Oberverwaltungsgericht Niedersachsen
Beschl. v. 13.01.2016, Az.: 12 LA 217/14

sachverständiger Beistand; Biogasanlage; Gasdichtigkeit; Geruch; GIRL; Privatgutachten

Bibliographie

Gericht
OVG Niedersachsen
Datum
13.01.2016
Aktenzeichen
12 LA 217/14
Entscheidungsform
Beschluss
Referenz
WKRS 2016, 43162
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
[keine Angabe]

Verfahrensgang

vorgehend
VG - 12.11.2014 - AZ: 5 A 19/12

Tenor:

Der Antrag des Klägers, die Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Oldenburg - 5. Kammer (Einzelrichter) - vom 12. November 2014 zuzulassen, wird abgelehnt.

Der Kläger trägt die Kosten des Zulassungsverfahrens. Außergerichtliche Kosten der Beigeladenen sind erstattungsfähig.

Der Wert des Streitgegenstandes für das Zulassungsverfahren wird auf 15.000,-- EUR festgesetzt.

Gründe

I.

Der Kläger wendet sich gegen der Beigeladenen erteilte immissionsschutzrechtliche Genehmigungen für eine Biogasanlage.

Der Kläger ist Eigentümer des in der Gemeinde F. gelegenen und mit einem Wohnhaus bebauten Grundstücks G. Straße H.. Das Wohngebäude des Klägers liegt nach den Feststellungen des Verwaltungsgerichts etwa 170 m von der Biogasanlage und etwa 220 m von den Siloplatten entfernt.

Mit Bescheid vom 27. September 2007 und Nachträgen vom 17. Oktober 2007 und 20. April 2009 erteilte der Beklagte der Beigeladenen die immissionsschutzrechtliche Genehmigung zur Errichtung und zum Betrieb einer Biogasanlage auf dem Grundstück G. Straße in F. (Flur 6, Flurstück 108). Mit weiterem Bescheid vom 1. August 2011 erteilte der Beklagte der Beigeladenen eine immissionsschutzrechtliche Genehmigung zur Anlagenänderung hinsichtlich näher bezeichneter Maßnahmen. Die vom Kläger erhobenen Widersprüche gegen die Genehmigung vom 27. September 2007 und die Nachträge vom 17. Oktober 2007 und 20. April 2009 sowie gegen die Änderungsgenehmigung vom 1. August 2011 wies der Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 30. November 2011 zurück.

Die dagegen erhobene Anfechtungsklage hat das Verwaltungsgericht mit dem im Tenor bezeichneten Urteil abgewiesen und zur Begründung im Wesentlichen ausgeführt: Eine Verletzung subjektiv-öffentlicher Rechte des Klägers als Nachbarn durch die angegriffenen Bescheide lasse sich nicht feststellen. Der Kläger könne sich - wie im Einzelnen ausgeführt wird - nicht mit Erfolg auf erhebliche Geruchsbelästigungen durch die Biogasanlage berufen. Auch die von der Anlage ausgehenden Schallimmissionen einschließlich tieffrequenter Geräusche seien nicht erheblich. Der Kläger könne sich auch nicht darauf berufen, dass die Errichtung der Biogasanlage aus städtebaulichen Gründen unzulässig sei oder gegen das Trennungsgebot des § 50 BImSchG verstoße.

II.

Der Antrag des Klägers, die Berufung gegen dieses Urteil zuzulassen, hat keinen Erfolg. Die geltend gemachten Zulassungsgründe der ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit des Urteils (§ 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) und des Verfahrensmangels (§ 124 Abs. 2 Nr. 5 VwGO) liegen nicht vor bzw. sind nicht hinreichend dargetan.

1. Ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils sind begründet, wenn ein einzelner tragender Rechtssatz oder eine erhebliche Tatsachenfeststellung mit schlüssigen Argumenten in Frage gestellt wird. Um ernstliche Zweifel darzulegen, muss sich der Zulassungsantragsteller substantiiert mit der angefochtenen Entscheidung auseinandersetzen und geltend machen, die verwaltungsgerichtliche Entscheidung sei im Ergebnis unrichtig und die Sachgründe hierzu bezeichnen und erläutern (vgl. nur BVerfG, Beschl. v. 3.3.2004 - 1 BvR 461/03 -, BVerfGE 110, 77). Das Vorbringen des Klägers gibt keinen Anlass, die Berufung mit Blick auf diesen Zulassungsgrund zuzulassen.

a) Der Kläger rügt zunächst, dass sich das Gericht in seinem Urteil auf lediglich mündliche Aussagen eines Herrn Dr. I. beziehe, der in der mündlichen Verhandlung als „sachverständiger Beistand“ der Beigeladenen und damit als deren Interessenvertreter aufgetreten sei. Weder sei Dr. I. in der mündlichen Verhandlung vereidigt worden, noch habe er sich auf einen Eid oder darauf berufen, das von ihm erforderte Gutachten unparteiisch oder nach bestem Wissen und Gewissen zu erstatten. Gleichwohl übernehme das Gericht unkritisch seine Äußerungen; dies verstoße gegen § 98 VwGO i. V. m. § 410 ZPO. Dieses Vorbringen des Klägers ist mit Blick auf den geltend gemachten Zulassungsgrund der ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit des Urteils nicht von erheblicher Bedeutung. Der Vorwurf der fehlenden Beeidigung - zu einem etwaigen Verfahrensmangel insoweit nachfolgend unter 2. - ist für sich allein nicht geeignet, die Verwertbarkeit der mündlichen Erläuterungen des Sachbeistands und die inhaltliche Richtigkeit der angegriffenen Entscheidung durchgreifend in Zweifel zu ziehen.

b) Hinsichtlich der Silagelagerung und der insoweit zu berücksichtigenden Anschnittfläche rügt der Kläger, dass die Annahmen im Gutachten der Firma J. GmbH obsolet seien, wenn dort mit einer Anschnittfläche von 5 x 3 m = 15 m² gerechnet werde. Dabei übersieht er, dass der Berechnung in dem Ergänzungsgutachten vom 14. Juli 2011 nunmehr zwei Lagerflächen für Mais- und Grassilage von je 22,5 x 60 m zugrunde liegen und davon ausgegangen wird, dass eine abgestochene Kante von 22,5 x 3 m auf der Silofläche Gerüche emittieren kann. Das bedeutet indes, dass die gesamte Breite einer Lagerfläche als Geruchsquelle angesehen und zudem unterstellt wird, dass während der Entnahme der Silage der gesamte Anschnitt bewegt wird, wobei der Emissionsfaktor für diese Zeit verdreifacht wurde. Wie der Gutachter nachvollziehbar erläutert hat, ist dies mit großer Wahrscheinlichkeit eine sehr konservative Annahme. Andererseits mag - wie der Kläger hervorhebt - die angenommene Silohöhe von 3 m nicht die obere Grenze darstellen. Der Beklagte hält jedenfalls eine darüber hinausgehende Lagerung für rechtmäßig. Daraus ergeben sich für den Kläger erhebliche Nachteile jedoch nicht. Der sachverständige Beistand der Beigeladenen hat dazu ausgeführt, dass eine Erhöhung der Geruchsstunden von 0 bis 0,8 % zu erwarten sei, wenn man in die Berechnung eine Höhe der Silagelagerung von 5 m einstelle. Das zeigt aber, dass selbst noch darüber hinausgehende Annahmen schwerlich begründeten Anlass für die Befürchtung geben würden, dass am Wohnhaus des Klägers unzumutbare Geruchsbelastungen entstehen könnten. Das Geruchsgutachten vom 14. Juli 2011 ermittelt dort am Immissionsort 4 eine Vorbelastung von 2,3 und eine Zusatzbelastung von 2,1 % der Jahresstunden, mithin eine Gesamtbelastung von (gerundet) 4,0 % der Jahresstunden, damit einen Wert, der von dem Immissionswert von 10 % für Wohn-/Mischgebiete - dessen Anwendbarkeit unterstellt - einen so großen Abstand hält, dass selbst bei höheren Eingangsparametern nicht ernsthaft mit einem Überschreiten dieses Immissionswerts zu rechnen ist. Dass es sich insoweit anders verhält, hat der Kläger, der sich gegen einzelne Ansätze der Begutachtung wendet, auch nicht plausibel dargetan. Dabei ist nicht einmal berücksichtigt, dass jedenfalls angesichts der Randlage des klägerischen Wohngrundstücks zum Außenbereich alles dafür spricht, dass die Zumutbarkeitsgrenze im Wege einer Zwischenwertbildung deutlich höher als mit einem Immissionswert von 10 % der Jahresstunden anzusetzen ist, wenn man nicht ohnehin hier grundsätzlich eine Geruchsbelastung von 15 % der Jahresstunden - wie vom Verwaltungsgericht erwogen - für gebietsangemessen und vertretbar hielte.

c) Der Kläger beanstandet ferner, dass die im Rahmen der Geruchsimmissionsprognose zu berücksichtigende Vorbelastung unrichtig ermittelt worden sei. Die Firma J. GmbH hat indes unter dem 13. März 2014 - worauf der Kläger selbst hinweist - eine Neuberechnung der Vorbelastung mit höheren Tierzahlen vorgenommen und kommt dabei am Wohnhaus des Klägers zu einer Geruchshäufigkeit von 1,8 %, wobei dieser trotz höherer Tierzahlen geringere Wert offenbar insbesondere auf dem Ansatz von Gewichtungsfaktoren beruht, wie sie in Tabelle 4 der Geruchsimmissions-Richtlinie 2008 Eingang gefunden haben. Soweit der Kläger darauf verweist, dass ein Gewichtungsfaktor von 0,5 bei Mastbullen und Kälbermast nur dann berücksichtigt werden dürfe, sofern diese zur Geruchsimmissionsbelastung nur unwesentlich beitrügen, macht er weder geltend, noch ergeben sich mit Blick auf Art und Zusammensetzung der zugrunde gelegten Tierzahlen hinreichende Anhaltspunkte dafür, dass die maßgebliche Zumutbarkeitsgrenze überschritten werden könnte, wenn diesen Ansätzen nicht einschränkungslos zu folgen wäre. Davon abgesehen fehlt es an einem hinreichenden Anhalt dafür, dass auch mit den korrigierten Tierzahlen insoweit die Vorbelastung nicht realitätsnah ermittelt worden ist und außerdem mit einer Gesamtbelastung am Wohnhaus des Klägers zu rechnen sein könnte, die die Zumutbarkeitsgrenze überschreitet.

d) Der Kläger macht überdies geltend, das Verwaltungsgericht habe zu Unrecht die Versickerungsgrube als Emissionsquelle unberücksichtigt gelassen. Damit werden ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils ebenfalls nicht dargetan. Das Verwaltungsgericht hat hierzu ausgeführt (UA S. 14 f.): Der Landkreis K. als untere Wasserbehörde habe der Beigeladenen mit Bescheid vom 15. Februar 2008 eine Erlaubnis zur Einleitung des auf dem Gelände der Biogasanlage anfallenden unbelasteten Niederschlagswassers in das Rückhaltebecken erteilt, so dass sich die Frage, ob sich im Falle der Einleitung belasteter Oberflächenwässer eine Geruchsbelastung ergebe, die bei der Geruchsprognose zu berücksichtigen gewesen wäre, nicht stelle. Das ist auch deshalb überzeugend, weil mit Auflage 12 des immissionsschutzrechtlichen Änderungsbescheids vom 1. August 2011 bestimmt und der Beigeladenen aufgegeben wird, dass anfallendes Niederschlagswasser, das nicht in den Prozess zurückgeführt wird, aus dem durch die Umwallung geschaffenen Auffangraum schadlos beseitigt werden können muss und deshalb das Rückhaltebecken für unbelastetes Niederschlagswasser innerhalb der Umwallung zu errichten ist. Demgegenüber ist das auf den Siloplatten anfallende Niederschlagswasser zusammen mit dem Silagesickerwasser dem Silagesickerwasserschacht zuzuleiten. Ein Betrieb der Anlage, der davon abweichend zu einer unkontrollierten Ableitung von Silagesickersäften führen würde, wäre nicht genehmigungskonform.

Das Verwaltungsgericht hat ferner auf die Ausführungen des sachverständigen Beistands der Beigeladenen in der mündlichen Verhandlung verwiesen, wonach eine Sickergrube für Regenwasser im Rahmen einer Begutachtung als irrelevant einzustufen sei, weil die Konstellation dort die gleiche sei, wie an den anderen Stellen, an denen das Niederschlagswasser auftrete. Zudem habe der Gutachter in seiner Prognose für verschiedene „diffuse Quellen“ einen Zuschlag von 0,2 MGE/h angenommen. Damit würden auch solche Geruchsquellen berücksichtigt, die sich im Einzelnen nicht erfassen ließen. Auch dagegen bringt der Kläger durchgreifende Einwände nicht vor. Dass Geruchsemissionen durch auf den Fahrstrecken liegende Silagereste entstehen können, wenn abgeregnetes Oberflächenwasser in der Versickerungsgrube aufgefangen wird, wird in dem Geruchsgutachten berücksichtigt (s. S. 24 des Gutachtens v. 14.7.2011). Dass es sich dabei um eine sog. „diffuse Quelle“ handelt, die sich als solche einer eindeutigen Bestimmung und Quantifizierung entzieht, leuchtet unmittelbar ein. Im Übrigen sind insoweit Vorkehrungen zur Emissionsminderung schon durch die Auflagen 23 und 24 des Genehmigungsbescheids vom 27. September 2007 getroffen worden, indem dort bestimmt ist, dass die Silolagerplatten und Transportwege sauber zu halten und durch den Betrieb der Biogasanlage aufgetretene Verschmutzungen, einschließlich derjenigen im Umfeld der Anlage, umgehend zu beseitigen sind.

e) Was die Berücksichtigung von Fermenter und Gärstoffbehälter als Geruchsquelle betrifft, hat der Kläger insoweit ernstliche Zweifel jedenfalls nicht innerhalb der Antragsbegründungsfrist vorgebracht. Ergänzend wird insoweit auf die nachfolgenden Ausführungen zu der erhobenen Verfahrensrüge Bezug genommen.

2. Der Kläger dringt auch mit seiner Rüge eines Verfahrensmangels (§ 124 Abs. 2 Nr. 5 VwGO) nicht durch.

a) Der Kläger beanstandet zum einen, dass das Verwaltungsgericht den „vermeintlichen Sachverständigen“ Dr. I. nicht beeidigt, gleichwohl dessen Aussagen seiner Entscheidungsfindung zugrunde gelegt habe. Diese Rüge ist unbegründet. Dr.  I. ist in der mündlichen Verhandlung - wie das Protokoll auch wiedergibt - als sachverständiger Beistand der Beigeladenen aufgetreten und hat die von dem Gutachterbüro J. GmbH (Geschäftsführer Dr. I.) erstellten Geruchsgutachten erläutert. Dazu bedarf es einer Beeidigung nach § 410 ZPO i. V. m. § 98 VwGO nicht. Um sich die notwendige Sachkunde zu verschaffen, kann das Verwaltungsgericht auch Gutachten verwerten und sich mündlich erläutern lassen, wenn diese im vorangegangenen Verwaltungsverfahren behördlicherseits angeordnet oder von einem Beteiligten als „Parteigutachten“ vorgelegt worden sind. Gewicht, Bedeutung und Nachvollziehbarkeit des Gutachtens hat das Gericht im Rahmen seiner Beweiswürdigung zu beurteilen (vgl. dazu etwa Senat, Beschl. v. 12.7.2013 - 12 LA 174/12 -, juris; Kopp/Schenke, VwGO, 21. Aufl., § 98 Rdnr. 15 a und 15 b; Czajka, in: Feldhaus, Bundesimmissionsschutzrecht, Kommentar, Bd. 2, B 2.9, § 13 9. BImSchV Rdnr. 59 ff., 75 ff., 76). Der Beklagte weist in diesem Zusammenhang zu Recht daraufhin, dass die J. GmbH eine bekannt gegebene Messstelle im Sinne von § 26 BImSchG sei und die Bekanntgabe insbesondere zur Voraussetzung habe, dass die Stelle über die erforderliche Fachkunde, Unabhängigkeit und Zuverlässigkeit verfüge (§ 29 Abs. 2 Satz 2 BImSchG). Ob die von ihr erstellten und hier in Rede stehenden Gutachten sogar die Voraussetzungen des § 13 Abs. 2 Satz 2 der 9. BImSchV erfüllen, muss nicht entschieden werden.

b) Der Kläger rügt ferner, dass das Verwaltungsgericht die Baugenehmigungsakten bezüglich der genehmigten Tierhaltung nicht beigezogen habe, was zur Ermittlung der Vorbelastung indes erforderlich gewesen sei. Darin liegt ein erheblicher Verfahrensmangel nicht. Der Einzelrichter hat ausweislich der Begründung in seinem Urteil vom 12. November 2014 (UA S. 17) von einer Beiziehung der Verwaltungsvorgänge abgesehen, weil sich aus der ergänzenden Stellungnahme von Dr. I. vom 13. März 2014, in der höhere Tierzahlen als zuvor in dem schriftlichen Gutachten zugrunde gelegt werden, eine Erhöhung der Vorbelastung am Grundstück des Klägers nicht ergebe und überdies die festgestellte Gesamtbelastung die zulässige Grenze erheblich unterschreite. Diese Neuberechnung war auch dem Kläger zur Kenntnis gegeben worden. Er hat dagegen im weiteren verwaltungsgerichtlichen Verfahren Einwände nicht vorgebracht und auch einen Beweisantrag in der mündlichen Verhandlung nicht gestellt. Ist aber auf die Vornahme einer Sachverhaltsaufklärung, deren Unterbleiben nunmehr gerügt wird, in dieser Weise nicht hingewirkt worden und mussten sich dem Verwaltungsgericht derartige Ermittlungen auch von sich aus - wie hier - nicht aufdrängen, so bleibt die Aufklärungsrüge erfolglos (vgl. nur BVerwG, Beschl. v. 19.8.1997 - 7 B 261.97 -, NJW 1997, 3328; Beschl. v. 18.12.2006 - 4 BN 30.06 -, NVwZ-RR 2007, 285). Davon abgesehen ist - wie gesagt - nichts dafür vorgetragen und ersichtlich, dass auch mit den korrigierten Tierzahlen die tatsächlich auftretenden Umweltbelastungen nicht realistisch ermittelt worden sind.

c) Der Kläger kritisiert zudem, das Verwaltungsgericht habe den in der mündlichen Verhandlung gestellten Beweisantrag auf Einholung eines Sachverständigengutachtens bezüglich der von Fermenter und Gärstoffbehältern ausgehenden Emissionen zu Unrecht abgelehnt. Der Beweisantrag des Klägers war darauf gerichtet, durch Einholung eines Sachverständigengutachtens nachzuweisen, „dass Fermenter und Gärstoffbehälter, die mit einem Doppelmembranspeicher ausgestattet sind, in einem Umfang emittieren, der den in der Anlage K 14 zum Schriftsatz vom 24. Oktober 2014 (Bl. 173 der Gerichtsakte) enthaltenen Werten entspricht“. Bei dieser Anlage K 14 handelt es sich um den einseitigen Auszug aus einem Vortrag von Dipl. Ing. L. vom TÜV Nord Umweltschutz GmbH & Co. KG, den dieser zu dem Thema „Neue Erkenntnisse zur Geruchsproblematik bei Biogasanlagen“ am 23. Oktober 2008 beim Landesumwelt-amt Brandenburg gehalten hatte. Diese Unterlage ist in der mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht erörtert worden. Der Einzelrichter hat den Beweisantrag in der mündlichen Verhandlung ausweislich der Niederschrift über die öffentliche Sitzung (S. 8) mit folgender Begründung abgelehnt:

„Die dem Gutachten und den Aussagen des Gutachters zugrundeliegenden Annahmen basieren auf den tatsächlichen Werten zur Gasdichtigkeit der verwendeten Folie, die auch in den Antragsunterlagen zugrunde gelegt worden sind und sich aus dem vorgelegten technischen Datenblatt ergibt. Demgegenüber geben die vom Prozessbevollmächtigten der Kläger vorgelegten Unterlagen, die aus einer Präsentation aus dem Internet stammen, keinen Anlass, die Aussagen und Annahmen des sachverständigen Beistands in Zweifel zu ziehen, da sich aus diesen Unterlagen nicht ergibt, von welcher Gasdichtigkeit der Folie ausgegangen worden ist, so dass sich auch die Annahmen der Präsentation nicht nachvollziehen lassen. Die damit vorliegenden Unterlagen und Annahmen reichen für eine gerichtliche Entscheidung aus. Eine weitere Beweiserhebung würde lediglich einer weiteren Ausforschung dienen. Darüber hinaus kommt es auf diese Aussagen auch deswegen nicht an, weil der Einzelrichter davon ausgeht, dass sich die Grundstücke der Kläger eher im Außenbereich befinden und dort ohnehin höhere Werte gelten.“

Demgegenüber macht der Kläger zur Begründung seiner Verfahrensrüge neben dem bereits oben behandelten grundsätzlichen Vorbringen zum mangelnden Beweiswert der Ausführungen von Dr. I. geltend, dass vollständige Gasdichtigkeit technisch nicht zu erreichen sei und auch über ein Überdruckventil Emissionen austreten könnten. Ein Verfahrensfehler, auf dem das angefochtene Urteil beruhen kann, ist damit nicht in einer den Anforderungen des § 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO genügenden Weise bezeichnet. Die Einholung eines weiteren Gutachtens liegt grundsätzlich im Ermessen des Tatrichters. Dieses Ermessen wird nur dann verfahrensfehlerhaft ausgeübt, wenn das Gericht von der Einholung eines weiteren Gutachtens absieht, obwohl sich ihm die Notwendigkeit einer weiteren Beweiserhebung hätte aufdrängen müssen. Reichen hingegen die vorliegenden Erkenntnisse aus, um das Gericht in die Lage zu versetzen, die entscheidungserheblichen Fragen sachkundig beurteilen zu können, ist die Einholung eines weiteren Gutachtens weder notwendig noch veranlasst (vgl. BVerwG, Beschl. v. 13.2.1992 - 4 B 39.92 -, NVwZ 1993, 268; Urt. v. 6.10.1987 - 9 C 12.87 -, Buchholz 310, § 98 VwGO Nr. 31; Urt. v. 6.2.1985 - 8 C 15.84 -, BVerwGE 71, 38). Hiervon ist das Verwaltungsgericht ausgegangen und hat angenommen, dass nach den nachvollziehbaren Annahmen und Ausführungen von Dr. I. bei einer Abdeckung mit Doppelmembranen davon ausgegangen werden könne, dass diese vollständig gasdicht sei, eventuell sich ergebende Immissionen irrelevant und bereits in 3 bis 5 m Abstand nicht mehr nachweisbar und für die Annahme eines höheren Wertes auch in Vergleichsgutachten keine Hinweise zu finden seien. Diese Annahme des Gutachters basiere auf den in den Antragsunterlagen enthaltenen technischen Daten zu der von der Beigeladenen verwendeten Gasspeicherfolie, welche die in Auflage 21 der Genehmigung vorgegebenen Werte sogar noch deutlich unterschreite.

Dagegen trägt der Kläger substantiierte Einwendungen nicht vor. Wenn im Zusammenhang mit Doppelmembranfolien von gasdichter Abdeckung gesprochen wird, so bedeutet dies nach fachlicher Einschätzung und Konvention ersichtlich nicht die Annahme einer „Null-Emission“, sondern meint eine Dichtigkeit im Sinne des technisch-physikalisch Erreichbaren, die es erlaubt, unvermeidbare Diffusionsprozesse als praktisch unerheblich zu behandeln. Von diesem Verständnis der Gasdichtigkeit geht erkennbar auch die VDI-Richtlinie 3475 Blatt 4 „Emissionsminderung, Biogasanlagen in der Landwirtschaft, Vergärung von Energiepflanzen und Wirtschaftsdünger“ (Stand: August 2010) aus, wenn dort zur Minderung der Methanemissionen etwa empfohlen wird, beim Neubau von Biogasanlagen neu zu errichtende Gärrestlagerbehälter am Standort der Biogaserzeugung gasdicht auszuführen (S. 50). Hinsichtlich der Gasspeicher wird die Forderung erhoben, dass diese u. a. gasdicht sein müssten und die Materialien (insbesondere Folien) unter anderem den dort bezeichneten und auch im Genehmigungsbescheid zugrunde gelegten Wert hinsichtlich der Gasdurchlässigkeit bezogen auf Methan einzuhalten hätten. Dazu stehen Aussagen des TÜV-Mitarbeiters in der bezeichneten Präsentation nicht im Widerspruch, denn auch dort heißt es, dass Membranspeicheremissionen bei Doppelmembranspeichern gering seien. Abgesehen davon bleiben Aussagekraft und Bedeutung dieser ohnehin eher allgemein gehaltenen Darstellungen unbestimmt und erlauben keine hinreichenden Rückschlüsse auf die Beurteilung im vorliegenden Fall. Dass angesichts dieser Erkenntnisse in einem Abstand von deutlich über 150 m zwischen der Biogasanlage der Beigeladenen und dem Wohnhaus des Klägers relevante Wirkungen durch diese Quelle zu erwarten sein sollen, ist mithin nicht plausibel. Etwas anderes ergibt sich im Übrigen auch nicht aus der vom Kläger erst mit Schriftsatz vom 31. Juli 2015 und damit nach Ablauf der Antragsbegründungsfrist vorgelegten DLG-Presseinformation vom 10. März 2010, auf die sich der Kläger vor dem Verwaltungsgericht nicht berufen hatte. Dieser Unterlage lässt sich lediglich entnehmen, dass die Methandurchlässigkeit von Biogasspeichermembranen abhängig von den äußeren Bedingungen schwankt. Ein hinreichender Anlass zur weiteren Sachverhaltsklärung mit Blick auf die Frage, ob der Kläger unzumutbaren Geruchsbelästigungen ausgesetzt sein könnte, hätte sich daraus auch für das Verwaltungsgericht nicht ergeben. Dass Gas über ein Überdruckventil austreten kann, ist zwar nicht auszuschließen. Der Gutachter hat aber in seinen Geruchsgutachten im Einzelnen beschrieben, dass ein Entweichen von Biogas auf diesem Wege nur bei Eintritt eines außerordentlichen Störungsfalls zu erwarten und daher höchst unwahrscheinlich sei. Wenn er vor diesem Hintergrund das Über- bzw. Unterdruckventil bei der Prognoserechnung nicht als Quelle berücksichtigt hat, so ist dies vertretbar. Fundierte Einwände bringt der Kläger dagegen nicht vor.

Mit der Ablehnung des Zulassungsantrags wird das angefochtene Urteil rechtskräftig  (§ 124a Abs. 5 Satz 4 VwGO).

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 und 3, § 162 Abs. 3 VwGO. Es entspricht der Billigkeit, die außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen für erstattungsfähig zu erklären, denn diese hat einen Antrag gestellt und sich damit einem eigenen Kostenrisiko ausgesetzt.

Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 47 Abs. 1 und 3, § 52 Abs. 1 GKG und Nr. 19.2 und 2.2.2 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit 2013 (NVwZ-Beilage 2013, 57).

Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO; § 68 Abs. 1 Satz 5 i. V. m. § 66 Abs. 3 Satz 3 GKG).