Oberverwaltungsgericht Niedersachsen
Urt. v. 25.10.2001, Az.: 12 LB 1864/01

Aufenthaltsdauer; Aufenthaltserlaubnis; Aufenthaltsgenehmigung; Ausländer; unbefristete Aufenthaltserlaubnis; unselbständige Erwerbstätigkeit

Bibliographie

Gericht
OVG Niedersachsen
Datum
25.10.2001
Aktenzeichen
12 LB 1864/01
Entscheidungsform
Urteil
Referenz
WKRS 2001, 40491
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
[keine Angabe]

Verfahrensgang

vorgehend
VG Hannover - 05.02.2001 - AZ: 13 A 337/00
nachfolgend
BVerwG - 22.02.2002 - AZ: BVerwG 1 B 15.02
BVerwG - 08.05.2003 - AZ: BVerwG 1 C 4.02

Amtlicher Leitsatz

Leitsatz

Nach § 24 Abs. 1 Nr. 1 AuslG können Zeiten des Besitzes einer Aufenthaltserlaubnis, die die Erteilung einer unbefristeten Aufenthaltsgenehmigung ausgeschlossen haben, auf die Zeit des fünfjährigen Innehabens der Erlaubnis angerechnet werden.

Tatbestand:

1

Der im Jahre 1965 in der Bundesrepublik Jugoslawien geborene Kläger reiste am 1. Februar 1993 mit einem Visum der Botschaft der Bundesrepublik Deutschland in Belgrad in die Bundesrepublik Deutschland ein, um eine Tätigkeit als Spezialitätenkoch auszuüben. Die Stadt H erteilte ihm am 22. April 1993 eine bis zum 31. August 1996 befristete Aufenthaltserlaubnis mit der Nebenbestimmung: "Gilt nur für eine Tätigkeit als Spezialitätenkoch ...". Am 26. Februar 1996 schloss der Kläger die Ehe mit einer deutschen Staatsangehörigen. Am selben Tage erteilte der Beklagte dem Kläger gemäß § 23 Abs. 1 Nr. 1 AuslG eine bis zum 30. Januar 1997 befristete Aufenthaltserlaubnis, deren Geltungsdauer der Beklagte mit Bescheid vom 27. Januar 1997 bis zum 30. Januar 1999 verlängerte.

2

Am 27. Januar 1999 beantragte der Kläger bei dem Beklagten mündlich, ihm gemäß § 25 AuslG eine unbefristete Aufenthaltserlaubnis für Ehegatten zu erteilen. Mit Schreiben vom 25. Mai 1999 hörte der Beklagte den Kläger gemäß § 28 VwVfG an und teilte ihm mit, seine -- des Klägers -- Ehefrau sei seit August 1996 nicht mehr in E gemeldet; da die eheliche Lebensgemeinschaft nicht mehr bestehe, beabsichtige er, die "Verlängerung der Aufenthaltserlaubnis abzulehnen". Mit Schreiben vom 6. Juni 1999 erklärte der Kläger, die eheliche Lebensgemeinschaft mit seiner Ehefrau bestehe weiterhin.

3

Nachdem der Beklagte den Kläger vergebens aufgefordert hatte (Schreiben vom 18. August 1999), eine Erklärung seiner Ehefrau über das Bestehen der Ehe vorzulegen, lehnte er mit Bescheid vom 13. September 1999 den Antrag des Klägers auf "Verlängerung der Aufenthaltserlaubnis" ab, forderte den Kläger zur Ausreise auf und drohte seine Abschiebung für den Fall der nicht rechtzeitigen Ausreise an. Zur Begründung führte der Beklagte an: Die Verlängerung der Geltungsdauer der Aufenthaltserlaubnis nach den §§ 17, 23 Abs. 2 und 25 Abs. 3 AuslG komme nicht in Betracht, weil die familiäre Lebensgemeinschaft des Klägers mit seiner deutschen Ehefrau nicht mehr bestehe, ein eigenständiges Aufenthaltsrecht nach den §§ 17 Abs. 1 und 19 Abs. 1 AuslG habe der Kläger noch nicht erworben, weil die eheliche Lebensgemeinschaft mit seiner Ehefrau nicht mindestens vier Jahre im Bundesgebiet bestanden habe und das Tatbestandsmerkmal "zur Vermeidung einer außergewöhnlichen Härte" nicht vorliege. Der Kläger habe mithin weder Anspruch auf eine unbefristete noch auf die befristete Verlängerung der Aufenthaltserlaubnis.

4

Den Widerspruch des Klägers wies die Bezirksregierung Hannover mit Bescheid vom 17. Dezember 1999 als unbegründet zurück.

5

Das Amtsgericht -- Familiengericht -- Elze hat die Ehe zwischen dem Kläger und seiner Ehefrau im Januar 2001 geschieden.

6

Das Verwaltungsgericht hat die Klage mit Urteil vom 5. Februar 2001 abgewiesen und zur Begründung ausgeführt:

7

Der Beklagte sei für den Erlass des angefochtenen Bescheids zuständig geblieben, obwohl der Kläger am 1. Juni 2000 nach H umgezogen sei; denn "im Falle der Verlängerung einer Aufenthaltsgenehmigung" sei der maßgebende Zeitpunkt für die Beurteilung der Sach- und Rechtslage der letzte Tag der Geltungsdauer der bisher erteilten Aufenthaltsgenehmigung. Die familiäre Lebensgemeinschaft zwischen dem Kläger und seiner geschiedenen Ehefrau habe bereits am 22. August 1996 geendet, wie die melderechtliche Abmeldung der Ehefrau des Klägers belege; die Annahme, dass zu diesem Zeitpunkt die eheliche Lebensgemeinschaft bereits geendet habe, sei auch deshalb gerechtfertigt, weil es dem Kläger trotz Bitten des Beklagten nie gelungen sei, nach diesem Zeitpunkt eine schriftliche Erklärung seiner Ehefrau über das Bestehen der ehelichen Gemeinschaft beizubringen. Da die Voraussetzungen des § 23 Abs. 2 AuslG und des § 25 Abs. 3 AuslG im maßgebenden Zeitpunkt nicht erfüllt seien, sei dem Kläger die begehrte Aufenthaltserlaubnis nicht zu erteilen (nicht zu verlängern), zumal es der Kläger versäumt habe, "entsprechend seiner Obliegenheit aus § 70 Abs. 1 AuslG diejenigen Tatsachen vorzutragen, aus denen sich ergibt, dass er zumindest am letzten Tage während der Laufzeit der ihm erteilten Aufenthaltserlaubnis in familiärer Lebensgemeinschaft mit seiner Ehefrau gelebt" habe.

8

Mit seinem Antrag auf Zulassung der Berufung hat der Kläger geltend gemacht:

9

Er habe -- ungeachtet des Bestehens der ehelichen Lebensgemeinschaft mit seiner geschiedenen Ehefrau -- Anspruch auf Erteilung einer unbefristeten Aufenthaltserlaubnis, weil er sich bereits längere Zeit in der Bundesrepublik Deutschland aufgehalten habe. Auch habe der Beklagte zu Unrecht von ihm gefordert, dass er mit seiner Ehefrau bei ihm, dem Beklagten, vorspreche oder Erklärungen seiner Ehefrau über das Bestehen der ehelichen Lebensgemeinschaft vorlege. Dies widerspreche Art. 6 GG.

10

Mit Beschluss vom 28. Mai 2001 (12 A 1691/01) hat der Senat im Hinblick auf die geltend gemachten ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit des angefochtenen Urteils die Berufung zugelassen und festgehalten, der Kläger habe hinreichend aufgezeigt, dass ihm gemäß § 24 Abs. 1 AuslG eine unbefristete Aufenthaltserlaubnis zu erteilen sein könne, nachdem er die Aufenthaltserlaubnis seit mehr als fünf Jahren besitze; es sei der Prüfung im Hauptsacheverfahren vorzubehalten, ob die ihm für seine Tätigkeit als Spezialitätenkoch erteilte Aufenthaltserlaubnis in die Fünf-Jahres-Frist des § 24 AuslG einzubeziehen sei.

11

Der Beschluss ist dem Kläger am 1. Juni 2001 zugestellt worden, der Vorsitzende des Senats hat auf Antrag des Klägers die Begründungsfrist mit Verfügung vom 26. Juni 2001 bis zum 1. August 2001 verlängert. An diesem Tage ist die Begründungsschrift mit Berufungsantrag -- per Telefax -- bei dem Oberverwaltungsgericht eingegangen.

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Zur Begründung der Berufung macht der Kläger geltend:

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Das Verwaltungsgericht habe es zu Unrecht unterlassen, den Sachverhalt aufzuklären und ohne ausreichende Tatsachengrundlage unterstellt, die eheliche Lebensgemeinschaft zwischen ihm und seiner Ehefrau habe bereits im Jahre 1996 geendet. Die eheliche Lebensgemeinschaft habe aber bis zum April 1999 bestanden, so dass die begehrte Aufenthaltserlaubnis (die Verlängerung) nach § 23 Abs. 2 AuslG und § 25 Abs. 3 AuslG zu erteilen sei. Ferner habe er Anspruch auf Erteilung einer unbefristeten Aufenthaltserlaubnis nach § 24 Abs. 1 AuslG, da er seit seiner Einreise in die Bundesrepublik Deutschland bis zum Januar 1999 im Besitz einer Aufenthaltserlaubnis gewesen sei. Aus welchem Rechtsgrund die Aufenthaltserlaubnis erteilt worden sei, sei für die Anwendung von § 24 Abs. 1 AuslG unbeachtlich. Er beantragt,

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das Urteil des Verwaltungsgerichts zu ändern und den Beklagten zu verpflichten, ihm eine unbefristete Aufenthaltserlaubnis zu erteilen sowie den Bescheid des Beklagten vom 13. September 1999 und den Widerspruchsbescheid der Bezirksregierung H vom 17. Dezember 1999 aufzuheben.

15

Der Beklagte beantragt,

16

die Berufung zurückzuweisen.

17

Er verteidigt die Begründungen der angefochtenen Bescheide und des Urteils des Verwaltungsgerichts.

18

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte, der Verwaltungsvorgänge und der beigezogenen Akte des Scheidungsverfahrens vor dem Amtsgericht Elze -- 8 F 107/00 (S) --, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung waren, Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

19

Die zulässige Berufung ist begründet.

20

Der Senat ist befugt, den Beklagten zu verpflichten, dem Kläger die begehrte unbefristete Aufenthaltserlaubnis gemäß § 24 AuslG zu erteilen. Es liegen nämlich die Voraussetzung des § 3 Abs. 3 VwVfG vor, so dass der Fortführung des Verfahrens durch die bisher zuständige Behörde nicht entgegensteht, dass die Änderung der die Behördliche Zuständigkeit begründenden Umstände erst während des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens eingetreten ist (BVerwG, Urt. v. 24.5.1995 -- BVerwG 1 C 7.94 --, BVerwGE 98, 313). Bei einem Verpflichtungsbegehren findet das Verwaltungsverfahren erst dann seinen Abschluss, wenn über das Begehren unanfechtbar entschieden worden ist. Es dient der einfachen und zweckmäßigen Durchführung des Verwaltungsverfahrens, wenn der Beklagte, der im Falle des Klägers die Ermittlungen getroffen hat und auf deren Grundlage über den weiteren Aufenthalt des Klägers entschieden hat, das Verfahren fortführt. Die Stadt Hildesheim, in deren Zuständigkeitsbereich der Kläger nunmehr wohnt, hat dem zugestimmt. Die Auffassung des Verwaltungsgerichts, die dieses nicht begründet hat, maßgebend sei die Sach- und Rechtslage zum Zeitpunkt der letzten Geltungsdauer in der bisher erteilten Aufenthaltsgenehmigung, trifft nicht zu. Für die Richtigkeit der Auffassung bieten Rechtsprechung und Rechtslehre keinen Anhalt.

21

Der Senat ist aufgerufen, zu prüfen, ob der Beklagte zu verpflichten ist, dem Kläger die unbefristete Aufenthaltserlaubnis gemäß § 24 Abs. 1 AuslG zu erteilen. Dieses Begehren des Klägers stellt nicht gegenüber dem in ersten Rechtszug verfolgten Anspruch eine Klageänderung (§ 91 VwGO) dar, deren Zulässigkeit im zweiten Rechtszug fraglich sein könnte. Eine Klageänderung ist gegeben, wenn der Kläger sein Klagebegehren verändert. Dieses wird in der Klage (§ 82 VwGO) festgelegt und besteht nach dem zweigliedrigen Begriff des Streitgegenstandes aus der erstrebten Rechtsfolge, die im Klageantrag zum Ausdruck kommt und dem Klagegrund, d.h. dem Sachverhalt, aus dem diese sich ergeben soll (vgl. Kuntze, in: Bader/Funke-Kaiser/Kuntze/v.Albedyll, VwGO, 1999, RdNr. 3 zu § 91; RdNr. 13 zu § 121 m.w.Nachw.).

22

Nach diesem Maßstab hat der Kläger im zweiten Rechtszug seinen im ersten Rechtszug geltend gemachten prozessualen Anspruch nicht verändert. Der Kläger hat allerdings im ersten Rechtszug nicht vorgetragen, aufgrund seines Aufenthalts in der Bundesrepublik Deutschland sei ihm die begehrte unbefristete Aufenthaltserlaubnis auch nach § 24 Abs. 1 AuslG zu erteilen, vielmehr hat er lediglich auf die Vorschriften des § 23 iVm § 19 AuslG und § 25 Abs. 3 AuslG abgehoben. Indessen weist die Rangfolge der eben genannten Vorschriften im Verhältnis zu § 24 AuslG aus, dass der Kläger im ersten und zweiten Rechtszug ein einheitliches Klagebegehren verfolgt, nämlich die Erteilung einer unbefristeten Aufenthaltserlaubnis in der Bundesrepublik Deutschland aufgrund desselben Sachverhalts, und zwar die Dauer seines Aufenthalts in der Bundesrepublik Deutschland. § 25 AuslG ist nämlich gegenüber § 24 AuslG subsidiär und greift nur dann ein, wenn eine unbefristete Verlängerung der Aufenthaltserlaubnis nach § 24 AuslG nicht möglich ist (vgl. BVerwG, aaO). Die nach § 25 Abs. 3 Satz 2 AuslG für ausländische Ehegatten nach Aufhebung der ehelichen Lebensgemeinschaft vorgesehenen zusätzlichen Erleichterungen zur Erlangung der unbefristeten Aufenthaltserlaubnis würden zu einer nicht gerechtfertigten Beschränkung der Rechte des Ausländers führen, wenn dieser nicht unmittelbar aus § 24 Abs. 1 AuslG eine unbefristete Aufenthaltserlaubnis beanspruchen könnte, sobald er die Voraussetzungen dieser Vorschrift erfüllt. Entsprechendes gilt für § 23 iVm § 19 AuslG. Auch insoweit kommt die unbefristete Verlängerung einer Aufenthaltserlaubnis nach § 24 Abs. 1 AuslG ohne Rücksicht darauf in Betracht, ob die Voraussetzungen für ein eigenständiges Aufenthaltsrecht gemäß § 23 AuslG iVm § 19 AuslG erfüllt sind (vgl. BVerwG, aaO).

23

Aufgrund dieser Rechtslage ist die von dem Kläger im ersten Rechtszug begehrte Rechtsfolge (Erteilung einer unbefristeten Aufenthaltserlaubnis) auch auf den Sachverhalt gestützt, dass der Kläger sich seit längerer Zeit in der Bundesrepublik Deutschland aufgehalten hat. Der Kläger begehrt im ersten und zweiten Rechtszug die Erteilung einer unbefristeten Aufenthaltserlaubnis, der Anspruch ist vorrangig auf der Grundlage von § 24 Abs. 1 AuslG (s.o.) zu prüfen, nur wenn diese Vorschrift nicht durchgreift, kommen die genannten spezielleren Vorschriften des Ausländergesetzes zum Zuge.

24

Der Kläger erfüllt in seiner Person die Voraussetzungen des § 24 Abs. 1 Nr. 1 AuslG (Streitbefangen ist zwischen den Beteiligten nur noch -- zu Recht (auch der Senat konnte sich in der mündlichen Verhandlung vom 25. Oktober 2001 davon überzeugen, dass der Kläger sich i.S. des § 24 Abs. 1 Nr. 4 AuslG verständigen kann) --, ob der Kläger im Sinne von § 24 Abs. 1 Nr. 1 AuslG die Aufenthaltserlaubnis seit fünf Jahren besitzt). Der Kläger besitzt die Aufenthaltserlaubnis seit mehr als fünf Jahren, da die Zeit der für seine Tätigkeit als Spezialitätenkoch erteilten Aufenthaltserlaubnis in den genannten Zeitraum einzubeziehen ist.

25

Dem Kläger wurde diese Aufenthaltserlaubnis gemäß § 4 Abs. 4 der Verordnung über Aufenthaltsgenehmigungen zur Ausübung einer unselbständigen Erwerbstätigkeit (vom 18. Dezember 1991 -- BGBl. I S. 2994 -- AAV) erteilt, § 4 Abs. 6 AAV sieht vor, dass die Erteilung einer unbefristeten Aufenthaltsgenehmigung ausgeschlossen ist. Nach Nr. 24.1.1.1 der Verwaltungsvorschriften zum Ausländergesetz können Zeiten des Besitzes einer derartigen Aufenthaltserlaubnis auf die Zeit des fünfjährigen Besitzes einer Aufenthaltserlaubnis nach § 24 Abs. 1 Nr. 1 AuslG nicht angerechnet werden. Diese Auffassung, die auch Kloesel/Christ/Häußer (AuslG, 4. Aufl., RdNr. 33 zu § 24 AuslG) vertreten, teilt der Senat nicht.

26

Der Senat hält vielmehr die Auffassung von Hailbronner (AuslR, Stand: März 2001, RdNr. 14 zu § 24 AuslG) und Renner (AuslR, 7. Aufl., RdNr. 6 zu § 24 AuslG) für zutreffend, wonach das Ziel des § 24 AuslG, ein Aufenthaltsrecht in ein Daueraufenthaltsrecht umzuwandeln, bei jeder erteilten Aufenthaltserlaubnis gegeben sei. Damit zählen alle Zeiten des Besitzes einer Aufenthaltserlaubnis bei der Berechnung der Frist des § 24 Abs. 1 Nr. 1 AuslG, sofern der Ausländer zuletzt eine verlängerungsfähige Aufenthaltserlaubnis besitzt. Die Entstehungsgeschichte der Vorschrift (BT-Drucks. 11/6321, S. 63 -- zu § 24) widerspricht dieser Auslegung der Vorschrift nicht, ihr kann entnommen werden, dass die sog. Verfestigungsregelung der früheren Verwaltungsrichtlinien (Nr. 4 Abs. 1 AuslVwV vom 10.5.1977 idF v. 7.7.1978 -- GMBl. 1978, 368) in Gesetzesformen gegossen worden ist. Den früheren Verwaltungsrichtlinien ist indessen nicht zu entnehmen, bestimmte Formen der Aufenthaltserlaubnis seien bei der Berechnung der Fünf-Jahres-Frist auszuschließen. Das folgt auch nicht aus dem Zusammenspiel von Satz 1 und Satz 2 der Nr. 4 Abs. 1 der Richtlinien a.F., aus diesen Wortfolgen ist nicht zu schließen, dass von vornherein befristete Aufenthalte nicht beim Verlängerungsanspruch berücksichtigt werden sollten.

27

Maßgebend für die Auslegung ist daher der Sinn und Zweck der Vorschrift. Diese sind aber dahin zu verstehen, dass eine Aufenthaltsverfestigung durch jede Eingliederung des Ausländers in das wirtschaftliche und soziale Leben der Bundesrepublik Deutschland eintritt, insbesondere infolge einer Erwerbstätigkeit als Arbeitnehmer (vgl. BVerwG, aaO). Die für die Fünf-Jahres-Frist maßgebende "Integrationskomponente" wird auch dadurch erfüllt, dass der Ausländer sich zunächst nur befristet in der Bundesrepublik Deutschland aufhalten durfte, eine Unterscheidung nach verschiedenen Aufenthaltszwecken ist mithin nicht geboten.

28

Angesichts dieses Sinnes und Zweckes der Vorschrift kann sie nicht dahin eingeengt ausgelegt werden, dass der Besitz der Aufenthaltserlaubnis seit fünf Jahren dahin verstanden wird, eine befristet erteilte Aufenthaltserlaubnis nach § 4 Abs. 4 AAV sei nicht als Aufenthaltserlaubnis im Sinne von § 24 Abs. 1 Nr. 1 AuslG einzuordnen, zumal sich die begehrte unbefristete Aufenthaltserlaubnis nicht an die Zeit der nach § 4 Abs. 4 AAV erteilen Erlaubnis unmittelbar anschließt.

29

Der Senat ist gehalten, die eben beschriebene Rechtsfrage zu beantworten; denn dem Kläger ist die begehrte unbefristete Aufenthaltserlaubnis nicht aufgrund anderweitiger Vorschriften zu erteilen. Die Voraussetzungen des § 25 Abs. 3 Satz 2 AuslG sind ersichtlich nicht erfüllt. Soweit es um die Anwendung von § 23 iVm § 19 AuslG geht, tritt der Senat der Auffassung des Verwaltungsgerichts bei, dass die eheliche Lebensgemeinschaft zwischen dem Kläger und seiner früheren Ehefrau bereits im Jahre 1996 geendet hat. Dafür sprechen die von dem Verwaltungsgericht ausgewerteten Indizien, denen der Kläger gleichgewichtige Anhaltspunkte nicht entgegenzusetzen vermag. Die frühere Ehefrau des Klägers hat sich bereits im August 1996 aus E abgemeldet, was nur den Schluss zulässt, sie habe zu diesem Zeitpunkt die gemeinsame Ehewohnung verlassen. Ihre Aussage im Scheidungsverfahren vor dem Amtsgericht Elze (Geschäftsnummer 8 F 107/00 (S)) vom 10. Januar 2001 steht dem nicht entgegen, obwohl die frühere Ehefrau des Klägers sich dahin geäußert hat, sie und ihre Ehemann lebten erst seit April 1999 voneinander getrennt. Ausschlaggebend ist nämlich, dass es dem Kläger nicht gelungen ist, bei seinen Bemühungen um die Verlängerung seiner Aufenthaltserlaubnis jemals eine bestimmte Erklärung seiner früheren Ehefrau vorzulegen und dass seine eigenen Äußerungen dahin zu verstehen sind, seine frühere Ehefrau habe ihn -- jeweils -- kürzere Zeit wieder in der früheren ehelichen Wohnung aufgesucht (Versöhnungsversuche), ohne dass es zu einer ehelichen Lebensgemeinschaft gekommen sei. Eine weitergehende Aufklärung des Sachverhalts ist nicht möglich, da die Ehefrau des Klägers vor dem Verwaltungsgericht die Aussage verweigert hat und auch im zweiten Rechtszug nicht zu einer Aussage bereit gewesen ist.

30

Rechtsirrig ist allerdings die Auffassung des Verwaltungsgerichts, es könne dem Kläger im Klageverfahren die Verletzung von Obliegenheitspflichten (Mitwirkungspflichten) nach § 70 Abs. 1 AuslG zu dessen Nachteil vorgehalten werden. Der Ausschluss von verspätetem Vorbringen (Präklusion) reicht nicht in das gerichtliche Verfahren hinein (vgl. Renner, aaO, RdNr. 10 zu § 70 AuslG). Da die Präklusion von grundlegenden rechtsstaatlichen Verfahrensprinzipien (rechtliches Gehör) abweicht, ist eine restriktive Auslegung verfassungsrechtlich geboten, es hätte einer ausdrücklichen Bestimmung bedurft, die § 70 Abs. 1 AuslG nicht enthält, um die Rechtskontrolle der Verwaltungsgerichte in vollem Umfang auszuschließen. Im Sinne einer Rechtskontrolle durch die Verwaltungsgerichte ist auch die Entstehungsgeschichte der Vorschrift zu verstehen (BT-Drucks. 11/321, S. 81).

31

Davon abgesehen hat der Beklagte die tatbestandlichen Voraussetzungen von § 70 Abs. 1 Satz 2 und Satz 4 AuslG nicht erfüllt. Insbesondere hat der Beklagte den Kläger im Verwaltungsverfahren nicht auf seine Obliegenheit nach § 70 Abs. 1 Satz 1 AuslG hingewiesen, ferner hat er es unterlassen, den Kläger auf die Folgen einer Fristversäumnis für die Vorlage von Nachweisen hinzuweisen.

32

Auch die Androhung der Abschiebung (§ 50 AuslG) erweist sich angesichts des Anspruchs des Klägers auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis als rechtswidrig.

33

Die Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 154 Abs. 1, 167 VwGO, 708 Nr. 11 ZPO.

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Gründe, die Revision zuzulassen (§ 132 Abs. 2 VwGO), bestehen nicht, die Auslegung des § 24 Abs. 1 Nr. 1 AuslG ergibt sich aus dem Gesetz.