Oberverwaltungsgericht Niedersachsen
Urt. v. 17.10.2001, Az.: 4 L 4097/00

Einnahmen; Erstattung; Lohnkostenzuschuss; Neuberechnung; Rentennachzahlung; Wohngeld; Zufluss

Bibliographie

Gericht
OVG Niedersachsen
Datum
17.10.2001
Aktenzeichen
4 L 4097/00
Entscheidungsform
Urteil
Referenz
WKRS 2001, 40172
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
[keine Angabe]

Verfahrensgang

vorgehend
VG - 06.07.1999 - AZ: 15 A 2856/98

Amtlicher Leitsatz

Leitsatz

Eine Rentennachzahlung erhöht auch dann die Einnahmen des Wohngeldempfängers und kann eine neue Entscheidung über die Gewährung von Wohngeld nach § 29 Abs. 3 WoGG rechtfertigen, wenn die Nachzahlung dem Wohngeldempfänger tatsächlich nicht zugeflossen, sondern an einen anderen Sozialleistungsträger erstattet worden ist. Die rückwirkende Bewilligung der Rente erhöht aber dann nicht das Familieneinkommen, wenn die Erstattung des Nachzahlungsbetrages an den anderen Sozialleistungsträger im selben Umfang die Einnahmen eines anderen Familienmitglieds aus dieser Sozialleistung mindert.

Tatbestand:

1

Die Beklagte wendet sich mit ihrer Berufung gegen ein Urteil des Verwaltungsgerichts, durch das ein an den Kläger gerichteter Bescheid über die Rückforderung von Wohngeld aufgehoben worden ist.

2

Der Kläger erhielt seit Dezember 1994  eine Grundrente nach dem Bundesversorgungsgesetz.  Die Ehefrau des Klägers wurde in der Zeit vom 01. Februar 1996  bis zum 31. März 1997  befristet als Arbeitnehmerin bei dem Bildungswerk Niedersächsische Volkshochschulen e.V.  in H. beschäftigt.  Dabei handelte es sich um eine Maßnahme der in §§ 18 ff. BSHG geregelten "Hilfe zur Arbeit",  die von dem Landkreis H. mit einem Zuschuss an den Arbeitgeber der Ehefrau des Klägers von monatlich jeweils etwa 1.700,-- DM (insgesamt ca. 24.000,-- DM) unterstützt wurde. Die Ehefrau des Klägers erhielt  für ihre Erwerbstätigkeit eine Vergütung in Höhe von 2.490,-- DM  monatlich brutto (2.300,-- DM zzgl. Kinderzuschläge von 190,-- DM - vgl. § 2 des Arbeitsvertrags).

3

Mit Bescheid vom 15. Januar 1997 gewährte die Beklagte dem Kläger auf seinen Antrag Wohngeld  für die Zeit vom 1. Dezember 1996  bis 31. März 1997  in Höhe von 341,-- DM monatlich.  Zur Berechnung des Wohngeldes ermittelte sie das Familieneinkommen. Dabei berücksichtigte die Beklagte lediglich die Einkünfte der Ehefrau des Klägers aus deren Erwerbstätigkeit und errechnete ein Familieneinkommen von jährlich 22.304,-- DM.

4

Durch Bescheid vom 21. Mai 1997 wurde dem Kläger auch Wohngeld für die Zeit von April 1997 bis September 1997 gewährt.

5

Mit Bescheid vom 31. Juli 1997 bewilligte das Versorgungsamt B. dem Kläger zusätzlich zu der ihm gewährten Grundrente eine Ausgleichsrente nebst Ehegattenzuschlag nach dem Bundesversorgungsgesetz. Für die Zeit von Juli 1996 bis Juni 1997 wurde die Ausgleichsrente auf 561,-- DM und der Ehegattenzuschlag auf 100,-- DM, insgesamt also monatlich 661,-- DM, festgesetzt. Für die Zeit von Dezember 1994 bis August 1997 ergab sich ein Nachzahlungsbetrag von 21.155,-- DM. Das Versorgungsamt B. teilte dem Kläger mit, der Nachzahlungsbetrag werde wegen eventueller Erstattungsansprüche anderer Leistungsträger einbehalten. Zugleich gab das Versorgungsamt B. u.a. der Wohngeldstelle der Beklagten und der Samtgemeinde B. als zur Durchführung von Angelegenheiten der Sozialhilfe vom Landkreis H. herangezogener Gemeinde Gelegenheit, Erstattungsansprüche geltend zu machen.

6

Daraufhin machte die Beklagte eine Erstattung der von ihr an den Kläger geleisteten Wohngeldzahlungen geltend, und zwar für die Zeitz vom 01. Dezember 1996 bis 31. März 1997 in Höhe von 712,-- DM (monatlich 178,-- DM) und für die Zeit vom 01. April 1997  bis 31. August 1997  in Höhe von 855,-- DM  (monatlich 171,-- DM).

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Unter dem 12. September 1997 teilte das Versorgungsamt dem Kläger mit, von der mit Bescheid vom 31. Juli 1997 festgestellten Nachzahlung in Höhe von 21.155,-- DM werde ihm wegen der Erstattungsansprüche anderer Sozialleistungsträger nur ein Betrag in Höhe von 3.136,-- DM ausgezahlt.

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Den übrigen Teil der Nachzahlung zahlte das Versorgungsamt nach §§ 102 ff SGB X an andere Leistungsträger aus, und zwar u. a. an die Samtgemeinde B. wegen der an den Arbeitgeber der Ehefrau des Klägers geleisteten Zuschüsse nach §§ 18 ff. BSHG. Außerdem befriedigte das Versorgungsamt den Erstattungsanspruch der Beklagten wegen des in der Zeit von April 1997 bis August 1997 gezahlten Wohngeldes. Eine Erstattung des von der Beklagten an den Kläger für den vorausgegangenen Zeitraum vom 01. Dezember 1996 bis 31. März 1997 gewährten Wohngeldes lehnte das Versorgungsamt mit der Begründung ab, in Höhe des auf diesen Zeitraum entfallenden Anteils der Rentennachzahlung von monatlich 661,-- DM sei bereits die Samtgemeinde B. wegen des vom Landkreis H. an den Arbeitgeber der Ehefrau des Klägers geleisteten Lohnkostenzuschusses befriedigt worden war.

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Daraufhin hob die Beklagte durch Bescheid vom 23. Oktober 1997 ihren Wohngeldbescheid vom 15. Januar 1997 auf und berechnete das Wohngeld für die Zeit von Dezember 1996 bis März 1997 gemäß § 29 Abs. 3 Wohngeldgesetz (WoGG) neu. Zur Begründung führte die Beklagte aus, die Voraussetzungen für eine Aufhebung lägen vor, da sich das zu berücksichtigende Einkommen im Hinblick auf die dem Kläger gewährte Ausgleichsrente um mehr als 15 %  gegenüber den  im Wohngeldbescheid vom 15. Januar 1997 aufgeführten Einnahmen erhöht habe.  Das dem Kläger in dem genannten Zeitraum zu gewährende Wohngeld setzte die Beklagte auf  monatlich 163,-- DM fest und kündigte die Verrechnung des überzahlten Betrages von 712,-- DM mit den laufenden Wohngeldzahlungen an.

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Hiergegen legte der Kläger am 31. Oktober 1997 Widerspruch mit der Begründung, die Ausgleichsrente, die ihm als zusätzliches Einkommen angerechnet worden sei, sei bereits an die Samtgemeinde B. geleistet worden. Diesen Widerspruch wies der Landkreis H. durch Bescheid vom 18. Dezember 1997 zurück.

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Am 14. Januar 1998 hat sich der Kläger mit seiner Klage gegen den Bescheid der Beklagten vom 23. Oktober 1997 und den Widerspruchsbescheid des Landkreises H. vom 18. Dezember 1997 gewandt. Zur Begründung hat er ausgeführt, entgegen der Ansicht der Beklagten habe sich sein Familieneinkommen in dem Bewilligungszeitraum nicht erhöht, da mit der Ausgleichsrente Erstattungsansprüche des Sozialamtes des Landkreises H. (Samtgemeinde B.) befriedigt worden seien.

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Die Beklagte hat hiergegen eingewandt: Das Familieneinkommen sei durch den angefochtenen Bescheid zutreffend berechnet worden. Die Lohnkostenzuschüsse des Sozialamtes seien von den Bruttoeinnahmen der Ehefrau des Klägers nicht abzuziehen. Die Vergütung der Ehefrau sei auch nicht dadurch geringer geworden, dass die Lohnkostenzuschüsse mit der nachträglich gewährten Rente des Versorgungsamts zum Teil zurückgezahlt worden seien.

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Das Verwaltungsgericht hat mit Urteil vom 06. Juli 1999 der Klage stattgegeben. Zur Begründung seiner Entscheidung hat es ausgeführt:

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Die Voraussetzungen für eine Neuentscheidung über die Gewährung von Wohngeld gemäß § 29 Abs. 3 Nr. 2 WoGG mit der Folge der Herabsetzung des Wohngeldes und einer Rückforderung des überzahlten Betrages lägen nicht vor. Das Familieneinkommen habe sich hier nicht um mehr als 15 v. H. erhöht. Dabei sei wegen seiner Loslösung vom Einkommenssteuerrecht der Einkommensbegriff des WoGG gleich dem des § 76 BSHG. Hier wie dort seien mit Einkommen (nur) die tatsächlich zufließenden Einnahmen gemeint unter Abzug bestimmter hier bzw. dort genannter Einnahmen. Die Nachzahlung der Ausgleichsrente für die Monate Dezember 1996 bis März 1997 sei dem Kläger zwar bewilligt worden,  aber infolge der sogleich vorgenommenen Befriedigung des geltend gemachten Erstattungsanspruchs des Landkreises H. dem Kläger nicht zugeflossen.  Die Nachzahlung sei nicht  in seinen rechtlichen und tatsächlichen Verfügungsbereich gelangt  und zu keiner Zeit eine Einnahme gewesen mit der Folge, dass sich das Familieneinkommen als Gesamtbetrag der Jahreseinkünfte der zum Haushalt rechnenden Familienmitglieder nicht erhöht habe. Der Umstand, dass der Kläger gegen den Abrechnungsbescheid des Versorgungsamts B. Widerspruch nicht eingelegt habe, schließe es auch aus,  dass nachträglich noch eine Erhöhung des Familieneinkommens eintrete.

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Gegen dieses Urteil hat die Beklagte am 03. September 1999 einen Antrag auf Zulassung der Berufung gestellt. Mit Beschluss vom 28. November 2000 (4 L 3550/99) hat der Senat die Berufung nach § 124 Abs. 2 Nr. 2 VwGO wegen besonderer  tatsächlicher und rechtlicher Schwierigkeiten zugelassen.

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Zur Begründung ihrer Berufung macht die Beklagte geltend:

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Das Urteil des Verwaltungsgerichts sei fehlerhaft, denn die im Sozialhilferecht herrschende Zuflusstheorie sei nicht analog bei den nach dem WoGG anzurechnenden Einkünften anzuwenden. Entscheidend für die Frage, ob es sich um Jahreseinkommen im Sinne des WoGG handele, sei die rechtliche Zuordnung des Anspruchs auf die Leistung. Hier habe der Kläger den grundsätzlichen Anspruch auf die Nachzahlung der Ausgleichsrente gehabt. Die Anspruchsberechtigung werde nicht davon berührt, dass sich ein anderer die Forderung wegen eines bestehenden Erstattungs- oder sonstigen Ersatzanspruchs unmittelbar auszahlen lasse. Deshalb sei die gewährte Ausgleichsrente bei der Neuberechnung des dem Kläger zustehenden Wohngeldes nach § 29 Abs. 3 BSHG zu berücksichtigen.

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Die Beklagte beantragt sinngemäß,

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das Urteil des Verwaltungsgerichts vom 06. Juli 1999 aufzuheben  und die Klage abzuweisen.

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Der Kläger beantragt,

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die Berufung zurückzuweisen.

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Zur Begründung trägt er vor: Die Nachzahlung der Ausgleichsrente für die Monate Dezember 1996 bis März 1997 sei zu keiner Zeit in seinen rechtlichen oder tatsächlichen Verfügungsbereich gelangt. Es sei damit keine Einnahme gewesen. Stelle man - wie das angefochtene Urteil - auf den tatsächlichen Zufluss der Nachzahlung der Ausgleichsrente ab, dann habe diese das Familieneinkommen im Sinne des WoGG nicht erhöht, so dass die Voraussetzungen für eine Neuentscheidung über die Gewährung von Wohngeld nicht vorlägen.

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Doch auch wenn man mit der Beklagten der Ansicht sei, dass es bei dem anzurechnenden Einkommen nicht auf den Zufluss von Einnahmen, sondern auf die rechtliche Zuordnung des Anspruchs auf die Leistungen ankomme, führe dies zu keinem anderen Ergebnis.  Denn zweifellos müsse es sich bei einem einkommenserhöhenden Anspruch um einen rechtlich begründeten Anspruch handeln, dessen Realisierung dem Anspruchsberechtigten zumutbar und zudem im laufenden Ermittlungszeitraum möglich sei. Diese Voraussetzungen lägen hier nicht vor, denn auch der Landkreis H., der als Körperschaft des öffentlichen Rechts an Gesetz und Recht gebunden sei, habe einen Erstattungsanspruch geltend gemacht und sei offenbar der Meinung gewesen, dass ihm der Anspruch auf die Rentennachzahlung zustehe. Der gleichen Ansicht sei das ebenfalls zum rechtmäßigen Handeln verpflichtete Versorgungsamt B. gewesen, weil es anderenfalls die Auszahlung an den Landkreis H. nicht vorgenommen hätte. Jedenfalls im laufenden Bewilligungszeitraum sei ihm eine Durchsetzung seines zweifelhaften Anspruchs gegen den Landkreis H. nicht möglich gewesen.

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Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Gerichtsakte und die Verwaltungsvorgänge der Beklagten Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

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Die Entscheidung ergeht im Einverständnis der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung (§§ 125 Abs. 1 Satz 1, 101 Abs. 2 VwGO).

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Die Berufung der Beklagten ist nicht begründet. Zu Recht hat das Verwaltungsgericht den Bescheid der Beklagten vom 23. Oktober 1997 und den Widerspruchsbescheid des Landkreises H. vom 18. Dezember 1997 aufgehoben, weil sie rechtswidrig sind und den Kläger in seinen Rechten verletzen.

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Die Beklagte stützt die Neuberechnung des Wohngeldes des Klägers für den hier streitigen Bewilligungszeitraum Dezember 1996 bis März 1997 auf § 29 Abs. 3 des Wohngeldgesetzes in der Fassung des Gesetzes vom 23. Juni 1993 (BGBl. I S. 944) - im Folgenden: § 29 Abs. 3 WoGG -.

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"(3) Hat sich im laufenden Bewilligungszeitraum

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1. die Miete oder Belastung so verringert, daß sich dadurch die zu berücksichtigende Miete oder Belastung um mehr als 15 vom Hundert verringert, oder haben sich

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2. die Einnahmen so erhöht, daß sich dadurch das Familieneinkommen um mehr als 15 vom Hundert erhöht, so ist über die Gewährung von Wohngeld von Amts wegen vom Zeitpunkt der Änderung der Verhältnisse an, bei Änderungen im Laufe eines Monats vom auf die Änderung der Verhältnisse folgenden nächsten Ersten eines Monats neu zu entscheiden, wenn dies zu einem Wegfall oder zu einer Verringerung des Wohngeldes führt."

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Die Voraussetzungen dieser Vorschrift liegen nicht vor. In dem laufenden Bewilligungszeitraum, also in der Zeit vom 1. Dezember 1996 bis 31. März 1997, hat sich das Familieneinkommen des Klägers nicht erhöht. Zwar handelt es sich bei der durch den Bescheid des Versorgungsamts B. vom 31. Juli 1997 gewährten Ausgleichsrente nach § 32 Bundesversorgungsgesetz (BVG) und dem Ehegattenzuschlag gemäß § 33 a BVG, die sich für die Zeit von Dezember 1996 bis März 1997 auf monatlich 661,-- DM beliefen, grundsätzlich um bei der Berechnung des Wohngeldes zu berücksichtigende Einnahmen (1.). Auch steht der Umstand, dass dem Kläger die Rentennachzahlung in dem maßgeblichen Zeitraum nicht "zugeflossen" ist, der Annahme, es sei zu einer Erhöhung der Einnahmen gekommen, als solcher nicht entgegen (2.). Ausgleichsrente und Ehegattenzuschlag haben jedoch das Familieneinkommen in dem Bewilligungszeitraum nicht erhöht, weil die Erhöhung auf der Einnahmeseite durch eine dem Zuwachs entsprechende Verminderung des Familieneinkommens aufgehoben worden ist (3.).

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1. Das Tatbestandsmerkmal "Erhöhung des Familieneinkommens" in § 29 Abs. 3 WoGG knüpft an den Einkommensbegriff des § 10 WoGG in der hier maßgeblichen Fassung vom 01. Februar 1993 (BGBl. I S. 183) - im Folgenden: § 10 WoGG - an. Nach § 10 Abs. 1 WoGG gehören zum Jahreseinkommen im Sinne des Gesetzes alle Einnahmen in Geld oder Geldeswert, ohne Rücksicht auf ihre Quelle und ohne Rücksicht darauf, ob sie als Einkünfte im Sinne des Einkommenssteuergesetzes steuerpflichtig sind oder nicht, abzüglich der nach den §§ 12 bis 17 WoGG nicht zu berücksichtigenden Beträge. (Erst seit Änderung des Wohngeldgesetzes zum 01. Januar 2001 durch das Gesetz zur Änderung des Wohngeldgesetzes und anderer Gesetze vom 22. Dezember 1999 - BGBl. I, S. 2671 -, also nach dem hier maßgeblichen Bewilligungszeitraum, knüpft der Einkommensbegriff des Wohngeldrechts unmittelbar an das Einkommenssteuerrecht an).

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Die dem Kläger gewährte Ausgleichsrente nach § 32 BVG oder der Ehegattenzuschlag nach § 33 a BVG sind grundsätzlich bei der Ermittlung des Jahreseinkommens als Einnahme im Sinne des § 10 WoGG anzusetzen. Die Leistungen gehören insbesondere nicht zu dem Katalog der aus Billigkeitsgründen (vgl. Stadler/Gutekunst/Forster, Wohngeldgesetz, Stand: 42. Lieferung Juni 2000, § 10 Rdnr. 1) nicht anrechenbaren Einnahmen nach § 14 WoGG (hier in der Fassung vom 15. Dezember 1995 - BGBl. I S. 1783/1791).

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2. Der Umstand, dass dem Kläger die gewährte Ausgleichsrente und der Ehegattenzuschlag nicht "zugeflossen" sind und sich seine Einkünfte in dem hier maßgeblichen Bewilligungszeitraum nicht tatsächlich erhöht haben, steht der Annahme, es sei zu einer Erhöhung der Einnahmen im Sinne des § 29 Abs. 3 WoGG gekommen, als solcher nicht entgegen. Bei der Berechnung des Einkommens nach dem WoGG kommt es nämlich - anders als im Sozialhilferecht - grundsätzlich nicht darauf an, ob eine Einnahme dem Anspruchsteller auch "zugeflossen" ist. Der Einkommensbegriff des Wohngeldrechts unterscheidet sich nämlich aus folgenden Gründen von dem des Sozialhilferechts:

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Im Sozialhilferecht kommt es bei der Frage, ob Bedürftigkeit vorliegt, darauf an, ob der bestehende Bedarf im entscheidungserheblichen Zeitraum tatsächlich befriedigt worden ist. Als Anknüpfungspunkt für die Sozialhilfe ist die tatsächliche Lage des Hilfebedürftigen zu betrachten, sein - tatsächliches - Unvermögen, sich die Mittel zu einer Lebensführung zu beschaffen, die der Würde des Menschen entspricht (vgl. BVerwG, Urt. v. 18. 2. 1999 - 5 C 35.97 -, FEVS 51, 1; Hess. VGH, Urt. v. 27.4.1979 - V OE 38/78 -, ESVGH 29, 190, 192; Brühl, Bundessozialhilfegesetz, Lehr- und Praxiskommentar - LPK-BSHG -, RdNr. 12 zu § 76; Schellhorn/Jirasek/Seipp, BSHG, RdNr. 34 zu § 11). Als Einkommen im Sinne des BSHG sind deshalb grundsätzlich nur solche Einkünfte anzusehen, die zum einen tatsächlich zufließen, die zum anderen dann aber auch tatsächlich zur Verfügung stehen. Im Wohngeldrecht kommt es dagegen für die Berechnung des Einkommens nicht maßgeblich auf die tatsächliche Lage an. Zum einen enthält das Wohngeldgesetz nämlich nicht eine Regelung des Inhalts, wonach bei der Berechnung des maßgeblichen Jahreseinkommens nur Einkünfte zu berücksichtigen wären, die dem Antragsteller auch zufließen. Zum andern lässt sich dem WoGG eine Beschränkung des Einkommensbegriffs auf tatsächlich zur Verfügung stehende Einkünfte auch nicht im Wege der Auslegung - etwa im Hinblick auf den sozialen Schutzzweck des Wohngeldes - entnehmen. Eine Auslegung der Vorschrift des Wohngeldgesetzes dahingehend,, dass es auf den tatsächlichen Zufluss der Einnahmen ankäme, läge allenfalls dann nahe, wenn nur so Notlagen des Wohngeld-Antragstellers abzuwenden wären. Dies ist aber nicht der Fall. Dem Wohngeldempfänger stände nämlich - sozusagen als Notauffang - ein Anspruch auf Sozialhilfe zu, der grundsätzlich auch Kosten einer angemessenen Unterkunft umfassen würde, wenn er durch die Berücksichtigung von tatsächlich nicht zufließenden Einnahmen bei der Entscheidung über den Wohngeldantrag in eine Notlage geraten würde (vgl. Nds. OVG, Urt. v. 7. Februar 1991 - 14 L 151/89 -).

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Entscheidend ist deshalb im Wohngeldrecht die rechtliche Zuordnung des Anspruchs auf die Leistung (Stadler/Gutekunst/Forster, Wohngeldgesetz, Stand: 42. Lieferung Juni 2000, § 10 RdNr. 4), nicht der Zufluss der Leistung. Als Einnahmen zählen deshalb z. B. auch Beträge, die einbehalten werden, weil hiermit Schulden gedeckt werden (z. B. aus früheren Überzahlungen). Dies gilt etwa auch, wenn die Einkünfte zur Abdeckung von Schulden verpfändet oder abgetreten sind (Nds. OVG, Urt. v. 07. Februar 1991 - 14 L 151/89 -). Ebenso gehören zu den wohngeldrechtlich anrechenbaren Einnahmen eines Familienmitglieds grundsätzlich auch Leistungen eines Sozialleistungsträgers, die ein anderer Leistungsträger nur deshalb erhält, weil er als nachrangig verpflichteter Leistungsträger einen Erstattungsanspruch hat (Stadler/Gutekunst/Forster, a. a. O., § 10 RdNr. 4).

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Die dem Kläger durch Bescheid vom 31. Juli 1997 gewährte Ausgleichsrente nebst Ehegattenzuschlag ist ihm auch rechtlich zuzuordnen; dem Kläger standen die auf § 32 BVG und § 33 a BVG beruhenden Sozialleistungen zu und nicht, wie sich von selbst versteht, der Samtgemeinde B., die als Sozialleistungsträger im Wege der Erstattung auf den Nachzahlungsbetrag Zugriff nahm. Durch die Auszahlung der Leistung (im Wege der Erstattung nach §§ 102 ff. SGB X) an die Samtgemeinde B. ist die rechtliche Zuordnung des Anspruchs auf die Rente nicht berührt worden, insbesondere ist es nicht zu einem gesetzlichen Übergang des Rentenanspruchs gekommen. 

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3. Durch die Gewährung der Ausgleichsrente nebst Ehegattenzuschlag hat sich im Bewilligungszeitraum jedoch nicht das Familieneinkommen im Sinne des § 29 Abs. 3 WoGG erhöht, weil der Zuwachs auf der Einnahmeseite durch eine dem Zuwachs entsprechende Verminderung des Familieneinkommens aufgehoben worden ist. Das ergibt sich aus Folgendem:

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Die in dem Wohngeldbescheid der Beklagten vom 15. Januar 1997 bei der Ermittlung des Familieneinkommens allein in Ansatz gebrachten Einkünfte der Ehefrau des Klägers in Höhe von 2.490,-- DM aus ihrer Erwerbstätigkeit bei dem Bildungswerk Niedersächsische Volkshochschulen e. V. in H. haben sich nachträglich dadurch vermindert, dass die Samtgemeinde B. im Wege der Erstattung nach den §§ 102 ff. SGB X auf die dem Kläger durch das Versorgungsamt B. gewährte Ausgleichsrente nebst Ehegattenzuschlag Zugriff nahm. Die Erwerbseinkünfte der Ehefrau des Klägers setzten sich nämlich aus verschiedenen Anteilen zusammen: Ein Anteil des Einkommens der Ehefrau des Klägers bestand aus den durch den Landkreis H. an ihren Arbeitgeber auf der Grundlage des § 18 Abs. 4 BSHG geleisteten Zuschüssen in Höhe von ca. 1.700,-- DM monatlich. Bei diesen Zuschüssen handelt es sich nämlich um eine Leistung des Sozialhilfeträgers an die Ehefrau des Klägers, mit der darauf hingewirkt werden sollte, dass die Hilfeempfängerin Arbeit findet (vgl. Krahmer in LPK-BSHG § 18 RdNr. 10). In den Zuschüssen ist somit nicht etwa eine Hilfeleistung an den Arbeitgeber zu sehen. Lediglich zu einem geringeren Anteil - nämlich in Höhe von etwa 790,-- DM - bestand das Einkommen der Ehefrau des Klägers aus Arbeitsentgelt, das der Arbeitgeber ihr für die geleistete Tätigkeit gewährte. Durch die Auszahlung der Rentennachzahlung an die Samtgemeinde B. (Landkreis H.) im Wege der Erstattung hat die Samtgemeinde somit (teilweise) Ausgleich für die in dem maßgeblichen Bewilligungszeitraum der Ehefrau des Klägers gewährten Sozialhilfeleistungen erhalten. Die Inanspruchnahme der dem Kläger in dem maßgeblichen Zeitraum bewilligten Rente in Höhe von 661,-- DM monatlich führte also dazu, dass sich die an die Ehefrau des Klägers erbrachte Sozialhilfeleistung nachträglich um genau diesen Betrag reduzierte. Die Ehefrau des Klägers hat damit in dem Bewilligungszeitraum neben den Leistungen ihres Arbeitgebers in Höhe von etwa 790,-- DM nicht etwa Sozialhilfeleistungen nach § 18 Abs. 4 BSHG in Höhe von ca. 1.700,-- DM erhalten, sondern lediglich in Höhe von ungefähr 1.039,-- DM. Dies verdeutlicht, dass es durch die Bewilligung der Ausgleichsrente nebst Ehegattenzuschlag zwar zu einer Einnahmeerhöhung auf der Seite des Klägers in Höhe von 661,-- DM monatlich in dem maßgeblichen Bewilligungszeitraum gekommen ist, dass aber dieser Zuwachs auf der Einnahmeseite durch eine dem Zuwachs entsprechende Verminderung des Familieneinkommens aufgehoben worden ist.

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Da sich das für die Berechnung des Wohngeldes maßgebliche Familieneinkommen somit nicht erhöht hat, liegen die Voraussetzungen für eine Neuberechnung des Wohngeldes nach § 29 Abs. 3 WoGG nicht vor. Zu einer Überzahlung des Wohngeldes für den streitbefangenen Zeitraum ist es nicht gekommen, ein Rückforderungsanspruch der Beklagten besteht nicht.