Oberverwaltungsgericht Niedersachsen
Beschl. v. 05.01.2016, Az.: 2 LA 285/15

Dublin; Erkenntnismittel; Urteil; rechtliches Gehör

Bibliographie

Gericht
OVG Niedersachsen
Datum
05.01.2016
Aktenzeichen
2 LA 285/15
Entscheidungsform
Beschluss
Referenz
WKRS 2016, 43530
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
[keine Angabe]

Verfahrensgang

vorgehend
VG - 09.09.2015 - AZ: 1 A 321/14

Tenor:

Dem Kläger wird für das Zulassungsverfahren Prozesskostenhilfe bewilligt und Rechtsanwalt X., Lüneburg, beigeordnet.

Der Antrag des Klägers auf Zulassung der Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Lüneburg - 1. Kammer (Einzelrichterin) - vom 9. September 2015 wird abgelehnt.

Der Kläger trägt die Kosten des Zulassungsverfahrens.

Gerichtskosten werden nicht erhoben.

Gründe

1. Der Antrag des Klägers auf Zulassung der Berufung hat keinen Erfolg.

Nach § 78 Abs. 3 AsylVfG/AsylG ist in asylrechtlichen Streitigkeiten die Berufung u.a. zuzulassen, wenn ein in § 138 VwGO bezeichneter Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt. Hier macht der Kläger einen Verstoß gegen das Gebot der Gewährung rechtlichen Gehörs und damit einen Verfahrensfehler im Sinne des § 78 Abs. 3 Nr. 3 AsylVfG/AsylG i.V.m. § 138 Nr. 3 VwGO geltend. Diese Rüge greift jedoch letztlich nicht durch.

a) Art. 103 Abs. 1 GG gebietet, dass ein Urteil nur auf solche Tatsachen und Beweismittel gestützt werden darf, zu denen sich die Beteiligten äußern konnten. Hieraus folgt im gerichtlichen Asylverfahren grundsätzlich die Pflicht des Gerichts, die Erkenntnismittel, auf die es seine Entscheidung zu stützen beabsichtigt, in einer Weise zu bezeichnen und in das Verfahren einzuführen, die es den Verfahrensbeteiligten ermöglicht, diese zur Kenntnis zu nehmen und sich zu ihnen zu äußern. Lediglich auf offenkundige Tatsachen, die allen Beteiligten gegenwärtig sind und von denen sie wissen, dass sie für die Entscheidung erheblich sein können, darf die Entscheidung auch ohne ausdrücklichen Hinweis gestützt werden. Für eine Einführung in das Verfahren reicht es dabei grundsätzlich aus, dass das Gericht den Beteiligten eine Liste der betreffenden Erkenntnismittel übersendet. Zu den ordnungsgemäß in das Verfahren einzuführenden Erkenntnismitteln sind auch andere Gerichtsentscheidungen zu rechnen, sofern sie nicht allein wegen ihrer rechtlichen Schlussfolgerungen, sondern (auch) im Hinblick auf ihre tatsächlichen Feststellungen zur Begründung herangezogen werden (vgl. im einzelnen OVG Lüneburg, Beschl. v. 8.7.2014 - 13 LA 16/14 -, AuAS 2014, 174 = InfAuslR 2014, 458). Allerdings geht der Senat davon aus, dass ein anwaltlich vertretener Kläger auch in asylrechtlich geprägten Verfahren nicht auf die veröffentlichte höchstrichterliche Rechtsprechung und die veröffentlichte Rechtsprechung des für ihn zuständigen Oberverwaltungsgerichts hingewiesen werden muss; wie in allen anderen Rechtsgebieten kann erwartet werden, dass sich anwaltliche Prozessbevollmächtige mit der einschlägigen Rechtsprechung von sich aus vertraut machen.

Offen bleiben kann, ob die Gerichte in allen Varianten von „Dublin“-Verfahren gehalten sind, von sich aus Erkenntnismittellisten für die „Zielmitgliedsstaaten“ (hier: Bulgarien) herauszugeben - wie es aber wohl verbreiteter Praxis entspricht -, oder ob sie sich darauf beschränken dürfen, lediglich auf qualifizierte Hinweise auf Mängel im Asylsystem des Zielmitgliedsstaats zu reagieren. Jedenfalls dann, wenn sie selbst zur Widerlegung des klägerischen Vorbringens maßgeblich auf Erkenntnismittel zurückgreifen, sind diese prozessual ordnungsgemäß in das Verfahren einzuführen.

Soweit es hier - zunächst - um unveröffentlichte Entscheidungen erstinstanzlicher Gerichte geht, scheinen dem Prozessbevollmächtigten des Klägers zwar Entscheidungen dieser Art bekannt gewesen zu sein, denn er hat in seinem Schriftsatz vom 3. August 2015 formuliert:

„Daran ändert auch der Umstand nichts, dass es möglicherweise Bemühungen und Programme gibt, diesen Status zu ändern, worauf in verschiedenen Gerichtsentscheidungen hingewiesen wird.“

Es kann jedoch nicht unbesehen angenommen werden, dass er dabei auf den gleichen Entscheidungsfundus zurückgreifen konnte wie das Verwaltungsgericht.

Infolgedessen trifft die Rüge des Zulassungsantrags zu, dass drei unveröffentlichte gerichtliche Entscheidungen, die zu großen Teilen wörtlich wiedergegeben werden (Bl. 5 Mitte bis Bl. 11 Mitte des angefochtenen Urteils sowie Bl. 11 unten bis Bl. 15 oben), nicht ordnungsgemäß in das Verfahren eingeführt worden sind. Die zitierten Passagen enthalten nicht nur Ausführungen zum Verständnis der rechtlichen Grundlagen, sondern auch Bewertungen tatsächlicher Umstände, denen das angefochtene Urteil ohne weitergehende eigene Auseinandersetzung mit Erkenntnisquellen ausdrücklich folgt. Insoweit liegt der Fall anders als der dem Beschluss des bayerischen Verwaltungsgerichtshofs vom 23. September 2014 (- 11 ZB 14.30177 -, juris) zugrunde liegende Fall, in welchem ebenfalls drei erstinstanzliche Entscheidungen nur als bestätigender Beleg dafür herangezogen worden waren, dass die Lage dort in einem Land tatrichterlich in ähnlicher Weise gewürdigt worden war. Hier lässt sich den Akten nicht entnehmen, dass auf diese Entscheidungen vorab hingewiesen wurde oder sie zum Gegenstand der mündlichen Verhandlung gemacht worden sind.

Soweit der Zulassungsantrag gesondert rügt, mehrere Berichte, die in einer dieser Entscheidungen angeführt werden, seien nicht ordnungsgemäß in das Verfahren eingeführt worden, trifft dies allerdings nur am Rande zu. Das Gericht brauchte solche Erkenntnismittel, die bereits der Kläger selbst benannt hatte, nicht noch einmal einzuführen. Hier hat der Kläger den Bericht “Erniedrigt, misshandelt, schutzlos: Flüchtlinge in Bulgarien“ selbst seinem Schriftsatz vom 3. August 2015 beigefügt. In diesem Bericht ist auch der Bericht „Missing the point“ von Amnesty International aus dem Februar 2015 angesprochen (siehe Seite 6, Fußnote 10, und Zusammenstellung der Berichte, S. 49), und der Country Report Bulgaria 2015 (Asylum Information Database) des Bulgarian Helsinki Committee and the European Council on Refugees and Exiles (S. 32 Fußnote 67, und Zusammenstellung der Berichte, S. 49). Soweit die Benennung des ESAO Special Support Plans vom 5. Dezember 2014 vermisst wird, war dort jedenfalls der vorangegangene ESAO Operating Plan to Bulgaria von 2014 aufgeführt (siehe Seite 26, Fußnote 22, und Zusammenstellung der Berichte, S. 49).

Im Übrigen ergibt sich jedenfalls mittelbar aus der Niederschrift zur mündlichen Verhandlung, dass die Quellenlage angesprochen worden sein muss. Der Beweisantrag zu 2. findet nur dann eine Erklärung, wenn in der mündlichen Verhandlung die Frage thematisiert worden ist, ob sich die Lage in Bulgarien möglicherweise verbessere. Darauf war der Kläger in seiner Klagebegründung vom 26. November 2014 u.a. unter Hinweisen auf den Bericht des UNHCR 4/2014 „Bulgaria as a Country of Asylum - UNHCR Observations on the Current Situation of Asylum in Bulgaria April 2014“ eingegangen und kurz noch einmal in seinem Schriftsatz vom 3. August 2015. Anders als in Bezug auf andere Aspekte des Falles hat er hierfür jedoch zunächst kein Beweisangebot gemacht. Das spricht dafür, dass er in der mündlichen Verhandlung Anlass gefunden hat, insoweit „nachzubessern“.

Bleibt es hiernach (nur) bei einer unzureichenden Einführung jedenfalls der drei gerichtlichen Entscheidungen in das Verfahren, wäre zur Annahme des Vorliegens einer Gehörsverletzung jedoch zusätzlich erforderlich, dass der Rechtsschutzsuchende darlegen kann, welchen weiteren Vortrag er bei rechtzeitigem Hinweis gehalten hätte. Der hier vorliegende Zulassungsantrag enthält zwar zur Erfüllung des diesbezüglichen Darlegungsgebots aus § 78 Abs. 4 Satz 4 AsylVfG/AsylG Ausführungen; diese greifen allerdings im Ergebnis nicht durch. Soweit der Kläger vorträgt, er hätte in Kenntnis der fraglichen Erkenntnismittel einen ergänzenden Beweisantrag gestellt, handelt es sich im Wesentlichen um den bereits in der erstinstanzlichen mündlichen Verhandlung hilfsweise gestellten Beweisantrag zu 2. Dieser lautete wie folgt:

„hilfsweise,

Beweis zu erheben durch Einholung eines Sachverständigengutachtens des UNHCR.

„Das Gutachten wird bestätigen, daß die Ende 2014 und Anfang 2015 eingeleiteten Bemühungen um eine Verbesserung des bulgarischen Asylsystems nicht zu tatsächlichen Verbesserungen geführt haben. Dies betrifft auch zurück überstellte Asylbewerber aus Deutschland. Nach Auskunft des UNHCR diese Personengruppe besonders hart (vgl. Schriftsatz v. 26.11.14).“

Ein Unterschied ist nur insoweit zu erkennen, als der Kläger als Beweismittel nunmehr nicht mehr ein Sachverständigengutachten des UNHCR anführt, sondern Herrn E. von F. als Sachverständigen benennt. Die ausführlich in dessen Kenntnis gestellten tatsächlichen Entwicklungen bzw. deren Fehlen gehen jedoch nicht über den Rahmen des ursprünglichen Hilfsbeweisantrags hinaus. Der Zulassungsantrag stellt auch keinen Ursachenzusammenhang zwischen der Nichtmitteilung der Erkenntnismittel und dem Umstand dar, dass das Beweismittel gewechselt werden soll, behauptet insbesondere nicht, dass ihm im Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung bereits bekannt gewesen sei, dass Herr E. die angegebenen Befunde erhoben habe.

b) Soweit der Zulassungsantrag einen Verfahrensmangel im Sinne des § 78 Abs. 3 Nr. 3 AsylVfG/AsylG auch darin sieht, dass das Verwaltungsgericht dem oben genannten Hilfsbeweisantrag nicht nachgegangen sei, hat das Verwaltungsgericht diesen mit folgender Begründung abgelehnt:

„Aufgrund dessen, dass zum derzeitigen Zeitpunkt aufgrund der bestehenden Erkenntnismittel davon auszugehen ist, dass sich aus Vorstehendem ergibt, dass Bulgarien bereits Verbesserungen erreicht hat und davon auszugehen ist, dass Anstrengungen unternommen werden, weitere Verbesserungen durchzusetzen, ist das vom Kläger begehrte weitere Sachverständigengutachten des UNHCR nicht einzuholen.“

Dies enthält im Ausgangspunkt eine Beweiswürdigung hinsichtlich der fraglichen Erkenntnismittel, auf die sich eine Verfahrensrüge nicht beziehen könnte, weil Einwände gegen die Sachverhalts- und Beweiswürdigung des Gerichts dem sachlichen Recht zuzurechnen sind und von vornherein nicht eine Zulassung der Berufung nach § 78 Abs. 3 Nr. 1 AsylVfG/AsylG rechtfertigen (vgl. OVG Münster, Beschl. v. 17.11.2015 - 4 A 1439/15.A -, juris; OVG Lüneburg, Beschl. v. 25.8.2014 - 8 LA 60/14 -, juris). Die daran anknüpfende Ablehnung des förmlich gestellten Beweisantrags kann allerdings gleichwohl einen im Zulassungsverfahren rügefähigen Verfahrensmangel darstellen. Unter welchen Umständen ein Hilfsbeweisantrag abgelehnt werden kann, hat das Bundesverwaltungsgericht mit Beschluss vom 30. Mai 2014 (- 10 B 34.14 -, juris) wie folgt zusammengefasst:

„Während sich die Voraussetzungen für die Ablehnung eines in der mündlichen Verhandlung unbedingt gestellten Beweisantrags aus § 86 Abs. 2 i.V.m. Abs. 1 VwGO ergeben, wird mit einem nur hilfsweise gestellten Beweisantrag lediglich die weitere Erforschung des Sachverhalts nach § 86 Abs. 1 VwGO angeregt (Beschlüsse vom 10. Juni 1999 - BVerwG 9 B 81.99 - Buchholz 310 § 86 Abs. 1 VwGO Nr. 302 m.w.N., vom 19. August 2010 - BVerwG 10 B 22.10 - juris Rn. 10 und vom 26. Juli 2012 - BVerwG 10 B 21.12 - juris Rn. 3; Urteil vom 26. Juni 1968 - BVerwG 5 C 111.67 - BVerwGE 30, 57 <58> = Buchholz 310 § 86 Abs. 2 VwGO Nr. 9). Die von der Beschwerde der Sache nach geltend gemachten Verstöße gegen den Amtsermittlungsgrundsatz (§ 86 Abs. 1 VwGO) sind nur dann ausreichend dargelegt, wenn substantiiert vorgetragen wird, hinsichtlich welcher tatsächlichen Umstände Aufklärungsbedarf bestanden hat, welche für geeignet und erforderlich gehaltenen Aufklärungsmaßnahmen hierfür in Betracht gekommen wären und welche tatsächlichen Feststellungen bei Durchführung der unterbliebenen Sachverhaltsaufklärung voraussichtlich getroffen worden wären. Weiterhin muss dargelegt werden, dass bereits im Verfahren vor dem Tatsachengericht, insbesondere in der mündlichen Verhandlung, auf die Vornahme der Sachverhaltsaufklärung, deren Unterbleiben nunmehr gerügt wird, hingewirkt worden ist oder dass sich dem Gericht die bezeichneten Ermittlungen auch ohne ein solches Hinwirken von sich aus hätten aufdrängen müssen (Beschluss vom 19. August 1997 - BVerwG 7 B 261.97 - Buchholz 310 § 133 <n.F.> VwGO Nr. 26 = NJW 1997, 3328 m.w.N.). Es kann offenbleiben, ob die Ausführungen der Beschwerdebegründung den Darlegungsanforderungen an eine Gehörs- und Aufklärungsrüge genügen. Denn das Berufungsgericht hat seine Aufklärungspflicht und das rechtliche Gehör des Klägers nicht dadurch verletzt, dass es die vom Kläger begehrte Beweiserhebung nicht vorgenommen hat.

Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts und des Bundesverwaltungsgerichts verletzt die Ablehnung eines Beweisantrags nur dann das rechtliche Gehör, wenn sie im Prozessrecht keine Stütze findet (vgl. etwa BVerfG, Beschluss vom 8. November 1978 - 1 BvR 158/78 - BVerfGE 50, 32 <36>). Die prozessrechtliche Frage, ob das vorinstanzliche Verfahren an einem Mangel leidet, ist vom materiellrechtlichen Standpunkt des Berufungsgerichts aus zu beurteilen, selbst wenn dieser Standpunkt verfehlt sein sollte (stRspr, Urteil vom 25. März 1987 - BVerwG 6 C 10.84 - Buchholz 310 § 108 VwGO Nr. 183 S. 4).

Ein Beweisantrag ist u.a. unzulässig und kann abgelehnt werden, wenn es sich um einen Ausforschungs- und Beweisermittlungsantrag handelt, wenn er also lediglich zum Ziel hat, Zugang zu einer bestimmten Informationsquelle zu erlangen, um auf diesem Wege Anhaltspunkte für neuen Sachvortrag zu gewinnen (vgl. Beschlüsse vom 2. Juli 1998 - BVerwG 11 B 30.97 - Buchholz 451.171 § 6 AtG Nr. 2 = NVwZ 1999, 654 und vom 2. April 1998 - BVerwG 7 B 79.98 - juris). Auch Beweisanträge, die so unbestimmt sind, dass im Grunde erst die Beweiserhebung selbst die entscheidungserheblichen Tatsachen und Behauptungen aufdecken kann, müssen regelmäßig dem Gericht eine weitere Sachaufklärung nicht nahelegen und können als unsubstantiiert abgelehnt werden (vgl. Beschlüsse vom 5. Oktober 1990 - BVerwG 4 B 249.89 - Buchholz 442.40 § 9 LuftVG Nr. 6 und vom 29. März 1995 - BVerwG 11 B 21.95 - Buchholz 310 § 86 Abs. 1 VwGO Nr. 266). So liegt es, wenn für den Wahrheitsgehalt der Beweistatsache nicht wenigstens eine gewisse Wahrscheinlichkeit spricht, d.h. wenn sie mit anderen Worten ohne greifbare Anhaltspunkte willkürlich „aus der Luft gegriffen“, „ins Blaue hinein“, also „erkennbar ohne jede tatsächliche Grundlage“ behauptet worden sind (vgl. Beschlüsse vom 29. April 2002 - BVerwG 1 B 59.02 - Buchholz 402.240 § 53 AuslG Nr. 60, vom 30. Juni 2008 - BVerwG 5 B 198.07 - Buchholz 310 § 98 VwGO Nr. 98 Rn. 5 m.w.N. und vom 12. März 2010 - BVerwG 8 B 90.09 - juris; vgl. auch BVerfG, Kammerbeschluss vom 26. August 1996 - 2 BvR 1968/94 - juris - und BGH, Urteil vom 25. April 1995 - VI ZR 178/94 - MDR 1995, 738). Welche Anforderungen vom Tatsachengericht an die Substantiierung gestellt werden dürfen, bestimmt sich zum einen danach, ob die zu beweisende Tatsache in den eigenen Erkenntnisbereich des Beteiligten fällt, und zum anderen nach der konkreten prozessualen Situation (vgl. Beschlüsse vom 25. Januar 1988 - BVerwG 7 CB 81.87 - Buchholz 310 § 86 Abs. 1 VwGO Nr. 196 S. 14 und vom 19. Oktober 2011 - BVerwG 8 B 37.11 - ZOV 2011, 264; Dawin, in: Schoch/Schmidt-Aßmann/Pietzner, VwGO, Bd. II, § 86 Rn. 73 f. m.w.N.)."

In diese möglichen Ablehnungsgründe lassen sich die Ausführungen des Verwaltungsgerichts nicht ganz zweifelsfrei einordnen. Offensichtlich ist die Ablehnung des Beweisantrags - zu Recht - nicht darauf gestützt, dass das Verwaltungsgericht dem Kläger nach § 87 b Abs. 1 und 2 VwGO zunächst eine Ausschlussfrist gesetzt hatte. Darauf hat der Kläger fristgerecht mit weiterem Vortrag reagiert. Er war infolgedessen nicht daran gehindert, auf Entwicklungen in der mündlichen Verhandlung mit neuem Sachvorbringen und entsprechenden Beweisanträgen zu reagieren.

Eine Ablehnung des Beweisantrages kam auch nicht mit der Erwägung in Betracht, dass die Einschätzungen des Verwaltungsgerichts teilweise prognostischen Charakter hatten und insoweit einer Verifizierung oder Falsifizierung durch Sachverständige nur schwer zugänglich waren. Jedenfalls die Anknüpfungstatsachen für eine Prognose unterliegen den üblichen beweisrechtlichen Regeln.

Der Beweisantrag zu 2. stellte sich aber in seiner ursprünglichen Fassung der Sache nach als ein Beweisermittlungsantrag dar, dem das Verwaltungsgericht nicht nachgehen musste. Auf diese ursprüngliche Fassung kommt es an, weil das Vorliegen eines Verfahrensmangels vom materiellrechtlichen Standpunkt des Ausgangsgerichts aus zu beurteilen ist, selbst wenn dieser Standpunkt verfehlt sein sollte. Infolgedessen spielt in diesem Zusammenhang auch keine Rolle, ob das Verwaltungsgericht in weitergehendem Maße rechtliches Gehör hätte gewähren müssen. Sein materiellrechtlicher Standpunkt war derjenige, dass es nach den ihm zu Gebote stehenden Erkenntnisquellen von Missständen in Bulgarien ausging, aber annahm, dass sich infolge bereits eingeleiteter Maßnahmen auch übernationaler Institutionen eine Verbesserung der Lage abzeichne.

Vor diesem Hintergrund wäre der Beweisantrag, wie er jetzt in verbesserter Form begründet worden ist, beachtlich gewesen, weil er bereits erhobene Befunde über das Ausbleiben von Verbesserungen in das Wissen von Herrn E. stellt. Die ursprüngliche - und hier maßgebliche - Formulierung des Beweisantrags zeigte jedoch nicht hinreichend deutlich auf, dass der seinerzeit angebotene Gutachter des UNHCR bereits entsprechende Feststellungen getroffen hatte. Wird - wie hier - beantragt, Beweis zu erheben durch Einholung eines Sachverständigengutachtens, bedeutet dies regelmäßig, dass sich der Sachverständige zunächst selbst die tatsächlichen Grundlagen für seine darauf fußenden Schlussfolgerungen erarbeiten soll. Auch die dem Beweisantrag beigefügte Begründung, das Gutachten werde bestätigen, dass die Ende 2014 und Anfang 2015 eingeleiteten Bemühungen um eine Verbesserung des bulgarischen Asylsystems nicht zu tatsächlichen Verbesserungen geführt haben, enthält nicht die Aussage, dass hiervon bereits als feststehend auszugehen sei, sondern gibt nur die eigene Überzeugung des Klägers wider, nicht ein bereits abgefragtes Sachwissen des ins Auge gefassten Sachverständigen.

2. Trotz Ablehnung des Zulassungsantrags war Prozesskostenhilfe zu bewilligen, weil die aufgeworfenen zulassungs- und beweisrechtlichen Fragen in einem isolierten Prozesskostenhilfebeschluss angesichts des dort in Ansatz zu bringenden, von dem des Hauptsacheverfahrens abweichenden Prüfungsmaßstabs (vgl. z.B. BVerfG, 1. Kammer des 1. Senats, Beschl. v. 3.3.2014 - 1 BvR 1671/13 -, NJW 2014, 1291) nicht ohne Weiteres zu Lasten des Klägers hätten durchentschieden werden können.

Mit der Ablehnung des Zulassungsantrags wird das angefochtene Urteil rechtskräftig (§ 124a Abs. 5 Satz 4 VwGO).

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO.

Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO).