Finanzgericht Niedersachsen
Urt. v. 06.10.1999, Az.: 4 K 310/91
Wahlrecht zwischen Betriebsvermögensvergleich und Einnahme-Überschussrechnung
Bibliographie
- Gericht
- FG Niedersachsen
- Datum
- 06.10.1999
- Aktenzeichen
- 4 K 310/91
- Entscheidungsform
- Urteil
- Referenz
- WKRS 1999, 17989
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- ECLI:DE:FGNI:1999:1006.4K310.91.0A
Tenor:
- 1.
Unter Aufhebung des Einspruchsbescheids vom ... wird der Einkommensteuerbescheid vom ... geändert und die Einkommensteuer 1988 auf DM ... ,-- herabgesetzt. Im übrigen wird die Klage abgewiesen.
- 2.
Die Kosten des Rechtsstreits haben die Kläger zu 71 % und der Beklagte zu 29 % zu tragen.
- 3.
Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Dem Beklagten wird nachgelassen, die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe der zu erstattenden Kosten abzuwenden, wenn nicht die Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in derselben Höhen leisten.
- 4.
Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Streitig ist, welche Gewinnermittlungsmethode für das Streitjahr anzuwenden ist, ob ein Schulderlaß in Höhe von rund DM ... im Streitjahr oder erst im Folgejahr zu erfassen ist und, wenn er im Streitjahr zu erfassen ist, ob er als Sanierungsgewinn steuerfrei bleibt.
Der Kl... ist Zahnarzt. Für das Vorjahr 1987 ermittelte er den Gewinn aus seiner Praxis durch Bestandsvergleich nach § 4 Abs. 1 Einkommensteuergesetz (EStG). Für das Streitjahr 1988 ermittelte er - ausweislich seiner Einkommensteuererklärung - seinen Gewinn zunächst durch Überschußrechnung nach § 4 Abs. 3 EStG mit DM ... . Darin war als "sonstiger Ertrag" ein als Sanierungsgewinn bezeichneter Schulderlaß der Fa. ... ... ... (im folgenden: Fa. ...) mit DM ... enthalten, dessen Steuerbefreiung nach § 3 Nr. 66 EStG der Kl... in seiner Steuererklärung beantragte. Über den Schulderlaß liegen zwei schriftliche Vereinbarungen zwischen dem Kl... und der ... Fa ... vom ... und vom ... 1989 vor, die sich lediglich bezüglich der Nebenbestimmungen zur Erlaßvereinbarung unterscheiden. Wegen der Einzelheiten wird auf diese Vereinbarungen (Bl. 120 - 122 Gerichtsakte [GA]) Bezug genommen.
Zur Frage der Steuerfreiheit des Sanierungsgewinns trug der Kl... vor, neben den Verbindlichkeiten gegenüber der Fa. ... hätten Schulden gegenüber dem Fiskus (ca. DM ...,--) und der ... Bank (ca. DM ...,--) bestanden. Die Bank sei dinglich und durch Abtretungen von Forderungen und von Ansprüchen gegen Lebensversicherungen vollständig abgesichert gewesen. Sanierungsbedürftigkeit sei gegeben gewesen, weil er seine Verpflichtungen gegenüber der Fa. ... aus dem laufenden Betrieb nicht mehr habe bezahlen können und die Hausbank sich geweigert habe, weitere Kredite auszugeben. Sanierungseignung habe auch bestanden. Das sei durch die weitere Entwicklung bestätigt worden. Er sei nach dem Erlaß in der Lage gewesen, seine laufenden Verpflichtungen zu erfüllen. Sanierungsabsicht habe auf Seiten der Fa. ... ebenfalls bestanden. Der unstreitig ebenfalls verfolgte Zweck, die Kundenbeziehung für die Zukunft zu erhalten und zu sichern, sei unschädlich.
Die zeitliche Zuordnung des Sanierungsgewinns zum Streitjahr 1988 zog das FA ... nicht in Zweifel. Es versagte aber die begehrte Steuerbefreiung mit der Begründung, bei einem Schuldenstand von über DM ... sei ein Erlaß von lediglich rund DM ... für eine Steuerbefreiung nicht ausreichend. Die Rechtsprechung verlange für die Steuerfreistellung einen vollständigen oder fast vollständige Erlaß aller Verbindlichkeiten. Das FA ... setzte den Gewinn aus der ärztlichen Tätigkeit des Kl..., zuzüglich eines unstreitig noch zu berücksichtigenden Übergangsgewinns aus 1986 von DM ..., in dem Einkommensteuerbescheid 1988 vom ... mit insgesamt DM ...,-- an.
Das wegen Versagung der Steuerfreiheit des Sanierungsgewinns vom Kl... betriebene Einspruchsverfahren blieb erfolglos.
Mit der Klage verfolgte der Kl... sein ursprüngliches Begehren zunächst weiter. Nach einem Hinweis des Gerichts, dass wegen des im Streitjahr erfolgten Wechsels der Gewinnermittlungsart vom Bestandsvergleich zur Überschußrechnung jedenfalls noch ein Übergangsgewinn oder -verlust zu ermitteln und zu berücksichtigen sei und ferner angesichts der Unterzeichnung der Erlaßvereinbarung mit der Fa. ... im Januar 1989 eine Berücksichtigung des Sanierungsgewinns im Streitjahr 1988 zweifelhaft sei, ermittelte zunächst das FA ... einen Übergangsgewinn in Höhe von DM .... Wegen der Einzelheiten der Berechnung wird auf den Schriftsatz des FA ... vom 08.01.1998 (Bl. 53 GA) Bezug genommen. Daraufhin legte der Kl... einen Jahresabschluss des Kl... mit Bilanz und Gewinn- und Verlustrechnung auf den 31.12.1988 vor, der mit einem Gewinn von DM ... abschließt. Wegen der Einzelheiten wird auf Bl. 68 - 79 GA Bezug genommen. Der Schulderlaß durch die Fa. ... ist in diesem Jahresabschluß nicht berücksichtigt worden. Der Kl... vertritt nunmehr die Auffassung, sein Gewinn für das Jahr 1988 sei mit DM ... zuzüglich des Übergangsgewinns aus 1986 von DM ..., also insgesamt DM ... anzusetzen. Der Schulderlaß der Fa. ... sei im Streitjahr nicht zu berücksichtigen, weil die Verbindlichkeit erst durch Unterzeichnung der Vereinbarung im Januar 1989 erloschen sei.
Dem Einwand des FA..., dieser Wechsel der Gewinnermittlungsart sei unzulässig, hält der Kl... entgegen, dass die bisherige Ermittlung des Gewinns für das Streitjahr durch eine Überschußrechnung fehlerhaft gewesen sei. Der nunmehr vorgelegte Jahresabschluß korrigiere diesen Fehler. Von einem unzulässigen Wechsel der Gewinnermittlungsart könne deshalb keine Rede sein. Nach der Rechtsprechung werde die Wahl der Gewinnermittlungsart nicht erst mit der Abgabe der Steuererklärungen getroffen, sondern bereits zu Beginn des Wirtschaftsjahres mit der Einrichtung oder Nichterrichtung der erforderlichen Buchführung. Im Streitjahr habe sein früherer steuerlicher Berater ebenso wie für das Vorjahr 1987 eine doppelte Buchführung bei der ... eingerichtet. In dieser Buchführung seien auf den Konten die Eröffnungsbilanzwerte nicht nur für die Geldkonten (Kasse und Banken), sondern auch für die Konten "Forderungen" und "Verbindlichkeiten" vorgetragen worden. Die Zahlungen der Patienten und der Kassenzahnärztlichen Vereinigung ... für Leistungen des Jahres 1987 seien in 1988 nicht auf dem Erlöskonto, sondern auf den Forderungskonten ... gebucht worden. Ebenso sei bei den Verbindlichkeiten verfahren worden (Konten ...). Außerdem sei ein Kassenbuch mit Bestandsermittlung geführt worden. Die für den Wechsel der Gewinnermittlungsart in der ...-Buchführung notwendige Verschlüsselung mit der Kennziffer ... sei erst am 10.01.1990 erfolgt.
Die Kl... beantragen,
unter Aufhebung des Einspruchsbescheids vom ... den Einkommensteuerbescheid vom ... zu ändern und die Einkommensteuer unter Berücksichtigung freiberuflicher Einkünfte des Klägers von insgesamt DM ... herabzusetzen.
Das FA beantragt,
die Klage abzuweisen.
Der Gewinn für das Streitjahr sei durch die vom Kl... ursprünglich gewählte Überschußrechnung zu ermitteln. Der Schulderlaß durch die Fa. ... sei schon im Streitjahr zu erfassen, weil davon auszugehen sei, dass bereits im Streitjahr mündliche Vereinbarungen über den Erlaß getroffen worden seien.
Das Gericht hat Beweis erhoben über Art und Umfang der Aufzeichnungen und der Büchführung des Kl... im Streitjahr, sowie über den Zeitpunkt des Schulderlasses durch die Fa. ... durch Vernehmung des im Streitjahr für die Kl... tätig gewesenen Steuerberaters ... als Zeugen. Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf das Sitzungsprotokoll Bezug genommen. Dem Senat haben die gesamte Buchführung des Kl... für 1988 nebst Belegen und Kassenbuch, sowie die Handakten des Steuerberaters ..., die die ... Stammdaten des Kl... und die von Herrn ... für den Kl... für das Streitjahr vorgenommenen Eingaben enthalten, vorgelegen.
Gründe
Die Klage hat nur teilweise Erfolg. Der Gewinn des Kl... aus selbstständiger Arbeit beträgt im Streitjahr 1988 insgesamt DM ....
Als Gewinnermittlungsart hat der Kl... für das Streitjahr die Einnahme-Überschußrechnung nach § 4 Abs. 3 EStG gewählt. An diese Wahl ist er gebunden (dazu I.). Wegen des Wechsels der Gewinnermittlungsart vom Bestandsvergleich im Vorjahr zur Überschußrechnung im Streitjahr ist ein Übergangsgewinn anzusetzen (dazu II.). Ein Sanierungsgewinn ist im Streitjahr nicht zu erfassen (dazu III.).
I.
Durch die mit seiner Einkommensteuererklärung für das Streitjahr vorgelegte Überschußrechnung nach § 4 Abs. 3 EStG hat der Kl... sein Wahlrecht zu Gunsten dieser Gewinnermittlungsart wirksam ausgeübt.
Steuerpflichtige, die nicht auf Grund gesetzlicher Vorschriften verpflichtet sind, Bücher zu führen und regelmäßig Abschlüsse zu machen, und die auch keine Bücher führen und keine Abschlüsse machen, können nach § 4 Abs. 3 Satz 1 EStG als Gewinn den Überschuß der Betriebseinnahmen über die Betriebsausgaben ansetzen. Diese Voraussetzungen sind im Streitfall erfüllt.
Dem Kl... stand für das Streitjahr ein Gewinnermittlungswahlrecht zwischen dem Betriebsvermögensvergleich nach § 4 Abs. 1 EStG und der Überschußrechnung nach § 4 Abs. 3 EStG zu, weil er als selbständiger Zahnarzt nicht verpflichtet war, Bücher zu führen und Abschlüsse zu machen (vgl. § 4 Abs. 3 Satz 1 EStG; zum Gewinnermittlungswahlrecht der Angehörigen der freien Berufe vgl. Bundesfinanzhof [BFH], Urteil vom 24. 11 1959 - I 47/58 U - BStBl III 1960, 188,Urteil vom 29.08.1985 - IV R 111/83 - BFH/NV 1986, 158 und Schmidt/Heinicke, EStG, 18. Aufl. 1999, § 4 Rz 4).
Nach ständiger Rechtsprechung des BFH kann das Wahlrecht nur zu Beginn eines Gewinnermittlungszeitraums ausgeübt und danach nicht mehr abgeändert werden (vgl. dazu BFH, Urteile vom 02.03.1978 - IV R 45/73 - BStBl II 1978, 431; vom 29.04.1982 - IV R 95/79 - BStBl II 1982, 594; vom 12.10.1994 - X R 192/93 - BFH/NV 1995, 587 und vom 09.02.1999 - VIII R 49/97, BFH/NV 1999, 1195; weitere Nachweise bei Drüen, DStR 1999,1589). Dieser Grundsatz gilt nach Auffassung des BFH ohne Ausnahme bei jedem Wechsel der Gewinnermittlungsart, d.h. auch beim Wechsel vom Betriebsvermögensvergleich zur Überschußrechnung nach § 4 Abs. 3 EStG (vgl. etwa BFH, Urteil vom 12.10.1994 - X R 192/93 - BFH/NV 1995, 587). Der erkennende Senat ist demgegenüber der Auffassung, dass ein Steuerpflichtiger unter bestimmten Voraussetzungen das Wahlrecht zu Gunsten der Überschußrechnung nach § 4 Abs. 3 EStG auch noch nach Ablauf des Gewinnermittlungszeitraums - im Regelfall bei Abgabe der Steuererklärungen für den fraglichen Veranlagungszeitraum durch Einreichung einer Überschußrechnung - ausüben kann (ebenso mit überzeugender Begründung Drüen, a.a.O.; Kanzler, DStR1998, 233; Littmann/Wolff-Diepenbrock, §§ 4, 5, Rz 2166; zwischen den Tatbestandsvoraussetzungen "Bücher führen" und "Abschlüsse machen" in § 4 Abs. 3 Satz 1 EStG nicht deutlich unterscheidend, aber wohl a. A. Herrmann/Heuer/Raupach/Berg-kämper § 4 Anm. 550 und Kirchhof/Söhn/Weber-Grellet § 4 Anm. D 36).
§ 4 Abs. 3 Satz 1 EStG enthält keine zeitliche Begrenzung des Wahlrechts (so auch BFH, Urteil vom 02.03.1978 - IV R 45/73 - BStBl II 1978, 431). Um es ausüben zu können, muß der Steuerpflichtige nach dem Wortlaut der Vorschrift die persönlichen Voraussetzungen erfüllen, die sein Wahlrecht eröffnen (keine gesetzliche Verpflichtung Bücher zu führen und Abschlüsse zu machen). Die verschiedenen Gewinnermittlungsarten haben jedoch bestimmte, nicht nachholbare Voraussetzungen, die bei bestimmten Sachverhalten faktisch zu einer zeitlichen Beschränkung des Wahlrechts führen. So kann ein Betriebsvermögensvergleich nach § 4 Abs. 1 EStG nur durchgeführt werden, wenn eine Eröffnungsbilanz zeitnah aufgestellt und eine ordnungsmäßige Buchführung eingerichtet wurde. Andererseits ist der Weg zum Betriebsvermögensvergleich von vornherein verbaut, wenn keine Eröffnungsbilanz erstellt oder keine ordnungsmäßige Buchführung eingerichtet wurde. Solche aus der Natur der jeweiligen Gewinnermittlungsart folgenden zeitlichen Beschränkungen in der Wahl zwischen dem Betriebsvermögensvergleich nach § 4 Abs. 1 EStG und der Überschußrechnung nach § 4 Abs. 3 EStG gibt es demgegenüber nicht, wenn zwar zeitnah eine Eröffnungsbilanz aufgestellt und eine ordnungsmäßige Buchführung eingerichtet, aber (noch) kein Jahresabschluß gemacht worden ist. Wortlaut und Zweck der Vorschrift erfordern bei einer solchen Fallgestaltung gerade nicht die Ausübung des Wahlrechts zu Beginn des Gewinnermittlungszeitraums. Die gegensätzliche Rechtsprechung des BFH ignoriert den Wortlaut des § 4 Abs. 3 Satz 1 EStG und steht auch in Widerspruch zu den Erklärungspflichten der Steuerpflichtigen: Wenn alle übrigen Voraussetzungen dieser Vorschrift vorliegen, hat der Steuerpflichtige nach dem Wortlaut des § 4 Abs. 3 Satz 1 EStG das Gewinnermittlungswahlrecht, so lange er keinen Abschluß gemacht hat. Ob der Steuerpflichtige einen Abschluß oder eine Überschußrechnung erstellt, muß er dem Finanzamt aber erst bei Abgabe der Einkommensteuererklärung für den betreffenden Veranlagungszeitraum mitteilen (vgl. zur Gewinnermittlung nach § 4 Abs. 3 EStG, Schmidt/Heinicke EStG § 4 Rz 374 f. und zur Gewinnermittlung nach § 4 Abs. 1 oder § 5 EStG, § 60 Abs. 1 EStDV). Wenn der Steuerpflichtige nicht schon vorher eine Wahl getroffen und dokumentiert hat, bleibt ihm also das Wahlrecht bis zur Abgabe der Einkommensteuererklärung. Die gegenteilige Rechtsprechung des BFH, die allein durch die Aufstellung der Eröffnungsbilanz und die Einrichtung der Buchführung das Wahlrecht als ausgeübt ansieht, vernachlässigt demgegenüber ohne rechtfertigende Gründe die für das Wahlrecht konstituierende Voraussetzung der Nichterstellung eines Abschlusses als bedeutungslos.
Im Streitfall hat der Kl... durch die Übernahme der Schlußbilanzwerte per 31.12.1987 zeitnah eine Eröffnungsbilanz aufgestellt. Der Senat hat aufgrund der vorliegenden Buchführung und nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme keine Zweifel an der Darstellung des K..., dass für das Streitjahr eine ordnungsgemäße Buchführung eingerichtet worden ist. Die Ergebnisse des Bestandsvergleichs des Vorjahres sind in die fortlaufend geführte Buchführung übernommen worden. Auch das vorliegende Kassenbuch genügt den Anforderungen. Dass kein Kontokorrent geführt worden ist, ist nicht schädlich, weil der Kl... die entsprechenden Aufzeichnungen neben der Buchführung in Patientenlisten geführt hat.
Der Kl... hat das ihm danach zustehende Wahlrecht zu Gunsten der Gewinnermittlung nach § 4 Abs. 3 EStG dadurch ausgeübt, dass er keinen Abschluß gemacht, sondern eine Überschußrechnung zusammen mit der Einkommensteuererklärung vorgelegt hat. Der Kl... geht also unzutreffend davon aus, dass er sein Wahlrecht schon zu Beginn des Wirtschaftsjahres durch Aufstellung der Eröffnungsbilanz und durch Einrichtung der Buchführung zu Gunsten des Betriebsvermögensvergleichs nach § 4 Abs. 1 EStG ausgeübt habe.
Der von den Kl... während des Klageverfahrens vorgelegte Betriebsvermögensvergleich nach § 4 Abs. 1 EStG ist im Hinblick auf das Gewinnermittlungswahlrecht als nachträgliche Änderung des bereits ausgeübten Wahlrechts zu beurteilen. Die Änderung der bereits getroffenen Wahl ist nach ständiger Rechtsprechung des BFH aber unzulässig (vgl. BFH, Urteile vom 02.03.1978 - IV R 45/73 - BStBl II 1978, 431 und vom 29.04.1982 - IV R 95/79 - BStBl II 1982, 594). Der erkennende Senat schließt sich insoweit der Rechtsprechung des BFH an.
Anhaltspunkte für eine willkürliche und damit unzulässige Wahl der Gewinnermittlungsart BStBl II 1978, 431 und III 1060, 188 sind von den Beteiligten nicht geltend gemacht worden und ergeben sich auch nicht aus den Akten.
II.
Wegen des Wechsels der Gewinnermittlungsart vom Betriebsvermögensvergleich im Vorjahr zur Überschußrechnung im Streitjahr ist als Teil des laufenden Gewinns, übereinstimmend mit den Beteiligten, für das Streitjahr ein Übergangsgewinn von DM ... anzusetzen.
III.
Ein Sanierungsgewinn ist im Streitjahr nicht zu erfassen. Es kann dahinstehen, ob der Schulderlass durch die Fa. ... als Betriebseinnahme zu erfassen wäre (vgl. dazu Schmidt/Heinicke, EStG, § 4 Rz 404) und die Steuerbefreiungsvorschrift des § 3 Nr. 66 EStG bei der Gewinnermittlung nach § 4 Abs. 3 EStG Anwendung findet (offen gelassen vom BFH im Urteil vom 27.02.1997 - IV R 62/96 - BStBl II 1997, 509, 512), weil jedenfalls im Streitjahr noch keine Vereinbarung über den Schulderlass zustande gekommen ist. Auch nach der Beweisaufnahme hat der Senat entgegen der Auffassung des FA keine Anhaltspunkte dafür, dass schon im Streitjahr 1988 die Vereinbarung über den Forderungserlass zwischen der Fa. ... und dem Kl... getroffen worden ist. Die Bekundung des Zeugen ..., dass die Symmetrie zur buchmäßigen Behandlung bei der Fa. ... der Grund für die Berücksichtigung des Forderungserlasses in der Überschußrechnung des Kl... für das Streitjahr gewesen sein könnte, läßt keinen Schluß darauf zu, dass schon vor der Unterzeichnung der Erlassvereinbarung im Jahr 1989 eine verbindliche Einigung über den Erlass zustande gekommen ist.
IV.
Der Gewinn des Kl... aus selbständiger Arbeit für das Streitjahr 1988 setzt sich demnach wie folgt zusammen:
laufender Gewinn | ... DM |
---|---|
Übergangsgewinn aus 1986 | ... DM |
Übergangsgewinn aus 1987 | ... DM |
Summe | ... DM |
Daraus ergibt sich folgende Steuerberechnung:
zu versteuerndes Einkommen bisher | ... DM | |
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Einkünfte aus selbständiger Arbeit bisher | ... DM | |
Einkünfte aus selbständiger Arbeit nach dieser Entscheidung | ... DM | |
Differenz | - ... DM | ... DM |
zu versteuern nach der Splittingtabelle | ... DM | |
auf Grund dieses Urteils festzusetzende Einkommensteuer | ... DM |
V.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 136 Abs. 1 FGO. Die Kl... haben die Herabsetzung der Einkommensteuer von DM ... auf DM ... begehrt. Bei einem Streitwert von DM ... haben die Kl... mit DM ...,-- (=29 %) obsiegt und sie sind mit DM ...,-- (=71 %) unterlegen.
Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 151 Abs. 1 und 3 FGO in Verbindung mit § 708 Nr. 10 und § 711 ZPO.