Amtsgericht Hannover
Beschl. v. 09.03.2004, Az.: 71 II 9/04

Grundsätze ordnungsgemäßer Verwaltung; Aktivlegitimation zur Anfechtung von Beschlüssen der Wohnungseigentümerversammlung

Bibliographie

Gericht
AG Hannover
Datum
09.03.2004
Aktenzeichen
71 II 9/04
Entscheidungsform
Beschluss
Referenz
WKRS 2004, 33443
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
ECLI:DE:AGHANNO:2004:0309.71II9.04.0A

Fundstelle

  • ZMR 2004, 627-628 (Volltext mit red. LS)

Verfahrensgegenstand

Beschlussanfechtung

Das Amtsgericht Hannover - Abteilung für Wohnungseigentumssachen - hat
auf die mündliche Verhandlung vom 09. März 2004
durch
den Richter am Amtsgericht Dr. Löffler
beschlossen:

Tenor:

Der Beschluss der Wohnungseigentümerversammlung vom 19.12.2003 zu TOP 2 (die sofortige und fristlose Abberufung des Verwalters H. Richter-Alten und die sofortige und fristlose Kündigung des Verwaltervertrages mit H. Richter-Alten) wird für ungültig erklärt.

Die Antragsgegner haben gesamtschuldnerisch die Gerichtskosten als auch die außergerichtlichen Kosten des Antragstellers zu tragen.

Der Geschäftswert wird auf 700,00 Euro festgesetzt.

Gründe

1

I.

Der Antragsteller war Verwalter der eingangs erwähnten Wohnungseigentümergemeinschaft, die ab Anfang 2004 nunmehr vom Beteiligten zu 3. verwaltet wird. Am 19.12.2003 fand eine Eigentümerversammlung statt, in der zu TOP 2 u.a. die sofortige fristlose Kündigung und Abberufung des Antragstellers aus wichtigem Grund einstimmig beschlossen wurde; wegen der Einzelheiten wird auf das Versammlungsprotokoll (Blatt 9 ff. der Akten) verwiesen.

2

Gegen diesen Beschluss wendet sich der Antragsteller zunächst damit, dass die Versammlung von einem Nichtberechtigten einberufen worden sei. Außerdem hätten keine Gründe für eine fristlose Kündigung bzw. sofortige Abberufung vorgelegen. Sein Rechtsschutzbedürfnis ergebe sich aus der Befürchtung, dass von ihm Rückzahlung der Verwaltervergütung für die Zeit vom 19. bis 31.12.2003 gefordert werde. Seiner Meinung nach lief die Verwalterbestellung und der Verwaltervertrag bis 31.12.2003.

3

Der Antragsteller beantragt,

wie erkannt.

4

Die Antragsgegner beantragen,

den Antrag zurückzuweisen.

5

Sie meinen, der Antragsteller sei nicht aktivlegitimiert, die Beschlüsse der Antragsgegner anzufechten, da er nicht mehr Verwalter ist. In der Eigentümerversammlung vom 23.08.1006 sei er bis Ende 1997 zum Verwalter bestellt worden und habe in 1998 Verwaltertätigkeit ohne legitimierenden Beschluss ausgeführt. Erst in der Versammlung vom 23.10.1998 sei der Verwaltervertrag bis zum 31.12.2003 verlängert bzw. der Antragsteller zum Verwalter bestellt worden. Die Antragsgegner verweisen darauf, dass die Bestellungszeit mit der Übernahme der Tätigkeit beginne. Da die ursprüngliche Bestellungszeit am 31.12.1997 abgelaufen gewesen sei, sei die Verwalterbestellung bereits zum 31.12.2002 abgelaufen gewesen. Im Übrigen sei der Verwaltungsbeiratsvorsitzende Riedel zur Einberufung der Versammlung deshalb berechtigt gewesen aufgrund der Einstimmigkeit. Schließlich verweisen sie darauf, dass die Wohnungseigentümer nicht gehindert seien, den Verwalter auch vor Ablauf der vereinbarten Laufzeit des Verwaltervertrages abzuberufen, sofern dieses einstimmig geschieht.

6

II.

Der gemäß § 43 Abs. 1 Ziffer 3 WEG zulässige Antrag ist begründet.

7

Der Beschluss zu TOP 2 war für ungültig zu erklären, weil er den Grundsätzen ordnungsgemäßer Verwaltung gemäß § 21 Abs. 3 bis 5 WEG widerspricht.

8

Zum einen ergibt sich dies bereits aus dem Vortrag der Antragsgegner, soweit sie der Auffassung sind, die Verwalterbestellung endete bereits am 31.12.2002. Selbst wenn dies der Fall wäre, wäre die Beschlussfassung am 19.12.2003 sinnlos gewesen, was nicht den Grundsätzen ordnungsgemäßer Verwaltung entsprechen kann.

9

Entscheidend ist jedoch, dass die Antragsgegner selbst vorgetragen haben, in der Eigentümerversammlung vom 23.10.1998 sei die Bestellung und der Verwaltervertrag bis Ende 2003 verlängert worden. Ob zuvor der Antragsteller möglicherweise ohne legitimierenden Beschluss Verwaltertätigkeit entfaltete, spielt deshalb keine Rolle, da er unstreitig bis Ende 2003 hierzu berechtigt und sogar verpflichtet war. Insoweit ist auch davon auszugehen, dass gemäß dem Vortrag der Antragsgegner die Bestellzeit fünf Jahre betrug, also der höchstzulässige Zeitraum gemäß § 26 Abs. 1 Satz 2 WEG, mithin von Ende 1998 bis Ende 2003.

10

Soweit nach dem vorstehenden unbestrittenen Antragsgegnervortrag also die Bestellung und der Vertrag bis Ende 2003 galt, haben die Antragsgegner bis auf den Hinweis auf die Einstimmigkeit des Beschlusses keine Gründe vorgetragen, die die Abberufung bzw. Kündigung überhaupt rechtfertigen, sodass es dahinstehen kann, ob tatsächlich gemäß dem angefochtenen Beschluss zu TOP 2 im Hinblick auf § 26 Abs. 1 Satz 3 WEG ein wichtiger Grund zur Abberufung bzw. Kündigung vorlag.

11

Die Kostenentscheidung folgt aus § 47 WEG. Danach haben gemäß der Billigkeit die unterlegenen Antragsgegner gesamtschuldnerisch sowohl die Gerichtskosten als auch die außergerichtlichen Kosten des Antragstellers zu tragen, da nach dem Vorstehenden ihre Rechtsverteidigung von vornherein evident nicht erfolgsversprechend war.

Streitwertbeschluss:

Der Geschäftswert wird auf 700,00 Euro festgesetzt.

Die Festsetzung des Geschäftswertes folgt gemäß § 48 Abs. 3 WEG, wobei eine ungefähre Orientierung im Hinblick auf die streitige Restlaufzeit des Vertrages bzw. der Bestellung erfolgte.

Dr. Löffler