Oberverwaltungsgericht Niedersachsen
Beschl. v. 22.01.2016, Az.: 4 LC 297/13

Abendrealschule; Art und Inhalt der Ausbildung; Ausbildung in Vollzeit; Ausbildungsstättenart; begleitende Berufstätigkeit; Förderungsfähigkeit

Bibliographie

Gericht
OVG Niedersachsen
Datum
22.01.2016
Aktenzeichen
4 LC 297/13
Entscheidungsform
Beschluss
Referenz
WKRS 2016, 43177
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
[keine Angabe]

Verfahrensgang

vorgehend
VG - 17.10.2013 - AZ: 3 A 6894/12

Amtlicher Leitsatz

Leitsatz

Maßgeblich für die Zuordnung einer Ausbildungsstätte sind die Merkmale, die die in § 2 Abs. 1 Satz 1 BAföG aufgeführten Arten von Ausbildungsstätten hinsichtlich der Art und des Inhalts der Ausbildung kennzeichnen und voneinander unterscheiden.
Wesensmerkmale der Art der Ausbildung an einer Abendrealschule sind zum einen die Ausbildungszeiten, die die Bedürfnisse von Berufstätigen berücksichtigen sollen, und zum anderen die auf eine begleitende Berufstätigkeit oder das Vorliegen beruflicher Erfahrung bezogenen Zugangsvoraussetzungen. Fehlt es an diesen Merkmalen, kommt eine Förderung der betreffenden Ausbildung nach § 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 BAföG nicht in Betracht.
Den Ländern obliegt die Festlegung der Art und des Inhalts der Ausbildung an den in ihrem Zuständigkeitsbereich liegenden Ausbildungsstätten. Sie sind aber nicht befugt, die Zuordnung zu den bundesrechtlich vorgesehenen Ausbildungsstättenarten förderungsrechtlich vorzunehmen.

Tenor:

Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Hannover - Berichterstatter der 3. Kammer - vom 17. Oktober 2013 wird zurückgewiesen.

Die Klägerin trägt die außergerichtlichen Kosten des Berufungsverfahrens. Gerichtskosten werden nicht erhoben.

Der Beschluss ist hinsichtlich der Kostenentscheidung vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe der vollstreckbaren Kosten abwenden, wenn nicht der Beklagte vorher Sicherheit in Höhe des zu vollstreckenden Betrags leistet.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Gründe

I.

Die 1995 geborene Klägerin begehrt die Bewilligung von Ausbildungsförderung für den Besuch eines insgesamt zweijährigen Ausbildungsganges am Weser-Kolleg in Minden zur Erlangung des Realschulabschlusses und der Fachoberschulreife im 1. Ausbildungsjahr.

Das Weser-Kolleg in Minden ist eine öffentliche Schule, die die Möglichkeit bietet, tagsüber oder abends den mittleren Schulabschluss, das Fachabitur oder das Abitur zu erlangen. Der Ausbildungsgang zur Erlangung des mittleren Schulabschlusses dauert abhängig von den schulischen Voraussetzungen der Teilnehmer 2 bis 5 Halbjahre. Der Unterricht im Vormittagskurs findet durchgängig montags bis freitags von 7:50 Uhr bis 13:05 Uhr mit einem Umfang von 19 bis 21 Wochenstunden statt. Seit Februar 2014 wird auch ein Abendkurs zur Erlangung des mittleren Schulabschlusses angeboten (Unterricht am Montag und Donnerstag von 17:40 Uhr bis 21:50 Uhr zuzüglich weiterer Unterrichtseinheiten über das Internet). Die Aufnahme in den Ausbildungsgang zur Erlangung des mittleren Schulabschlusses erfordert ein Mindestalter von 17 Jahren, die Erfüllung der Vollzeitschulpflicht, gute Kenntnisse der deutschen Sprache und Grundkenntnisse der englischen Sprache. Eine begleitende oder vorherige Berufstätigkeit ist nicht vorgeschrieben. Das Weser-Kolleg wird im Ausbildungsstätten-Verzeichnis des Landes Nordrhein-Westfalen als Kolleg, Abendgymnasium und hinsichtlich des von der Klägerin belegten zweijährigen Ausbildungsganges zur Erlangung des mittleren Schulabschlusses als „ARS“ (Abendrealschule) geführt.

Die Klägerin, die zu diesem Zeitpunkt bei ihren Eltern wohnte, noch keine Berufsausbildung abgeschlossen hatte und nicht berufstätig war, besuchte ab dem 22. August 2012 den Vormittagskurs zur Erlangung des mittleren Schulabschlusses am Weser-Kolleg Minden und beantragte unter dem 5. September 2012 bei dem Beklagten Ausbildungsförderung nach dem Bundesausbildungsförderungsgesetz für das Schuljahr 2012/2013.

Mit Bescheid vom 6. November 2012 lehnte der Beklagte diesen Antrag mit der Begründung ab, dass der Besuch von Abendrealschulen nach § 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 BAföG zwar grundsätzlich förderfähig sei, allerdings nur für die beiden letzten Schulhalbjahre, da nur in diesem Zeitraum das Erfordernis der Vollzeitausbildung erfüllt sei.

Hiergegen hat die Klägerin am 10. Dezember 2012 Klage erhoben und geltend gemacht, dass nach § 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 BAföG ausdrücklich Ausbildungsförderung auch für den Besuch sogenannter Abendrealschulen gewährt werde und eine Beschränkung der Ausbildungsförderung auf die letzten beiden Schulhalbjahre gesetzlich nicht vorgesehen sei.

Die Klägerin hat sinngemäß beantragt,

den Bescheid des Beklagten vom 6. November 2012 aufzuheben und den Beklagten zu verpflichten, ihr antragsgemäß Leistungen nach dem Bundesausbildungsförderungsgesetz zu gewähren.

Der Beklagte hat keinen Antrag gestellt, aber ausgeführt, dass der Besuch von Abendrealschulen gemäß § 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 BAföG i.V.m. Nr. 2.1.11 der Allgemeinen Verwaltungsvorschriften zum Bundesausbildungsförderungsgesetz nur in den beiden letzten Schulhalbjahren förderungsfähig sei.

Das Verwaltungsgericht hat die Klage durch Urteil vom 17. Oktober 2013 abgewiesen und ausgeführt, dass ein Anspruch der Klägerin auf Ausbildungsförderung für den Besuch des Weser-Kollegs in dem Zeitraum von August 2012 bis Juli 2013 nicht bestehe. Ein solcher Anspruch ergebe sich nicht aus § 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 BAföG. Er scheitere zwar nicht daran, dass eine Ausbildung an einer Abendrealschule generell nur in den letzten beiden Schulhabjahren förderfähig sei, da sich eine solche generelle Beschränkung der Förderfähigkeit der Ausbildung an einer Abendrealschule dem Gesetz nicht entnehmen lasse. Einem Anspruch der Klägerin stehe aber entgegen, dass es sich bei dem von ihr im streitbefangenen Zeitraum besuchten Ausbildungsgang am Weser-Kolleg Minden nicht um den Besuch einer Abendrealschule im Sinne des § 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 BAföG handele. Der eindeutige Wortlaut der Regelung schließe die Förderfähigkeit einer Ausbildung an einer Schulform aus, an der der Unterricht regelmäßig tagsüber stattfinde. Der Begriff Abend biete nach seinem möglichen Sprachsinn jedenfalls keinen Raum für eine Interpretation, wonach auch der Vormittag eines Tages davon erfasst sein könne. Darüber hinaus ergebe sich auch aus dem Gesetzeszusammenhang und der Entstehungsgeschichte des § 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 BAföG, dass die Förderung einer Ausbildung in der von der Klägerin betriebenen Form nach dieser Norm nicht in Betracht komme. Eine Abendschule im Sinne des § 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 BAföG biete nach dem der Gesetzesbegründung zu entnehmenden Begriffsverständnis eine Ausbildung an, die grundsätzlich neben einer Berufstätigkeit oder sonstigen Beschäftigung betrieben werden könne. Dies sei jedoch bei einer vollen Inanspruchnahme der Arbeitskraft der Auszubildenden über den gesamten Zeitraum der Ausbildung, wie in dem von der Klägerin absolvierten Ausbildungsgang nicht möglich. Auch der Vergleich der Fördervoraussetzungen hinsichtlich der verschiedenen Ausbildungsgänge spreche für die vorgenommene Interpretation des gesetzlichen Begriffes der Abendschule. Die Förderung einer Ausbildung an einer Schule im Sinne des § 2 Abs. 1 Nr. 4 BAföG unterliege im Gegensatz zu der einer Ausbildung an einer Schule im Sinne des § 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BAföG nicht den Einschränkungen des § 2 Abs. 1a BAföG und erfolge gemäß § 12 Abs. 2 Nr. 2 BAföG in einem größeren Umfang. Diese Differenzierung lasse sich nur rechtfertigen, wenn es hinsichtlich des Personenkreises, der die jeweilige Ausbildungsart durchlaufe, beachtliche Unterschiede gebe. Ein solcher wesentlicher Unterschied liege darin, dass die Auszubildenden einer Abendschule dem Arbeitsmarkt dem Grunde nach zur Verfügung stünden bzw. sogar einer Erwerbstätigkeit nachgingen. Stehe dem Auszubildenden jedoch nach der Konzeption der schulischen Ausbildung dafür nicht genügend Zeit zur Verfügung, wie dies im Falle der Klägerin bei einem Unterrichtsumfang von 20 bis 22 Wochenstunden im streitbefangenen Zeitraum der Fall sei, sei eine Besserstellung gegenüber Auszubildenden einer Schule im Sinne des § 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BAföG nicht gerechtfertigt. Dieses Normverständnis stehe nicht im Widerspruch zu der gesetzlichen Ausgestaltung der Förderung einer Ausbildung an einer Abendschule im Hinblick auf die Vorgabe des § 2 Abs. 5 Satz 1 BAföG, wonach Ausbildungsförderung nur geleistet werde, wenn die Ausbildung die Arbeitskraft des Auszubildenden im Allgemeinen voll in Anspruch nehme. Ausweislich der Ziffer 2.1.11 BAföGVwV habe auch die bisherige Vollzugspraxis das Gesetz in Bezug auf Abendschulen dergestalt interpretiert, dass eine Ausbildung an einer Abendschule im Sinne von § 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 BAföG nur insoweit förderfähig sein solle, als nach deren organisatorischer Konzeption nur für bestimmte einzelne Ausbildungsabschnitte, nicht jedoch für die Ausbildung insgesamt, ein regelmäßiger Ausbildungsumfang vorgesehen sei, der zur vollzeitigen Inanspruchnahme der Arbeitskraft des Auszubildenden führe. Zudem werde die Abendrealschule in der Begründung des Entwurfs der Ursprungsfassung des § 2 BAföG ausdrücklich als eine Schulform beschrieben, die „Berufstätigen in Abendkursen“ die Realschulausbildung vermittele. Auch die Ständige Konferenz der Kultusminister der Länder verwende keine abweichende Definition, sondern verzichte lediglich auf das Merkmal der Berufstätigkeit der Auszubildenden und spreche von „Abendkursen“. Zwar enthalte die Begründung der Ursprungsfassung des Gesetzes zudem den Hinweis, dass die im Gesetz aufgeführten Schulgattungen „unbeschadet in Einzelheiten abweichender landesrechtlicher Bestimmungen“ zu definieren seien, jedoch ergebe sich daraus eindeutig, dass der Bundesgesetzgeber konkrete eigene Vorstellungen zum Begriffsverständnis der aufgeführten Ausbildungsstättenarten gehabt habe und den Ländern jedenfalls kein derartiger Gestaltungsspielraum zukomme, eine Abendrealschule im Sinne des § 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 BAföG organisatorisch auch als durchgehende Vollzeitschule mit regelmäßigem Vormittagsunterricht auszugestalten. Angesichts dessen könne sich die Klägerin nicht mit Erfolg darauf berufen, dass der von ihr besuchte Ausbildungsgang am Weser-Kolleg in Minden nach dem Landesschulgesetz Nordrhein-Westfalen und nach dem für das Land geführten Ausbildungsstätten-Verzeichnis als Abendrealschule geführt werde. § 23 Abs. 1 und § 52 SchulG NRW käme ebenso wie etwaigen anderen Regelungen in anderen Landesschulgesetzen lediglich indizielle Bedeutung im Hinblick auf die Zuordnung eines konkreten Ausbildungsganges zu, denn den Ländern fehle die Gesetzgebungskompetenz zumindest für eine ausbildungsförderungsrechtlich wirksam werdende, den Leitvorstellungen des Bundesgesetzgebers widersprechende eigenständige inhaltliche Definition der in § 2 Abs. 1 Satz 1 BAföG aufgeführten Ausbildungsstättenarten. Der Feststellung des Bundesverwaltungsgerichts in seiner Entscheidung vom 26. Oktober 1987 (Beschl. v. 26.10.1987 - 5 B 31/86 -), dass für die Entscheidung der Frage, wie die Ausbildung an einer bestimmten Ausbildungsstätte im Rahmen des § 7 BAföG zu werten sei, vorrangig die Bestimmungen des nicht revisiblen Landesrechts ausschlaggebend seien, sei insoweit nicht zu folgen. Das Bundesausbildungsförderungsgesetz enthalte selbst keinerlei Hinweise darauf, dass die inhaltliche Definition der in § 2 Abs. 1 Satz 1 BAföG benannten verschiedenen Ausbildungsstättenarten kompetenziell den jeweiligen Landes(schul)gesetzgebern überlassen sein solle. Zum einen enthalte die Gesetzesbegründung bereits ausdifferenzierte eigene Definitionen der jeweiligen Begriffe, zum anderen würde es dem Zweck eines Bundesgesetzes, das für das gesamte Bundesgebiet einen Lebenssachverhalt einheitlich regeln solle, zuwiderlaufen, wenn der Zugang zu einer Förderung für ein bestimmtes Ausbildungsziel davon abhinge, wie in dem jeweiligen Bundesland die landesgesetzlichen Regelungen ausgestaltet seien. Den von den jeweiligen Landesämtern für Ausbildungsförderung geführten Ausbildungsstätten-Verzeichnissen komme mangels einer entsprechenden Rechtsqualität von vornherein keine Bindungswirkung gegenüber den Verwaltungsgerichten zu. Die Klägerin habe auch keinen Anspruch auf Bewilligung von Ausbildungsförderung aus § 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BAföG. Ein solcher Anspruch scheitere zumindest daran, dass die Voraussetzungen des § 2 Abs. 1 a BAföG nicht erfüllt seien, da die Klägerin im streitbefangenen Zeitraum bei ihren Eltern gewohnt habe.

Gegen das ihr am 23. Oktober 2013 zugestellte Urteil des Verwaltungsgerichts hat die Klägerin am 25. November 2013, einem Montag, die vom Verwaltungsgericht gemäß §§ 124 a Abs. 1 Satz 1, 124 Abs. 2 Nr. 3 und 4 VwGO wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache und Abweichung von einer Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts zugelassene Berufung eingelegt.

Zu deren Begründung trägt sie vor, dass es sich bei dem von ihr absolvierten Ausbildungsgang um den einer Abendrealschule im Sinne des § 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 BAföG handele, da das von ihr besuchte Weser-Kolleg ein Weiterbildungskolleg im Sinne der maßgeblichen landesgesetzlichen Bestimmung des § 23 Abs. 1 SchulG NRW sei, das u.a. den Bildungsgang der Abendrealschule umfasse. Der Begriff der Abendrealschule in § 23 SchulG NRW sei normativ und anspruchsbegründend, denn der Gesetzesbegründung zum Bundesausbildungsförderungsgesetz sei zu entnehmen, dass die im Gesetz aufgeführten Schulgattungen „unbeschadet in Einzelheiten abweichender landesrechtlicher Bestimmungen“ zu definieren seien. Von dieser Definitionsmöglichkeit habe der Landesgesetzgeber Gebrauch gemacht, indem er die von ihr besuchte Ausbildungsstätte zu den Abendrealschulen zähle. Die rechtliche und begriffliche Einordnung eines Ausbildungsganges sei stets nach den landesschulrechtlichen Bestimmungen vorzunehmen, da die Länder gemäß Art. 70 Abs. 1 GG insofern die ausschließliche Gesetzgebungsbefugnis hätten. Einem Anspruch auf Ausbildungsförderung stehe auch nicht die Tz. 2.1.11 der Allgemeinen Verwaltungsvorschriften zum Bundesausbildungsförderungsgesetz entgegen, wonach die Förderung auf die letzten beiden Schulhalbjahre beschränkt sei, da dies formalgesetzlich nicht normiert sei. Die genannte Verwaltungsvorschrift könne allenfalls innerdienstliche Wirkung entfalten, jedoch niemals gegenüber dem Bürger anspruchsbegründend oder -vernichtend sein.

Die Klägerin beantragt sinngemäß,

das Urteil des Verwaltungsgerichts Hannover - Berichterstatter der 3. Kammer - vom 17. Oktober 2013 zu ändern und den Beklagten zu verpflichten, ihr unter Aufhebung seines Ablehnungsbescheides vom 6. November 2012 für den Zeitraum August 2012 bis Juli 2013 Leistungen nach dem Bundesausbildungsförderungsgesetz für den Besuch des Weser-Kollegs Minden in gesetzlicher Höhe zu bewilligen.

Der Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen,

und macht geltend, dass die Klägerin keinen Anspruch auf Leistungen nach dem Bundesausbildungsförderungsgesetz habe, da es sich bei der von ihr besuchten Schulform des Weser-Kollegs Minden nicht um eine Abendrealschule im Sinne des § 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 BAföG handele. Nach dem Wortlaut der genannten Vorschrift könne der Besuch einer Schule, an der der Unterricht regelmäßig vormittags stattfinde, nicht als Besuch einer Abendrealschule angesehen werden. Für diese Auffassung sprächen auch die Gesetzesmaterialien, in denen eine Abendrealschule als eine Schulform beschrieben werde, die Berufstätigen in Abendkursen die Möglichkeit einer Realschulausbildung verschaffe. Grundsätzlich biete eine Abendschule eine Ausbildung neben einer (zumindest möglichen) Berufstätigkeit an.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtsakten und die beigezogenen Verwaltungsvorgänge des Beklagten verwiesen.

II.

Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts ist unbegründet.

Diese Entscheidung trifft der Senat nach Anhörung der Beteiligten gemäß § 130 a Satz 1 VwGO durch Beschluss, weil er die Berufung einstimmig für unbegründet hält und eine mündliche Verhandlung nicht als erforderlich ansieht.

Das Verwaltungsgericht hat die Klage zu Recht abgewiesen. Der Bescheid des Beklagten vom 6. November 2012 ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten. Denn die Klägerin hat keinen Anspruch auf Bewilligung von Ausbildungsförderung für den Besuch des Vormittagskurses zur Erlangung des mittleren Schulabschlusses am Weser-Kolleg Minden im Zeitraum August 2012 bis Juli 2013.

Der von der Klägerin im streitgegenständlichen Zeitraum besuchte Ausbildungsgang ist nicht nach § 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 BAföG förderungsfähig, da es sich hierbei nicht um den einer Abendrealschule im Sinne dieser Norm handelt.

§ 2 Abs. 1 Satz 1 BAföG nennt die Ausbildungsstätten, deren Besuch nach dem Bundesausbildungsförderungsgesetz förderungsfähig ist, darunter in Nr. 4 u.a. die Abendrealschulen. Für die Zuordnung einer Ausbildungsstätte zu den in § 2 Abs. 1 Satz 1 BAföG genannten Ausbildungsstättentypen sind nach § 2 Abs. 1 Satz 2 BAföG Art und Inhalt der dort vermittelten Ausbildung maßgebend.

Förderungsrechtlich relevant sind deshalb nicht die formelle Bezeichnung der Ausbildungsstätte bzw. des Ausbildungsganges oder dessen organisatorische Eingliederung (vgl. BVerwG, Beschl. v. 2.7.1984 - 5 C 3.82 -, FamRZ 1985, 112; vgl. auch die Stellungnahme des Bundesrates zur Einführung der Regelung des § 2 Abs. 1 Satz 2 BAföG durch das 2. Gesetz zur Änderung des Bundesausbildungsförderungsgesetzes vom 31.7.1974, BT-Drucks. 7/2098, S. 26). Maßgeblich für die Zuordnung einer Ausbildungsstätte sind vielmehr die Merkmale, die die in § 2 Abs. 1 Satz 1 BAföG aufgeführten Arten von Ausbildungsstätten hinsichtlich der Art und des Inhalts der Ausbildung kennzeichnen und voneinander unterscheiden (vgl. BVerwG, Urt. v. 25.11.1982 - 5 C 26.80 - FamRZ 1983, 1065). Hinsichtlich des Ausbildungsinhalts kommen dafür vor allem die Unterscheidung nach den allgemeinbildenden und den berufsbildenden Lehrstoffen in Betracht sowie die Abgrenzung zwischen schulischer Unterrichtung und der die Hochschule kennzeichnenden wissenschaftlichen Ausbildung (BVerwG, Urt. v. 25.11.1982, a.a.O.). Hinsichtlich der Art der Ausbildung wird die Zuordnung maßgeblich dadurch bestimmt, ob es sich um eine berufliche Erstausbildung oder wie bei der Fachschule um eine berufliche Fortbildung handelt, was seinen Ausdruck insbesondere in berufsbezogenen Zugangsvoraussetzungen findet, ob Ganztags- oder Teilzeitschulen besucht werden oder ob eine schulische Unterweisung gegeben oder ein wissenschaftliches Studium betrieben wird; weiter kommen zur Abgrenzung die Ausbildungszeiten, die Qualifikation des Lehrpersonals, die sächliche Ausstattung der Ausbildungseinrichtung sowie die durch die Ausbildung vermittelte berufliche und schulische Qualifikation in Betracht (BVerwG, Urt. v. 25.11.1982, a.a.O.). Weiteres Zuordnungskriterium sind die Voraussetzungen für die Aufnahme in den betreffenden Ausbildungsgang, also welche Art von Vorbildung gefordert wird (Fischer in Rothe/Blanke, BAföG, 5. Aufl., § 2 Rn. 12.2). Maßgeblich sind insoweit die Bestimmungen des Landesrechts, die die Art und den Inhalt der Ausbildung der in ihrem Gebiet liegenden Ausbildungsstätten regeln.

Ausgehend davon ist der von der Klägerin besuchte Vormittagskurs zur Erlangung des mittleren Schulabschlusses nicht dem Ausbildungsstättentyp der Abendrealschule i.S.d. § 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 BAföG zuzuordnen.

Entscheidend sind vorliegend die Merkmale, die eine Abendrealschule nach der Art der Ausbildung kennzeichnen und von der regulären Realschule als weiterführende allgemeinbildende Schule i.S.d. § 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BAföG unterscheiden. Denn eine Abgrenzung nach dem Inhalt der Ausbildung kommt nicht in Betracht, da die Ausbildung an einer Abendrealschule bezüglich des Lernstoffes und der vermittelten schulischen Qualifikation der Ausbildung an einer regulären Realschule, die unter den Anwendungsbereich des § 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BAföG fällt (vgl. Pesch in Ramsauer/Stallbaum, BAföG, 5. Aufl., § 2 Rn. 11), entspricht. Nach dem Beschluss der ständigen Konferenz der Kultusminister der Länder in der Bundesrepublik Deutschland vom 11. September 2014 über die Voraussetzungen für die Aufnahme und den Besuch von Abendrealschulen gelten die Bildungsstandards für den mittleren Schulabschluss entsprechend auch für die Abendrealschulen. So führt der Bildungsgang der Abendrealschule auch nach dem vorliegend maßgeblichen Landesrecht gemäß § 1 Abs. 3 Satz 1 der auf der Grundlage von § 52 SchulG NRW erlassenen Verordnung über die Ausbildung und Prüfung in den Bildungsgängen des Weiterbildungskollegs vom 23. Februar 2000 (APO-WbK) Studierende zum nachträglichen Erwerb von Abschlüssen der Sekundarstufe I gemäß § 12 Abs. 2 SchulG NRW, die nach § 15 Abs. 4 APO-WbK auch an der Realschule vergeben werden (vgl. auch Jülich/Fehrmann, Das neue Schulgesetz Nordrhein-Westfalen, 5. Aufl., § 23 Rn. 3).

Wesensmerkmale der Art der Ausbildung an einer Abendrealschule sind zum einen die Ausbildungszeiten, die die Bedürfnisse von Berufstätigen berücksichtigen sollen, und zum anderen die auf eine begleitende Berufstätigkeit oder das Vorliegen beruflicher Erfahrung bezogenen Zugangsvoraussetzungen, da diese Merkmale die Ausbildung an einer Abendrealschule i.S.d. § 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 BAföG ihrer Art nach typischerweise kennzeichnen und von der Ausbildung an einer regulären Realschule i.S.d. § 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BAföG unterscheiden. So führen Abendrealschulen nach der Definition der Kultusministerkonferenz Erwachsene in Abendkursen zum mittleren Schulabschluss (Definitionenkatalog zur Schulstatistik 2015, S. 14; so auch Pesch in Ramsauer/Stallbaum, BAföG, 5. Aufl., § 2 Rn. 28; Fischer in Rothe/Blanke, BAföG, 5. Aufl., § 2 Rn. 8.3). Des Weiteren sind sie auf die Ausbildung von Schülerinnen und Schülern mit Berufserfahrung ausgerichtet (vgl. Beschl. der Kultusministerkonferenz vom 11.9.2014 über die Voraussetzungen für die Aufnahme und den Besuch von Abendrealschulen, S. 2 Fn. 1). Diese Prägung entspricht auch der Intention des Gesetzgebers, der nach der Begründung der Bundesregierung zum Entwurf eines Bundesgesetzes über die individuelle Förderung der Ausbildung unter dem Begriff der Abendrealschulen Schulen verstanden wissen wollte, die Berufstätigen in Abendkursen die Realschulausbildung vermitteln (BT-Drucks. VI/1975, S. 21).

Der von der Klägerin besuchte Ausbildungsgang wies jedoch keines dieser für eine Abendrealschule prägenden Merkmale auf. Der Unterricht wurde wie an einer regulären weiterführenden allgemeinbildenden Schule durchgängig am Vormittag an fünf Tagen in der Woche erteilt, fand also nicht in Abendkursen statt. Auch die Aufnahmevoraussetzungen entsprachen nicht den für eine Abendrealschule typischen. Voraussetzung für die Aufnahme in den Ausbildungsgang zur Erlangung des mittleren Schulabschlusses des Weser-Kollegs Minden war ausweislich des Internetauftritts der Schule lediglich ein Mindestalter von 17 Jahren, die Erfüllung der Vollzeitschulpflicht sowie gewisse Sprachkenntnisse. Vorgeschrieben waren also weder eine abgeschlossene Berufsausbildung, das Vorliegen von Berufserfahrung noch eine begleitende Berufstätigkeit. Ferner ist davon auszugehen, dass die betreffende Ausbildung nach ihrem Umfang eine begleitende Berufstätigkeit - auch in Teilzeit - nicht ermöglichte. Hierbei kommt es nicht darauf an, ob ein Auszubildender nach seinen persönlichen Verhältnissen - beispielsweise auf Grund der Besonderheiten der ausgeübten Tätigkeit - im Einzelfall noch in der Lage ist, neben der Ausbildung einer Berufstätigkeit nachzugehen, sondern darauf, ob die Ausbildung dies im Allgemeinen, d.h. im Normallfall vorsieht oder zumindest ermöglicht, was nicht der Fall ist, wenn die Ausbildung in Vollzeitform durchgeführt wird (vgl. BVerwG, Urt. v. 30.10.1975 - V C 15.74 -, BVerwGE 49, 279). Auf Grund des vorgesehenen Unterrichtsumfangs von durchgängig 19 bis 21 Wochenstunden ist hier davon auszugehen, dass die von der Klägerin absolvierte Ausbildung während des gesamten Ausbildungsganges in Vollzeit durchgeführt worden ist. Denn dies ist regelmäßig dann anzunehmen, wenn die Unterrichtszeit mindestens 20 Wochenstunden beträgt, da die Vor- und Nachbereitungszeit der Unterrichtsveranstaltungen erfahrungsgemäß mindestens noch einmal dieselbe Zeit beanspruchen (vgl. Senatsbeschl. v. 19.11.2015 - 4 LB 282/15 -; Senatsurt. v. 19.3.2003 - 4 LB 2/03 -; Pesch in Ramsauer/Stallbaum, BAföG, 5. Aufl. 2014, § 2 Rn. 111). Liegt der für die Ausbildung zu erbringende Aufwand aber bei etwa 40 Stunden wöchentlich, ist davon auszugehen, dass die Ausbildung im Allgemeinen keinen Raum für eine - unter Umständen auch in Teilzeit - ausgeübte begleitende Berufstätigkeit lässt (vgl. Sächs. OVG, Beschl. v. 28.1.2010 - 1 D 235/09 -).

Fehlt es demnach an sämtlichen Merkmalen, die eine Abendrealschule kennzeichnen und von einer regulären Realschule als weiterführende allgemeinbildende Schule unterscheiden, kann der von der Klägerin besuchte Ausbildungsgang von dem einer regulären Realschule i.S.d. § 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BAföG nicht abgegrenzt und dem Ausbildungsstättentyp der Abendrealschule i.S.d. § 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 BAföG nicht zugeordnet werden. Folglich kommt eine Förderung dieser Ausbildung nach § 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 BAföG, die nicht der Einschränkung des § 2 Abs. 1 a BAföG unterliegt und mit den höheren Bedarfsätzen des § 12 Abs. 1 Nr. 2 bzw. § 12 Abs. 2 Nr. 2 BAföG gefördert wird, nicht in Betracht.

Entgegen der Auffassung der Klägerin lässt sich ein Anspruch auf Förderung ihrer Ausbildung nach § 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 BAföG auch nicht damit begründen, dass das nordrhein-westfälische Landesrecht den Begriff der Abendrealschule abweichend definiert. Die Länder können zwar die Art und den Inhalt der Ausbildung an den in ihrem Zuständigkeitsgebiet liegenden Ausbildungsstätten regeln, die wiederum für die Zuordnung zu den bundesrechtlich geregelten Ausbildungsstättentypen maßgebend sind (vgl. Pesch in Ramsauer/Stallbaum, BAföG, 5. Auflage, § 2 Rn. 8). Sie sind aber nicht befugt, die Zuordnung zu den bundesrechtlich vorgesehenen Ausbildungsstättenarten förderungsrechtlich vorzunehmen (vgl. Pesch in Ramsauer/Stallbaum, BAföG, 5. Auflage, § 2 Rn. 8). Gegenteiliges ergibt sich auch nicht aus dem Beschluss des Bundesverwaltungsgerichts vom 26. Oktober 1987 (5 B 31.86). Dort hat das Bundesverwaltungsgericht zwar in einem obiter dictum ausgeführt, dass sich die Frage, wie die Ausbildung an einer bestimmten Ausbildungsstätte im Rahmen des § 7 BAföG rechtlich zu werten sei, nicht nach der Bezeichnung der Ausbildungsstätte, sondern nach Art und Inhalt der dort vermittelten Ausbildung entscheide, dass für die Entscheidung dieser Frage vorrangig Bestimmungen des nicht reversiblen Landesrechts ausschlaggebend seien und dass die bundesrechtlichen Regelungen im Bundesausbildungsförderungsgesetz an diese anknüpften. Diesem obiter dictum ist aber lediglich zu entnehmen, dass die förderungsrechtliche Zuordnung zu den im Bundesausbildungsförderungsrecht aufgeführten Ausbildungsstättenarten vorrangig anhand der landesrechtlichen Bestimmungen über Art und Inhalt der Ausbildung zu erfolgen hat, da die Regelungen im Bundesausbildungsförderungsgesetz an diese anknüpfen. Die vorstehenden Ausführungen des Bundesverwaltungsgerichts bieten hingeben keine Anhaltspunkte dafür, dass die förderungsrechtliche Zuordnung selbst durch Landesrecht erfolgt oder unmittelbar an landesschulrechtliche Zuordnungen oder Bezeichnungen anknüpft. Im Übrigen hat das Bundesverwaltungsgericht - wie bereits dargestellt - auch in anderen Entscheidungen ausgeführt, dass für die Zuordnung des besuchten Ausbildungsganges zu einer der in § 2 Abs. 1 Satz 1 BAföG genannten Schulgattungen gemäß § 2 Abs. 1 Satz 2 BAföG allein Art und Inhalt der Ausbildung, deren Festlegung den Ländern obliegt, maßgeblich sind (vgl. z.B. BVerwG, Beschl. v. 2.7.1984 - 5 C 3.82 -, FamRZ 1985, 112) und die für die Zuordnung entscheidungserheblichen Kriterien benannt (vgl. BVerwG, Urt. v. 25.11.1982 - 5 C 26.80 -, FamRZ 1983, 1065). Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus der von der Klägerin zitierten Formulierung „unbeschadet in Einzelheiten abweichender landesrechtlicher Bestimmungen sind die einzelnen Schulgattungen wie folgt zu definieren“ in der Begründung des Entwurfs des Ausbildungsförderungsgesetzes (BT-Drucks. VI/1975, S. 21). Hieraus ist vielmehr zu folgern, dass es zwar den Landesgesetzgebern überlassen ist, die Einzelheiten der Art und des Inhalts der in ihrem Zuständigkeitsbereich angebotenen Ausbildungsgänge zu regeln, die förderungsrechtliche Zuordnung zu den Ausbildungsstättenarten sich jedoch an den in der Begründung im Anschluss dargelegten grundlegenden Definition zu orientieren hat, die an die von der Kultusministerkonferenz entwickelten Gattungsbegriffe anknüpfen, die die Bundesländer übereinstimmend verwenden (vgl. BVerwG, Beschl. v. 2.7.1984, a.a.O.).

Im Übrigen besteht auch keine Diskrepanz zwischen der vorstehend vorgenommenen Zuordnung des von der Klägerin besuchten Ausbildungsganges und der landesrechtlichen Ausgestaltung des Bildungsganges der Abendrealschule. Nach § 23 Abs. 1 Satz 1 SchulG NRW umfasst das Weiterbildungskolleg die Bildungsgänge der Abendrealschule, des Abendgymnasiums und des Kollegs. Der Bildungsgang der Abendrealschule führt gemäß § 23 Abs. 2 Satz 1 SchulG NRW zum Hauptschulabschluss, zum Hauptschulabschluss nach Klasse 10 und zum mittleren Schulabschluss (Fachoberschulreife), der nach Maßgabe der Ausbildungs- und Prüfungsordnung mit der Berechtigung zum Besuch von Bildungsgängen des Berufskollegs, die zur allgemeinen Hochschulreife führen, verbunden sein kann. Weitergehende Regelungen zu den Ausbildungszielen, den Aufnahmevoraussetzungen und zur Schulorganisation dieser Schulform trifft die Verordnung über die Ausbildung und Prüfung in den Bildungsgängen des Weiterbildungskollegs (APO WbK), die gemäß § 52 Abs. 1 Satz 2 SchulG NRW erlassen worden ist. Nach § 1 Abs. 3 Satz 1 APO WbK in der vom 26. Juli 2011 bis zum 27. Mai 2015 geltenden Fassung führt der Bildungsgang der Abendrealschule Studierende, die unterschiedlich umfangreiche berufliche Vorerfahrungen einbringen oder die ihre Zugangsvoraussetzungen zu einer Berufsausbildung oder qualifizierenden Berufspraxis verbessern wollen, zum nachträglichen Erwerb von Abschlüssen der Sekundarstufe I gemäß § 12 Abs. 2 SchulG NRW. In den Bildungsgang der Abendrealschule wird gemäß § 3 Abs. 1 Satz 1 APO WbK aufgenommen, wer die Vollzeitschulpflicht erfüllt hat und entweder den mittleren Schulabschluss (Fachoberschulreife) noch nicht erworben hat oder einen höherwertigen Abschluss erwerben will. Der Bildungsgang der Abendrealschule dauert gemäß § 4 Abs. 2 APO WbK vier Semester. Der Unterricht im Bildungsgang der Abendrealschule umfasst gemäß § 15 Abs. 1 APO WbK 20 bis 22 Unterrichtsstunden in der Woche. Die Organisation des Unterrichts soll nach § 16 Abs. 1 Satz 1 APO WbK die unterschiedlichen Teilnahmemöglichkeiten von Berufstätigen berücksichtigen.

Diesen Vorgaben wird der von der Klägerin besuchte Ausbildungsgang nicht vollständig gerecht. Ist ein Ausbildungsgang nämlich so gestaltet, dass der Unterricht durchgängig von Montag bis Freitag am Vormittag erteilt wird und die Arbeitskraft des Auszubildenden im Allgemeinen voll in Anspruch nimmt, berücksichtigt dessen Organisation wie oben dargestellt nicht die Teilnahmemöglichkeiten von Berufstätigen. Damit entspricht die Konzeption des von der Klägerin besuchten Vormittagskurses zur Erlangung des Mittleren Schulabschlusses am Weser-Kolleg Minden nicht den Vorgaben des § 16 Abs. 1 Satz 1 APO WbK.

Darüber hinaus legt die Begründung der zum 28. Mai 2015 in Kraft getretenen Änderung des § 1 Abs. 3 Satz 1 APO WbK, wonach der Bildungsgang der Abendrealschule nunmehr Studierende, die unterschiedlich umfangreiche berufliche Vorerfahrungen einbringen und ihre Zugangsvoraussetzungen zu einer Berufsausbildung oder qualifizierenden Berufspraxis verbessern wollen, zum nachträglichen Erwerb von Abschlüssen der Sekundarstufe I führt (Hervorhebung durch den Senat), nahe, dass der Zugang zu einer Abendrealschule auch nach der im Zeitpunkt des Erlasses des streitgegenständlichen Bescheides geltenden Fassung der Verordnung über die Ausbildung und Prüfung in den Bildungsgängen des Weiterbildungskollegs nach den Vorstellungen des Verordnungsgebers einen gewissen beruflichen Bezug erforderte, den der von der Klägerin besuchte Ausbildungsgang nicht aufwies. Denn die Änderung diente der Klarstellung, dass ein Zugang zur Abendrealschule nicht ohne jede berufliche Vorerfahrung möglich ist (vgl. Begründung der Verordnung zur Änderung der Ausbildungs- und Prüfungsordnung Weiterbildungskolleg, LT NRW, Vorlage 16/2864, S. 4). Dementsprechend wurde auch § 3 Abs. 1 Satz 1 APO WbK dergestalt geändert, dass in den Bildungsgang der Abendrealschule nunmehr nur aufgenommen wird, wer bei Eintritt 1. berufstätig ist oder mindestens sechs Monate berufstätig war, 2. den Hauptschulbildungsgang erfolgreich abgeschlossen oder die Vollzeitschulpflicht erfüllt hat und 3. das 18. Lebensjahr erreicht hat. Damit hat der Verordnungsgeber unter Berücksichtigung des Beschlusses der Kultusministerkonferenz vom 11. September 2014 insbesondere im Hinblick auf die Förderfähigkeit des betreffenden Bildungsweges nach dem Bundesausbildungsförderungsgesetz (vgl. LT NRW, Vorlage 16/2864, S. 3) klargestellt, dass ein Ausbildungsgang zur Erlangung des mittleren Schulabschlusses, der - wie der von Klägerin besuchte Ausbildungsgang des Weser-Kollegs Minden - ausschließlich ein Mindestalter von 17 Jahren, die Erfüllung der Vollzeitschulpflicht und bestimmte Sprachkenntnisse, nicht jedoch eine gewisse Berufserfahrung oder eine begleitende berufliche Tätigkeit voraussetzt, schon schulrechtlich kein Bildungsgang einer Abendrealschule ist.

Schließlich kann die Klägerin auch nichts daraus herleiten, dass das Weser-Kolleg in dem Ausbildungsstätten-Verzeichnis des Landes Nordrhein-Westfalen als Kolleg, Abendgymnasium und hinsichtlich des zweijährigen Ausbildungsgangs zur Erlangung des mittleren Schulabschlusses als Abendrealschule geführt wird. Denn die in dem Ausbildungsstätten-Verzeichnis vorgenommene Zuordnung ist rechtlich nicht verbindlich (vgl. Pesch in Ramsauer/Stallbaum, BAföG, 5. Aufl., § 2 Rn. 6; Fischer in Rothe/Blanke, a.a.O., § 2 Rn. 12.1).

Der von der Klägerin besuchte Ausbildungsgang am Weser-Kolleg Minden ist im streitgegenständlichen Zeitraum auch nicht als Besuch einer weiterführenden allgemeinbildenden Schule i.S.d. § 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BAföG förderfähig, da in diesem Zeitraum die Voraussetzungen des § 2 Abs. 1 a Satz 1 BAföG nicht erfüllt waren. Denn die Klägerin wohnte zu dieser Zeit bei ihren Eltern. Dies steht der Bewilligung von Ausbildungsförderung für den Besuch von Schulen i.S.d. § 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BAföG gemäß § 2 Abs. 1 a Satz 1 BAföG entgegen.

Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 154 Abs. 2, 188 VwGO.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 167 VwGO i. V. m. §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.

Gründe für die Zulassung der Revision nach § 132 Abs. 2 VwGO liegen nicht vor.