Vergabekammer Lüneburg
Beschl. v. 08.06.2020, Az.: VgK-09/2020

Ausschreibung von Rohbauarbeiten zum Bauvorhaben Neu- und Umbau der Funktionsdiagnostik und ZSVA im offenen Verfahren; Verstöße gegen drittschützende Verfahrensvorschriften

Bibliographie

Gericht
VK Lüneburg
Datum
08.06.2020
Aktenzeichen
VgK-09/2020
Entscheidungsform
Beschluss
Referenz
WKRS 2020, 27093
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
[keine Angabe]

In dem Nachprüfungsverfahren
der xxxxxx,
Verfahrensbevollmächtigte: xxxxxx,
- Antragstellerin
gegen
die xxxxxx,
Verfahrensbevollmächtigte: xxxxxx,
- Antragsgegnerin -
wegen
Aufhebung des offenen Verfahrens zur Vergabe der Rohbauarbeiten beim Bauvorhaben Neu- und Umbau der Funktionsdiagnostik und ZSVA am Standort xxxxxx (Vergabenummer xxxxxx)
hat die Vergabekammer durch den Vorsitzenden RD Gaus, den hauptamtlichen Beisitzer Dipl.-Sozialwirt Tiede und die ehrenamtliche Beisitzerin Dipl.-Ing. Gottwald auf die mündliche Verhandlung vom 27.05.2020 beschlossen:

Tenor:

  1. 1.

    Es wird festgestellt, dass die mit Schreiben des Antragsgegners vom 21.04.2020 erklärte Aufhebung des nichtoffenen Vergabeverfahrens rechtswidrig war und die Rechte der Antragstellerin verletzt hat.

    Im Übrigen wird der Nachprüfungsantrag zurückgewiesen.

  2. 2.

    Die Kosten werden auf xxxxxx € festgesetzt.

  3. 3.

    Die Kosten des Verfahrens (Gebühren und Auslagen der Vergabekammer) haben die Antragsgegnerin zu 4/5 und die Antragstellerin zu 1/5 zu tragen.

  4. 4.

    Die Antragsgegnerin hat der Antragstellerin die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung notwendigen Aufwendungen zu 4/5 zu erstatten. Die Hinzuziehung eines Rechtsanwalts war für die Antragstellerin notwendig.

  5. 5.

    Die Antragstellerin hat der Antragsgegnerin die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung notwendigen Aufwendungen zu 1/5 zu erstatten. Die Hinzuziehung eines Rechtsanwalts war für die Antragsgegnerin notwendig.

Begründung

I.

Die Antragsgegnerin hat mit EU-Bekanntmachung vom xxxxxx.2020 Rohbauarbeiten zum Bauvorhaben Neu- und Umbau der Funktionsdiagnostik und ZSVA im offenen Verfahren ausgeschrieben.

Mit Schreiben vom 16.04.2020 informierte die Antragsgegnerin die Bieter über die Aufhebung des Verfahrens. Begründet wurde die Aufhebung mit einer wesentlichen Budgetüberschreitung im Gewerk Rohbau. Im weiteren Vorgehen solle eine beschränkte Ausschreibung durchgeführt werden.

Daraufhin rügte die Antragstellerin mit Schreiben vom 21.04.2020 die Aufhebung und forderte die Fortführung des Vergabeverfahrens. Sie habe zu marktüblichen Preisen angeboten und fordere daher die Offenlegung der Kostenschätzung.

Die Antragsgegnerin teilte mit Schreiben vom 24.04.2020 mit, dass sie der Rüge nicht abhelfe. Das Ergebnis der Ausschreibung sei unwirtschaftlich, die ordnungsgemäß erstellte Kostenermittlung und die abgegebenen Angebote weisen eine gravierende Kostenüberschreitung von 26 % auf. Eine Fortführung des Verfahrens käme nicht in Betracht, da die gravierende Überschreitung des Gesamtbudgets die Finanzierung des Gesamtvorhabens gefährden würde.

Unter Berücksichtigung des Submissionsergebnisses sei die Leistungsbeschreibung überarbeitet worden. Dabei seien Leistungen gestrichen, die Planung modifiziert und Leistungspakete anders zugeordnet worden, um das Projekt im Rahmen des vorhandenen Budgets realisieren zu können. Konkret benannt wurde z.B. der Gerüstbau, der jetzt vollumfänglich in der Verantwortung des Rohbauers liegen solle, zudem würden auch Erd- und Sielbauarbeiten aus dem Auftragspaket entfernt und separat ausgeschrieben.

Die Antragstellerin werde in dem neuen Verfahren zur Beteiligung aufgefordert.

Mit Schreiben vom 29.04.2020 forderte die Antragstellerin erneut Einsicht in die Kostenermittlung und nahm dahin gehend Stellung zu dem Nichtabhilfeschreiben, dass nur ein wichtiger Grund eine Aufhebung rechtfertige. Die Aufhebung setze voraus, dass sämtliche Angebote die vertretbare Kostenermittlung des Auftraggebers überschreiten und eine Nachfinanzierung nicht möglich sei. Die Beachtung dieser Vorgaben lassen die Schreiben der Antragsgegnerin vermissen. Ein pauschaler Verweis auf Fördermittel wird diesem nicht gerecht. Die benannten Leistungsverschiebungen würden eher dazu führen, dass eine höhere Vergütung zu zahlen sein würde. Die Submissionsergebnisse würden das Marktpreisniveau abbilden, daher sei die Kostenermittlung nicht vertretbar.

Die Antragsgegnerin reagierte mit Schreiben vom 30.04.2020 und teilte ergänzend mit, dass kein Anspruch auf Übermittlung der Kostenermittlung bestehe. Durch eine Reduzierung der ausgeschriebenen Leistung könne das vorhandene Budget eingehalten werden. Sie sei den Grundsätzen der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit verpflichtet, zudem könne ein Zuschlag nur erfolgen, wenn ausreichend Haushaltsmittel zur Verfügung stünden.

Daraufhin reichte die Antragstellerin mit Schreiben vom 05.05.2020 ihren Nachprüfungsantrag ein.

Der Antrag sei zulässig, da die Antragsgegnerin öffentlicher Auftraggeber nach § 99 Nr. 4 GWB sei. Zudem sei ausdrücklich ein Offenes EU-Vergabeverfahren nach Abschnitt 2 der VOB/A durchgeführt worden. Die Antragstellerin habe mit Einreichung des kostengünstigsten Angebotes Aussicht auf Erteilung des Zuschlages gehabt.

Die Antragstellerin sei überzeugt, dass ihr Angebotspreis das untere Ende des Marktpreisniveaus abbilde und die angeblich durchgeführte Kostenermittlung der Antragsgegnerin vor Beginn des Vergabeverfahrens nicht "vertretbar" im Sinne der vergaberechtlichen Rechtsprechung sei.

Der Antrag sei mithin auch begründet. Eine vertretbare Kostenermittlung setze kumulativ mindestens voraus:

- Die Anwendung von anerkannten Kostenermittlungsmethoden, die ein wirklichkeitsnahes Schätzungsergebnis ernsthaft erwarten lassen.

- Die Berücksichtigung aller verfügbaren Daten.

- Die Berücksichtigung aller bei Aufstellung der Kostenermittlung vorliegenden Erkenntnisse.

- Die Bereinigung um erkennbar unrichtige Daten.

- Die Berücksichtigung vorhersehbarer Kostenentwicklung.

- Keine ungeprüfte und pauschale Übernahme auf anderen Kalkulationsgrundlagen beruhender Werte.

- Bei Heranziehung von Vergleichsprojekten für die Kostenschätzung muss nachvollziehbar sein, um welche Vergleichsprojekte es sich handelt, damit die Vergleichbarkeit geprüft werden kann.

- Die Deckungsgleichheit der Gegenstände der Schätzung und der ausgeschriebenen Maßnahmen (Grundlage: Leistungsverzeichnis).

- Die Anpassung der Kostenermittlung, soweit die der Schätzung zugrunde gelegten Preise oder Preisbemessungsfaktoren im Zeitpunkt der Bekanntmachung des Vergabeverfahrens nicht mehr aktuell waren und sich nicht unerheblich verändert haben.

Zudem erfordere die Aufhebungsentscheidung darüber hinaus:

- Eine Interessenabwägung unter Berücksichtigung der Interessen der Bieter.

- Die Dokumentation, dass weder weitergehende Bankkredite noch öffentliche Fördermittel zu erlangen gewesen seien.

- Die Vergabestelle müsse bei einer Aufhebung im Rahmen ihres Ermessens auch weniger einschneidende Alternativen berücksichtigen.

Werde diese Darlegungslast nicht erfüllt, sei die Aufhebung rechtswidrig.

Es werde bezweifelt, dass eine fachgerechte Kostenermittlung aufgestellt worden sei. Im Nichtabhilfeschreiben vom 24.04.2020 werde lediglich auf den Förderantrag verwiesen. Damit fehle der angeblichen Kostenermittlung jegliche Validität und Transparenz denn Förderanträge verfolgen andere Ziele als Kostenermittlungen für Vergabeverfahren. Die Bezugnahme lasse vermuten, dass aktuelle Baupreissteigerungen nicht berücksichtigt worden seien und kein Bezug zu dem konkreten Leistungsverzeichnis bestehe. Entsprechend seien scheinbar auch keine Vergleichsobjekte herangezogen worden. Eine Nachfinanzierung sei offensichtlich auch nicht erwogen worden. Die Überlegungen zur angekündigten Neustrukturierung der Leistung hätten im Rahmen der Abwägung von Alternativen als milderes Mittel gegenüber der Aufhebung angestellt werden müssen.

Unter Berücksichtigung der bisherigen Durchführung des Vergabeverfahrens, insbesondere der Reaktion auf die Rüge, bezweifle die Antragstellerin, dass eine ordnungsgemäße Dokumentation des gesamten Verfahrens durchgeführt worden sei.

Mit Schriftsatz vom 25.05.2020 trägt die Antragstellerin ergänzend vor, dass die Kostenermittlung, aufgrund der Aufstellung vor mehr als 18 Monaten, nicht mehr aktuell sei. Der dargestellte Kostensteigerungssatz von 6 % sei offensichtlich erst nachträglich herangezogen worden und bilde die tatsächliche Kostensteigerung bei Nichtwohngebäuden nicht ab.

Zudem seien nicht alle Leistungen/Fachlose mit den zutreffenden Mengen und realistischen Preisen in die Kostenermittlung aufgenommen worden. Im Detail seien die zu Grunde gelegten Kostenberechnungen in diversen Bereichen nicht vertretbar. Einzelne Leistungsmengen in der Kostenberechnung seien abweichend ausgeschrieben worden. Angenommene Preise, wie z.B. der Betonpreis in der Kostengruppe 331, seien unrealistisch. Zudem sei z.B. beim Abdichtungssystem eine aufwändigere Lösung ausgeschrieben worden. Es scheinen in Teilen auch Brutto- und Nettopreise verwechselt worden zu sein. Insgesamt sei die Kostenermittlung Rohbau nicht vertretbar.

Mit der geplanten neuen Aufteilung der Leistung in mehrere Vergabepakete sei die ausgewiesene Kosteneinsparung nicht zu erzielen, da funktional das exakt gleiche Leistungsergebnis abgefragt werde. Die angekündigten Maßnahmen würden mit den neuen Ausschreibungen nur teilweise umgesetzt werden. Es würde z.B. für den Abbruch nur das Treppenhaus aus den Leistungen herausgenommen, es sei in einigen Positionen nur die Abrechnungseinheit verändert worden, die Gerüstvorhaltung sei auf andere Gewerke erweitert worden. Für den Erdbau und die Grundleitungen sei keine Position geändert worden.

Der Vergabevermerk und der Schriftsatz vom 13.05.2020 seien im Wesentlichen inhaltsgleich. Damit sei jetzt auch erkennbar, dass das gesamte Verfahren von Anfang an nicht lückenlos und zeitnah dokumentiert worden sei. Im Übrigen würden dem Vermerk jegliche Nachweise der angeblich durchgeführten Abwägungen und der erfolglosen Versuche der Nachfinanzierung fehlen.

Die Antragstellerin beantragt:

  1. 1.

    Die Antragsgegnerin wird verpflichtet, die Aufhebung des EU-weiten offenen Verfahrensrückgängig zu machen, die Wertung unter Berücksichtigung der Rechtsauffassung der Vergabekammer - ggf. teilweise - zu wiederholen, die vorliegenden Angebote nochmals auftragsbezogen nach Maßgabe der veröffentlichten Zuschlagkriterien zu prüfen und zuwerten und den Zuschlag auf das nach erneuter Wertung wirtschaftlichste Angebot zu erteilen.

    Hilfsweise: Es wird festgestellt, dass die Antragstellerin mit der von der Antragsgegnerin verfügten Aufhebung des EU-weiten offenen Verfahrens zur Vergabe der Rohbauarbeiten in ihren subjektiven vergaberechtlichen Rechten verletzt ist.

  2. 2.

    Die Hinzuziehung des Verfahrensbevollmächtigten der Antragstellerin war zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung der Antragstellerin erforderlich.

Die Antragsgegnerin beantragt,

  1. 1.

    den Nachprüfungsantrag zurückzuweisen,

  2. 2.

    der Antragstellerin die Kosten des Verfahrens und die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung notwendigen Auslagen der Antragsgegnerin aufzuerlegen,

  3. 3.

    die Hinzuziehung eines Rechtsanwalts für die Antragsgegnerin für notwendig zu erklären.

Der Nachprüfungsantrag sei unbegründet. Die Antragsgegnerin habe durch die Aufhebung des Vergabeverfahrens nicht gegen das Wettbewerbsprinzip oder das Wirtschaftlichkeitsprinzip verstoßen. Die Aufhebung sei rechtmäßig erfolgt und es liege keine Rechtsverletzung der Antragstellerin vor. Der Nachprüfungsantrag sei zurückzuweisen.

Die Aufhebung der Ausschreibung wegen Unwirtschaftlichkeit sei zulässig. Mildere Mittel seien nach einer Abwägung der Interessen der Bieter mit dem Wettbewerbsgrundsatz nicht zu wählen gewesen. Es liege ein wichtiger Grund vor, da die Finanzierung der Gesamtmaßnahme nicht mehr gesichert sei. Unter Abwägung aller Umstände sei die zulässige Aufhebung auch erforderlich und gerechtfertigt.

Es könne als anderer schwerwiegender Grund im Sinne des § 17 EU Abs. 1 Nr. 3 VOB/A angesehen werden, wenn keines der eingegangenen Angebote einen angemessenen Preis aufweise. Davon sei auszugehen, wenn der angebotene Preis eklatant von dem zuvor zu ermittelnden angemessenen Preis abweiche und die Unangemessenheit des Angebotspreises sofort ins Auge falle. Für die Beurteilung der Unangemessenheit seien als Anhaltspunkt unter anderem die vertretbare Kostenschätzung des Auftraggebers sowie die Angebotssummen der anderen Bieter heranzuziehen.

Die Antragsgegnerin habe eine zutreffend ermittelte Kostenberechnung des beauftragten Fachbüros zugrunde legen können, die ein wirklichkeitsnahes Schätzungsergebnis habe erwarten lassen. Grundlage des Budgets für die ausgeschriebenen Rohbauarbeiten sei die Kostenberechnung Hochbau (Neu- und Umbau), Stand 30.11.2018. Die im Leistungsverzeichnis Rohbau enthaltenen Leistungsanteile würden sich aus verschiedenen Einzelleistungen dieser Kostenberechnung ergeben. Stichproben hätten ergeben, dass sowohl der Leistungsumfang als auch die angesetzten Preise zutreffend prognostiziert seien.

Der Angebotspreis der Antragstellerin sei unangemessen hoch. Eine Überschreitung des Schätzergebnisses um 26% beziehungsweise über 18% bei der Berücksichtigung einer Preissteigerungsrate sei erheblich und begründe eine rechtmäßige Aufhebung.

Zudem sei eine Aufhebung geboten, da bei Zuschlagserteilung das Gesamtprojekt gefährdet gewesen sei. Die dann benötigten Mittel hätten nicht aus Eigenmitteln oder Fremdmitteln gedeckt werden können. Die Gesamtbaumaßnahme werde mit einem Festbetrag von rund xxxxxx € gefördert. Das Budget für die Gesamtmaßnahme des Neu- und Umbaus habe nach Maßgabe einer Kostenschätzung des beauftragten Architekturbüros ca. xxxxxx Mio. € brutto betragen. Eine aktuelle Prognose eines Projektsteuerers habe ergeben, dass das Budget für die Gesamtmaßnahme sich, bei Fortschreibung der Baupreise anhand der bereits erzielten Submissionsergebnisse sowie 5 % Sicherheit für Risiken, auf rund xxxxxx € brutto belaufen werde. Eine Zuschlagserteilung auf der Grundlage der vorliegenden Angebote sei daher, aufgrund der fehlenden Finanzmittel, für die Antragsgegnerin nicht möglich.

Eine Nachfinanzierung durch den Fördermittelgeber sei auf der Grundlage der Fördermittelbestimmungen nicht vorgesehen, nicht üblich und auch nicht in Aussicht gestellt. Fehlende Haushaltsmittel können einen schwerwiegenden Grund i.S. des § 17 EU Abs. 1 Nr. 3 VOB/ A begründen, wenn nicht absehbar sei, wann und in welcher Höhe weitere Mittel zur Verfügung stehen würden und welche Änderungen erforderlich werden können.

Die Antragsgegnerin habe ihr Ermessen ordnungsgemäß ausgeübt und dokumentiert. Die Interessen einzelner Bieter, die im Wesentlichen auch nur zusätzlichen Aufwand für die Modifikation ihres Angebotes haben, seien weniger gravierend als die Gefährdung des Gesamtprojektes durch eine fehlende Finanzierung. Zudem könnten sich die Bieter an einer neuen Ausschreibung zu beteiligen.

Eine teilweise Aufhebung der Ausschreibung mit der Aufforderung zur erneuten Abgabe von neuen Angeboten auf der Grundlage reduzierter Leistungsverzeichnisse sei aufgrund einer wesentlichen Änderung des Leistungsverzeichnisses vergaberechtlich nicht zulässig. Ein Vergleich der Kostenberechnung aus 2018 mit dem Angebot der Antragstellerin habe deutliche Ausreißer in den Gewerketiteln Abbruch und Erd-/Sielbau erkennen lassen. Auch die Baustelleneinrichtung sei deutlich teurer als budgetiert, was unter anderem auf eine Doppelung im Bereich des Gerüstbaus zurückgeführt worden sei. Die geplanten Änderungen am Leistungsverzeichnis könnten zu Kostenreduzierungen von rund xxxxxx € brutto führen.

Die Antragsgegnerin habe auch nicht gegen das Transparenzgebot verstoßen. Für die Benachrichtigung würden stichwortartige Angaben genügen, die wesentliche Budgetüberschreitung sei als Grund genannt worden.

Die Antragsgegnerin habe das gesamte Verfahren ordnungsgemäß dokumentiert. Aus dem Vergabevermerk zur Aufhebung gehe hervor, dass eine Interessenabwägung vorgenommen und mildere Mittel vor Verfügung der Aufhebung geprüft worden seien. Auch die Möglichkeit einer Nachfinanzierung sei geprüft und abgelehnt worden.

Mit Schriftsatz vom 02.06.2020 nimmt die Antragstellerin ergänzend Stellung. Die herangezogene Kostenermittlung sei methodisch zutreffend, es habe keine kalkulationsrelevanten Planänderungen mehr gegeben. Das bepreiste Leistungsverzeichnis ende bei 17,7 % über der Kostenberechnung. Das Angebot der Antragstellerin liege 7,9 % über dem bepreisten Leistungsverzeichnis. Das vorgelegte bepreiste Leistungsverzeichnis sei inhaltlich mit den entsprechenden Positionen der Kostenberechnung vom 30.11.2018 identisch. Beides stelle die Grundlage der Ausschreibung dar. Es sei jedoch sachlich geboten gewesen, die Kostenberechnung zur Grundlage der Auftragswertschätzung und Entscheidung über die Aufhebung zu machen. Diese sei eingehend geprüft geworden und hätte sonst, da die Kostenberechnung Gegenstand des Zuwendungsbescheides gewesen sei, gegen Zuwendungsrecht verstoßen.

Zudem liege ein sachlicher Grund für die Aufhebung bereits dann vor, wenn der Auftraggeber das Verfahren nicht unverändert fortführen wolle, etwa, weil das Leistungsverzeichnis nicht nur unwesentlich geändert werden solle. Es könne bei einer erneuten Ausschreibung erwartet werden, dass die Angebotspreise nun wesentlich geringer seien. Insgesamt stelle die Aufteilung in neue Teillose eine wesentliche Änderung des Leistungsverzeichnisses dar und begründe einen Aufhebungsgrund nach § 17 EU Abs. 1 Nr. 1 VOB/A.

Die Aufhebung sei nicht strategisch motiviert, die Antragsgegnerin habe vielmehr versucht ein gutes Ausschreibungsergebnis zu erhalten, das sich im Budget bewegt.

Zum Schriftsatz der Antragsgegnerin vom 02.06.2020 nimmt die Antragstellerin mit Schriftsatz vom 03.06.2020 ergänzend Stellung. Entgegen der bisherigen Behauptung sei nicht die Kostenberechnung, sondern das bespreiste Leistungsverzeichnis maßgeblich. Die Unterlage belege, dass die Kostenermittlung zu niedrig und damit falsch gewesen sei. Es hätte nicht ausgeschrieben werden dürfen, da die Antragsgegnerin kein Geld für die zu beschaffende Leistung gehabt habe. Das Angebot habe nur 7,9% über dem aktuell bepreisten Leistungsverzeichnis gelegen und somit den Marktpreis abgebildet. Ein wichtiger Grund zur Aufhebung habe nicht vorgelegen.

Sachlich habe die Antragsgegnerin genau das Gleiche wie in der aufgehobenen Ausschreibung "Rohbau", nur aufgeteilt, ausgeschrieben. Eine nicht nur unwesentliche Veränderung der nachgefragten Leistungen sei in den neu gegliederten Vergabepaketen nicht zu erkennen.

Die kalkulierten Kosten für Baustelleneinrichtung und Stahlbetonarbeiten würden in Gänze zusammenpassen. Zudem obliegt die Kalkulation dem Anbietenden, da keine Kalkulationsvorgaben gemacht worden seien. Die erwähnten Verblendarbeiten verdeutlichen eine falsche Bepreisung, da Arbeiten fehlen würden.

Die Auswirkung eines GU-Zuschlages sei an der Submission zur neuen Ausschreibung "Erdarbeiten/Grundleitungen" nicht zu erkennen. Das Angebot der Antragstellerin würde unverändert im günstigsten Segment des Marktes liegen.

Die Antragstellerin rügt ausdrücklich die Fristverlängerung für die Antragsgegnerin zur "Darstellung der Kostenberechnung" vom 03.06.2020.

Wegen des übrigen Sachverhalts wird auf die Schriftsätze der Beteiligten, die Vergabeakte und das Protokoll über die mündliche Verhandlung vom 27.05.2020 Bezug genommen.

II.

Der zulässige Nachprüfungsantrag ist teilweise begründet. Die Vergabekammer kann infolge der BGH-Entscheidung vom 20.03.2014 den öffentlichen Auftraggeber selbst bei rechtswidriger Aufhebung der Vergabe nicht verpflichten, das Vergabeverfahren zurückzuversetzen (vgl. nachfolgend 2.a). Ein schwerwiegender Grund für die Aufhebung des Vergabeverfahrens nach § 17 EU Abs. 1 Nr. 3 VOB/A liegt bei einem unwirtschaftlichen Angebot vor. Die Feststellung der Unwirtschaftlichkeit erfordert eine aktuelle und ordnungsgemäße Ermittlung des Auftragswerts. Geeignete Grundlage hierfür ist ein bepreistes Leitungsverzeichnis nach Leistungsphase 6 d der Anlage 10 zu § 34 HOAI, nicht aber die Kostenberechnung nach DIN 276 nach Leistungsphase 3, erst recht nicht die Kostenschätzung nach Leistungsphase 2 jeweils der Anlage 10 zu § 34 HOAI (vgl. nachfolgend 2b).

1. Der Nachprüfungsantrag ist zulässig.

Die Antragsgegnerin ist in diesem Vergabeverfahren ausnahmsweise öffentlicher Auftraggeber.

Bei der Antragsgegnerin handelt es sich um die Trägerin und Betreiberin eines Krankenhauses in der Rechtsform einer Stiftung bürgerlichen Rechts. Die Finanzierung des Krankenhauses durch die von den Krankenkassen geleisteten Entgelte der durchgeführten Heilbehandlungen ist keine öffentliche Finanzierung im Sinne des § 99 Nr. 2a GWB. Die Krankenkassen finanzieren die Antragsgegnerin nicht institutionell oder projektbezogen mittels Förderbescheid, sondern sie leisten ein Entgelt für die gegenüber dem Patienten erbrachte Dienstleistung. Solche Entgelte für eine konkrete Dienstleistung stellen nach herrschender Meinung keine öffentliche Finanzierung dar (vgl. OLG Celle, Beschluss vom 13.10.2016, 13 Verg 6/16, zu Pflegeentgelten; a. A. VK Südbayern, Beschluss vom 04.09.2017 - Z3-3-3194-1-31-06/17).

Die Antragsgegnerin ist allerdings bezüglich des verfahrensgegenständlichen Auftrags öffentlicher Auftraggeber im Sinne des § 99 Nr. 4 GWB, weil die Gesamtmaßnahme des Neu- und Umbaus der Funktionsdiagnostik und ZSVA überwiegend gefördert wird, und die hier verfahrensgegenständlichen Rohbauarbeiten ein Los dieser Baumaßnahme bilden.

Gemäß § 99 Nr. 4 GWB sind natürliche oder juristische Personen des privaten Rechts sowie juristische Personen des öffentlichen Rechts, die nicht bereits öffentliche Auftraggeber im Sinne des § 99 Nr. 2 GWB sind, gleichwohl in den Fällen öffentliche Auftraggeber, in denen sie u.a. für die Errichtung von Krankenhäusern von Stellen, die unter § 99 Nrn. 1 - 3 GWB fallen, Mittel erhalten, mit denen diese Vorhaben zu mehr als 50 vom Hundert finanziert werden. Sinn und Zweck dieser Regelung ist, dass es sich bei den in § 99 Nr. 4 GWB aufgelisteten Bauwerken um solche der Daseinsvorsorge handelt. Es macht daher keinen Unterschied, ob die öffentliche Hand selbst solche Bauwerke zur Verfügung stellt oder sich bei privaten Einrichtungen an der Errichtung mit Zuschüssen oder Subventionen beteiligt. Liegt eine Zurechnung zur öffentlichen Hand vor, soll auch die Vergabe von Aufträgen unter Zuhilfenahme solcher Gelder dem Vergaberecht unterstellt werden. Letztlich bildet der Zuwendungsempfänger den verlängerten Arm der öffentlichen Hand (Wieddekind in: Willenbruch/Wieddekind, Vergaberecht, 4. Aufl., § 99 GWB, Rn. 88).

Ob eine überwiegende öffentliche Förderung vorliegt, ist aufgrund der Gesamtbaumaßnahme und damit des Gesamtprojektes zu entscheiden, es sei denn, dass sich anhand der Zuwendungsbescheide ersehen lässt, dass die Fördermittel einzelnen Teilprojekten respektive Teilbaumaßnahmen zugeordnet werden (OLG Celle, Beschluss vom 25.08.2011 -13Verg5/11; Eschenbruch in: Kulartz/Kus/Portz/Prieß, GWB-Vergaberecht, §99, Rn. 299). Eine solche Trennung wurde nicht vorgetragen. Da § 99 Nr. 4 GWB an ein bestimmtes Bauvorhaben anknüpft und nicht an eine generelle Eigenschaft des Auftraggebers, ist es möglich, Aufträge eines einheitlichen Bauprojekts, welches Bauten nach § 99 Nr. 4 GWB und andere enthält, in Abschnitten zu vergeben (vgl. OLG München, Beschl. v. 10.11.2010 - Verg 19/10). Die Rechtsprechung, wonach eine juristische Person entweder öffentlicher Auftraggeber ist oder nicht, greift hier nicht. Im Gegensatz zu den Alternativen des § 99 Nr. 1 bis Nr. 3 GWB knüpft die Eigenschaft als öffentlicher Auftraggeber nicht an eine generelle Funktion der juristischen Person, sondern an ein bestimmtes Vorhaben an. Es ist in diesen Fällen also grundsätzlich durchaus möglich, dass eine juristische Person für einige Bauvorhaben öffentlicher Auftraggeber ist und für andere nicht. Die Regelung dient auch dazu, künstliche Projektzuschnitte zu verhindern, die darauf abzielen, eine überwiegende staatliche Finanzierung und damit die Anwendung des Vergaberechtes zu vermeiden. Deshalb hat der Gesetzgeber sich nicht auf die reine Baumaßnahme beschränkt, sondern in § 99 Nr. 4 GWB auch auf die damit in Verbindung stehenden Dienstleistungen abgestellt.

Der streitbefangene Auftrag übersteigt den für die Zuständigkeit der Vergabekammer maßgeblichen Schwellenwert gemäß § 106 Abs. 1 GWB. Der 4. Teil des GWB gilt nur für Aufträge, deren geschätzter Auftrags- oder Vertragswert ohne Umsatzsteuer die Schwellenwerte erreichen oder überschreiten, die nach den EU-Richtlinien festgelegt sind. Ob der Schwellenwert überschritten ist, richtet sich bei Bau- wie bei Lieferaufträgen nach der vorab geschätzten Höhe der vom Auftraggeber an den Auftragnehmer für die Erbringung der Leistung zu leistenden Vergütung. Maßgeblich ist der Zeitpunkt des Beginns des Vergabeverfahrens, hier also Februar 2020.

Gemäß § 106 Abs. 2 Nr. 1 GWB ergibt sich der jeweilige Schwellenwert aus der delegierten Verordnung zur Änderung der Richtlinie 2014/24/EU des Europäischen Parlaments und des Rates im Hinblick auf die Schwellenwerte für Auftragsvergabeverfahren vom 30.10.2019, in der seit 01.01.2020 geltenden Fassung ein Schwellenwert von 5.350.000 € für Bauaufträge. Das Projekt überschreitet den Schwellenwert, dass das Los darunter bleibt ist unerheblich.

Die Antragstellerin ist gemäß § 160 Abs. 2 GWB sowohl hinsichtlich des Hauptantrags als auch hinsichtlich des Hilfsantrags antragsbefugt. Sie hat ein Interesse an dem Auftrag, und fristgerecht ein Angebot abgegeben.

Die Antragstellerin beschreibt die Verletzung von Rechten, weil Vergabevorschriften nicht beachtet worden seien, indem sie die unter I. dargestellten Beanstandungen erhebt. Auf der Ebene der Zulässigkeitsprüfung geht es nur darum, ob der Nachprüfungsantrag der Vergabekammer ermöglicht, einen konkreten Sachverhalt aus der Vergabeentscheidung auf einen möglichen Vergabeverstoß prüfen zu können. Es genügt daher für die Zulässigkeit eines Nachprüfungsantrags, wenn der Bieter schlüssig einen durch die behauptete Rechtsverletzung drohenden oder eingetretenen Schaden behauptet, also darlegt, dass durch den behaupteten Vergaberechtsverstoß seine Chancen auf den Zuschlag zumindest verschlechtert sein können. Der Zulässigkeit des Hauptantrags steht die Entscheidung des BGH (Beschluss vom 20.03.2014, X ZB 18/13) nicht entgegen, weil die Antragstellerin nicht die Aufhebung der Aufhebung beantragt, sondern einen differenzierteren Bescheidungsantrag stellt.

Bezüglich des hilfsweise erhobenen Feststellungsantrags besteht ebenfalls Antragsbefugnis. Bei dem Feststellungsantrag der Antragstellerin handelt sich nicht um einen Fortsetzungsfeststellungsantrag gemäß § 168 Abs. 2 Satz 2 GWB, weil das nach Eingang des Nachprüfungsantrags erledigende Ereignis fehlt. Es handelt sich vielmehr um einen Feststellungsantrag nach § 168 Abs. 1 Satz 1 GWB, dem wegen der obigen Entscheidung des BGH (Beschluss vom 20.03.2014, X ZB 18/13) die ansonsten von der Vergabekammer auszusprechende Maßnahme fehlt, welche die Rechtsverletzung beseitigen und die Schädigung der betroffenen Interessen verhindern soll. Ein Feststellungsantrag im Nachprüfungsverfahren hat wegen § 179 GWB verbindliche Vorwirkungen auf einen eventuellen Schadensersatzprozess. Daher besteht ein Feststellungsinteresse.

Das OLG Celle (Beschluss vom 10.03.2016 -13 Verg 5/15, Ziffer I.1.). führt zum Rechtsschutzbedürfnis aus, ein hilfsweise gestellter Feststellungsantrag sei zulässig, obwohl auch ausgehend von dem Vortrag der Antragsteller ein Anspruch auf Aufhebung der Aufhebung verneint wurde, dieser Anspruch mithin nicht "schlüssig" im Sinne der zivilprozessualen Relationstechnik dargelegt worden sei (so etwa OLG Düsseldorf, Beschluss vom 08.07.2009 - Verg 13/09; Beschluss vom 08.06.2011 - Verg 55/10; KG, Beschluss vom 17.10.2013 - Verg 9/13). Ein Feststellungsinteresse sei im Übrigen gegeben, weil die begehrte Feststellung Bindungswirkung im Rahmen der Prüfung möglicher Schadensersatzansprüche habe. Erst mit dem Ende des Vergabeverfahrens ende das Feststellungsinteresse vor der Vergabekammer (vgl. OLG Celle, Beschluss vom 10.03.2016 - 13 Verg 5/15, Ziffer 1.1.).

Da hier der Beschaffungsbedarf fortbesteht, ist die Aufhebung nicht das Ende, sondern nur ein verfahrenstechnischer Zwischenschritt im Vergabeverfahren.

Verstöße gegen drittschützende Verfahrensvorschriften, hier die angeblich rechtswidrige Aufhebung, sind für die Schadensdarlegung geeignet. Ob der Antragstellerin tatsächlich ein Schaden zugefügt worden ist, bleibt der Prüfung der Begründetheit vorbehalten (vgl. BGH, Beschluss vom 29.06.2006 - X ZB 14/06, zitiert nach VERIS).

Die Antragstellerin rügte rechtzeitig gemäß § 160 Abs. 3 Nr. 1 GWB. Nach dieser Vorschrift ist der Nachprüfungsantrag unzulässig, soweit der Antragsteller den geltend gemachten Verstoß gegen Vergabevorschriften vor Einreichen des Nachprüfungsantrags erkannt und gegenüber dem Auftraggeber nicht innerhalb einer Frist von zehn Kalendertagen gerügt hat. Angebliche Fehler der Aufhebung konnte die Antragstellerin erst mit Kenntnis der Aufhebungsentscheidung erkennen. Die Antragstellerin hat mit Schreiben vom 21.04.2020, also 5 Tage nach der Aufhebungsentscheidung, eine Rüge erhoben, in der sie sich gegen die Aufhebung wandte. Insofern ist die Antragstellerin mit diesem Vortrag nicht präkludiert.

Die Antragstellerin hat auch die Frist des § 160 Abs. 3 Nr. 4 GWB eingehalten. Nach dieser Vorschrift ist der Nachprüfungsantrag unzulässig, wenn mehr als 15 Kalendertage nach Eingang der Mitteilung des Auftraggebers, einer Rüge nicht abhelfen zu wollen, vergangen sind. Die Rügezurückweisungen der Antragsgegnerin stammen vom 24.04.2020 bzw. 29.04.2020. Der Nachprüfungsantrag vom 05.05.2020 hält auch gegenüber der Rügezurückweisung vom 24.04.2020 die am 09.05.2020 ablaufende 15-Tagesfrist ein.

2. Der Nachprüfungsantrag ist im Hauptantrag unbegründet, mit dem Hilfsantrag erfolgreich.

a. Der Hauptantrag der Antragstellerin bleibt auch unter der Annahme, dass die Antragsgegnerin die Vergabe rechtswidrig aufgehoben habe, erfolglos. Die Antragstellerin hat nicht beantragt, die Aufhebung der Vergabe aufzuheben und den Zuschlag auf ihr Angebot zu erteilen. Sie hat damit erkennbar den Beschluss des BGH (Beschluss vom 20.03.2014, X ZB 18/13; ihm folgend OLG Schleswig, Urteil vom 19.12.2017 - 3 U 15/17) berücksichtigt, demzufolge die Bieter keinen Anspruch auf Erteilung des ausgeschriebenen Auftrags haben (BGH aaO, Rn. 20). Zwar habe der Bieter aus § 97 Abs. 6 GWB einen Anspruch auf Einhaltung der Bestimmungen über das Vergaberecht. Aus den Bestimmungen der Vergabe- und Vertragsordnungen folge aber nicht im Gegenschluss, dass ein öffentlicher Auftraggeber gezwungen wäre, ein Vergabe verfahren mit der Zuschlagserteilung abzuschließen, wenn keiner der zur Aufhebung berechtigenden Tatbestände erfüllt sei. Der Auftraggeber könne von der Vergabe des Auftrags auch dann absehen, wenn kein normierter Aufhebungsgrund vorliege. Das gelte jedenfalls dann, wenn die erforderlichen Mittel nicht bereitstehen (BGH, aaO, Rn. 25).

Die Antragstellerin hat einen knapp unterhalb der Schwelle der Aufhebung der Aufhebung liegenden Bescheidungsantrag formuliert. Sie hat in der mündlichen Verhandlung weiter ausgeführt, eine Rückversetzung der Vergabe in das Stadium vor Angebotsabgabe erfülle auch ihren Antrag.

Der Hauptantrag zielt darauf, dass die Antragsgegnerin ohne Aufhebung der Vergabe den Zuschlag auf das vorliegende wirtschaftlichste Angebot, nämlich das der Antragstellerin, zumindest teilweise erteilt. Die Vergabekammer setzt diesen Antrag inhaltlich dem Aufhebungsantrag gleich. Der Bescheidungsantrag eröffnet der Antragsgegnerin nach erneuter Wertung drei mögliche Optionen:

- die Erteilung des Zuschlags auf das Angebot der Antragstellerin zu dem von ihr angebotenen Preis trotz fehlender Mittel,

- die Teilaufhebung der Vergabe und Erteilung des Zuschlags auf das Angebot der Antragstellerin als günstigstem Angebot in den nicht aufgehobenen Gewerken trotz fehlender Mittel,

oder

- die Fertigung einer neuen Aufhebungsentscheidung mit ausführlicher Begründung.

Die Antragsgegnerin hat sich nach der Aufhebungsentscheidung bereits mit der Rügezurückweisung und der Antragserwiderung ausdrücklich gegen die erste der beiden Optionen entschieden und beabsichtigt, mit der Streichung einzelner Leistungen, einer modifizierten Planung und anders zugeordneten Leistungspaketen einen der zweiten Option ähnlichen Weg zu beschreiten, allerdings verbunden mit einer neuen Vergabe. Nachprüfungsverfahren sind nicht geeignet, die finanzielle Situation eines Auftraggebers zu verändern. Das gilt insbesondere für einen Auftraggeber, dem nur durch eine Festbetragsfinanzierung ausnahmsweise der Status eines öffentlichen Auftraggebers zugefallen ist, der daher nicht mit einem Nachtragshaushalt Geld beschaffen kann.

Die dritte Option, die erneute Aufhebungsentscheidung mit anderer Begründung nach Anleitung der Vergabekammer, entspricht nicht dem Interesse der Antragstellerin am Nachprüfungsverfahren. Sie will den Zuschlag für den zu vergebenden Auftrag oder ggf. Schadensersatz.

Option 3 führt nur zu einer neuen Verfahrensschleife im Vergabeverfahren mit voraussichtlich einem weiteren Nachprüfungsantrag gegen die neu begründete Aufhebungsentscheidung. Die Vergabekammer würde mit einer solchen Entscheidung das Vergabeverfahren gemäß § 163 Abs. 1 Satz 4 GWB unangemessen verzögern. Daher setzt die Vergabekammer den um die Entscheidung des BGH herum formulierten Bescheidungsantrag in der Wirkung dem nicht zulässigen Antrag auf Aufhebung der Aufhebung gleich. Vor der Entscheidung des BGH hat die Vergabekammer durchaus so entschieden, wie von der Antragstellerin beantragt (vgl. VK Niedersachsen Beschluss vom 21.06.2011, VgK 18/2011), danach nicht mehr (vgl. VK Niedersachsen, Beschluss vom 13.03.2017, VgK-02/2017),

b. Die Vergabekammer prüft daher ausschließlich anhand des hilfsweise erhobenen Feststellungsantrags, ob eine Rechtsverletzung der Antragstellerin vorliegt, konkret ob die Aufhebungsentscheidung der Antragsgegnerin rechtmäßig war.

Die Aufhebung gemäß § 17 EU Abs. 1 Nr. 3 VOB/A ist nur zulässig, wenn schwerwiegende Gründe vorliegen. Darunter fällt auch das unwirtschaftliche Angebot, welches den ordnungsgemäß ermittelten Auftragswert deutlich übersteigt. Dabei kommt es auf den Gesamtauftragswert an, nicht auf einzelne Teilgewerke des zu vergebenden Auftrags. Unter "Gesamtauftragswert" versteht die Vergabekammer abweichend von den Ausführungen zur überwiegend öffentlichen Finanzierung den Wert der hier europaweit bekannt gemachten Vergabe, nicht den Wert des Gesamtprojektes. Nach Darstellung der Antragsgegnerin betrug das Budget für die Gesamtmaßnahme, den Neu- und Umbau der Funktionsdiagnostik und ZSVA des Krankenhauses xxxxxx €. Die hier europaweit bekannt gemachte Vergabe für die hier zu vergebenden Rohbauarbeiten der Gesamtbaumaßnahme hatte jedoch nur ein Volumen von behauptet xxxxxx € nach Kostenberechnung, tatsächlich xxxxxx € nach bepreistem Leistungsverzeichnis. Das von der Rechtsprechung entwickelte Verbot, die Kostenüberschreitung auf einzelne Gewerke zu beziehen, soll den öffentlichen Auftraggeber daran hindern, einzelne gegebenenfalls untergeordnete Ausreißer in den Preislisten zum Anlass für eine nicht gerechtfertigte Aufhebung der Vergabe zu nehmen. Tatsächlich wird gerade bei umfangreicheren Leistungsverzeichnissen immer die eine oder andere Position atypisch hoch bepreist werden, ohne dass das Gesamtbudget in der Summe verändert wird.

Nicht gemeint ist allerdings eine auftragsüberschreitende Zusammenrechnung der Gewerke.

Hat sich der Auftraggeber ermessensfehlerfrei dazu entschieden, bestimmte Lose des Bauprojektes in getrennten Vergabeverfahren zu beauftragen, so ist er nicht verpflichtet, das Gesamtbudget über die Grenzen der Vergabeverfahren hinaus für die Frage zugrunde zu legen, ob der "Gesamtauftragswert" überschritten wird. Ein Bezug auf das Gesamtprojekt wäre schon verfahrenstechnisch nicht umsetzbar, weil die Bauvergaben üblicherweise gestaffelt erfolgen, im laufenden Bauprojekt also nicht abschließend erkennbar ist, ob künftige Submissionen so günstig ausfallen werden, dass der Gesamtauftragswert des Projektes noch eingehalten werden kann.

Die von der Antragsgegnerin vorgenommene Aufhebung der Vergabe gemäß § 17 EU Abs. 1 Nr. 3 VOB/A war im vorliegenden Fall sachlich nicht gerechtfertigt. Die Antragsgegnerin kann sich nicht mit Erfolg auf die deutliche Überschreitung des Kostenbudgets berufen. In der zunächst vorgelegten Vergabeakte fehlten wichtige Unterlagen, insbesondere der Preisspiegel der Submission, ebenso das verbindlich in Leistungsphase 6d (vgl. Anlage 10 zu § 34 HOAI) vorgesehene bepreiste Leistungsverzeichnis. Das bepreiste Leistungsverzeichnis ist die dem Beginn der Vergabe zeitlich nächstgelegene Dokumentation (so auch VK Nordbayern, Beschluss vom 05.07.2019, RMF SG21-3194-4-23; VK Baden-Württemberg, Beschluss vom 31.01.2020 -1 VK 69/19) der aktuellen Kostenermittlung. Sie ist daher mit deutlichem Abstand das beste Instrument, um zu dokumentieren, ob die Preise der Submission deutlich über den berechtigten Erwartungen des Auftraggebers liegen.

Das Angebot der Antragstellerin als das preislich günstigste Angebot der Vergabe lag nach der schriftsätzlichen Einlassung der Antragsgegnerin 18,8 % über der mit einer oberhalb der allgemeinen Steigerungsrate von 6,5 % fortgeschriebenen Kostenberechnung vom 30.11.2018.

Nachdem die Vergabekammer in der mündlichen Verhandlung das bepreiste Leistungsverzeichnis angefordert und sofort unter dem Datum 27.01.2020 erhalten hatte, ergab sich daraus ein erwarteter Bruttobetrag von xxxxxx €. Somit beträgt die Differenz zwischen dem Angebot der Antragstellerin und dem bepreisten Leistungsverzeichnis nur 7,9 %. Das bestätigten beide Verfahrensbeteiligte. Damit ist die Argumentation der Antragsgegnerin hinfällig, der von ihr ordnungsgemäß ermittelte Auftragswert sei deutlich überschritten worden, es läge ein schwerwiegender Grund gemäß § 17 EU Abs. 1 Nr. 3 VOB/A vor.

Nur die deutliche Überschreitung der Kosten ist ein schwerwiegender Aufhebungsgrund. Der BGH hat in seiner grundlegenden Entscheidung (BGH Urteil vom 20.11.2012, X ZR 108/10) keine Aufgreifschwelle für den Begriff der "deutlichen Überschreitung" benannt. Seine Entscheidung sollte die Bieter vor der missbräuchlichen Aufhebung der Vergabe mit dem Ziel, im offenen Verfahren formal ausgeschlossene Angebote im nichtoffenen Verfahren zu berücksichtigen, schützen.

Von der weiteren Rechtsprechung (OLG Düsseldorf, Beschluss vom 29.08.2018 - Verg 14/17; OLG Celle, Beschluss vom 13.01.2011, 13 Verg 15/10; Kammergericht, Beschluss vom 17.10.2013, Verg 9/13) sind im Einzelfall Werte um 10 % Kostenüberschreitung regelmäßig als Aufhebungsgrund anerkannt worden. Dieses Maß der Überschreitung erreicht das Angebot der Antragstellerin nach der erst in der mündlichen Verhandlung elektronisch übermittelten Unterlage nicht. Damit hätte der Zuschlag auf ihr Angebot erteilt werden müssen.

Auf die schriftsätzlich diskutierte Frage, ob die Höhe der Kostenfortschreibung angemessen war, kommt es daher nicht mehr an.

Das bedeutet keinesfalls, dass die Antragsgegnerin rechtlich verpflichtet wird, das ihr zur Verfügung stehende Budget deutlich zu überzeichnen. Die von einem Architekten und einem zur Kostenkontrolle eingesetzten Projektsteuerer mit gleicher Qualifikation fachlich umfassend beratene Antragsgegnerin ist aber verpflichtet, frühzeitig bei einer aufgrund des bepreisten Leistungsverzeichnisses vorab erkennbaren Überzeichnung des Budgets, also vor dem nach außen erkennbaren Beginn des Vergabeverfahrens, lenkende Maßnahmen zu ergreifen, um eine solche Fehlentwicklung zu verhindern oder auf einen finanzierbaren Umfang zu begrenzen. Die Beschränkung der Aufhebungsgründe in § 17 EU Abs. 1 Nr. 3 VOB/A und das Verbot der Vergabe zur Markterkundung in § 2 EU Abs. 7 Satz 2 VOB/A dienen dem Schutz der Bieter davor, mit erheblichem Aufwand Angebotsunterlagen erstellen zu müssen, obwohl der Auftraggeber vorab weiß oder aufgrund der ihm zuzurechnenden Kenntnisse der beauftragten Beschaffungsdienstleister hätte wissen müssen, dass er sich diesen Auftrag so nicht wird leisten können.

Die wichtigen Aufgaben eines Projektsteuerers bestehen darin, die Interessen des Auftraggebers gegenüber dem Architekten zu vertreten und dabei deutlich und frühzeitig Einfluss auf die Kostenentwicklung, die Termineinhaltung, die Qualität der Arbeiten und die Quantität der abzurechnen Position zu nehmen.

Hier hat der Projektsteuerer in der mündlichen Verhandlung auf die kritische Nachfrage, warum denn der Loszuschnitt trotz § 97 Abs. 4 Satz 2 GWB so gewerkübergreifend ausgefallen sei, erwidert, man habe Schnittstellen vermeiden und Überwachungsaufwand reduzieren wollen. Deshalb habe man den einen oder anderen Generalunternehmer-Aufschlag wegen der Beauftragung von Nachunternehmen in Kauf genommen. Diese erkennbare Inkaufnahme von Mehrkosten zur einfachen und sicheren Auftragsabwicklung trotz Festkostenförderung erscheint jedenfalls bei vorab erkennbarer Budgetüberschreitung im Sinne des obigen Anforderungsprofils fraglich.

Der Projektsteuerer führte in der mündlichen Verhandlung aus, nach der Aufhebung habe man das streitgegenständliche Los in drei neue Lose geschnitten, um die Kosten zu senken. Dabei habe man auch davon Abstand genommen, mehrere Gerüste nacheinander wegen unterschiedlicher Gewerke aufbauen zu lassen und nur ein Gerüst für den Rohbau und die Folgegewerke beauftragt.

Genau dieser Einfluss auf die Kostenentwicklung gehört frühzeitig zu den Aufgaben des Projektsteuerers. Das Abwarten der Submission trotz aus dem bepreisten LV vorher erkennbarer deutlich gestiegener Baukosten erscheint problematisch.

Der in der mündlichen Verhandlung vorgetragene Vergleich der Kosten mit anderen ähnlichen Bauprojekten in xxxxxx, xxxxxx und xxxxxx ist jedenfalls dann nicht mehr überzeugend, wenn die eigene projektbezogene und aktuelle Kostenermittlung etwas deutlich anderes sagt.

Ob diese alarmierende Kostenentwicklung der Auftraggeberin vorab bekannt war, ist für die Vergabekammer nicht feststellbar, weil die üblicherweise der Information des Auftraggebers dienende Unterlage, der Preisspiegel, eine Besonderheit aufweist. In dem in der mündlichen Verhandlung übergebenen Preisspiegel vom 23.03.2020 fehlt die sonst übliche Spalte für das bepreiste LV. Damit ist ein Vergleich der Angebote mit den Erwartungen nicht möglich.

Unabhängig von diesen Unstimmigkeiten ergab sich in der mündlichen Verhandlung eine fachkundige Erarbeitung der Kostengrundlagen gemäß den Leitungsphasen gemäß Anlage 10 zu § 34 HOAI. Den Vergütungsansprüchen für die Grundleistungen nach der HOAI stehen in den Anlagen der HOAI benannte konkrete Leistungsbilder für die Leistungsphasen gegenüber. Diese Leistungsbilder müssen einzelvertraglich vollständig oder teilweise vereinbart worden sein, damit der beauftragte Architekt verpflichtet wird, seine Leistungen im Einzelnen nach diesen Leistungsbildern zu erbringen. Fehlt eine solche gesonderte Beauftragung für die einzelnen Leistungsphasen, so erwirbt ein Architekt seinen Honoraranspruch auch dann vollständig, wenn er das beauftragte Gebäude im Ergebnis vollständig und mangelfrei fertiggestellt, die in der Anlage 10 zu § 34 HOAI beschriebenen Leistungsbilder allerdings nicht vollständig erbracht hat (OLG Hamburg, Urteil vom 19.12.2013-6 U 34/11).

Leistungsphase 2 benennt die Kostenschätzung nach DIN 276 unter g) als Leistungsgegenstand. Diese Kostenschätzung stellt nur die Kostengruppen nach DIN 276 bis zur 2. Ziffer der Kostengruppen dar. Sie ist eine wichtige Hilfe für den Auftraggeber in der frühen Planungsphase, schafft aber vergaberechtlich keine belastbare Grundlage. Die Rechtsprechung verwendet den Begriff der "Kostenschätzung" häufig vereinfachend als Oberbegriff für alle Kostenprognosen vor dem Submissionsergebnis, also sowohl für diese Kostenschätzung als auch für die nachfolgend dargestellten weiteren Kostenberechnungen (vgl. BGH, Urteil vom 20.11.2012 - X ZR 108/10, Rn. 18; OLG Düsseldorf, Beschluss vom 29.08.2018 - Verg 14/17; VK Bund, Beschluss vom 13.02.2019-VK 1-3/19).

Leistungsphase 3 fordert unter e) eine Kostenberechnung nach DIN 276 bis zur 3. Ziffer der Kostengruppen. Sie soll mit der (in Leistungsphase 2) zuvor erbrachten Kostenschätzung verglichen werden (vgl. zur Abgrenzung LG Düsseldorf, Urteil vom 25.01.2019 -16 O 274/17). Das ist die von der Antragsgegnerin ursprünglich als maßgeblich und aktuell vorgelegte Kostenberechnung vom 30.11.2018. Die von der Antragsgegnerin in der mündlichen Verhandlung behauptete und im nachgelassenen Schriftsatz wiederholte Erfassung von Leistungen der Kostengruppe 540 bereits in dieser Kostenberechnung hat die Vergabekammer nicht bestätigen und nicht nachvollziehen können. Die Kostenschätzung ist nicht auf das verfahrensgegenständliche Vergabelos zugeschnitten, so dass eine Ableitung der festgestellten Budgetüberschreitung auf die deutlich ältere Kostenberechnung ohne weiterführende Berechnung nicht möglich ist. Die Unterlage ist als vergaberechtliche Grundlage unbrauchbar.

In Leistungsphase 6, Vorbereitung der Vergabe, sind gemäß d) die Kosten auf der Grundlage vom Planer bepreister Leistungsverzeichnisse zu ermitteln. Auch wenn die Kostenberechnung nach DIN 276 bereits ein realistisches Szenario für die zu erwartenden Kosten umreißt, so ist erst die eindeutige und erschöpfende Leistungsbeschreibung aufgrund der deutlich präziseren Konkretisierung des Leistungsgegenstandes ein geeigneter Rahmen für die belastbare Annahme der zu erwartenden Kosten.

Das zeigt sich an den von der Antragstellerin hervorgehobenen Änderungen der Aushubmassen, der auf Veranlassung der Genehmigungsbehörde geänderten Planung zur Ableitung von Regenwasser und dem Wechsel von einfacher Abdichtung des Kellergeschosses zu einer "weißen Wanne". Die Befürchtung der Vergabekammer, die Antragsgegnerin habe diese wichtige Unterlage (vgl. VK Bund, Beschluss vom 07.03.2018 - VK 2-12/18) nicht erarbeitet, konnte in der mündlichen Verhandlung entkräftet werden. Die von der Antragstellerin aufgeworfenen Zweifel, ob die übergebenen Unterlagen Originale seien, teilt die Vergabekammer nicht, weil die Anforderung für die Antragsgegnerin überraschend kam und die Reaktion spontan erfolgte. Der formale Verstoß gegen § 163 Abs. 2 Satz 4 GWB ist durch die spontane Abhilfe in der mündlichen Verhandlung geheilt.

c. Dass die vorgelegte Dokumentation insgesamt hinter den Anforderungen des § 20 EU VOB/A zurückbleibt, weil entgegen § 8 VgV an Stelle der Begründung der Entscheidungen auf jeder Stufe des Vergabeverfahrens nur ein singulärer Aufhebungsvermerk vorliegt, ist für die hier zu treffende Entscheidung nicht mehr relevant. Die Antragsgegnerin sollte dies gleichwohl in den weiteren Vergabeverfahren verbessern.

3. Die Vergabekammer stellt gemäß § 168 Abs. 1 GWB fest, ob der Antragsteller in seinen Rechten verletzt ist. Das geschieht hier.

Darüber hinaus trifft sie die geeigneten Maßnahmen, um eine Rechtsverletzung zu beseitigen.

Die Möglichkeit, aus einem zwar nicht den Anforderungen des § 17 EU VOB/A genügenden, aber gleichwohl sachlich gerechtfertigten Grund eine Ausschreibung vorzeitig beenden zu dürfen, ist eine notwendige Folge davon, dass es ein Zweck des Vergaberechts ist, der öffentlichen Hand eine Bindung der ihr anvertrauten Mittel und das Gebot sparsamer Wirtschaftsführung beachtende Beschaffung zu angemessenen Preisen zu ermöglichen (vgl. BGH, Beschluss vom 20.03.2014, X ZB 18/13; BGH, Urteil vom 05.11.2002 - X ZR 232/00 - zitiert nach VERIS).

Da die Antragsgegnerin zwar an ihrer Beschaffungsabsicht festhält, diese aber im Wege eines neuen Vergabeverfahrens mit einer kostengünstigeren Lösung realisieren will, ist eine Verpflichtung zur Rückgängigmachung der Aufhebung und neuen Wertung gemäß ihres weitergehenden Hauptantrages nicht gerechtfertigt.

III. Kosten

Die Kostenentscheidung folgt aus § 182 GWB.

Die in Ziffer 2 des Tenors festgesetzte Gebühr ergibt sich aus einer Interpolation des Auftragswertes innerhalb des Gebührenrahmens gemäß § 182 Abs. 2 GWB. Die von der Vergabekammer festzusetzende regelmäßige Mindestgebühr beträgt 2.500 €, die Höchstgebühr 50.000 € und die Höchstgebühr in Ausnahmefällen 100.000 €.

Die Gebührenermittlung erfolgt anhand einer Gebührentabelle des Bundeskartellamtes in der zzt. gültigen Fassung vom Dezember 2009. Hiernach wird der Mindestgebühr von 2.500 € eine Ausschreibungssumme von bis zu 80.000 € zugeordnet und dem regelmäßigen Höchstwert von 50.000 € eine Ausschreibungssumme von 70 Mio. € (höchste Summe der Nachprüfungsfälle 1996 -1998) gegenübergestellt. Dazwischen wird interpoliert.

Das Angebot der Antragstellerin beträgt xxxxxx € brutto. Dieser Betrag entspricht dem mutmaßlichen Interesse der Antragstellerin am Auftrag.

Bei einer Vergabesumme von xxxxxx € brutto ergibt sich eine Gebühr in Höhe von xxxxxx €. Diese Gebühr schließt einen durchschnittlichen sachlichen und personellen Aufwand ein. Gutachterkosten oder Kosten durch Zeugenvernehmungen in der mündlichen Verhandlung sind nicht angefallen.

Die in Ziffer 3 des Tenors verfügte Kostenlast folgt aus § 182 Abs. 3 Satz 1 GWB. Danach hat ein Beteiligter, soweit er im Nachprüfungsverfahren unterliegt, die Kosten zu tragen. Der Begriff der Kosten umfasst sowohl die Gebühren, als auch die Auslagen der Vergabekammer. Hier war zunächst zu berücksichtigen, dass die Antragsgegnerin im Nachprüfungsverfahren teilweise unterlegen ist. Da der Nachprüfungsantrag im Hauptantrag unbegründet war, der Hilfsantrag aber das von ihr angestrebte Ziel weitgehend erreichte, wertet die Vergabekammer das Unterliegen der Antragstellerin mit einem Verhältnis von 1/5. Entsprechend hat die Antragsgegnerin 4/5 der Kosten zu tragen.

Die Antragsgegnerin ist nicht von der Pflicht zur Entrichtung ihres Kostenanteils gemäß § 182 Abs. 1 Satz 2 GWB i. V. m. § 8 Abs. 1 Nr. 3 BVerwKostG befreit (vgl. OLG Celle, Beschluss vom 13.07.2005, Az.: 13 Verg 9/05; OLG Dresden, Beschluss vom 25. 01. 2005, Az.: WVerg 0014/04). Zwar ist das BVerwKostG mit Wirkung vom 15.08.2013 aufgehoben worden, jedoch ist es aufgrund der starren Verweisung aus § 182 Abs. 1 Satz 2 GWB auf das BVerwKostG in der Fassung vom 14.08.2013 hier weiter anzuwenden. Inhaltlich entspricht die dortige Regelung § 8 BGebG. Die Antragsgegnerin hat eine Verbindung zu dem dort genannten Kreisen nicht dargelegt.

Gemäß Ziffern 4 und 5 des Tenors haben Antragsgegnerin und Antragstellerin einander die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung entstandenen notwendigen Aufwendungen gemäß § 182 Abs. 4 Satz 1 GWB wechselseitig teilweise im Umfang des jeweiligen Unterliegens zu erstatten.

Gemäß § 182 Abs. 4 Satz 4 GWB i. V. m. § 80 Abs. 2 VwVfG in entsprechender Anwendung war antragsgemäß auszusprechen, dass die Zuziehung eines Rechtsanwalts durch die Antragstellerin und die Antragsgegnerin im Nachprüfungsverfahren notwendig war.

Obwohl das GWB für das Nachprüfungsverfahren 1. Instanz vor der Vergabekammer keine rechtsanwaltliche Vertretung vorschreibt, ist wegen der Komplexität des Vergaberechts, des Verfahrensrechts im Nachprüfungsverfahren sowie der Komplexität des konkreten streitbefangenen Vergabeverfahrens rechtsanwaltliche Beratung und Begleitung für die Antragstellerin erforderlich. Die Antragsgegnerin als Stiftung ist nur ausnahmsweise durch überwiegende öffentliche Förderung in diesem Einzelfall öffentliche Auftraggeberin. Sie hat anders als etwa eine größere Behörde mit erheblichem Beschaffungsbedarf keine vergaberechtliche Kompetenz intern vorzuhalten, kann sich daher anwaltlicher Hilfe bedienen.

Die Antragstellerin wird aufgefordert, innerhalb einer Frist von einem Monat nach Rechtskraft dieses Beschlusses den Betrag von xxxxxx € unter Angabe des Kassenzeichens

xxxxxx

auf folgendes Konto zu überweisen:

xxxxxx

Die Antragsgegnerin wird aufgefordert, innerhalb einer Frist von einem Monat nach Rechtskraft dieses Beschlusses den Betrag von xxxxxx € unter Angabe des Kassenzeichens

xxxxxx

auf folgendes Konto zu überweisen:

xxxxxx

IV. Rechtsbehelf

...

Gaus
Tiede
Gottwald