Vergabekammer Lüneburg
Beschl. v. 18.05.2020, Az.: VgK-07/2020
Ausschreibung der Erneuerung des Deckwerks am Hauptdeich europaweit im nichtoffenen Verfahren mit vorgeschaltetem Teilnahmewettbewerb als Bauauftrag nach Maßgaben der VOB/A
Bibliographie
- Gericht
- VK Lüneburg
- Datum
- 18.05.2020
- Aktenzeichen
- VgK-07/2020
- Entscheidungsform
- Beschluss
- Referenz
- WKRS 2020, 27092
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- [keine Angabe]
Rechtsgrundlagen
- § 97 Abs. 6 GWB
- § 134 GWB
- § 6e EU Abs. 6 Nr. 2 VOB/A
In dem Nachprüfungsverfahren
der Bietergemeinschaft xxxxxx,
Verfahrensbevollmächtigte: xxxxxx,
- Antragstellerin
gegen
den xxxxxx,
- Antragsgegner
beigeladen:
Bietergemeinschaft xxxxxx,
Verfahrensbevollmächtigte: xxxxxx,
- Beigeladene -
wegen
Vergabeverfahren zur "Erneuerung des Deckwerks am Hauptdeich des xxxxxx", Leistungen: Rückbau-, Erdbau-, Verkehrswegebau-, Wasserhaltungs- und Deckwerksarbeiten
hat die Vergabekammer durch die Vorsitzende Regierungsdirektorin Dr. Raab, den hauptamtlichen
Beisitzer Bauoberrat Peter und den ehrenamtlichen Beisitzer Diplom-Ingenieur Dierks
im schriftlichen Verfahren nach Lage der Akten beschlossen:
Tenor:
- 1.
Der Nachprüfungsantrag wird zurückgewiesen.
- 2.
Die Kosten werden auf xxxxxx € festgesetzt.
- 3.
Die Kosten des Verfahrens hat die Antragstellerin zu tragen.
- 4.
Die Antragstellerin hat der Beigeladenen die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung notwendigen Aufwendungen zu erstatten. Die Hinzuziehung der Verfahrensbevollmächtigten war für die Beigeladene notwendig.
[Gründe]
I.
Der Antragsgegner hat mit EU-Vergabebekanntmachung vom xxxxxx 2019 die Erneuerung des Deckwerks am Hauptdeich des xxxxxx europaweit im nichtoffenen Verfahren mit vorgeschaltetem Teilnahmewettbewerb als Bauauftrag nach Maßgaben der VOB/A - EU ausgeschrieben. Die Gesamtmaßnahme wurde bzw. wird in mehreren Bauabschnitten ausgeschrieben. Der streitgegenständliche Auftrag umfasste nach Ziffer 11.1.4) der Bekanntmachung die Ausführung von Rückbau-, Erdbau-, Verkehrswegebau-, Wasserhaltungs- und Deckwerksarbeiten auf einer Länge von 285 Metern. Der geschätzte Auftragswert wurde vom Antragsgegner für diesen Bauabschnitt unter Ziffer 11.1.5) der Bekanntmachung mit xxxxxx € (netto) angegeben. Nach dem Teil A des Vergabevermerks des Antragsgegners wurden die Kosten für die Gesamtmaßnahme auf 19.574.000 € (brutto) eingeschätzt. Nach der lfd. Nr. 7 des Formblattes 211 EU (Aufforderung zur Abgabe eines Angebotes) sollte nach dem Teilnahmewettbewerb der Preis das einzige Zuschlagskriterium sein.
Ausweislich des den Bietern übersandten Submissionsprotokolls gaben fünf Bieter bis zum Ende der Angebotsfrist am xxxxxx 2020 ein Angebot ab. Danach lag die Beigeladene mit einer Angebotssumme von xxxxxx € (brutto) auf Rang 1 der Angebotswertung und die Antragstellerin mit einer Angebotssumme von xxxxxx € (brutto) auf Rang 2.
Am 10. März 2020 teilte der Antragsgegner der Antragstellerin mit Bieterinformation gemäß § 134 GWB mit, dass deren Angebot nicht berücksichtigt werden solle, da ein niedrigeres Hauptangebot vorliege. Der Antragsgegner beabsichtige, den Zuschlag am 20. März 2020 auf das Angebot der beigeladenen Bietergemeinschaft zu erteilen.
Noch am Tage der Versendung der Bieterinformation wurde die mit der Durchführung der Ausschreibung beauftragte xxxxxx (im Folgenden Beauftragter genannt) von ihrer vorgesetzten Dienststelle darüber in Kenntnis gesetzt, dass über das Vermögen der xxxxxx als Teil der beigeladenen Bietergemeinschaft auf deren Antrag ein Insolvenzverfahren eröffnet worden sei.
Nach dem dortigen Beschluss des Amtsgerichtes xxxxxx vom xxxxxx 2020 wurde seitens des Gerichts gemäß § 270a Insolvenzordnung (InsO) die vorläufige Eigenverwaltung angeordnet und ein vorläufiger Sachwalter und ein vorläufiger Gläubigerausschuss bestimmt. Nach diesem Beschluss war die xxxxxx berechtigt, unter Aufsicht des vorläufigen Sachwalters ihr Vermögen weiter zu verwalten und darüber zu verfügen.
Am 13. März 2020 rügte die Antragstellerin unter Verweis auf den Beschluss des Amtsgerichtes xxxxxx vom xxxxxx 2020 die Absicht des Antragsgegners, den Zuschlag auf das Angebot der Beigeladenen erteilen zu wollen. Der Beschluss führe dazu, dass die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit der Beigeladenen nicht mehr gegeben und das Angebot infolgedessen auszuschließen sei.
Auf die Rüge hin teilte der Beauftragte des Antragsgegners der Antragstellerin am 17. März 2020 zunächst mit, dass der Antragsgegner die Sachlage erneut prüfen und bewerten wolle. Am gleichen Tage fand mit Vertretern der xxxxxx sowie einem Vertreter des xxxxxx ein Informationsgespräch zum weiteren Fortgang des Verfahrens bei dem Antragsgegner statt. Die Teilnehmer und der Verlauf des Gesprächs wurden von dem Beauftragten in dessen Vergabevermerk Teil D, lfd. Nr. 4 vom 2. April 2020 dokumentiert. Die xxxxxx wurde danach aufgefordert, weitere, dort nicht näher bezeichnete Unterlagen zur Prüfung der Sachkunde, Leistungsfähigkeit und Zuverlässigkeit vorzulegen. Die xxxxxx legte mit E-Mail vom 26. März 2020 schließlich folgende Unterlagen vor:
- Die eigene Stellungnahme zur wirtschaftlichen Situation der xxxxxx vom 23. März 2020.
- Die Stellungnahme der xxxxxx vom 26. März 2020 zum Stand des Insolvenzverfahrens mit dem Hinweis auf einen zwischenzeitlich abgeschlossenen Massedarlehensvertrag.
- Eine Stellungnahme der xxxxxx zur Liquiditätsplanung der xxxxxx vom 26. März 2020.
- Lieferantenerklärungen der Firmen xxxxxx und xxxxxx vom 23. bzw. 20. März 2020 über die Bereitschaft, die xxxxxx weiterhin mit Baustoffen beliefern zu wollen.
Die vorgelegten Unterlagen wurden seitens des Antragsgegners geprüft und im Ergebnis festgestellt, das Angebot der beigeladenen Bietergemeinschaft (weiterhin) annehmen zu wollen. Die Prüfung und das Ergebnis wurden seitens des Antragsgegners in dem Vergabevermerk vom 2. April 2020 Teil D, lfd. Nr. 5 und 6 dokumentiert. In dem späteren Nachprüfungsverfahren wurden der Antragstellerin auf ihren Antrag hin alle Vergabevermerke (Teile A bis D) des Antragsgegners sowie das Schreiben der xxxxxx vom 26. März 2020 mit allen vorgelegten Unterlagen am 21. April 2020 offengelegt. Geringfügige Schwärzungen wurden seitens der Vergabekammer im Hinblick auf weitere noch auszuschreibende Bauabschnitte unter Verweis auf § 165 Abs. 2 GWB lediglich im Vergabevermerk Teil B vom 5. Februar 2020 vorgenommen.
Mit Bieterinformationsschreiben vom 3. April 2020 teilte der Antragsgegner der Antragstellerin (erneut) mit, den Zuschlag nunmehr am 14. April 2020 auf das Angebot der Beigeladenen erteilen zu wollen, woraufhin die Antragstellerin das Vergabeverfahren am 6. April 2020 erneut rügte. Die Rüge wurde nunmehr am 8. April 2020 durch den Antragsgegner zurückgewiesen.
Noch am Tage der Rügezurückweisung beantragte die Antragstellerin mit anwaltlichem Schriftsatz vom 8. April 2020 die Einleitung eines Nachprüfungsverfahrens.
Der Nachprüfungsantrag sei zulässig.
Alle formalen Zulässigkeitsvoraussetzungen seien vorliegend erfüllt. Insbesondere habe die Antragstellerin den gegenständlichen Vergaberechtsverstoß mit ihrer Rüge vom 13. März 2020 unverzüglich nach Kenntnisnahme von der Insolvenz der xxxxxx und der beabsichtigten Zuschlagsentscheidung des Antragsgegners gerügt.
Der Nachprüfungsantrag sei auch begründet.
Die beabsichtigte Zuschlagserteilung an die Beigeladene verletze die Antragstellerin in ihren subjektiven Bieterrechten nach § 97 Abs. 6 GWB, da der Zuschlag hier offenkundig an einen Bieter erteilt werden solle, der die Anforderung an die Eignung nicht erfülle. Das Angebot der Bietergemeinschaft sei daher von der Wertung auszuschließen, da sich das Angebot aufgrund der Insolvenz des Mitglieds, der xxxxxx, nachträglich geändert habe. Dies vor dem Hintergrund, dass der Antragsgegner mit VHB-Formblatt 124 von den Bietern zur Überprüfung der Eignung eine Eigenerklärung hinsichtlich etwaiger Insolvenzverfahren abverlangt habe.
Gemäß § 6e EU Abs. 6 Nr. 2 VOB/A könne der öffentliche Auftraggeber ein Unternehmen zu jedem Zeitpunkt von der Teilnahme ausschließen, wenn über das Vermögen des Unternehmens ein Insolvenzverfahren oder ein vergleichbares Verfahren beantragt oder eröffnet worden sei. Zwar führe die Insolvenz eines Bieters nicht automatisch zu dessen Ausschluss, der Auftraggeber sei aber verpflichtet, die konkrete Situation umfassend zu erforschen und im Rahmen einer echten Ermessensentscheidung zu überprüfen, ob der insolvente Bieter noch Gewähr für eine fachgerechte Leistung biete. Nach dem Beschluss des OLG Celle vom 18. Februar 2013 (Az. 13 Verg 1/13), sei der Auftraggeber dabei verpflichtet, im Rahmen seines Ermessens umfassende Nachforschungen durchzuführen und sich intensiv mit der weiteren Leistungsfähigkeit des Bieters auseinanderzusetzen. Dies gelte gleichermaßen, wie hier, bei der Insolvenz eines Bietergemeinschaftsmitglieds. Eine solche Prüfung sei offensichtlich nicht erfolgt. Anderenfalls hätte der Antragsgegner aufgrund der Umstände und seiner bewusst getroffenen hohen Anforderungen an die Eignung zum dem Ergebnis gelangen müssen, dass das Angebot der Bietergemeinschaft auszuschließen sei.
Nach erfolgter Akteneinsicht trug die Antragstellerin mit Schriftsatz vom 28. April 2020 ergänzend vor.
Die Annahme einer ermessensfehlerhaften Entscheidung durch den Antragsgegner habe sich durch die Akteneinsicht bestätigt.
Vorliegend fehle es an einer kritischen Würdigung der vorgelegten Schriftstücke, und der Antragsgegner habe nicht dokumentiert, inwieweit er der Beigeladenen im Rahmen der von ihm vorzunehmenden Prognoseentscheidung auch kritische Nachfragen zur wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit der xxxxxx gestellt und diese in seine Abwägungen einbezogen habe. So habe der Antragsgegner in seinen Vergabevermerk hinsichtlich des am 17. März 2020 stattgefundenen Informationsgesprächs mit der xxxxxx selbst ausgeführt, dass mit den Gläubigern der Firma lediglich dahin gehend Einvernehmen erzielt worden sei, dass die zur ihr gehörenden Unternehmen, die xxxxxx und die xxxxxx, nur bis Ende Juni 2020 nicht in Anspruch genommen werden sollen. Inwieweit der Antragsgegner sich mit dem Umstand, dass beide Unternehmen im Umkehrschluss ab Juli diesen Jahres in Anspruch genommen werden könnten und wie sich dies auf die wirtschaftliche Situation der xxxxxx insgesamt weiter auswirken könne, intensiv auseinandergesetzt habe, lasse sich der Dokumentation sodann bereits nicht mehr entnehmen.
Im Weiteren fehle es den vorgelegten Unterlagen der xxxxxx sodann auch an konkreten Nachweisen, anhand derer eine positive Prognoseentscheidung ermessensfehlerfrei habe vorgenommen werden können.
So enthalte das beigefügte Schreiben der xxxxxx vom 23. März 2020 zunächst nur den pauschalen Hinweis, dass der vor der Eigenverwaltung eingeleitete Sanierungsprozess erfolgreich habe fortgeführt werden können. Aufweiche Grundlage diese Behauptung belastbar gestützt werden soll, bleibe aber unklar.
Auch die Benennung einzelner Projekte, die vermeintlich fortgeführt werden sollen, vermöge eine positive Prognoseentscheidung nicht zu rechtfertigen. Es stelle sich vielmehr die Frage, inwieweit sich der Antragsgegner hinsichtlich der behaupteten Projekte konkrete Nachweise habe vorlegen lassen, um die getätigten Angaben zu überprüfen. Auch hierzu lasse sich der Vergabedokumentation nichts entnehmen.
Die xxxxxx verweise dann sogar selbst auf nicht einzuschätzende Entwicklungen wegen des Corona-Virus. Diesbezüglich lasse sich der Vergabedokumentation wiederum nicht entnehmen, inwieweit der Antragsgegner kritische Fragen dazu gestellt habe, wie die xxxxxx mit etwaigen Verschärfungen ihrer Probleme aufgrund der COVID-19-Pandemie umgehen möchte und wie sie etwaige Leistungsausfälle, Bauzeitenverzögerungen und Lieferengpässe während der Bauphase kompensieren könne, ohne ihre finanzielle Leistungsfähigkeit vollständig zu verlieren.
Soweit die xxxxxx in ihrem Schreiben vom 23. März 2020 auf einen externen Darlehensgeber und einen vermeintlichen signifikanten Darlehensbetrag verweise, lasse sich der Vergabedokumentation ebenfalls nicht entnehmen, inwieweit der Antragsgegner diese Angaben kritisch gewürdigt habe und konkrete Angaben zu dem Darlehen abgefordert und sich entsprechende Nachweise habe vorlegen lassen. Gleiches gelte in Bezug auf die von der xxxxxx vermeintlich vorgenommene Liquiditätsplanung, die von der xxxxxx behaupteten Verhandlungen mit potentiellen Investoren und dem Verweis auf die Stellung einer vermeintlichen Bürgschaft.
Soweit die xxxxxx sodann auf die Bestätigung ihres Lieferanten, der xxxxxx, vom 23. März 2020 verweise, sei wohl klar, dass diese nur für den Fall gelte, wenn die xxxxxx zahlungsfähig bleibe. Inwieweit der Antragsgegner sich mit der Frage beschäftigt habe, wie mit etwaigen Lieferengpässen bei wegfallender Zahlungsfähigkeit der xxxxxx umzugehen sei, lasse sich der Vergabedokumentation wiederum nicht entnehmen.
Und schließlich fehle es an konkreten Nachweisen, inwieweit das erforderliche Personal und die notwendigen Gerätschaften auch beim Wegfall der finanziellen Leistungsfähigkeit der xxxxxx zur Verfügung stehen würden. Mit Blick auf wirtschaftliche Leistungsfähigkeit der xxxxxx könne auch nicht unberücksichtigt bleiben, dass etwa Gehälter im Eigenverwaltungsverfahren nur für einen Zeitraum von 3 Monaten von der Bundesagentur für Arbeit ausgeglichen würden. Insoweit stelle sich die Frage, ob der Antragsgegner im Rahmen einer echten Ermessensentscheidung kritisch hinterfragt habe, wie die xxxxxx es wirtschaftlich ausgleichen möchte, wenn diese die Personalkosten, die einen wesentlichen Teil der Gesamtkosten eines Bauunternehmens ausmachten, wieder selbst zu tragen habe.
Zusammengefasst lasse sich der Vergabedokumentation daher nicht entnehmen, inwieweit der Antragsgegner sich auch kritisch mit der finanziellen Leistungsfähigkeit der xxxxxx auseinandergesetzt habe, weshalb hier im Ergebnis eine ermessensfehlerhafte Entscheidung vorliege.
Die Antragstellerin beantragt,
- 1.
festzustellen, dass die Antragstellerin in ihren Rechten aus § 97 Abs. 6 GWB verletzt ist, und dem Antragsgegner aufzugeben, die Wertung der Angebote unter Beachtung der Rechtsauffassung der Vergabekammer zu wiederholen,
- 2.
festzustellen, dass die Hinzuziehung der Verfahrensbevollmächtigten der Antragstellerin zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung notwendig war,
- 3.
dem Antragsgegner die Kosten des Vergabenachprüfungsverfahrens einschließlich der zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung entstandenen Kosten der Antragstellerin aufzuerlegen.
Ferner beantragt die Antragstellerin,
die dem Vergabeverfahren zugrundeliegende Vergabeakte beizuziehen und Akteneinsicht gemäß § 165 GWB zu gewähren.
Der Antragsgegner beantragt,
- 1.
sämtliche Anträge der Antragstellerin als unbegründet zurückzuweisen,
- 2.
der Antragstellerin die Kosten des Nachprüfungsverfahrens aufzuerlegen.
Der Nachprüfungsantrag der Antragstellerin sei unbegründet.
Entgegen der Auffassung der Antragstellerin werde diese nicht durch den beabsichtigten Zuschlag auf das Angebot der beigeladenen Bietergemeinschaft in ihren Rechten verletzt. Die von dem Amtsgericht xxxxxx am xxxxxx 2020 angeordnete vorläufige Eigenverwaltung gemäß § 270a Abs. 1 InsO der xxxxxx lasse die von der Antragstellerin vertretene Ansicht, dass mit der Eröffnung eines Insolvenzverfahrens die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit nicht mehr gegeben sei, nicht zu. Der Antragsgegner habe unter Beachtung der Bestimmungen und der gängigen Rechtsprechung - wie aus der Vergabeakte ersichtlich - nach Eingang der Mitteilung über die Eröffnung des vorläufigen Insolvenzverfahrens erneut eine konkrete und umfassende Überprüfung der Eignung des Bieters vorgenommen. Eine Beschränkung dieser Überprüfung allein auf die Eröffnung des vorläufigen Insolvenzverfahrens wäre sachwidrig gewesen.
Der Antragsgegner sei nach Auswertung des Gesprächs vom 17. März 2020, der vorgelegten ergänzenden Unterlagen und der eigenen Recherchen erneut zu dem Ergebnis gelangt, dass die beigeladene Bietergemeinschaft in ihrer persönlichen, sachlichen und finanziellen Ausstattung die Gewähr für eine verlässliche, fachgerechte und reibungslose Abwicklung bieten würde. Die Schritte des Antragsgegners zur Durchführung dieser einzelfallbezogenen Prognose zur Leistungsfähigkeit des Bieters seien u. a. auch aufgrund der Hinweise im Beschluss des OLG Celle vom 18. Februar 2013 (a. a. O.) erfolgt. Anders als im dort verhandelten Verfahren, in dem das Vermögen des Bieters nicht einmal zur Deckung der Kosten des Insolvenzverfahrens ausreichte, handele es sich vorliegend um eine vorläufige Eigenverwaltung gemäß § 270a Abs. 1 InsO mit dem klaren Ziel der Sanierung. Dadurch, dass die Bundesanstalt für Arbeit Mitglied im vorläufigen Gläubigerausschuss sei, sei einerseits die Gewähr dafür gegeben, dass die Mitarbeiter weiterhin zur Verfügung stünden und andererseits das Interesse bestehe, durch die Fortführung des Betriebs eine hohe Rückflussquote bezüglich der zur Verfügung gestellten Insolvenzgelder zu erreichen.
Besonders realitätsfern erscheine zudem die Forderung der Antragstellerin nach der Vorlage eines Sanierungsplans vor der Vergabeentscheidung. Bei sorgfältiger Durchsicht des Eröffnungsbeschlusses des Amtsgerichts xxxxxx vom xxxxxx 2020 hätte die Antragstellerin erkennen können, dass ein derartiger Plan nach der Ziffer 5 des Beschlusses erst vom Sachwalter zu erstellen sei, was nicht innerhalb von wenigen Tagen möglich sei. Zudem sei anzumerken, dass der Sachwalter nach der Ziffer 6 des Beschlusses unverzüglich dem Gericht und dem Gläubigerausschuss Umstände anzuzeigen habe, die zu Nachteilen von Gläubigern führen könnten. Weder bis zur Vergabeentscheidung noch bis zum gegenwärtigen Zeitpunkt habe es einen derartigen Hinweis gegeben.
Unangebracht sei weiterhin die Forderung nach einer Aussage der Beigeladenen zur COVID-19-Pandemie. Der Antragsgegner müsse, wie jeder andere Auftraggeber auch, bei jedem Auftragnehmer - somit auch bei der Antragstellerin - mit Auswirkungen rechnen. Mit der zu treffenden Ermessensentscheidung habe dies aber nichts zu tun.
Auch der Hinweis der Antragstellerin zur Vorlage der Bürgschaft vor Auftragsvergabe auf Seite 5 ihres Schriftsatzes vom 28. April 2020 überrasche doch sehr. Gemäß § 17 (7) der VOB/B sei die Sicherheit erst 18 Werktage nach Vertragsabschluss zu leisten, somit habe der Antragsgegner diesen Nachweis gar nicht einfordern können. Und selbstverständlich sei in dem Gespräch mit den Vertretern der Bietergemeinschaft am 17. März 2020 auch die Frage der Sicherheitsleistung entsprechend den Ausschreibungsunterlagen zufriedenstellend erörtert worden.
Und schließlich sei in Bezug auf den von der Beigeladenen in ihrem Schreiben vom 23. März 2020 u. a. benannten Auftrag zur "Erhöhung und Verstärkung des xxxxxx" mitzuteilen, dass die Beigeladene nach Öffnung des Zeitfensters für Arbeiten am Deich am 15. April für den Antragsgegner die Arbeiten im zweiten Baujahr ohne Einschränkungen weiter abwickele.
Nach alledem sei das Angebot der beigeladenen Bietergemeinschaft entgegen der Auffassung der Antragstellerin nicht vom weiteren Verfahren auszuschließen.
Die Beigeladene stellt keinen eigenen Antrag.
Sie tritt dem Vorbringen des Antragsgegners bei und weist mit anwaltlichem Schriftsatz vom 22. April 2020 im Übrigen darauf hin, dass die Partner der Bietergemeinschaft einen Arbeitsgemeinschaftsvertrag nach dem Mustervertrag des Hauptverbandes der Deutschen Bauindustrie abschließen werden, in dem beide ARGE-Partner feststellen, dass die Gesellschafterin xxxxxx selbst dann nicht aus der ARGE ausscheide, wenn über ihr Vermögen das Insolvenzverfahren eröffnet werden würde. Selbst wenn aber ein Ausschluss erfolgen sollte, habe der verbleibende ARGE-Partner, die xxxxxx, gemäß § 24.9 des ARGE-Vertrages das Recht, die der ARGE überlassenen Geräte und Stoffe bis zur Erreichung des Gesellschaftszweckes zu belassen. Auf Verlangen des bleibenden ARGE-Partners könne auch das von einem ausgeschiedenen Gesellschafter abgestellte Personal bis zur Beendigung der Bauarbeiten eingesetzt bleiben.
Zudem handele es sich bei den von der Antragstellerin geäußerten Zweifeln hinsichtlich des Darlehens um reine Spekulationen. Der xxxxxx sei bereits ein Massedarlehen in Höhe von xxxxxx € von privater Seite bereitgestellt worden und stehe für den Fortbestand des Unternehmensgegenstandes und die Durchführung der laufenden Aufträge als Sicherheit und finanzielles Polster zur Verfügung. Und schließlich habe der Antragsgegner zutreffend berücksichtigt, dass die finanziellen Probleme der xxxxxx durch ein Großprojekt in xxxxxx entstanden seien, während im Übrigen der "traditionelle Betrieb" in Deutschland gesund gewesen war und auch weiterhin sei.
Die Beteiligten haben einer Entscheidung im schriftlichen Verfahren nach Lage der Akten gemäß § 166 Abs. 1 Satz 3 GWB zugestimmt.
Wegen des übrigen Sachverhalts wird auf die Schriftsätze der Beteiligten und die Vergabeakte Bezug genommen.
II.
Der Nachprüfungsantrag ist zulässig, aber unbegründet. Der Antragsgegner hat vergaberechtmäßig sein Ermessen dahin ausgeübt, das erstplatzierte Angebot der beigeladenen Bietergemeinschaft in der Wertung zu belassen, obgleich die vorläufige Eigenverwaltung gemäß § 270a InsO über ein Mitglied der Bietergemeinschaft angeordnet wurde. Dabei hat er die Tatsachen für seine Prognoseentscheidung in dem ihm zustehenden Beurteilungsspielraum ohne Fehler ermittelt sowie mit dem ihm zustehenden Ermessen auf Rechtsfolgenseite sein wirtschaftliches Risiko vertretbar abgewogen, dies insbesondere vor dem Hintergrund, dass es sich lediglich um eine vorläufige Insolvenz handelte und die Partnerin in der beigeladenen Bietergemeinschaft sowohl für die Ausführung des Auftrags als auch für die Mängelgewährleistung einsteht. Die Antragstellerin ist durch diese Entscheidung des Antragsgegners nicht in ihren Rechten gemäß § 97 Abs. 6 GWB verletzt.
1. Der Nachprüfungsantrag ist zulässig. Bei dem Antragsgegner handelt es sich um einen öffentlichen Auftraggeber i. S. d. § 99 Nr. 2 GWB. Der streitbefangene Auftrag übersteigt auch den für die Zuständigkeit der Vergabekammer maßgeblichen Schwellenwert gemäß § 106 Abs. 1 GWB. Danach gilt der 4. Teil des GWB nur für solche Aufträge, deren geschätzter Auftrags- oder Vertragswert ohne Umsatzsteuer die jeweiligen Schwellenwerte erreicht oder überschreitet, die nach den EU-Richtlinien festgelegt sind.
Bei den ausgeschriebenen Leistungen handelt es sich um einen Bauauftrag i. S. des § 103 Abs. 3 GWB, für den gemäß § 106 Abs. 2 Nr. 1 GWB i. V. m. Art. 4 der Richtlinie 2014/24/EU in der seit 1. Januar 2018 geltenden Fassung zum Zeitpunkt der hier streitbefangenen Auftragsvergabe, die am xxxxxx 2019 bekannt gemacht wurde, ein Schwellenwert von 5.548.000 € (netto) gilt. Die vom Antragsgegner geschätzten Kosten von xxxxxx € (netto) für den Gesamtauftrag unterschreiten den Schwellenwert zwar. Ausweislich der Dokumentation in der Vergabeakte hat der Antragsgegner aber die Kosten für die insoweit maßgebliche Gesamtmaßnahme "Erneuerung des Deckwerks am xxxxxx" auf 19.574.000 EUR (brutto) geschätzt. Auch der geschätzte Wert der hier streitbefangenen Teilbaumaßnahme, nämlich einem Bauabschnitt von 285 m, übersteigt den Teilschwellenwert von 1 Mio. € (netto) deutlich.
Die Antragstellerin ist auch gemäß § 160 Abs. 2 GWB antragsbefugt, da sie ein Interesse am Auftrag hat und die Verletzung von Rechten durch die Nichtbeachtung von Vergabevorschriften geltend macht, indem sie beanstandet, dass der Antragsgegner die beigeladene Bietergemeinschaft wegen fehlender wirtschaftlicher Leistungsfähigkeit nachträglich hätte ausschließen müssen, da mit Beschluss des Amtsgerichts xxxxxx vom xxxxxx 2020 das vorläufige Insolvenzverfahren mit Eigenverwaltung über ein Mitglied der Bietergemeinschaft der Beigeladenen eröffnet wurde. Der Antragsgegner habe sein insoweit eröffnetes Ermessen nicht ordnungsgemäß ausgeübt, weil er die Frage der Eignung nicht hinreichend aufgeklärt habe, sein Ermessen sei auf Null reduziert gewesen.
Voraussetzung für die Antragsbefugnis nach § 160 Abs. 2 GWB ist, dass das Antrag stellende Unternehmen einen durch die behauptete Rechtsverletzung entstandenen oder drohenden Schaden darlegt. Das bedeutet, dass der Antragsteller diejenigen Umstände aufzeigen muss, aus denen sich schlüssig die Möglichkeit eines solchen Schadens ergibt (vgl. Boesen, Vergaberecht, § 107 GWB, Rn. 52). Nach herrschender Meinung und Rechtsprechung sind an diese Voraussetzungen keine allzu hohen Anforderungen zu stellen. Es genügt für die Zulässigkeit eines Nachprüfungsantrags, wenn der Bieter schlüssig einen durch die behauptete Rechtsverletzung drohenden oder eingetretenen Schaden behauptet, also darlegt, dass durch den behaupteten Vergaberechtsverstoß seine Chancen auf den Zuschlag zumindest verschlechtert sein können (BVerfG, Urteil vom 29. Juli 2004 - 2 BvR 2248/04; Möllenkamp in: Kulartz/Kus/Portz, GWB-Vergaberecht, § 107, Rn. 35 ff.). Ob tatsächlich der vom Bieter behauptete Schaden droht, ist eine Frage der Begründetheit (vgl. BGH, Beschluss vom 29. Juni 2006 - X ZB 14/06, zitiert nach VERIS). Die Antragstellerin hat als zweitplatzierte Bieterin eine mögliche Beeinträchtigung ihrer Chancen auf den Zuschlag und damit einen möglichen Schaden schlüssig dargelegt, da sie den Zuschlag im Fall der fehlenden Eignung der beigeladenen Bietergemeinschaft erhalten würde.
Die Antragstellerin hat auch ihrer Pflicht genügt, die geltend gemachten Verstöße gegen die Vergaberechtsvorschriften gemäß § 160 Abs. 3 Satz 1 GWB vor Einreichen des Nachprüfungsantrags rechtzeitig zu rügen.
Gemäß § 160 Abs. 3 Satz 1 Nr.1 GWB muss der Bieter einen geltend gemachten Verstoß vor Einreichen des Nachprüfungsantrags innerhalb einer Frist von zehn Kalendertagen nach positiver Kenntniserlangung gegenüber dem Auftraggeber rügen. Bei der Vorschrift des § 160 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 GWB handelt es sich um eine Präklusionsregel unter dem Gesichtspunkt von Treu und Glauben. Der Bieter soll Vergabefehler nicht auf Vorrat sammeln. Die Rügepflicht gemäß § 160 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 GWB entsteht, sobald ein Bieter oder Bewerber im Vergabeverfahren einen vermeintlichen Fehler erkennt. Vorausgesetzt ist die positive Kenntnis des Bieters von den Tatsachen.
Der Antragsgegner hat der Antragstellerin mit Informationsschreiben gemäß § 134 GWB vom 10. März 2020 mitgeteilt, dass der Zuschlag auf das erstplatzierte Angebot der Beigeladenen erteilt werden solle. Nachdem die Antragstellerin erfahren hatte, dass mit Beschluss des Amtsgerichts xxxxxx vom xxxxxx 2020 das vorläufige Insolvenzverfahren mit Eigenverwaltung über ein Mitglied der Bietergemeinschaft der Beigeladenen eröffnet wurde, rügte sie bereits mit Schreiben vom 13. März 2020 beim Antragsgegner, dass nunmehr offensichtlich die Eignung der Beigeladenen fehle und ihr Angebot daher von der weiteren Wertung auszuschließen sei.
Der Nachprüfungsantrag ist somit zulässig.
2. Der Nachprüfungsantrag ist jedoch unbegründet. Der Antragsgegner hat vergaberechtmäßig sein Ermessen dahin ausgeübt, das erstplatzierte Angebot der beigeladenen Bietergemeinschaft in der Wertung zu belassen, obgleich die vorläufige Eigenverwaltung gemäß § 270a Insolvenzordnung (InsO) über ein Mitglied der Bietergemeinschaft angeordnet wurde. Dabei hat er die Tatsachen für seine Prognoseentscheidung in dem ihm zustehenden Beurteilungsspielraum ohne Fehler ermittelt sowie mit dem ihm zustehenden Ermessen auf Rechtsfolgenseite sein wirtschaftliches Risiko vertretbar abgewogen, dies insbesondere vor dem Hintergrund, dass es sich lediglich um eine vorläufige Insolvenz handelte und die Partnerin in der beigeladenen Bietergemeinschaft sowohl für die Ausführung des Auftrags als auch für die Mängelgewährleistung einsteht. Die Antragstellerin ist durch diese Entscheidung des Antragsgegners nicht in ihren Rechten gemäß § 97 Abs. 6 GWB verletzt.
Gemäß § 6e EU Abs. 6 Nr. 2 VOB/A kann der öffentliche Auftraggeber unter Berücksichtigung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit ein Unternehmen zu jedem Zeitpunkt des Vergabeverfahrens ausschließen, wenn über das Vermögen des Unternehmens ein Insolvenzverfahren beantragt oder eröffnet worden ist. Dies gilt gleichermaßen, wenn nur ein Mitglied einer Bietergemeinschaft von der Insolvenz betroffen ist (OLG Celle, Beschluss vom 5. September 2007, Az. 13 Verg 9/07).
Bei der Beurteilung der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit eines Bieters gibt es keine Regelvermutung, dass nach Eröffnung eines Insolvenzverfahrens der Bieter finanziell nicht leistungsfähig ist, das Ermessen des Auftraggebers darf nicht generalisierend betätigt werden (OLG Düsseldorf, Beschluss vom 2. Mai 2012 - VerG 68/11, juris Rn. 14; OLG Celle, Beschluss vom 18. Februar 2013, Az. 13 Verg 1/13). Insoweit besteht Einigkeit in der Rechtsprechung und Literatur, dass ein fakultativer Ausschluss aufgrund allein bestehender abstrakter Gefährdungslage wie durch die Eröffnung eines Insolvenzverfahrens nicht vorgenommen werden darf, sondern es einer konkreten Überprüfung der Eignung mit dem Auftraggeber zustehenden Beurteilungsspielraum und einer nachfolgenden ermessensfehlerfreien Entscheidung über den Ausschluss des Bieters bedarf (OLG Düsseldorf, Beschluss vom 5. Dezember 2006 - VII VerG 56/06, juris Rn. 16; OLG Schleswig-Holstein, Beschluss vom 30. Mai 2012-1 VerG 2/12, juris Rn. 22; OLG Celle, Beschluss vom 18. Februar 2013, a. a. O.). Bei Insolvenz eines Bietergemeinschaftsmitglieds hat der öffentliche Auftraggeber die Eignung der Bietergemeinschaft insgesamt vollständig zu prüfen (OLG Celle, Beschluss vom 5. September 2007, Az. 13 Verg 9/07).
Das OLG Celle hat in seinem Beschluss vom 18. Februar 2013 (a. a. O.) richtungsweisend festgehalten: "Gemäß § 16 Abs. 1 Nr. 2 a VOB/A-EG kann ein Angebot ausgeschlossen werden, wenn ein Insolvenzverfahren eröffnet worden ist. Diese Vorschrift räumt dem Auftraggeber - auf der Rechtsfolgenseite - ein Ermessen ein, ob er das betroffene Angebot in der Bewertung zulässt oder nicht. Die Prüfung erfordert zuvor eine Eignungsprüfung des Bieters im Hinblick auf die Eignungsmerkmale technische Fachkunde, Leistungsfähigkeit und Zuverlässigkeit, d. h. es ist zu prüfen, ob der Bieter mit seiner personellen, sachlichen und finanziellen Ausstattung die Gewähr für eine fachgerechte und reibungslose Abwicklung des Auftrags bietet und ob man sich auf ihn verlassen kann (z. B. Summa in Juris PK-Vergaberecht, 3. Aufl. 2011, § 16 VOB/A, Rn. 225/226); Bei dieser auf der Tatbestandsebene vorzunehmenden Prüfung steht dem Auftraggeber ein Beurteilungsspielraum hinsichtlich der Eignungsmerkmale als unbestimmte Rechtsbegriffe zu, weil insoweit eine prognostische in die Zukunft gerichtete Entscheidung zu treffen ist (Vergabekammer Brandenburg, Beschluss vom 9. November 2010, Az. VK 50/10, juris, Rn. 48). Der der Vergabestelle damit eingeräumte Beurteilungsspielraum bzw. das nachfolgend auszuübende Auswahlermessen erlaubt eine Kontrolle der getroffenen Entscheidung durch die angerufene Vergabekammer daher nur daraufhin, ob der Vergabestelle Fehler im Rahmen der Beurteilung der Eignung sowie eine ermessensfehlerhafte Entscheidung vorzuwerfen sind. Diese Kontrolle ist auf die Prüfung beschränkt, ob der Auftraggeber das vorgeschriebene Verfahren eingehalten, die von ihm selbst aufgestellten Bewertungsvorgaben beachtet, den zugrunde liegenden Sachverhalt vollständig und zutreffend ermittelt, keine sachwidrigen Erwägungen angestellt und nicht gegen allgemeine Bewertungsgrundsätze verstoßen hat (ständige Rechtsprechung z. B. Vergabekammer Sachsen-Anhalt, Beschluss vom 21. Juni 2012 - 2 VK LSA 08/12, juris Rn. 62; OLG Frankfurt, Beschluss vom 20. Juli 2004 -11 VerG 6/04, juris Rn. 51). § 16 Abs. 1 Nr. 2 a VOB/A-EG entspricht dem neu gefassten § 6e EU Abs. 6 Nr. 2 VOB/A.
Diesem Kontrollmaßstab hält die Entscheidung des Antragsgegners, der das Ergebnis seiner entscheidungsrelevanten Erwägungen in seinem fortgeschriebenen Vergabevermerk und im Nachprüfungsverfahren dargelegt hat, stand. Entscheidend dabei ist, dass er eine einzelfallbezogene Prognoseentscheidung zur Leistungsfähigkeit der beigeladenen Bietergemeinschaft im Einklang mit der zitierten Rechtsprechung getroffen hat. Er ist zum Ergebnis gekommen, dass die Bietergemeinschaft mit ihrer personellen, sachlichen und finanziellen Ausstattung die Gewähr für eine verlässliche, fachgerechte und reibungslose Abwicklung des Auftrags bietet.
Die Anforderungen an die Ermittlung des Sachverhalts sowie die positive Prognose sind allerdings hier nicht so hoch, wie in der oben dargestellten Sachverhaltskonstellation, die dem OLG Celle zur Entscheidung vorlag. Schon die Ausgangssituation ist anders, denn dort hatte der öffentliche Auftraggeber sich für den Ausschluss eines insolventen Bieters entschieden, während der Antragsgegner sich entschlossen hat, an der Annahme des Angebots des Bestbieters festzuhalten. Und es sind zwei grundlegende Abweichungen zu dem Sachverhalt, der dem OLG Celle zur Entscheidung vorlag, zu verzeichnen.
Zunächst ist durch Beschluss des Amtsgerichts xxxxxx vom xxxxxx 2020 lediglich eine vorläufige Insolvenz in Eigenverwaltung gemäß § 270a InsO angeordnet. Dies bedeutet, dass das Amtsgericht festgestellt hat, dass den Liquiditätsproblemen der von der vorläufigen Insolvenz betroffenen xxxxxxx kein Missmanagement zugrunde liegt und gleichzeitig keine nachteilige Prognose für die Gläubiger vorliegt. Nach diesem Beschluss ist die xxxxxx berechtigt, unter Aufsicht des vorläufigen Sachwalters ihr Vermögen weiter zu verwalten und darüber zu verfügen.
Außerdem handelt es sich hier um eine Bietergemeinschaft, für die die Prognoseentscheidung des Antragsgegners insgesamt zu treffen ist, und bei der die ARGE-Partnerin der xxxxxx zudem in jedem Fall in der Lage und laut abzuschließenden ARGE-Vertrag berechtigt sein wird, die Arbeiten mit dem bereitgestellten Gerät, den Stoffen und dem Personal fortzuführen, selbst für den theoretischen Fall, dass nach einer Insolvenz der xxxxxx diese ausscheiden würde.
Beides senkt in der streitbefangenen Konstellation die Schwelle für die Intensität der Aufklärung der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit der xxxxxx. Der allgemeine Grundsatz der Verhältnismäßigkeit wird schon eingangs in § 6e EU Abs. 6 Nr. 2 VOB/A ausdrücklich erwähnt und findet daher auch für den Entscheidungsprozess eines öffentlichen Auftraggebers Anwendung, wenn er für seine Prognose die finanzielle Leistungsfähigkeit aufklärt und mit Spielraum beurteilt sowie bei seiner abschließenden Ermessensentscheidung, wenn er eine Abwägung auf der Rechtsfolgenseite vornimmt. Dies hat das OLG Celle sogar für die Phase der abschließenden Ermessensentscheidung zum Ausdruck gebracht, indem es festgehalten hat, dass in die Risikoabwägung durchaus die Differenz der Angebotssummen eingestellt werden könne. Das OLG Celle hat dazu ausgeführt, es gehe um die wirtschaftlichen Folgen des Auftrags und es sei nachvollziehbar, dass sich die Risikobereitschaft zugunsten eines insolventen Bieters erhöhe, je größer die Differenz zum nächst günstigen Bieter ist.
Die Vergabekammer ist zu der Überzeugung gekommen, dass die Aufklärungstätigkeit des Antragsgegners sowie die Dokumentation in der hier zu beurteilenden Situation ausreichend war und ihm jedenfalls keine Fehler nachgewiesen werden können.
Der Antragsgegner hat die Sachlage auf die Rüge der Antragstellerin und den Beschluss des Amtsgerichts xxxxx vom xxxxxx 2020 hin erneut geprüft und bewertet. In einem vom Antragsgegner dokumentierten Informationsgespräch am 17. März 2020 wurde die xxxxxx aufgefordert, weitere, dort nicht näher bezeichnete Unterlagen zur Prüfung der Sachkunde, Leistungsfähigkeit und Zuverlässigkeit vorzulegen. Sie legte mit E-Mail vom 26. März 2020 schließlich folgende Unterlagen vor:
- Die eigene Stellungnahme zur wirtschaftlichen Situation der xxxxxx vom 23. März 2020.
- Die Stellungnahme der xxxxxx vom 26. März 2020 zum Stand des Insolvenzverfahrens mit dem Hinweis auf einen zwischenzeitlich abgeschlossenen Massedarlehensvertrag.
- Eine Stellungnahme der xxxxxx zur Liquiditätsplanung der xxxxxxvom 26. März 2020.
- Lieferantenerklärungen der Firmen xxxxxx und xxxxxx vom 23. bzw. 20. März 2020 über die Bereitschaft, die xxxxxx weiterhin mit Baustoffen beliefern zu wollen.
Die zu der Beurteilung der finanziellen Leistungsfähigkeit verlangten und vorgelegten Unterlagen wurden seitens des Antragsgegners geprüft und im Ergebnis nach eigenen Recherchen (Telefonate mit den Baustofflieferanten) festgestellt, das Angebot der beigeladenen Bietergemeinschaft (weiterhin) annehmen zu wollen. Die Prüfung und das Ergebnis wurden seitens des Antragsgegners in dem Vergabevermerk vom 2. April 2020 Teil D, lfd. Nr. 5 und 6 dokumentiert.
Für seine Prognose hat sich der Antragsgegner für den streitgegenständlichen überschaubaren Auftrag darauf gestützt, dass die Auftragsdurchführung im ungünstigsten Fall durch die haftende ARGE-Partnerin sichergestellt sei. Er hat angeführt, dass die ihm aus Voraufträgen gut bekannte xxxxxx aufgrund eines Großprojektes in xxxxxx in Zahlungsschwierigkeiten geraten sei, das Vertragsverhältnis für die dort zu erbringenden Leistungen beendet sei. Aus der maßgeblichen eigenen Sicht hat der Antragsgegner die Risikoabwägung angesichts der vorläufigen Insolvenz vertretbar getroffen. So verweist der Antragsgegner auf die positive Prognose der xxxxxx hinsichtlich des Sanierungsprozesses, die Unterstützung von anerkannten Restrukturierungsexperten einer Rechtsanwaltskanzlei sowie das zwischenzeitlich abgeschlossene Massedarlehen, das die Fortführungsfähigkeit der xxxxxx ermögliche. Es sei bestätigt worden, dass die geforderte Vertragserfüllungsbürgschaft über 5 % der Angebotssumme zur Verfügung stehe, die zum Zeitpunkt der Abnahme in eine Mängelgewährleistungsbürgschaft über 3 % der Summe der Abschlagszahlungen umgewandelt werde. Der Antragsgegner hat weiter festgehalten, dass die Mängelgewährleistung jedenfalls durch die gesamtschuldnerisch haftende ARGE-Partnerin sichergestellt sei, die entsprechende Erklärung dem Angebot beiliege.
Die Vergabekammer sieht keinen Aufklärungs- oder Bewertungsfehler. Sie hat keinen Ansatzpunkt, wie sie angesichts von Beurteilungsermessen auf der Tatbestandsebene und Ermessen auf der Rechtsfolgeseite eine Ermessensreduzierung auf Null des Antragsgegners für einen Ausschluss der beigeladenen Bietergemeinschaft herleiten könnte. Die Vergabekammer ist nicht berechtigt, die Risikoabwägung des Antragsgegners zu ersetzen, zumal der Antragsgegner mit dem Zuschlag an die Beigeladene ca. xxxxxx € sparen wird, weil das Angebot der Beigeladenen ca. 4 % günstiger ist, als das der Antragstellerin. Aus den gleichen Gründen hält die Vergabekammer es nicht für erforderlich, dem Antragsgegner aufzugeben, in die Wertung zurückzugehen.
Zu Recht weist der Antragsgegner darauf hin, dass die Situation nicht mit der vom OLG Celle im Beschluss vom 18. Februar 2013 (a. a. O.) zu beurteilenden Situation vergleichbar sei, weil dort das Vermögen des insolventen Bieters nicht einmal zur Deckung der Kosten des Insolvenzverfahrens ausreichend gewesen sei.
Nach umfassender Akteneinsicht moniert die Antragstellerin, dass eine intensive Auseinandersetzung des Antragsgegners mit dem Umstand fehle, dass mit den Gläubigern der Firma lediglich dahin gehend Einvernehmen erzielt worden sei, dass die zu ihr gehörenden Unternehmen, die xxxxxx und die xxxxxx, nur bis Ende Juni 2020 nicht in Anspruch genommen werden sollen. Zu der Aussage der xxxxxx, der vor der Eigenverwaltung eingeleitete Sanierungsprozess sei erfolgreich fortgeführt worden, bleibe unklar, aufweiche Grundlage diese Behauptung belastbar gestützt werden solle, der Antragsgegner habe dies näher hinterfragen sollen. Ebenso habe er versäumt, sich konkrete Nachweise zu den von der xxxxxx benannten fortgeführten Projekten vorlegen zu lassen. Des Weiteren lasse sich der Vergabedokumentation nicht entnehmen, ob der Antragsgegner Angaben und Nachweise zu dem Darlehen abgefordert und kritisch gewürdigt habe. Gleiches gelte für die von der xxxxxx vermeintlich vorgenommene Liquiditätsplanung, die von der xxxxxx behaupteten Verhandlungen mit potentiellen Investoren und dem Verweis auf die Stellung einer vermeintlichen Bürgschaft. Die Bestätigungen der Lieferanten würden nur gelten, wenn die xxxxxx zahlungsfähig bleibe, laut Vergabedokumentation des Antragsgegners bleibe offen, ob der Antragsgegner sich mit der Frage beschäftigt habe, wie mit etwaigen Lieferengpässen bei wegfallender Zahlungsfähigkeit umzugehen sei. Auch fehle es laut Antragstellerin an konkreten Nachweisen, inwieweit das erforderliche Personal und die notwendigen Gerätschaften auch beim Wegfall der finanziellen Leistungsfähigkeit der xxxxxx zur Verfügung stehen würden. Insoweit stelle sich die Frage, ob der Antragsgegner im Rahmen einer echten Ermessensentscheidung kritisch hinterfragt habe, wie die xxxxxx es wirtschaftlich ausgleichen möchte, wenn der Zeitraum von 3 Monaten ablaufe, in dem die Bundesagentur für Arbeit die Gehälter im Eigenverwaltungsverfahren ausgleiche.
Der Antragsgegner weist zur Forderung der Antragstellerin nach der Vorlage eines Sanierungsplans vor der Vergabeentscheidung darauf hin, dass sich aus Ziffer 5 des Eröffnungsbeschlusses des Amtsgerichts xxxxxx vom xxxxxx 2020 ergebe, dass ein derartiger Plan erst vom Sachwalter zu erstellen sei, was nicht innerhalb von wenigen Tagen möglich sei. Zudem trägt der Antragsgegner vor, dass der Sachwalter nach der Ziffer 6 des Beschlusses unverzüglich dem Gericht und dem Gläubigerausschuss Umstände anzuzeigen habe, die zu Nachteilen von Gläubigern führen könnten. Weder bis zur Vergabeentscheidung noch bis zum gegenwärtigen Zeitpunkt habe es einen derartigen Hinweis gegeben. Beiden Ausführungen ist aus Sicht der Vergabekammer nichts hinzuzufügen.
Der Kritik der Antragstellerin, der Antragsgegner habe sich die Vertragserfüllungsbürgschaft vor Auftragsvergabe vorlegen lassen müssen, tritt der Antragsgegner zu Recht entgegen. Gemäß § 17 Abs. 7 S.1 VOB/B ist die Sicherheit erst 18 Werktage nach Vertragsabschluss zu leisten, somit hat der Antragsgegner diesen Nachweis gar nicht einfordem können. Er weist darauf hin, dass selbstverständlich in dem Gespräch mit den Vertretern der Bietergemeinschaft am 17. März 2020 auch die Frage der Sicherheitsleistung entsprechend den Ausschreibungsunterlagen zufriedenstellend erörtert worden sei.
Ergänzend trägt der Antragsgegner in seinem Schriftsatz vom 4. Mai 2020 vor, dass die Beigeladene den in ihrem Schreiben vom 23. März 2020 u. a. benannten Auftrag zur "Erhöhung und Verstärkung des xxxxxx" nach Öffnung des Zeitfensters für Arbeiten am Deich am 15. April für den Antragsgegner im zweiten Baujahr ohne Einschränkungen weiter abwickele.
Insoweit ist festzuhalten, dass unstrittig Ermessenserwägungen während des Verfahrens nachgeholt werden können, dies z. B. im Nachprüfungsverfahren oder Gerichtsverfahren (OLG Celle, Beschluss vom 18. Februar 2013 (a. a. O.)).
Entgegen der Forderung der Antragstellerin hält die Vergabekammer es nicht für erforderlich, dass der Antragsgegner sich über die Auswirkungen der Covid-19-Pandemie auf die finanzielle Leistungsfähigkeit der xxxxxx Gedanken macht. Der Antragsgegner weist dies von sich, da alle Bieter gleichermaßen von den Auswirkungen der Pandemie betroffen wären. Diese Frage hält die Vergabekammer nicht für entscheidungsrelevant, da die deutsche Baubranche bislang kaum von der Pandemie betroffen ist und die Zukunft insoweit insgesamt ungewiss ist. Weder der Antragsgegner, noch die xxxxxx, noch die Vergabekammer kann diesbezüglich in die Glaskugel schauen.
Die Forderungen der Antragstellerin sind damit weitestgehend entkräftet. Wenn sie darüber hinausgehende Nachforschungen des Antragsgegners verlangt, z.B. die Einforderung und Würdigung von konkreten Nachweisen zu allen von der xxxxxx fortgeführten Projekten, ist ihr entgegenzuhalten, dass der Antragsgegner in der hier zu beurteilenden Situation nach Ansicht Vergabekammer unter Beachtung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit auf hinreichender Tatsachengrundlage und mit fehlerfreier Ermessensbetätigung seine Prognoseentscheidung getroffen hat. Es ist nicht erheblich, dass die Antragstellerin selbst in vergleichbarer Situation vielleicht weitere Ermittlungen angestellt und zusätzliche Aspekte kritisch gewürdigt hätte, da es sich um die Risikoabwägung allein des Antragsgegners handelt.
Die Entscheidung des Antragsgegners ist daher im Ergebnis ermessensfehlerfrei, so dass der Nachprüfungsantrag als unbegründet zurückzuweisen ist.
Gemäß § 166 Abs. 1 Satz 3 GWB hat die Vergabekammer mit Zustimmung der Beteiligten im schriftlichen Verfahren nach Lage der Akten entschieden.
III. Kosten
Die Kostenentscheidung folgt aus § 182 GWB in der seit dem 18. April 2016 geltenden Fassung (Art. 1 des Gesetzes zur Modernisierung des Vergaberechts (Vergaberechtsmodernisierungsgesetz - VergRModG) vom 17. Februar 2016 (BGBl. I, S. 203), in Kraft getreten gemäß dessen Art. 3 am 18. April 2016).
Die von der Vergabekammer festzusetzende regelmäßige Mindestgebühr beträgt 2.500 €, die Höchstgebühr 50.000 € und die Höchstgebühr in Ausnahmefällen 100.000 €.
Die Gebührenermittlung erfolgt anhand einer Gebührentabelle des Bundeskartellamtes in der zzt. gültigen Fassung aus Dezember 2009. Hiernach wird der Mindestgebühr von 2.500 € (§ 182 Abs. 2 GWB) eine Ausschreibungssumme von bis zu 80.000 € zugeordnet und dem regelmäßigen Höchstwert von 50.000 € (§ 182 Abs. 2 GWB) eine Ausschreibungssumme von 70 Mio. € (höchste Summe der Nachprüfungsfälle 1996 -1998) gegenübergestellt. Dazwischen wird interpoliert.
Der zugrunde zu legende Gegenstandswert für die ausgeschriebene Leistung beträgt xxxxxx € brutto. Dieser geschätzte Gesamtwert entspricht dem Angebotspreis der Antragstellerin und damit ihrem Interesse am Auftrag.
Bei einem Gegenstandswert von xxxxxx € ergibt sich eine Gebühr in Höhe von xxxxxx €. Diese Gebühr schließt einen durchschnittlichen sachlichen und personellen Aufwand ein. Gutachterkosten sind nicht angefallen. Vorliegend ist die Herabsetzung der ermittelten Basisgebühr von xxxxxx € aus Billigkeitsgründen gemäß § 182 Abs. 1 und 2 S. 1 GWB geboten, da für die Entscheidung über eine Rechtsfrage ein eher unterdurchschnittlicher personeller und sachlicher Aufwand für eine Entscheidung notwendig gewesen ist und die Covid-19-Pandemie eine außergewöhnliche Situation bedeutet. Denn die Antragstellerin hat mit Rücksicht auf die Covid-19-Pandemie zur Beschleunigung des Verfahrens ihre Zustimmung zur Entscheidung nach Aktenlage erteilt. Entsprechend war, da auch der Antragsgegner sowie die Beigeladene zugestimmt hat, eine mündliche Verhandlung nicht erforderlich.
Die ermittelte Basisgebühr wird daher gemäß § 182 Abs. 2 Satz 1, 2. Halbsatz GWB um die Hälfte auf xxxxxx € ermäßigt.
Die in Ziffer 3 des Tenors verfügte Kostentragungspflicht folgt aus § 182 Abs. 3 Satz 1 GWB. Danach hat ein Beteiligter, soweit er im Nachprüfungsverfahren unterliegt, die Kosten zu tragen.
Aufwendungen der Beigeladenen:
Gemäß Ziffer 4 des Tenors sind auch die Kosten der Beigeladenen erstattungsfähig. Nach § 182 Abs. 4 Satz 2 GWB sind Aufwendungen einer Beigeladenen nur erstattungsfähig, wenn die Vergabekammer sie aus Billigkeitsgründen der unterlegenen Partei auferlegt. Dabei setzt die Erstattungsfähigkeit voraus, dass eine Beigeladene sich mit demselben Rechtsschutzziel wie der obsiegende Verfahrensbeteiligte aktiv am Nachprüfungsverfahren beteiligt hat (OLG Brandenburg, Beschluss vom 9. Februar 2010 - Verg W 10/09, zitiert nach juris Tz. 46; OLG Celle Beschluss vom 29. Juni 2010, 13 Verg 4/10 zit. nach ibr-online) Die aktive Beteiligung sah die Rechtsprechung (BGH NZBau 2001, 151 [BGH 19.12.2000 - X ZB 14/00]) ursprünglich erst dann als gegeben an, wenn eine Beigeladene sich - entsprechend § 154 Abs. 3 VwGO - umgekehrt auch selbst einem Kostenrisiko ausgesetzt hatte, indem sie selbst eigene Sachanträge gestellt hatte. Inzwischen muss lediglich eine dem Beitritt eines Streithelfers der ZPO vergleichbare Unterstützungshandlung erkennbar sein, an Hand derer festzustellen ist, welches (Rechtsschutz-) Ziel eine Beigeladene in der Sache verfolgt (OLG Celle, Beschluss vom 27. August 2008 -13 Verg 2/08). Ist eine solche nicht ersichtlich, handelt es sich bei den entstandenen Aufwendungen einer Beigeladenen nicht um solche zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung (OLG Celle, Beschluss vom 29. Juni 2010, 13 Verg 4/10, zit. nach ibr-online). Hat sich eine Beigeladene in einen bewussten Interessengegensatz zu der unterlegenen Partei gestellt und sich dadurch aktiv am Verfahren beteiligt, dass sie eigene Anträge gestellt und diese begründet oder das Verfahren sonst wesentlich gefördert hat, entspricht die Erstattung der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen billigem Ermessen (vgl. Wiese in: Kulartz/ Kus/Portz/Prieß, GWB, 4. Auflage, § 182, Rn. 40; OLG Celle Beschluss vom 12. Januar 2012, 13 Verg 9/11).
Hier hat die Beigeladene sich mit schriftsätzlichem Vortrag aktiv am Verfahren beteiligt.
Die Hinzuziehung eines Rechtsanwalts im Nachprüfungsverfahren war gemäß § 182 Abs. 4 Satz 4 GWB i.V. m. § 80 Abs. 2 VwVfG für die Beigeladene antragsgemäß als notwendig anzuerkennen. Obwohl das GWB für das Nachprüfungsverfahren in der ersten Instanz vor der Vergabekammer keine rechtsanwaltliche Vertretung vorschreibt, ist wegen der Komplexität des Vergaberechts, des Verfahrensrechts im Nachprüfungsverfahren sowie der Komplexität des konkreten streitbefangenen Vergabeverfahrens im Hinblick z. B. auf die Auswirkungen der Covid-19 Pandemie auf die Eignung die rechtsanwaltliche Beratung und Begleitung für die Beigeladene erforderlich.
Die Antragstellerin wird aufgefordert, innerhalb einer Frist von einem Monat nach Rechtskraft dieses Beschlusses die Gebühr in Höhe von xxxxxx € unter Angabe des Kassenzeichens
xxxxxx
auf folgendes Konto zu überweisen:
xxxxxx
IV. Rechtsbehelf
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