Amtsgericht Hannover
Urt. v. 21.01.2004, Az.: 533 C 14662/03

Nichtregulierung eines Schadensfalles wegen grob fahrlässiger Herbeiführung; Definition des Begriffs der groben Fahrlässigkeit; Bestimmung des Sorgfaltsmaßstabs beim Umgang mit Kerzen

Bibliographie

Gericht
AG Hannover
Datum
21.01.2004
Aktenzeichen
533 C 14662/03
Entscheidungsform
Urteil
Referenz
WKRS 2004, 33195
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
ECLI:DE:AGHANNO:2004:0121.533C14662.03.0A

Fundstelle

  • IVH 2004, 112 (Volltext mit amtl. LS)

Verfahrensgegenstand

Forderung aus Wohngebäudeversicherungsvertrages

Das Amtsgericht Hannover, Abt. 533, hat
auf die mündliche Verhandlung vom 21.01.2004
durch
die Richterin am Amtsgericht Oltmanns
für Recht erkannt:

Tenor:

Die Klage wird abgewiesen.

Der Kläger hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

(Dem Kläger bleibt nachgelassen, die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des vollstreckbaren Betrages abzuwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet. )

Tatbestand

1

Der Kläger unterhält bei der Beklagten eine Wohngebäudeversicherung nach VGB 88 für das Mehrfamilienhaus Walthausenstraße 30 in Hameln.

2

Am 16.12.2002 stellte die Ehefrau des Klägers eine Kerze im Treppenhaus auf ein Tischchen, welches in Brand geriet.

3

Der Kläger behauptet, die Kerze sei in einem Abstand von 10 bis 15 Minuten überprüft worden.

4

Die Beseitigung der Brandschäden würde einen Kostenaufwand in Höhe von 1.653,31 Euro erfordern.

5

Der Kläger beantragt,

die Beklagte zu verurteilen, an ihn 1.653,31 Euro nebst 5% Zinsen über dem Basiszinssatz seit 06.02.2003 zu zahlen.

6

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

7

Sie rügt die örtliche Zuständigkeit und trägt vor, der Kläger habe grob fahrlässig gehandelt. Sie bestreitet den eingetretenen Schaden im Einzelnen.

8

Wegen der Einzelheiten des Parteivorbringens wird auf den vorgetragenen Inhalt der gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen sowie das Sitzungsprotokoll vom 21.01.2004 verwiesen.

Gründe

9

Das Amtsgericht Hannover ist gemäß § 21 ZPOörtlich zuständig, weil die Beklagte in Hannover eine Regionaldirektion unterhält, die den Schadensfall bearbeitet hat.

10

Die Klage ist unbegründet.

11

Die Beklagte ist nicht verpflichtet, für den Schadensfall vom 16.12.2002 einzustehen, denn er ist gemäß § 9 Ziffer 1 a VGB 88 grob fahrlässig herbeigeführt worden.

12

Grob fahrlässig handelt, wer die im Verkehr erforderliche Sorgfalt im besonders schweren Maße verletzt, nämlich einfachste, ganz nahe liegende Überlegungen nicht anstellt und das nicht beachtet, was im gegebenen Fall jedermann einleuchten müsste.

13

Eine solche objektive Pflichtverletzung liegt hier vor, denn beim Umgang mit offenem Feuer ist stets, insbesondere wenn sich leicht brennbare Gegenstände - wie hier ein die Kerze umfassender Kranz - in der Nähe befinden, eine ständige Beaufsichtigung erforderlich. Die von brennenden Kerzen ausgehende Gefahr ist allgemein bekannt. Gerade in einem Treppenhaus kann zum Beispiel durch das Öffnen von Türen Zugluft entstehen und die Kerzenflamme umschlagen. Eine ständige Beaufsichtigung war im Treppenhaus nicht Gewähr leistet. Eine Überprüfung im Abstand von 15 Minuten reichte nicht aus, ist im Übrigen aber auch nicht schlüssig dargelegt, denn aus dem von dem Kläger am 18.12.2002 unterzeichneten Verhandlungsprotokoll ergibt sich, dass das Feuer erst wesentlich später als 15 Minuten nach der letzten Kontrolle entdeckt worden ist.

14

Die Klage war danach mit der Kostenfolge aus § 91 ZPO abzuweisen.

15

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.

Oltmanns, Richterin am Amtsgericht