatz, einschließlich eines Mindestumsatzes in dem von Auftrag abgedeckten Bereich, nachzuweisen. Der geforderte Mindestumsatz darf auch hier das Zweifache des geschätzten Auftragswertes nur in hinreichend begründeten Fällen übersteigen. Die Gründe sind dann in den Vergabeunterlagen oder in dem Vergabevermerk gemäß § 20 EG VOB/A anzugeben. Abgesehen von der nunmehr durch die VOB 2016 ausdrücklich geregelten grundsätzlichen Zulässigkeit der Forderung eines - auftragsspezifischen - Mindestumsatzes in Höhe bis zum Zweifachen des geschätzten Auftragswertes ist allerdings zu berücksichtigen, dass öffentliche Auftraggeber bei EU-Vergaben nur mit deutlicher Zurückhaltung von dieser Möglichkeit Gebrauch machen sollten. Denn die Forderung eines allgemeinen Mindestumsatzes muss auch mit der Vorgabe des § 6 Abs. 2 Satz 3 VOB/A bzw. des Art. 58 Absatz 1 Satz 4 der Richtlinie 2014/24/EU in Einklang zu bringen sein, wonach die an der Eignung gestellten Mindestanforderungen mit dem Auftragsgegenstand in sachlichem Zusammenhang stehen und ihm angemessen sein müssen (Schranner in: Ingenstau/Korbion, VOB/A, 20. Aufl., § 6a VOB/A, Rn. 17).

Aber auch unter Berücksichtigung dieser Regelungen ist die Festlegung des geforderten spezifischen, losbezogenen Mindestjahresumsatzes, der für das hier verfahrensgegenständliche Teillos 3 auf xxxxxx € jährlich festgesetzt wurde, nicht zu beanstanden.

Zu beanstanden ist jedoch, dass der Antragsgegner der Antragstellerin ausweislich der Dokumentation in der Vergabeakte die Eignung allein mit der Begründung abgesprochen hat, dass die Antragstellerin keine Angaben zu 3 abgeschlossenen Geschäftsjahren gemacht hat, was ihm aufgrund der Tatsache, dass es sich um ein erst 2018 neu gegründetes Unternehmen handelt, ohnehin nicht möglich war und darüber hinaus auch noch die von der Antragstellerin angegebenen Umsatzzahlen für das für sie abgeschlossene Geschäftsjahr 2019 gar nicht berücksichtigt hat.

Die Nachweispflicht darf regelmäßig nicht von vornherein zum Ausschluss von Newcomern führen - es sei denn, der öffentliche Auftraggeber kann dies mit den besonderen Anforderungen des Auftragsgegenstandes begründen. Er ist nur dann berechtigt, den Marktzutritt für Newcomer durch entsprechende Vorgaben in den Vergabeunterlagen zu erschweren, wenn aufgrund der Komplexität und der Schwierigkeit der Leistung erschwerte Festlegungen notwendig sind, wonach Bieter zur Eignungsprüfung eine längerfristige Tätigkeit am Markt und insbesondere der gleich mehrmaligen erfolgreichen Ausführungen vergleichbarer Leistungen nachweisen müssen.

Eine derartige Begründung enthält die Dokumentation in der Vergabeakte nicht. Vielmehr ist vorliegend zu berücksichtigen, dass der Auftragsgegenstand Leistungen zur Errichtung eines passiven Breitbandnetzes betrifft und damit einen Bereich, der erst aufgrund der Förderprogramme des Bundes und der Länder und gerade erst in den letzten Jahren seine gewachsene Bedeutung auch im öffentlichen Auftragswesen entfaltet hat. Es würde deshalb zu sachlich ungerechtfertigten und zudem dem Interesse an einer wirtschaftlichen Beschaffung völlig unzweckmäßigen Wettbewerbsbeschränkungen führen, wenn öffentliche Auftraggeber für Bau- und Dienstleistungen zur Errichtung eines Breitbandnetzes nur auf solche Unternehmen zurückgreifen würden, die mit derartigen Leistungen "von Anfang an" am Markt sind.

Closed-shop-Verfahren, exklusiv für die etablierten Bieterkreise, würden Newcomern keinerlei Chancen auf den Zuschlag einräumen und wären daher mit dem Wettbewerbsprinzip nicht vereinbar (BayObLG, Beschluss vom 09.03.2004 - Verg 20/03 = GbR 2004, Seite 273). Aus Gründen des fairen Wettbewerbs und der Gleichbehandlung wird daher bei Newcomern zu Recht gefordert, regelmäßig die Umsatzzahlen ab Beginn der Geschäftstätigkeit für berücksichtigungsfähig zu halten (OLG Koblenz, Beschluss vom 25.09.2012, 1 Verg 5/12 = NZBau 2013, S. 63; Tomerius in: Pünder/ Schellenberg, Vergaberecht, 3. Aufl., § 45 VgV, Rn. 14). Unternehmen, die noch nicht volle drei Jahre in dem einschlägigen Bereich tätig sind, müssen die geforderten Angaben daher nur insoweit machen, als sie verfügbar sind. Es obliegt dann dem Antragsgegner, ergebnisoffen zu prüfen, ob diese Angaben - allein oder in Verbindung mit anderen Informationen - für die Bejahung der wirtschaftlichen und finanziellen Leistungsfähigkeit ausreichen (Summa in: Heiermann/Zeiss/Summa, juris BK-Vergaberecht, 5. Aufl., Stand: 2020, § 6a EU VOB/A, Rn. 40).

Die Regelung des § 6a EU Nr. 2 c VOB A ist daher richtlinienkonform entsprechend dahin gehend auszulegen, dass Newcomem, die noch nicht drei abgeschlossene Geschäftsjahre vorweisen können, nicht alleine deshalb die Eignung nach §§ 6 EU, 16 b VOB/A abgesprochen werden darf (Mager in: Beck'scher Vergaberechts-Kommentar, 3. Aufl., § 45 VgV, Rn. 33).

Der Antragsgegner hat zudem auch keinen Gebrauch von der durch § 6a EU Nummer 2 Satz 2 VOB/A und § 40 Abs. 5 VgV eingeräumten Möglichkeit gemacht, zugunsten der Antragstellerin erscheinende Nachweise der wirtschaftlichen und Leistungsfähigkeit zuzulassen, wenn er feststellt, dass stichhaltige Gründe dafür bestehen. Nach diesen Regelungen können statt der geforderten Eignungsnachweise andere Nachweise erbracht werden, wenn Unternehmen aus berechtigtem Grund die geforderten Nachweise nicht beibringen kann und der Auftraggeber die stattdessen erbrachten Belege für geeignet erachtet. Bei dieser Regelung handelt es sich um eine Härtefallregelung, mit der eine unnötige Beschränkung des Teilnehmerkreises verhindert werden soll (Hausmann/von Hoff in: Kulartz/Kus/Marx/Portz/Prieß, VgV, § 45, Rn. 22). Zwar ist dabei zu berücksichtigen, dass Abweichungen von den ursprünglich bekannt gemachten Anforderungen im Spannungsverhältnis Transparenzgrundsatz und zum Gleichbehandlungsgebot stehen. Es darf jedoch auch kein überzogener Maßstab das Vorliegen eines "berechtigten Grundes" angelegt werden. Analog zu der zum "stichhaltigen Grund "ergangenen Rechtsprechung sind "berechtigte Gründe" solche, die zwar nicht unbedingt zwingend sind, aber zumindest einleuchten (VK Bund, Beschluss vom 13.06.2007 - VK 2-51/07). Ein derartiger berechtigter Grund kann beispielsweise auch dann vorliegen, wenn ein Unternehmen einen bestimmten Nachweis nicht vorlegen kann, weil es sich um ein gerade erst gegründetes Unternehmen handelt (Begründung VgV, Fassung Kabinett 20.01.2016, § 45, Seite 202; Hausmann/von Hoff, a. A. O., Rn. 24).

Der Antragsgegner ist daher gehalten, das Vergabeverfahren in das Stadium vor Durchführung der Eignungsprüfung zurückzuversetzen, die Eignungsprüfung zu wiederholen, bei der Prüfung im Falle der Antragstellerin die Umsätze der von ihr tatsächlich abgeschlossenen Geschäftsjahre 2018 und 2019 zu Grunde zu legen sowie Prüfung und Ergebnis in einer den Anforderungen des § 20 EU VOB/A und § 8 VgV genügenden Weise in der Vergabeakte zu dokumentieren.

b. Auch die Überprüfung und Bewertung der vom Antragsgegner geforderten und von der Antragstellerin mit dem Angebot benannten Referenzleistung genügt so weder den Anforderungen an die Eignungsprüfung gemäß § 16b EU VOB/A noch den Anforderungen an eine ordnungsgemäße Dokumentation gemäß § 20 EU VOB/A.

Zwar kommt dem öffentlichen Auftraggeber bei der Prüfung der Eignung eines Bieters grundsätzlich ein weiter Beurteilungsspielraum zu, der der Überprüfung durch die Nachprüfungsinstanzen weitgehend entzogen ist. Das gilt namentlich für die Überprüfung von Referenzen und die Beurteilung von deren Vergleichbarkeit (OLG Düsseldorf, Beschl. v. 09.06.2010 - Verg 14/10; OLG München, Beschl. v, 12.11.2012 - Verg 23/12; Müller-Wrede/Schwabe, VOL, 4. Aufl., § 15 EG, Rn. 62). Der Auftraggeber ist aber an die von ihm selbst aufgestellten und bekannt gegebenen Anforderungen gebunden (vgl. OLG Frankfurt, Beschluss vom 08.04.2014 -11 Verg 1/14).

Die Überprüfung der Vergleichbarkeit durch die Nachprüfungsinstanzen ist darauf beschränkt, ob der der Eignungsprüfung zugrunde gelegte Sachverhalt zutreffend und vollständig ermittelt und bei der Eignungsprüfung berücksichtigt worden ist, sowie allgemeine Bewertungsmaßstäbe eingehalten worden sind und sachwidrige Erwägungen dabei keine Rolle gespielt haben. Referenzen müssen aber nicht mit dem Ausschreibungsgegenstand identisch sein. Vielmehr wäre es im Hinblick auf den Wettbewerbsgrundsatz nicht mehr hinnehmbar, wenn der Auftraggeber die Angabe identischer Leistungen verlangen würde. Vergleichbarkeit erfordert nicht die Angabe einer identischen Leistung. Es genügt vielmehr, wenn die Referenzleistungen dem zu vergebenden Auftrag nahekommen (vgl. OLG Frankfurt a. Main, Beschluss vom 24.10.2006 -11 Verg 8/06 = NZBau 2007, S. 468 ff., 469). Dafür müssen die Referenzen aber einen tragfähigen Rückschluss auf die Leistungsfähigkeit des Unternehmens in Bezug auf den zu vergebenden Auftrag eröffnen (vgl. Müller-Wrede, VOL/A, 4. Auflage, § 7 EG, Rn. 58, m. w. N.). Es reicht - grundsätzlich - aus, wenn sie ihm nahekommen oder ähneln und einen tragfähigen Rückschluss auf die Leistungsfähigkeit des Bieters für die ausgeschriebene Leistung ermöglichen (vgl. VK Bund, Beschluss vom 30.05.2017 - VK 2-46/17, zitiert nach ibr-online). Der Auftraggeber ist aber an die von ihm selbst aufgestellten und bekannt gegebenen Anforderungen gebunden und darf hiervon nicht nachträglich zugunsten einzelner Bieter abweichen, indem er bei der Eignungsprüfung oder der Wertung von Teilnahmeanträgen an die Eignung höhere oder geringere als die allgemein bekannt gemachten Anforderungen stellt. Fordert er ausdrücklich Referenzen über Aufträge "vergleichbarer Art und Größe", so darf er wegen des Gebots der Gleichbehandlung und der Transparenz nur solche Referenzen berücksichtigen, die vergleichbare Leistungen nachweisen (OLG Frankfurt, Beschluss vom 08.04.2014 -11 Verg 1/14; OLG Koblenz, Beschl. v. 13.06.2012 -1 Verg 2/12; KG, Beschl. v. 21.2.2009 - 2 Verg 11/09 -jeweils zitiert nach ibr-online). Die ausgeschriebene Leistung muss den Referenzaufträgen soweit ähneln, dass sie einen tragfähigen Rückschluss auf die Leistungsfähigkeit des Bieters für die ausgeschriebene Leistung eröffnet (OLG München, Beschl. v. 12.11.2012-Verg 23/12).

Werden in der Bekanntmachung Referenzen über "vergleichbare" Aufträge gefordert, darf der Auftraggeber bei der Bewertung der Referenzen keinen zu engen Maßstab anlegen (vgl. OLG Gelle, Beschluss vom 03.07.2018 -13 Verg 8/17 - zitiert nach ibr-online).

Der öffentliche Auftraggeber ist aber vor allem gehalten, den Referenzangaben bei jedem Bieter zumindest teilweise nachzugehen, sie z. B. durch telefonische Nachfrage bei den Referenzauftraggebern zu überprüfen und Prüfung und Ergebnis in der Vergabeakte nachvollziehbar und hinreichend zu dokumentieren.

Gemäß § 20 EU VOB/A und § 8 VgV sind die Auftraggeber verpflichtet, das Vergabeverfahren von Anbeginn fortlaufend so zu dokumentieren, dass die einzelnen Stufen des Verfahrens, die einzelnen Maßnahmen sowie die Begründung der einzelnen Entscheidungen festgehalten werden. Die Pflicht zur zeitnahen Erstellung sachdienlicher Unterlagen über jede Auftragsvergabe entspricht dem Grundsatz der Transparenz des § 97 Abs. 7 GWB, der in den Dokumentationspflichten der §§ 8 VgV, 20 EU VOB/A, § 6 KonzVgV und 8 Abs. 1 SektVO geregelt ist. Ein Verstoß gegen diese Transparenzanforderungen resultiert daher stets auch in einem Verstoß gegen § 97 Abs. 1 GWB. Die Dokumentation dient einerseits der Überprüfbarkeit der Entscheidung durch die Nachprüfungsinstanzen. Andererseits soll sie Bewerbern und Bietern ermöglichen, spätestens im Nachprüfungsverfahren nachzuvollziehen, warum der Auftraggeber bei der Prüfung und Wertung ihrer Unterlagen zum jeweiligen Ergebnis kam, sowie, ob die im Verfahren verbleibenden Bieter aufgrund sachgerechter, nachvollziehbarer und ermessensfehlerfreier Entscheidungen bestimmt worden sind (vgl. Zeise in: Kulartz/Kus/Marx/Portz/Prieß, VgV, § 8 VgV, Rn. 4, m. w. N.). Der Weg zur Vergabeentscheidung soll vom Bieter nachvollzogen und auch kontrolliert werden können. Durch die Dokumentationsvorschriften soll eine erleichterte Nachprüfung der Richtigkeit der getroffenen Feststellungen und der jeweiligen Verfahren ermöglicht werden. Diese ex-post-Transparenz ist schließlich auch für einen effektiven Rechtschutz erforderlich, so dass alle Entscheidungsschritte grundsätzlich zu dokumentieren sind und nicht erst nach Abschluss des Vergabeverfahrens vorliegen müssen (vgl. OLG Brandenburg, Beschluss vom 01.08.1999, NZBau 2000, S. 44 ff. [OLG Brandenburg 03.08.1999 - 6 Verg 1/99]). Der Anwendungsbereich des § 8 VgV erstreckt sich dabei sowohl auf den formalen Verfahrensablauf als auch auf die Maßnahmen, Feststellungen und Begründungen der einzelnen Entscheidungen. Zwar muss die Dokumentation nicht notwendigerweise in einem zusammenhängenden Vergabevermerk erfolgen (vgl. Zeise, a. a. O., § 8 VgV, Rn. 6). Es ist ausreichend, aber auch erforderlich, dass das Verfahren lückenlos dokumentiert wird, wobei der Vermerk aus mehreren Teilen bestehen kann (vgl. OLG Schleswig, Beschluss vom 20.03.2008, Az.: 1 Verg 6/07; OLG Koblenz, Beschluss vom 06.11.2008, Az.: 1 Verg 3/08). Die Dokumentation muss gemäß § 8 VgV jedoch ausdrücklich zeitnah erstellt und darum laufend fortgeschrieben werden.

Unter Zugrundelegung dieses zutreffenden Maßstabs genügt die Dokumentation der Prüfung und Bewertung der von der Antragstellerin beigebrachten Referenzen - und hier insbesondere der voraussichtlich entscheidenden Referenz über Leistungen für den xxxxxx - nicht den Anforderungen des § 20 EU VOB/A und des § 8 VgV.

Der Antragsgegner hatte in der Bekanntmachung unter Punkt III.1.3) zur technischen und beruflichen Leistungsfähigkeit folgende Anforderungen an beizubringende Referenzen formuliert:

"Der Bieter hat zum Nachweis seiner technischen und beruflichen Leistungsfähigkeit mit Angebotsabgabe eine Eigenerklärung zur Eignung mit folgenden Angaben einzureichen:

Eigenerklärung über einschlägige Referenzen (Anzahl 1 Referenz) der letzten 5 Jahre (2015, 2016, 2017, 2018, 2019) mit Angabe des Leistungsgegenstandes (inkl. Kurzbeschreibung), des Rechnungswertes, des Leistungszeitraums, der Rolle Ihrer Firma, des Bereichs sowie des Auftraggebers. Die Vergleichbarkeit ergibt sich aus folgenden Kriterien:

- Art der Leistung,

- Auftragsvolumen,

- Öffentlicher Auftraggeber.

Bitte benutzen Sie hierfür die:

- Anlage 003a Referenzen Fachlos Tiefbau Teillose 1-6,

- Anlage 003b Referenzbogeneingabemaske zu Anlage 003a Fachlos Tiefbau Teillose 1-6,

- ..."

Die Antragstellerin hatte mit ihrem Angebot unter Verwendung der Anlage 003b (Referenzeingabemaske) zwei Referenzaufträge und Referenzauftraggeber benannt. Es handelt sich um eine Referenz über eine kleinere, in 2019 abgeschlossene Maßnahme mit einem Auftragsvolumen von xxxxxx € (Auftraggeber: xxxxxx) und um eine größere Baumaßnahme für den xxxxxx. In der von der Antragstellerin beim Auftraggeber eingereichten schriftlichen Referenzbestätigung des xxxxxx vom xxxxxx.2019 wird der Antragstellerin ausdrücklich bestätigt, dass sie als qualifiziertes Bauunternehmen im Rahmen des dortigen kommunalen Breitband-Ausbauprojektes xxxxxx bekannt ist. Die aktuelle Maßnahme habe eine Auftragssumme von ca. xxxxxx € brutto. Es wird bestätigt, dass die Baumaßnahme (zum damaligen Stand) bereits zur Hälfte abgearbeitet ist. Die gesetzten Termine seien bislang sämtlich eingehalten worden. Sicherheitsmängel auf den Baustellen seien nicht bekannt. Die Firma verfüge über qualifizierte Fachkräfte. Das Führungspersonal auf der Baustelle sei der deutschen Sprache mächtig. Die Abrechnungsunterlagen seien prüffähig aufgestellt. Weiter heißt es dort:

"Die bisher ausgeführten Leistungen gliedern sich wie folgt auf:

- Tiefbauarbeiten: ca. 175 km

- inklusive Verlegung von verschiedenen Leerohrsystemen

- Hausanschlüsse: 2800 Stück

- Aufstellungsverteilerschränke (MFG, KVZ): 95 Stück"

Das Bestätigungsschreiben des xxxxxx schließt mit der Feststellung, dass der Antragstellerin insgesamt Verlässlichkeit bestätigt werden kann.

Die Vergabeakte enthält einen Vermerk zur Eignungsprüfung der Antragstellerin vom 09.03.2020, in dem sich der Antragsgegner auch (auf Seite 3 des Vermerks) mit den Referenzen der Antragsteller auseinandergesetzt hat. Dort heißt es:

"Die beigefügten Referenzen decken somit den bisherigen Umsatz fast vollständig. Hintergrund für das Kriterium "Umsatzerlös" ist unter anderem die Minimierung der Gefahr einer finanziellen Abhängigkeit vom Auftraggeber bis hin zur Insolvenzgefahr. Demzufolge obliegt es dem öffentlichen Auftraggeber, ob er die Gefahr eingeht, dass der Auftragnehmer den Auftrag unter Umständen nicht abarbeiten kann. Es ist nicht ersichtlich, dass der Bieter aufgrund seines Umsatzes und seiner Konzernstruktur bereits über hinreichend finanzielle Ressourcen verfügt, um den Auftrag ausführen zu können.

Insbesondere im Hinblick auf die geforderte Ausführung nicht nur im herkömmlichen Tiefbauverfahren für Leitungsbau, welcher überwiegend von den Referenzen und der Firmenpräsentation im Internet erfasst ist, sondern in Bezugnahme auf die geforderte geschlossene Bauweise (Verlegung mittels Kabelpflug, Spülrohrverfahren, etc.). Da keine Nachunternehmerleistungen angegeben worden sind (Formblatt 335), sollen diese Tätigkeiten selbst ausgeführt werden. Die Referenzen und Recherchen dazu konnten eine benötigte Erfahrung nicht bestätigen. Die Leistungsfähigkeit zur Auftragserfüllung ist nicht gesichert.

Nimmt man eine Bewertung anhand der Mindestvoraussetzungen der eingereichten Referenzen vor (Anmerkung der Vergabekammer: es folgt im Vermerk eine kurze tabellarische Auflistung der Erbringung von Tiefbau und LWL-Einzug und Montage (FTTB/H) Kilometer und eine von Hausanschlüssen in Stück) zeigt sich auf der Grundlage Referenzen, dass der Bieter beide Referenzen überwiegend innerorts vorzuweisen hat (Hausanschlüsse bei wenig Leitungslänge). In Gegensatz zur aktuellen Ausschreibung, für die Erfahrungen im Leitungsbau (außerorts) förderlich sind."

In der Vergabeakte ist nicht dokumentiert, ob, wann, mit welchem Inhalt und mit welchem Ergebnis der Antragsgegner Kontakt zum Referenzauftraggeber aufgenommen und sich mit dem dortigen Ansprechpartner über die Art und Weise des dortigen Auftrages und der dortigen Auftragserledigung die Antragstellerin ausgetauscht hat. Der Antragsgegner hat im Zuge des Nachprüfungsverfahrens vorgetragen, dass sein zuständiger Mitarbeiter, Herr xxxxxx, mit dem in der Referenz genannten Ansprechpartner des xxxxxx telefoniert hat. Erst im Rahmen des in der mündlichen Verhandlung vor der Vergabekammer nachgelassenen Schriftsatzes vom 06.05.2020 hat der Antragsgegner einen offenbar nachträglich (aus der Erinnerung) gefertigten und auf den 18.03.2020 datierten, kurzen Gesprächsvermerk vorgelegt, der vom Mitarbeiter des Antragsgegners, Herrn xxxxxx, unterschrieben ist. Dort heißt es:

"Herr xxxxxx hat mir bestätigt, dass der Bieter momentan ein Los im Umfang von xxxxxx € beauftragt bekommen hat. Dieses ist zu ca. 60 -70 % (Stand 10. März) abgearbeitet. Der Bieter arbeitet dort im Orts-Innenbereich mit Nachunternehmen, ohne bisherige Beanstandungen durch die xxxxxx.

(Anmerkung: im Innenbereich wird in offener Bauweise oder mit der Bodenrakete gearbeitet, kein horizontales Prüfverfahren oder Einbringung mit Kabelpflug bzw. Fräsverfahren - innovative Verlegeverfahren)."

In einem weiteren mit dem nachgelassenen Schriftsatz erstmals vorgelegten, auf den 09.03.2020 datierten Vermerk zum Ausschluss der Antragstellerin schlüsselt der Antragsgegner die für das streitbefangene Los 3 erforderlichen Bauleistungen auf. Der Antragsgegner weist darauf hin, dass für dieses Los die geschlossenen Bauweisen (Horizontal-Spülbohrung, gesteuerte Spülbohrung im Wire-Line-Verfahren und ungesteuerte Bodenverdrängung - z. B. Erdrakete oder Horizontalramme) fast ausschließlich ausgeführt werden sollen. Demgegenüber sei der Rohrleitungsbau mit offener Bauweise in Rohrleitungsgräben für dieses Los sehr untergeordnet zu betrachten. Die Antragstellerin verfüge nicht selber über die für die geforderte Bauweise notwendige Eignung und habe auch keinen Nachunternehmer angegeben.

Diese erst nachträglich gefertigten Vermerke, die nicht Gegenstand der Vergabeakte waren, vermögen jedoch nicht den mit der mangelhaften Dokumentation der Eignungsprüfung verbundenen Verstoß gegen das vergaberechtliche Transparenzgebot (§ 97 Abs. 1 GWB) zu heilen.

Es ist entgegen der Auffassung der Antragstellerin zwar nicht zu beanstanden, dass der Antragsgegner von den Bietern nur eine einzige einschlägige Referenz verlangt hat. Diese Beschränkung kommt vielmehr sogar gerade den Unternehmen, die noch nicht lange am Markt sind, besonders entgegen.

Aufgrund des besonderen Gewichts, das diese einzige Referenz dann aber notwendigerweise für den Nachweis der Eignung erlangt, ist es erforderlich und für den öffentlichen Auftraggeber auch zumutbar, dass er dann für jeden Bieter die Referenz mit der nötigen Tiefe überprüft, mit dem Referenzauftraggeber erörtert und dann entscheidet, ob der Referenzauftrag die ausgeschriebenen Leistungen abdeckt und die Eignung des Bieters bejaht oder nicht. Dieser Überprüfungs- und Wertungsprozess ist dann fortlaufend und zeitnah in einer den Anforderungen des § 20 EU VOB/A und § 8 VgV genügenden Weise zu dokumentieren, bevor die Entscheidung fällt, ob das Angebot des Bieters bei der Ermittlung des wirtschaftlichsten Angebots zu berücksichtigen ist oder ob es auszuschließen ist.

Da die Antragstellerin immerhin eine ausdrücklich positive Referenzbestätigung vorgelegt hat, die nicht nur vom Auftragsgegenstand an sich, sondern auch vom attestierten Auftragsvolumen zum hier verfahrensgegenständlichen Los 3 passt, ist nicht auszuschließen, dass die notwendige erneute Eignungsprüfung des Antragsgegners zu einem anderen Ergebnis führt. Der Antragsgegner wird dabei aber unter anderem auch prüfen müssen, ob die Antragstellerin die maßgeblichen Leistungen des Referenzauftrags im eigenen Betrieb oder unter Einschaltung von Subunternehmen erbracht hat.

Gemäß § 168 Abs. 1 GWB trifft die Vergabekammer die geeigneten Maßnahmen, um eine Rechtsverletzung zu beseitigen und eine Schädigung der betroffenen Interessen zu verhindern. Sie ist dabei an die Anträge nicht gebunden und kann auch unabhängig davon auf die Rechtmäßigkeit des Vergabeverfahrens einwirken. Aufgrund der oben unter II. 2 a und b festgestellten Vergabeverstöße war es erforderlich und angemessen, den Antragsgegner zu verpflichten, das Vergabeverfahren in das Stadium vor Durchführung der Eignungsprüfung zurückzuversetzen, diese bezüglich der Antragstellerin erneut durchzuführen, Prüfung und Ergebnis in einer den Anforderungen des Vergaberechts genügenden Weise in der Vergabeakte zu dokumentieren und dabei die aus den Gründen ersichtliche Rechtsauffassung der Vergabekammer zu beachten. Einer Verpflichtung zur Aufhebung des Vergabeverfahrens oder einer Rückversetzung in das Stadium vor Aufforderung zur Angebotsabgabe bedurfte es nicht.

III. Kosten

Die Kostenentscheidung folgt aus § 182 GWB in der seit dem 18.04.2016 geltenden Fassung (Art. 1 des Gesetzes zur Modernisierung des Vergaberechts (Vergaberechtsmodernisierungsgesetz - VergRModG) vom 17.02.2016 (BGBl. I, S. 203), in Kraft getreten gemäß dessen Art. 3 am 18.04.2016)

Die von der Vergabekammer festzusetzende regelmäßige Mindestgebühr beträgt 2.500 €, die Höchstgebühr 50.000 € und die Höchstgebühr in Ausnahmefällen 100.000 €.

Die Gebührenermittlung erfolgt anhand einer Gebührentabelle des Bundeskartellamtes in der zzt. gültigen Fassung aus Dezember 2009. Hiernach wird der Mindestgebühr von 2.500 € (§ 182 Abs. 2 GWB) eine Ausschreibungssumme von bis zu 80.000 € zugeordnet und dem regelmäßigen Höchstwert von 50.000 € (§ 182 Abs. 2 GWB) eine Ausschreibungssumme von 70 Mio. € (höchste Summe der Nachprüfungsfälle 1996 -1998) gegenübergestellt. Dazwischen wird interpoliert.

Der zugrunde zu legende Auftragswert beträgt xxxxxx €. Dieser Betrag entspricht der vom der Antragsgegner geprüften Angebotssumme (brutto) der Antragstellerin unter Berücksichtigung eines angebotenen Nachlasses ohne Bedingungen (Vergabeakte, VHB-Formblatt 3212 Rangliste für Lose) für das verfahrensgegenständliche Los 3 und damit ihrem Interesse am Auftrag.

Bei einer Gesamtsumme von xxxxxx € ergibt sich eine Gebühr in Höhe von xxxxxx €. Diese Gebühr schließt einen durchschnittlichen sachlichen und personellen Aufwand ein.

Die in Ziffer 3 des Tenors verfügte Kostentragungspflicht folgt aus § 182 Abs. 3 Satz 1 GWB. Danach hat ein Beteiligter, soweit er im Nachprüfungsverfahren unterliegt, die Kosten zu tragen. Hier war zu berücksichtigen, dass der Nachprüfungsantrag in der Hauptsache Erfolg hatte.

Der Antragsgegner ist jedoch von der Pflicht zur Entrichtung der auf ihn entfallenden Kosten gemäß § 182 Abs. 1 Satz 2 GWB i. V. m. § 8 Abs. 1 Nr. 3 BVerwKostG befreit (vgl. OLG Celle, Beschluss vom 13.07.2005, Az.: 13 Verg 9/05; OLG Dresden, Beschluss vom 25.01.2005, Az.: WVerg 0014/04). Zwar ist das BVerwKostG mit Wirkung vom 15.08.2013 aufgehoben worden, jedoch ist es aufgrund der starren Verweisung aus § 182 Abs. 1 Satz 2 GWB auf das BVerwKostG in der Fassung vom 14.08.2013 hier weiter anzuwenden. Inhaltlich entspricht die dortige Regelung § 8 BGebG.

Die Beigeladene hat vorliegend keinen Antrag zur Hauptsache gestellt. Sie war daher nicht anteilig an den Kosten zu beteiligen.

Gemäß Ziffer 4 des Tenors hat der Antragsgegner der Antragstellerin die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung entstandenen notwendigen Aufwendungen gemäß § 182 Abs. 4 GWB je zu 1/2 zu erstatten. Gemäß § 182 Abs. 4 GWB i. V. m. § 80 Abs. 2 VwVfG in entsprechender Anwendung war auf den Antrag der Antragstellerin gemäß Ziffer 4 des Tenors auszusprechen, dass die Zuziehung eines Rechtsanwalts im Nachprüfungsverfahren für die Antragstellerin notwendig war. Ungeachtet der Tatsache, dass das GWB für das Nachprüfungsverfahren 1. Instanz vor der Vergabekammer keine rechtsanwaltliche Vertretung vorschreibt, bedurfte die Antragstellerin gleichwohl wegen der Komplexität des Vergaberechts und des das Nachprüfungsverfahren regelnden Verfahrensrechts einerseits sowie auch der Komplexität des konkreten streitbefangenen Vergabeverfahrens rechtsanwaltlicher Beratung und Begleitung.

Angesichts der Tatsache, dass der Antragsgegner im Nachprüfungsverfahren in der Hauptsache unterlegen sind, hat er die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung erforderlichen Kosten der Antragstellerin zu tragen.

IV. Rechtsbehelf

...

Gause
Tiede
Magill