Oberverwaltungsgericht Niedersachsen
Urt. v. 25.10.2001, Az.: 8 LA 3236/01
Amtshandlung; Einzelaktsgebühr; Gebühr; Leichenbesichtigung
Bibliographie
- Gericht
- OVG Niedersachsen
- Datum
- 25.10.2001
- Aktenzeichen
- 8 LA 3236/01
- Entscheidungsform
- Urteil
- Referenz
- WKRS 2001, 40463
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- [keine Angabe]
Verfahrensgang
- vorgehend
- VG - 17.08.2001 - AZ: 6 A 816/00
Rechtsgrundlagen
- § 10 VwKostG ND
- § 1 Abs 1 GesAGebO ND
Amtlicher Leitsatz
Leitsatz
1. Gebühren, die aufgrund des Niedersächsischen Verwaltungskostengesetzes für Amtshandlungen erhoben werden, knüpfen mit Ausnahme von Pauschgebühren (§ 10 NVwKostG) an einzelne Amtshandlungen an.
2. Nach § 1 Abs. 1 der Gebührenordnung für die Gesundheitsämter i. V. m. Nr. 2.1 des Gebührentarifs ist für jede einzelne Leichenbesichtigung eine Gebühr von 55,-- DM je angefangener halben Stunde anzusetzen.
Gründe
Der Zulassungsantrag hat keinen Erfolg, weil die vom Kläger geltend gemachten Berufungszulassungsgründe nicht vorliegen bzw. nicht hinreichend dargelegt worden sind.
Das Verwaltungsgericht hat die Klage gegen die angefochtenen Gebührenbescheide mit der Begründung abgewiesen, dass der Beklagte nach § 1 Abs. 1 der Gebührenordnung für die Gesundheitsämter vom 27. März 1995 (Nds. GVBl. S. 83) i. V. m. Nr. 2.1 des Gebührentarifs berechtigt gewesen sei, für jede Leichenbesichtigung je angefangener halben Stunde eine Gebühr von 55,-- DM zu erheben, weil jede Leichenbesichtigung eine selbständige Amtshandlung im Sinne des § 1 Abs. 1 des Niedersächsischen Verwaltungskostengesetzes -- NVwKostG -- in der Fassung vom 17. Dezember 1997 (Nds. GVBl. S. 539, 543) und § 1 Abs. 1 der Gebührenordnung gewesen sei. Der Beklagte habe nicht auf den Gesamtzeitaufwand für die nacheinander durchgeführten Leichenbesichtigungen abstellen können, da das Niedersächsische Verwaltungskostengesetz vom Grundsatz der Einzelaktsgebühr ausgehe und die Gebühren an die einzelnen Amtshandlungen anknüpften. Der Beklagte habe ferner Gebühren für die Ausstellung amtsärztlicher Zeugnisse nach Nr. 3.6 des Gebührentarifs zur Gebührenordnung für die Gesundheitsämter erheben dürfen, weil die nach den Leichenbesichtigungen gemäß § 3 Abs. 2 Nr. 2 des Gesetzes über die Feuerbestattung -- FBG -- vom 15. Mai 1934 (Nds. GVBl. Sb. II S. 279), zuletzt geändert durch Gesetz vom 30. Juli 1985 (Nds. GVBl. S. 246, 248), erstellten Bescheinigungen des Amtsarztes keine kurzen Bescheinigungen im Sinne der Nr. 3.5 des Gebührentarifs, sondern amtsärztliche Zeugnisse im Sinne der Nr. 3.6 des Gebührentarifs seien.
Die dagegen erhobenen Einwände des Klägers begründen keine ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit des erstinstanzlichen Urteils im Sinne von § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO.
Die Auffassung des Klägers, dass der Verordnungsgeber bei den Gebühren für die Leichenbesichtigung nach Nr. 2.1 des Gebührentarifs zur Gebührenordnung für die Gesundheitsämter vom Grundsatz der Einzelaktsgebühr abgewichen sei, indem er die Gebührenhöhe vom Zeitaufwand abhängig gemacht habe, überzeugt nicht. Das Verwaltungsgericht ist zutreffend davon ausgegangen, dass Gebühren, die aufgrund des Niedersächsischen Verwaltungskostengesetzes für Amtshandlungen erhoben werden, mit Ausnahme von Pauschgebühren (§ 10 NVwKostG) an einzelne Amtshandlungen anknüpfen (vgl. OVG Lüneburg, Urt. v. 30.8.1973 -- VII OVG A 22/72 -- GewArch 1974 S. 100, 101; Loeser, NVwKostG, Komm., Stand: Januar 1999, Erl. 3 a (10) zu § 1, Erl. 2 zu § 10). Das OVG Lüneburg hat ausdrücklich entschieden, dass § 1 Abs. 1 NVwKostG nach Wortlaut und Sinn von Gebühren für einzelne Amtshandlungen ausgeht. Dies wird durch § 3 Abs. 1 Satz 1 NVwKostG bestätigt, wonach die einzelnen Amtshandlungen, für die Gebühren erhoben werden sollen, in Gebührenordnungen zu bestimmen sind. § 9 Abs. 1 NVwKostG bestimmt ferner, dass bei der Festsetzung der Gebühr, für die die Gebührenordnung einen Rahmen bestimmt, das Maß des Verwaltungsaufwandes für die einzelne Amtshandlung sowie der Wert des Gegenstandes der Amtshandlung zu berücksichtigen ist. Nichts anderes gilt für die Gebühren, die nach der Gebührenordnung für die Gesundheitsämter, die aufgrund der §§ 3 Abs. 1 und 3 Satz 2, 14 Abs. 1 NVwKostG erlassen worden ist, erhoben werden. Gründe dafür, dass diese Gebühren nicht an einzelne Amtshandlungen anknüpfen, sind nämlich nicht erkennbar. Die Gebühren nach Nr. 2.1 des Gebührentarifs werden nicht -- wie vom Kläger fälschlicherweise behauptet -- für Leichenbesichtigungen erhoben. Gegenstand der Gebührenerhebung ist nach Nr. 2.1 des Gebührentarifs zur Gebührenordnung für die Gesundheitsämter vielmehr die "Leichenbesichtigung". Daher ist für jede Leichenbesichtigung eine einzelne Gebühr zu erheben, zumal aus dem Umstand, dass die Gebührenhöhe vom Zeitaufwand abhängig ist, nichts Gegenteiliges hergeleitet werden kann.
Ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des erstinstanzlichen Urteils ergeben sich auch nicht aus den Bedenken, die der Kläger gegen seine Heranziehung zu Gebühren für amtsärztliche Zeugnisse nach Nr. 3.6 des Gebührentarifs zur Gebührenordnung für die Gesundheitsämter geltend gemacht hat. Der Umstand, dass die amtsärztlichen Bescheinigungen, die nach § 3 Abs. 2 Nr. 2 FBG erforderlich sind, unter Verwendung amtlicher Vordrucke erstellt werden, rechtfertigt die vom Kläger vertretene Auffassung nicht, dass sie keine amtsärztlichen Zeugnisse im Sinne der Nr. 3.6 des Gebührentarifs, sondern kurze Bescheinigungen im Sinne der Nr. 3.5 des Gebührentarifs seien. Da der Amtsarzt die Todesursache angibt und bestätigt, dass sich aufgrund der Leichenschau kein Verdacht ergeben hat, dass der Verstorbene eines unnatürlichen Todes gestorben ist, spricht vielmehr Überwiegendes dafür, dass der Amtsarzt amtsärztliche Zeugnisse ausstellt.
Die Berufung kann ferner nicht nach § 124 Abs. 2 Nr. 2 VwGO wegen besonderer rechtlicher Schwierigkeiten zugelassen werden. Der Kläger geht zu Unrecht davon aus, dass die von ihm aufgeworfene Frage, ob sich die Gebühr nach dem Zeitaufwand für jede Leichenbesichtigung oder dem gesamten zeitlichen Aufwand für alle nacheinander durchgeführten Leichenbesichtigungen bemisst, nur unter besonderen, d.h. überdurchschnittlichen Schwierigkeiten zu beantworten ist. Die weitere Frage, "inwiefern eine vom Verordnungsgeber abweichend getroffene Regelung unter Berücksichtigung des gesamten zeitlichen Aufwandes -- ggf. für mehrere Leichenbesichtigungen -- eine zulässige Ausnahme" vom Grundsatz der Einzelaktsgebühr sein kann, begründet gleichfalls keine besonderen rechtlichen Schwierigkeiten der Rechtssache, weil sie sich aus den eingangs genannten Gründen im vorliegenden Verfahren nicht stellt; die Gebühr nach Nr. 2.1 des Gebührentarifs zur Gebührenordnung für die Gesundheitsämter wird -- wie bereits ausgeführt -- für jede einzelne Leichenbesichtigung erhoben. Besondere rechtliche Schwierigkeiten im Sinne des § 124 Abs. 2 Nr. 2 VwGO ergeben sich auch nicht bei der Abgrenzung von Gebühren nach Nr. 3.5 und Nr. 3.6 des Gebührentarifs zur Gebührenordnung für die Gesundheitsämter.
Des weiteren weist die Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung im Sinne des § 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO auf. Die vom Kläger aufgeworfene Frage, inwieweit der Verordnungsgeber im Gebührenrecht Ausnahmen vom Grundsatz der Einzelaktsgebühr vornehmen kann, verleiht seiner Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung, weil sie nicht entscheidungserheblich ist. Im Zusammenhang mit der Abgrenzung der Nr. 3.5 von der Nr. 3.6 des Gebührentarifs stellen sich gleichfalls keine grundsätzlich bedeutsamen Fragen, da die Abgrenzung nicht allgemeingültig, sondern nur in Ansehung der konkreten Umstände des jeweiligen Einzelfalles erfolgen kann.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO, die Streitwertfestsetzung auf §§ 14, 13 Abs. 2 GKG.
Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§§ 124 a Abs. 2 Satz 3, 152 Abs. 2 VwGO, § 25 Abs. 3 GKG).