Oberverwaltungsgericht Niedersachsen
Urt. v. 17.10.2001, Az.: 4 LB 1109/01
Asylbewerberleistungsgesetz; Ausländer; Behandlung; Behörde; freie Arztwahl; Kenntnis; Krankenhaus; Krankheit; Leistung; Leistungsgrundsatz; Sicherstellung; Umfang
Bibliographie
- Gericht
- OVG Niedersachsen
- Datum
- 17.10.2001
- Aktenzeichen
- 4 LB 1109/01
- Entscheidungsform
- Urteil
- Referenz
- WKRS 2001, 39439
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- [keine Angabe]
Verfahrensgang
- vorgehend
- VG - 05.04.2000 - AZ: 3 A 2274/98
Rechtsgrundlagen
- § 4 AsylbLG
- § 5 BSHG
Amtlicher Leitsatz
Leitsatz
1. Bei der Sicherstellung der ärztlichen Versorgung gemäß § 4 AsylbLG hat die Behörde die Grundsätze der Wirtschaftlichkeit, der Übereinstimmung der Leistungen mit dem allgemein anerkannten Stand der medizinischen Erkenntnisse und der Angemessenheit der Vergütung zu beachten. Der Sicherstellungsauftrag lässt eine Beschränkung der freien Arztwahl zu.
2. Der sozialhilferechtliche Grundsatz, dass die Hilfe erst mit der Kenntnis des Sozialhilfeträgers vom Vorliegen der Voraussetzungen für die Gewährung einsetzt (§ 5 Abs. 1 BSHG), gilt für Ansprüche auf Leistungen bei Krankheit gem. § 4 AsylbLG nicht.
3. Weder § 4 AsylbLG noch sonstige Grundsätze des Asylbewerberleistungsrechts bieten eine rechtliche Grundlage dafür, einem Hilfesuchenden Leistungen für eine ärztliche Behandlung allein deswegen zu versagen, weil er der zuständigen Behörde den Bedarf (hier: stationäre Behandlung im Krankenhaus) nicht vor der Behandlung bekanntgegeben hat. In diesem Fall ist aber der Anspruch des Leistungsberechtigten beschränkt auf die Übernahme von Kosten in dem Umfang, wie sie bei Sicherstellung der ärztlichen Behandlung durch die Behörde entstanden wären.
Tatbestand:
Die 1953 geborene Klägerin ist russische Staatsangehörige und lebte vor ihrer Ausreise nach Deutschland in G. (Tschetschenien). Sie meldete sich am 8. März 1995 in B. als Asylsuchende. Das Bundesamt für die Anerkennung ausländischer Flüchtlinge lehnte durch Bescheid vom 7. April 1995 den Asylantrag der Klägerin ab (Ziffer 1) und stellte zugleich fest, dass weder die Voraussetzungen des § 51 Abs. 1 AuslG (Ziffer 2) noch Abschiebungshindernisse nach § 53 AuslG (Ziffer 3) vorlägen. Zugleich wurde die Klägerin unter Androhung der Abschiebung aufgefordert, die Bundesrepublik Deutschland binnen eines Monats nach dem unanfechtbaren Abschluss des Asylverfahrens zu verlassen (Ziffer 4). In Vollzug des Urteils des Verwaltungsgerichts Lüneburg vom 2. September 1998 (Az. 2 A 617/95) wurde durch bestandskräftigen Bescheid des Bundesamtes für die Anerkennung ausländischer Flüchtlinge vom 12. Oktober 1998 festgestellt, dass Abschiebungshindernisse nach § 53 Abs. 6 Satz 1 AuslG hinsichtlich der Russischen Föderation (einschließlich Tschetschenien) vorlägen.
Die für den Beklagten handelnde Stadt Leer gewährt der Klägerin von Juni 1995 bis Januar 1999 Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz. Im November 1995 wurde bei einer frauenärztlichen Untersuchung der Klägerin eine deutliche Gebärmutter-Scheidensenkung festgestellt. Die Klägerin klagte bereits damals über Unterbauch- und Kreuzschmerzen. Sie lehnte es aber ab, sich wegen dieses Befundes operieren zu lassen, da sie damals ihre am 31. Mai 1995 geborene Tochter Eva noch stillte. Bei einer erneuten frauenärztlichen Untersuchung der Klägerin im Dezember 1997 wurde festgestellt, dass bei ihr neben der Gebärmutter-Scheidensenkung mittlerweile ein Hinterwandminom des Uterus vorlag. Dies führte dazu, dass die Gebärmutter der Klägerin nach außen trat und die Klägerin unter verstärkten Regelblutungen und - nach ihren eigenen Angaben - an heftigen Schmerzen im Unterleib litt.
Bei einer erneuten frauenärztlichen Untersuchung am 2. Januar 1998 wurde mit der Klägerin eine stationäre Behandlung nebst Operation (Entfernung der Gebärmutter von der Scheide aus, plastische Operation an der Scheide) im Kreiskrankenhaus L. verabredet.
Die Klägerin wurde am 7. Januar 1998 im Kreiskrankenhaus L. aufgenommen. Am 9. Januar 1998 wurde die Unterleibsoperation durchgeführt; am 16. Januar 1998 wurde die Klägerin erneut operiert.
Beim Beklagten ging am 9. Januar 1998 der Antrag des Kreiskrankenhauses L. auf Übernahme der Kosten der stationären Behandlung der Klägerin (ab dem 7. Januar 1998) ein (lt. Rechnung des Krankenhauses vom 27.11.1998 6.874,91 DM). Die Klägerin wurde am 24. Januar 1998 aus dem Krankenhaus entlassen.
Der Beklagte lehnte die Kostenübernahme im Rahmen der Krankenhilfe "gemäß § 4 AsylbLG" durch Bescheid vom 5. Februar 1998 ab:
Gemäß § 5 BSHG setze die Sozialhilfe ein, sobald dem Träger der Sozialhilfe bekannt werde, dass die Voraussetzungen für ihre Gewährung vorlägen. Sozialhilfe könne nicht rückwirkend gewährt werden. Die Klägerin sei durch die Inanspruchnahme der Leistungen des Krankenhauses eine Schuldverbindlichkeit gegenüber dem Krankenhaus eingegangen, bevor der Beklagte Kenntnis von der Erkrankung gehabt habe. Sozialhilfe werde grundsätzlich nur für die Gegenwart und die Zukunft gewährt.
Die Klägerin erhob Widerspruch gegen den Bescheid des Beklagten mit der Begründung, sie könne für die Kosten ihres Krankenhausaufenthalts nichts bezahlen, da sie nur Gutscheine zum Einkaufen bekomme, was gerade zum Leben mit den Kindern reiche.
Die Bezirksregierung Weser-Ems wies den Widerspruch der Klägerin durch Widerspruchsbescheid vom 13. Mai 1998 als unbegründet zurück: Dem Anspruch der Klägerin auf Übernahme der Kosten ihrer stationären Heilbehandlung durch das Kreiskrankenhaus L. stehe § 5 BSHG entgegen. Diese Vorschrift sei bei Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz anwendbar. Zwar enthalte das AsylbLG keine generelle Verweisung auf das BSHG, sei aber ein aus dem Sozialhilferecht entwickeltes "Spezialgesetz", das in der Systematik und Begrifflichkeit dem BSHG nachgebildet sei. Um zu vermeiden, dass Leistungsberechtigte nach dem AsylbLG gegenüber Leistungsberechtigten nach dem BSHG entgegen dem Willen des Gesetzgebers besser gestellt würden, sei § 5 Abs. 1 BSHG auch hier anwendbar, da Gründe, die eine für die ausländischen Flüchtlinge abweichende Verfahrensweise rechtfertigen könnten, nicht erkennbar seien. Hier könnten gemäß § 5 BSHG analog die Kosten der Heilbehandlung der Klägerin aufgrund ihrer Aufnahme in das Kreiskrankenhaus am 7. Januar 1998 nicht rückwirkend erstattet werden, da zum Zeitpunkt der Einweisung in das Krankenhaus und der Heilbehandlung dort der Beklagte noch nicht erklärt habe, dass er die Kosten übernehmen werde. Die Sozialhilfe diene nicht dazu, die Klägerin von ihren Schuldverbindlichkeiten gegenüber dem Kreiskrankenhaus zu entlasten.
Die Klägerin hat am 15. Juni 1998 Klage erhoben. Zu ihrer Begründung hat sie geltend gemacht: Durch eine Bekannte, Frau K., habe sie das für sie zuständige Sozialamt der Stadt L. sowie die AOK L. einige Zeit vor dem Antritt ihrer stationären Behandlung über die erforderliche und bevorstehende Operation unterrichtet. Frau K. sei nicht gesagt worden, dass zuvor ein Antrag auf Übernahme der Kosten der Heilbehandlung gestellt werden müsse. Auch die behandelnden Ärzte hätten sie bzw. die sie begleitende Frau K. nicht darauf hingewiesen, dass sie vor der stationären Heilbehandlung einen Antrag auf Übernahme der Kosten stellen müsse. Die Operation sei zudem dringend erforderlich und nicht aufschiebbar gewesen. Am Tage ihrer Aufnahme im Kreiskrankenhaus habe sie dort der Übernahme der Kosten ihrer stationären Heilbehandlung beantragt und darum gebeten, diesen Antrag an den Beklagten weiter zu leiten.
Die Klägerin hat beantragt,
den Beklagten zu verpflichten, die Kosten ihrer stationären Heilbehandlung im Kreiskrankenhaus in der Zeit vom 7. bis zum 24. Januar 1998 zu übernehmen, und den Bescheid des Beklagten vom 5. Februar 1998 sowie den Widerspruchsbescheid der Bezirksregierung Weser-Ems vom 13. Mai 1998 aufzuheben.
Der Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Er hat ergänzend zu den Bescheiden vorgetragen: Eine notfallmäßige Behandlung der Klägerin durch das Kreiskrankenhaus L. in der Zeit vom 7. bis zum 24. Januar 1998 sei auszuschließen. Dem stehe entgegen, dass die stationäre Heilbehandlung der Klägerin am Freitag, den 2. Januar 1998, verordnet, die Klägerin aber erst am 7. Januar 1998 im Kreiskrankenhaus aufgenommen worden sei. Durch die Inanspruchnahme der Leistungen des Kreiskrankenhauses ohne seine vorhergehende Befassung sei es nicht möglich gewesen, unter Hinzuziehung des Amtsarztes zu überprüfen, ob die tatbestandlichen Voraussetzungen gemäß § 4 Abs. 1 AsylbLG vorgelegen hätten. Zudem sei der Bedarf der Klägerin vor Kenntnisnahme des Sozialamts durch Beginn der stationären Krankenhausbehandlung gedeckt worden. Es werde mit Nichtwissen bestritten, dass Frau K. bereits im Dezember das Sozialamt der Stadt L. von der bevorstehenden Operation der Klägerin unterrichtet habe. Dies sei auch nicht schlüssig, da die stationäre Heilbehandlung der Klägerin fachärztlich erst am 2. Januar 1998 verordnet worden sei. Zudem sei der Vortrag der Klägerin über die Vorsprache der Frau K. nicht mit der Aktenlage vereinbar. Die Krankenscheine für das vierte Quartal 1997 seien der Klägerin nach Aktenlage am 20. Oktober 1997 ausgehändigt und nicht etwa erst nach dem 15. oder dem 22. Dezember 1997 übersandt worden. Der Krankenschein für die Klägerin für das erste Quartal 1998 sei erst am 8. Januar 1998 ausgestellt worden.
Das Verwaltungsgericht hat durch Vernehmung der Fachärztin für Frauenheilkunde Dr. med. Theda T. als sachverständige Zeugin Beweis darüber erhoben, ob und wann die stationäre Heilbehandlung der Klägerin unter Einschluss der Operation des "descensus" im Januar 1998 erforderlich gewesen sei. Es hat ferner durch Vernehmung der Zeugin Frau K. sowie des Zeugen Herrn P. Beweis darüber erhoben, wann und mit welchen Einzelheiten dem Sozialamt der Stadt L. eine bevorstehende stationäre Heilbehandlung der Klägerin unter Einschluss einer Operation vor dem 7. Januar 1998 bekannt geworden sei. Wegen der Ergebnisse der Beweisaufnahme wird auf die schriftliche Beantwortung der Beweisfrage durch die sachverständige Zeugin Frau Dr. T. mit Schreiben vom 20. (Bl. 104 d. GA) und vom 28. März 2000 (Bl. 116 d. GA) sowie die Niederschrift über die Vernehmung der Zeugen Frau K. und Herrn P. im Termin am 29. März 2000 (Bl. 106 ff. d. GA) Bezug genommen.
Mit Urteil vom 5. April 2000 hat das Verwaltungsgericht der Klage antragsgemäß stattgegeben und zur Begründung im Wesentlichen ausgeführt:
Zum Zeitpunkt ihrer Heilbehandlung im Kreiskrankenhaus L. sei die Klägerin leistungsberechtigt nach Maßgabe von § 5 Abs. 1 Nr. 5 AsylbLG bzw. gemäß § 1 Abs. 1 Nr. 2 AsylbLG in der bis zum 31. Mai 1997 gültigen Fassung gewesen. Sie habe nach § 4 Abs. 1 Satz 1 AsylbLG Anspruch auf Übernahme der Kosten ihrer stationären Heilbehandlung im Kreiskrankenhaus L. in der Zeit vom 7. bis zum 24. Januar 1998. Die Voraussetzungen dieser Vorschrift seien bei der hier in Rede stehenden Behandlung der Klägerin erfüllt. Aufgrund der schriftlichen Aussagen der Zeugin Dr. med. T. bestünden keine Zweifel (mehr), dass die Heilbehandlung im Kreiskrankenhaus vom 7. bis zum 24. Januar 1998 zur Behandlung eines akuten Schmerzzustandes der Klägerin erforderlich gewesen sei; dies werde auch vom Beklagten nicht mehr bestritten.
Dem Anspruch der Klägerin auf Übernahme der Kosten ihrer stationären Behandlung im Kreiskrankenhaus L. im Januar 1998 stehe nicht entgegen, dass nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme dem Beklagten die Notwendigkeit dieser Maßnahme erst am 9. Januar 1998 bekannt geworden sei und er über die Übernahme der Kosten erst nach dem Krankenhausaufenthalt der Klägerin entschieden habe. Ein Anspruch auf eine Leistung nach § 4 Abs. 1 Satz 1 AsylbLG setze weder nach dem Wortlaut der Vorschrift noch nach der "Systematik" der Krankenhilfe voraus, dass die zuständige Behörde sie immer oder auch nur in bestimmten Fällen (Krankenhaus, Brillen und sonstige Hilfsmittel, Krankengymnastik u.ä.) vorher genehmige oder dass die Behörde von dem zugrunde liegenden Bedarf so rechtzeitig Kenntnis habe, dass sie die in Rede stehende Behandlung der Krankheit des Leistungsberechtigten vor der Durchführung "genehmigen" könne. § 5 BSHG, der den Zeitpunkt des Einsetzens der Sozialhilfe regele, sei auf Leistungen nach dem AsylbLG weder unmittelbar noch analog anwendbar.
Gegen dieses Urteil wendet sich der Beklagte mit der Berufung, die der Senat mit Beschluss vom 21. März 2001 (4 L 2029/00) gemäß § 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO wegen grundsätzlicher Bedeutung zugelassen hat.
Der Beklagte vertieft sein erstinstanzliches Vorbringen und trägt vor: Nach § 4 Abs. 3 AsylbLG obliege der Behörde die Entscheidung, wie sie die ärztliche Versorgung der nach dem AsylbLG leistungsberechtigten Personen sicherstellen wolle (z.B. durch das Gesundheitsamt, durch bestimmte Vertragsärzte oder aber durch Ausstellung von Behandlungsscheinen und Einzelfallgenehmigungen). Er, der Beklagte, stelle grundsätzlich zunächst Arztscheine aus. Der Arztschein der Klägerin habe den Aufdruck enthalten "Gilt nur für akute Schmerzbehandlungen. Heil- und Hilfsmittelverordnungen (...), Weiterüberweisung zu anderen (Fach-)Ärzten, kostspielige langfristige Behandlungen, Krankenhauseinweisungen (abgesehen von Notfällen) bedürfen der vorherigen Zustimmung des Kostenträgers. Eine Kostenübernahme erfolgt sonst nicht. ...". Für den Leistungsempfänger, jedenfalls aber für den Arzt, sei damit deutlich, dass über bestimmte medizinische Maßnahmen die Behörde vorab zu entscheiden habe. Da hier ein Eilfall nicht vorgelegen habe, hätte die Klägerin zunächst bei ihm vorsprechen müssen und wäre dann an das - für die beabsichtigte Maßnahme kostengünstigste - Krankenhaus in W. verwiesen worden. Da sie das unterlassen habe, sei eine Entscheidung nach § 4 Abs. 3 AsylbLG nicht mehr möglich gewesen. Die Klägerin habe nicht Anspruch auf Übernahme der angefallenen Kosten. Entgegen der Meinung des Verwaltungsgerichts stehe einem solchen Anspruch § 5 BSHG entgegen. Dessen Nichtanwendung im Bereich des AsylbLG würde dazu führen, dass Leistungsberechtigte nach dem AsylbLG ohne sachlichen Grund und entgegen den Vorstellungen des Gesetzgebers besser behandelt würden als Sozialhilfeempfänger. Im Übrigen liege dem AsylbLG ein Bedarfsdeckungssystem zugrunde. Das schließe es auch aus, die für eine angemessene Leistung erforderlichen Kosten zu übernehmen, obwohl diese den tatsächlichen Aufwand und damit den konkreten Bedarf des Leistungsberechtigten nicht deckten.
Der Beklagte beantragt,
das Urteil des Verwaltungsgerichts zu ändern und die Klage abzuweisen.
Die Klägerin beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie verteidigt das angegriffene Urteil.
Auf schriftliche Anfrage des Gerichts hat das Krankenhaus R. in W. am 12. Februar 2001 telefonisch bzw. unter dem 13. Februar 2001 schriftlich mitgeteilt (GA Bl. 167, 169): Das Krankenhaus verfüge über eine gynäkologische Belegabteilung, vertreten durch zwei Fachärzte. Die von der Klinik nach derselben Fallpauschale 15.010 wie im Kreiskrankenhaus berechneten Kosten hätten 5.655,44 DM betragen. Hinzu gekommen wären eine gesonderte Belegarztrechnung von rd. 300,-- DM.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der Gerichtsakten und der beigezogenen Verwaltungsvorgänge Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
Die Entscheidung ergeht im Einverständnis der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung (§§ 125 Abs. 1 Satz 1, 101 Abs. 2 VwGO).
Die Berufung des Beklagten ist teilweise begründet.
Hinsichtlich des Sachverhalts schließt sich der Senat der von dem Verwaltungsgericht aufgrund der Beweisaufnahme getroffenen Feststellung an, dass der Beklagte von dem Krankenhausaufenthalt der Klägerin erst am 9. Januar 1998 und damit nach deren Aufnahme in die Klinik erfahren habe, ferner dass es sich zwar nicht um einen Eilfall gehandelt habe, dass aber die Durchführung der Operationen notwendig und dringend gewesen sei.
Die Klägerin war zur Zeit ihrer Behandlung im Kreiskrankenhaus L. leistungsberechtigt nach Maßgabe von § 1 Abs. 1 Nr. 5 AsylbLG bzw. gemäß § 1 Abs. 1 Nr. 2 AsylbLG in der bis zum 31. Mai 1997 gültigen gewesenen Fassung. Sie hat auch dem Grunde nach Anspruch auf Übernahme der Kosten der Behandlung.
Gemäß § 4 Abs. 1 Satz 1 AsylbLG sind zur Behandlung akuter Erkrankungen und Schmerzzustände die erforderliche ärztliche und zahnärztliche Behandlung einschließlich der Versorgung mit Arznei- und Verbandmitteln sowie sonstiger zur Genesung, zur Besserung oder zur Linderung von Krankheiten oder Krankheitsfolgen erforderlichen Leistungen zu gewähren. Durch diese Regelung wird der Behandlungsanspruch des Leistungsberechtigten auf die aus medizinischen Gründen erforderliche Akutversorgung eingeschränkt. Dabei umfasst der Begriff der "Ärztlichen Behandlung" auch eine stationäre Behandlung im Krankenhaus (BT-Drucks. 12/4451, Begr. zu dem - dem jetzigen § 4 entsprechenden - § 3 des Gesetzentwurfs). Diese Voraussetzungen sind im Fall der Klägerin jedenfalls dem Grunde nach erfüllt, wie das Verwaltungsgericht zutreffend festgestellt hat.
Der Anspruch richtet sich hier gegen den Beklagten, der gemäß § 4 Abs. 3 Satz 1 AsylbLG als unstreitig zuständige Behörde "die ärztliche Versorgung sicher(stellt)". Er wird nicht dadurch ausgeschlossen, dass die Klägerin den Hilfebedarf nicht vor Beginn der Behandlung im Krankenhaus dem Beklagten mitgeteilt und ihm Gelegenheit zur Entscheidung gegeben hat.
Das Verwaltungsgericht hat zutreffend dargelegt, dass und weshalb sich ein Anspruchsausschluss nicht aus einer unmittelbaren oder analogen Anwendung des § 5 Abs. 1 BSHG ("Die Sozialhilfe setzt ein, sobald dem Träger der Sozialhilfe oder den von ihm beauftragten Stellen bekannt wird, dass die Voraussetzungen für die Gewährung vorliegen") ergibt. Es hat ausgeführt:
"Das Asylbewerberleistungsgesetz enthält eine § 5 BSHG entsprechende Vorschrift nicht. Es sieht darüber hinaus gerade davon ab, die Vorschriften des BSHG pauschal für anwendbar zu erklären, soweit das AsylbLG selbst die fragliche Materie nicht regelt. Vielmehr verweist das Gesetz in einzelnen Fragen ausdrücklich und jeweils sachbezogen auf andere gesetzliche Vorschriften (§ 7 Abs. 4 AsylbLG auf §§ 60 bis 67 SGB f sowie § 99 SGB X, § 9 Abs. 3 AsylbLG auf §§ 44 bis 50 sowie 102 bis 114 SGB X, § 9 Abs. 4 AsylbLG auf § 117 BSHG u.a.). Der Wortlaut des Asylbewerberleistungsgesetzes legt seine Auslegung, der zufolge bestimmte grundlegende Regelungen des Bundessozialhilfegesetzes wie § 5 BSHG entsprechend anzuwenden seien, soweit das AsylbLG selbst keine Bestimmungen trifft, also keineswegs nahe. Auch der Zweck des AsylbLG verbietet - entgegen der Rechtsauffassung des Beklagten - eine solche Auslegung. Beim Asylbewerberleistungsgesetz handelt es sich zwar dem Grunde nach auch um das "Sonder-Sozialhilferecht" der zum persönlichen Geltungsbereich des § 1 AsylbLG Zählenden (Niedersächsisches Oberverwaltungsgericht, Urteil vom 28. Februar 1996 - 4 L 7342/95 -, NDV-RD 1997, 16; BVerwG; Beschluss vom 29. September 1998 - 5 B 82.97 -, FEVS 49, 97; 99 = NVwZ 1999, 669 [VGH Baden-Württemberg 02.11.1998 - A 12 S 644/98]). Den Gesetzesmaterialien zum Erlass des AsylbLG kann aber gleichwohl nicht entnommen werden, dass es sich beim AsylbLG weiterhin um einen Teil des BSHG handeln sollte. Vielmehr ist durch das AsylbLG § 120 BSHG a.F. umgestaltet und bewusst das Leistungsrecht für Asylbewerber und ihnen nach § 1 Abs. 1 Nr. 2 und 3 AsylbLG gleichgestellte Personen aus dem Recht der Sozialhilfe nach dem BSHG herausgelöst worden (s. besondere die Bundesministerin für Familie und Senioren in der zusammengefassten 2. und 3. Lesung des AsylbLG im Bundestag am 26. Mai 1993 - BT-Protokoll, 12. Wahlperiode, S. 13501, zitiert bei GK AsylbLG, II Az. 32). Es ist zielgerichtet ein eigenständiges Recht der Leistungen für die Asylbewerber und ihnen gleichgestellten Personen geschaffen worden. Bei ihm handelt es sich im Kern nicht um Sozialverwaltungsrecht, sondern um eine Gesetzesmaterie, die das Aufenthalts- und Niederlassungsrecht von Ausländern regeln will, und dabei auch fürsorgerische, also auch soziale Gesichtspunkte berücksichtigt (Niedersächsisches Oberverwaltungsgericht, Urteil vom 25. Februar 1999 12 L 4133/98 -, FEVS 51, 61, 63 f. m.w.N.). Das Asylbewerberleistungsgesetz ist mithin Teil des Asyl- und Ausländerrechts, nicht aber des Sozialhilferechts. Die Gesetzgebungskompetenz des Bundes für das AsylbLG ist demgemäss nicht nur auf § 74 Abs. 1 Nr. 7 GG ("öffentliche Fürsorge"), sondern auch auf § 74 Abs. 1 Nr. 4 GG, das Aufenthalts- und Niederlassungsrecht der Ausländer, gestützt worden (BT-Drs. 12/4451, Seite 5 sowie BT-Drs. 12/3686 (neu), S. 4 - Entwurf eines Gesetzes der Fraktionen der CDU/CSU und FDP über Leistungen der Sozialhilfe an Ausländer vom 10. November 1992). Das AsylbLG enthält daher nicht nur das ursprüngliche; aus § 120 BSHG a.F. herausgelöste Recht der "Sozialhilfe" für Asylbewerber und ihnen gleichgestellte Personen, sondern auch eigenständige Verfahrensvorschriften (§ 9 AsylbLG) sowie spezifisch ausländerrechtliche Regelungen (§ 8 AsylbLG).
Dieser "Sonderstatus" des AsylbLG außerhalb des Sozialgesetzbuches und insbesondere unabhängig vom BSHG wird durch folgende Überlegung verdeutlicht: Nach dem klaren Willen des Gesetzgebers gilt das Verfahrensrecht des SGB (SGB X) für das AsylbLG nicht; es sind vielmehr die Verwaltungsverfahrensgesetze der Länder anzuwenden (OVG Lüneburg, Urteil vom 25. Februar 1999 - 12 L 4133/98 -, a.a.O., S. 63 m.w.N.). Gemäß § 1 Abs. 1 Satz 1 NVwVfG gilt in Niedersachsen insoweit das Verwaltungsverfahrensgesetz des Bundes. Dort ist eine mit § 5 BSHG vergleichbare Regelung nicht getroffen. § 22 VwVfG regelt zum Beginn des Verfahren lediglich als Grundsatz, dass die Behörde nach pflichtgemäßen Ermessen entscheidet, ob und wann sie ein Verwaltungsverfahren durchführt; dies gilt allerdings nicht, wenn die Behörde aufgrund von Rechtsvorschriften von Amts wegen oder auf Antrag tätig werden muss (1.) oder nur auf Antrag tätig werden darf und ein Antrag nicht vorliegt (2.). Die letzterwähnten Voraussetzungen von § 22 Satz 2 Nr. 2 VwVfG sind indes durch das AsylbLG ausdrücklich nicht als Voraussetzung für die Gewährung von Leistungen statuiert. Die Tätigkeit der Behörden nach dem AsylbLG setzt jedenfalls ganz (überwiegend) von Amts wegen ein. Die Sachleistungen gemäß § 3 Abs. 1 AsylbLG werden beispielsweise den Asylbewerbern, die Aufenthalt in einer bestimmten Unterkunft zu nehmen haben, mit dem Bezug der für sie zuständigen Aufnahmeeinrichtung (§§ 44 ff. AsylVfG) gewährt. Der Pflicht des Asylbewerbers zur Aufenthaltsnahme in einer solchen Einrichtung korrespondiert mit der Bereitstellung der das Existenzminimum gewährleistenden Grundleistungen gemäß § 3 Abs. 1 Satz 1 AsylbLG. Im Anwendungsbereich der im Asylbewerberleistungsgesetz regelmäßig vorgesehenen Sachleistung - darauf sei ergänzend hingewiesen - ist es zudem nicht denkbar, dass die Leistung begehrt wird, ohne dass der zuständigen Stelle i.S.v. § 5 Abs. 1 BSHG bekannt wird, dass die Voraussetzungen für die Gewährung vorliegen. Ihrem Wesen nach wird die Sachleistung erst nach Darlegung des entsprechenden Bedarfs des Hilfeempfängers durch die zuständige Behörde gewährt.
Gleichwohl hat die Kammer erwogen, ob es geboten ist, § 5 BSHG und die zu dieser Vorschrift entwickelten Rechtsgrundsätze im Wege der Analogie als tatbestandsmäßige Voraussetzung eines Anspruchs nach § 4 AsylbLG im besonderen oder generell nach AsylbLG zu behandeln. Beides ist nach Überzeugung der Kammer abzulehnen. Man mag zwar das AsylbLG auch als Teil des Sozialverwaltungsrecht der Bundesrepublik Deutschland ansehen. Auch daraus folgt aber keineswegs, dass § 5 BSHG - beispielsweise im Wege, einer Analogie - im AsylbLG anzuwenden ist. Dies erfordert zunächst die Feststellung, dass der Gesetzgeber des AsylbLG es planwidrig versäumt hat, eine § 5 BSHG entsprechende Regelung zu treffen. Diese Feststellung ist nach dem eben zu Zweck und Struktur des AsylbLG Ausgeführten nicht möglich. Gegen die Annahme einer planwidrigen Lücke spricht auch, dass das Asylbewerberleistungsgesetz im Zusammenhang mit der ausgiebigen Diskussion über den "Asylkompromiss" im Jahre 1993 im politischen Raum als abschließende Regelung dieser Materie gedacht war. Eine analoge Anwendung von § 5 BSHG im Rahmen von § 4 AsylbLG bzw. allgemein bei Leistungsansprüchen nach AsylbLG setzte zudem weiter voraus, dass die - unterstellte - planwidrige Lücke im AsylbLG als Sozialleistungsrecht allein durch den Rückgriff auf § 5 BSHG im Sinne des Gesetzgebers sachgerecht ausgefüllt werden könnte. Dies erforderte wiederum, dass § 5 BSHG ein Rechtsgrundsatz von allgemeiner Geltung im gesamten Sozialverwaltungsrecht der Bundesrepublik Deutschland ist. Das ist aber nicht der Fall. Es ist keineswegs ein tragender Grundsatz des Deutschen Rechts, dass eine Sozialleistung voraussetzt, dass der entsprechende Bedarf zuvor in zurechenbarer Weise der Behörde bekannt geworden ist. Leistungen für vor diesem Zeitpunkt liegende Zeiträume werden durchaus gewährt. Bei Sozialleistungen außerhalb des BSHG gilt beispielsweise ein "Monatsprinzip". Gemäß § 15 Abs. 1 BAföG werden Leistungen ab dem Monat der Antragstellung gewährt.
Auch der vom Widerspruchsbescheid hervorgehobene Aspekt, dass das AsylbLG lediglich ein "Spezialsozialhilferecht" für den in § 1 AsylbLG bezeichneten Personenkreis sei, rechtfertigt es nicht, § 5 BSHG auf Ansprüche nach § 4 Abs. 1 Satz 1 AsylbLG anzuwenden. Generell unterscheiden sich AsylbLG und BSHG von ihren Zwecken. Sozialhilfe soll soweit wie möglich befähigen, unabhängig von ihr zu leben (§ 1 Abs. 2 Satz 2 BSHG). Dieses Ziel der Eingliederung des Hilfeempfängers in die Gemeinschaft knüpft also grundsätzlich an einen den gesellschaftlichen Verhältnissen insgesamt entsprechenden Lebensstandard an. Demgemäss ist die Sozialhilfe gemäß § 3 Abs. 1 Satz 1 BSHG nach den Besonderheiten des Einzelfalles, vor allem nach der Person des Hilfeempfängers, der Art seines Bedarfs und den örtlichen Verhältnissen zu gewähren. Demgegenüber wollte der Gesetzgeber mit dem AsylbLG ein eigenständiges Regelwerk, schaffen mit dem Ziel, vereinfacht auf die Bedürfnisse eines in der Bundesrepublik in aller Regel nur kurzen; vorübergehenden Aufenthalts abgestellte Leistungen zu erbringen und dieses Leistungsrecht - anders als das von dem Individualisierungsgrundsatz ausgehende und auf die Gewährleistung eines existentiell gesicherten und sozial integrierten Lebens der Leistungsberechtigten "auf eigenen Füßen" in der Bundesrepublik Deutschland ausgerichtete Bundessozialhilfegesetz - wesentlich dem Ausländer- und Asylrecht anzupassen (Nds. OVG, Urteil vom 26. Mai 1999, 4 L 2032/99 -, V.n.b., m.w.N. aus der Gesetzgebungsgeschichte). Mit dem Individualisierungsgrundsatz des BSHG wiederum steht in engem Zusammenhang, dass zur persönlichen Hilfe gemäß § 8 Abs. 2 Satz 1 BSHG außer der Beratung in Fragen der Sozialhilfe auch die Beratung in sonstigen Angelegenheiten gehört. Damit wiederum steht in sachlichem Zusammenhang die Obliegenheit des Hilfeempfängers, das Sozialamt rechtzeitig mit seinem Hilfefall zu befassen, will er seinen Rechtsanspruch nicht gemäß § 5 BSHG verlieren. Mit § 8 Abs. 2 BSHG vergleichbare Beratungspflichten kennt das AsylbLG nicht; insoweit ist es auch nur folgerichtig, dass § 5 BSHG entsprechende Regelungen dort nicht getroffen sind. Der Widerspruchsbescheid der Bezirksregierung Weser-Ems vom 13. Mai 1998 geht also fehl, wenn ein Wille des Gesetzgebers angenommen wird, dass Leistungsberechtigte nach dem AsylbLG nicht anders behandelt werden dürfen als Leistungsberechtigte nach dem BSHG. Nach Sinn und Zweck des AsylbLG sollen gerade Leistungsberechtigte nach diesem Gesetz aus sachlichem Grund anders als Hilfeempfänger nach dem BSHG behandelt werden (s. BVerwG Beschluss vom 29. September 1998 - 5 B 82.97 -, a.a.O.).
Die Kammer hat erwogen, ob § 5 BSHG hier aufgrund des Runderlasses des MI vom 14. August 1995 (- 41-12235-8.4-Voris 27100 01 00 39 002 -) S. 26 für die Durchführung des AsylbLG in Niedersachsen anzuwenden ist: Dort heißt es: "Grundsätzlich kommen alle das Verhältnis der oder des Leistungsberechtigten berührenden Vorschriften des BSHG entsprechend zu Anwendung ... Im einzelnen finden folgende Vorschriften des Bundessozialhilfegesetzes entsprechende Anwendung: Von den Vorschriften des Abs. 1 ... die §§ 1 bis 5 ...". Gemäß § 10 Satz 1 AsylbLG können zwar die Landesregierung oder die von ihnen beauftragten obersten Landesbehörden Näheres zum Verfahren festlegen, soweit dies nicht durch Landesgesetz geregelt ist Bei dem vorbezeichneten Runderlass handelt es sich aber nicht um eine solche Verfahrensregelung. Mit ihm gibt die i.S.v. § 10 Satz 1 AsylbLG "beauftragte oberste Landesbehörde" den Behörden, denen die Durchführung des AsylbLG obliegt, nähere Hinweise zu dessen Auslegung im Interesse einer einheitlichen Verwaltungspraxis. Zudem ginge eine Bestimmung, dass § 5 BSHG beim AsylbLG anzuwenden sei, über eine nähere Festlegung zum Verfahren i.S.v. § 10 AsylbLG hinaus; insoweit würde nämlich materiell-regelnd in die Ansprüche nach AsylbLG selbst eingegriffen."
Diese Ausführungen des Verwaltungsgerichts hält der Senat für überzeugend und schließt sich ihnen an. Aus ihnen ergibt sich zugleich, dass entgegen der Meinung des Beklagten die Nichtanwendbarkeit des § 5 Abs. 1 BSHG im Bereich des Asylbewerberleistungsrechts nicht zu einer "Besserstellung" der Leistungsberechtigten nach dem AsylbLG gegenüber Empfängern von Leistungen nach dem BSHG führt. Die strukturellen Unterschiede der Leistungsrechte schließen einen solchen Vergleich aus.
Zwar nicht ein Ausschluss, wohl aber eine Beschränkung des Leistungsanspruchs der Klägerin der Höhe nach ergibt sich aus § 4 Abs. 3 AsylbLG.
§ 4 Abs. 3 AsylbLG enthält neben der bereits oben angesprochenen Zuständigkeitsregelung inhaltlich einen "Sicherstellungsauftrag". Gemäß § 4 Abs. 3 AsylbLG stellt die zuständige Behörde die ärztliche und zahnärztliche Versorgung einschließlich der amtlich empfohlenen Schutzimpfungen und medizinisch gebotenen Vorsorgeuntersuchungen sicher (Satz 1), soweit die Leistungen durch niedergelassene Ärzte oder Zahnärzte erfolgen, richtet sich die Vergütung nach den am Ort der Niederlassung des Arztes oder Zahnarztes geltenden Verträgen nach § 72 Abs. 2 des 5. Buches Sozialgesetzbuch (Satz 2).
Wie das Verwaltungsgericht dargelegt hat, enthält § 4 Abs. 3 AsylbLG - in Ergänzung zu der Anspruchsnorm von § 4 Abs. 1 AsylbLG - organisations- und verfahrensrechtliche Vorgaben im Hinblick auf die ärztliche und zahnärztliche Versorgung der Leistungsberechtigten und die Bestimmung der Vergütung im Falle der Leistungserbringung durch niedergelassene Ärzte und Zahnärzte. Die zuständige Behörde hat demzufolge mehrere Möglichkeiten, ihrer in § 4 Abs. 3 Satz 1 AsylbLG verankerten Pflicht objektiv-rechtlicher Sicherung (s. GK-AsylbLG, Loseblattsammlung - Stand: Juli 2001, § 4 Rz. 143 ff.) nachzukommen. Sie kann die um ärztliche oder zahnärztliche Hilfe nachsuchenden Leistungsberechtigten an die in den öffentlichen Gesundheitsämtern tätigen Amtsärzte verweisen. Sie kann aber auch - was sich vor allem in größeren Aufnahmeeinrichtungen oder Gemeinschaftsunterkünften anbieten dürfte - die ärztliche und zahnärztliche Versorgung durch von ihnen beauftragte Ärzte gewährleisten. Zulässig ist es aber auch - wie im Fall der Klägerin - Behandlungsscheine entweder an den Leistungsberechtigten oder an den behandelnden Arzt auszuhändigen und so eine ärztliche oder zahnärztliche Behandlung durch einen Arzt der Wahl des Leistungsberechtigten zu ermöglichen. Bei der letztgenannten Variante werden Leistungen bei Krankheit, Schwangerschaft und Geburt nicht durch die nach dem AsylbLG "an sich" vorrangigen Sachleistungen, sondern in Form von "Wertgutscheinen", die aber gleichfalls eine unbare Abrechnung ohne Gegenleistung an den Leistungsberechtigten ermöglichen, gewährt. Bei der Krankenbehandlung auf "Gutschein" kann die zuständige Behörde die erforderlichen Leistungen naturgemäß in einem geringeren Maße als bei einer Behandlung durch die Amtsärzte bzw. durch beauftragte Ärzte beeinflussen. Anders als bei einer Behandlung durch die Amtsärzte oder beauftragten Ärzte besteht bei einer "Krankenhilfe" nach § 4 Abs. 1 Satz 1 AsylbLG durch niedergelassene Ärzte gemäß § 4 Abs. 3 Satz 2 AsylbLG auf der Grundlage von "Gutscheinen" weiter die Möglichkeit, dass die zuständige Behörde - wie der Beklagte hier zunächst - eine gewährte Heilbehandlung als nicht notwendig im Sinne von § 4 Abs. 1 Satz 1 AsylbLG ansieht.
Wie das Verwaltungsgericht weiter zutreffend ausgeführt hat, setzt ein Anspruch auf eine Leistung nach § 4 Abs. 1 Satz 1 AsylbLG nicht voraus, dass die zuständige Behörde immer oder auch nur in bestimmten Fällen (Krankenhaus, Brillen und sonstige Hilfsmittel, Krankengymnastik u.ä.) vorher genehmigt oder dass die Behörde von dem zugrunde liegenden Bedarf so rechtzeitig Kenntnis hat, dass sie die in Rede stehende Behandlung der Krankheit des Leistungsberechtigten vor ihrer Durchführung "genehmigen" kann. Im Wortlaut von § 4 AsylbLG findet die Auffassung des Beklagten, dass ohne vorherige Genehmigung des Krankenhausaufenthalts der Klägerin die Kosten nicht zu übernehmen seien, eine Stütze nicht. Es mag zwar im eigenen Interesse des Leistungsberechtigten nach AsylbLG liegen, sich vor der Aufnahme einer Behandlung wegen akuter Erkrankungen und Schmerzzustände zu vergewissern, dass die Kosten hierfür von dem zuständigen Sozialamt übernommen werden. Er ist dazu aber nicht zwingend verpflichtet. Wenn sich aufgrund Zeitablaufs z.B. nicht nachweisen lässt, dass eine Heilbehandlung nach Maßgabe von § 4 Abs. 1 Satz 1 BSHG notwendig gewesen ist, so geht dies zu seinen Lasten und möglicherweise letztlich zu Lasten desjenigen, der ihn ohne eine Zusage, die Kosten der Heilbehandlung zu übernehmen, behandelt hat. Etwas anderes legt auch nicht die Systematik der "Krankenhilfe" nach § 4 AsylbLG nahe, wenn die Sicherstellung der gemäß § 4 Abs. 1 Satz 1 AsylbLG notwendigen ärztlichen Versorgung von niedergelassenen Ärzten erfolgt. Die von dem Beklagten selbst im Bereich der ambulanten Versorgung geübte Praxis ist anders. So hat der Beklagte nämlich der Klägerin - beispielsweise durch die nicht näher spezifizierten "Arztscheine" im vierten Quartal 1997 - das Recht eingeräumt, sich erforderlichenfalls durch einen Arzt ihrer Wahl behandeln zu lassen. Die dadurch automatisch und ohne erneute vorherige Befassung des Beklagten mit dem (Kranken-)Hilfefall ausgelösten Kosten sind durch § 4 Abs. 3 Satz 2 AsylbLG lediglich der Höhe nach auf den Vergütungsanspruch nach den am Ort der Niederlassung des Arztes geltenden Verträgen nach § 72 Abs. 2 SGB V begrenzt. Dass vor der Behandlung - als weitere Voraussetzung für den Anspruch auf Akutversorgung nach § 4 AsylbLG - noch die zuständige Behörde mit dem Schmerzzustand des Leistungsberechtigten zu befassen ist, liegt nach der Systematik der Vorschrift fern.
Die Bezugnahme des § 4 Abs. 3 Satz 2 AsylbLG auf die Verträge nach § 72 Abs. 2 SGB V, d.h. auf die Verträge zwischen den Partnern der kassenärztlichen Versorgung, weist jedoch darauf, dass die Behörde bei der Sicherstellung der ärztlichen Versorgung allgemein die für diese Verträge maßgeblichen Grundsätze der Wirtschaftlichkeit, der Übereinstimmung der Leistungen mit dem allgemein anerkannten Stand der medizinischen Erkenntnisse und der Angemessenheit der Vergütung der Leistung (vgl. GK-AsylbLG, a.a.O., § 4 Rz. 170) zu beachten hat. Der Sicherstellungsauftrag des § 4 Abs. 3 Satz 1 AsylbLG enthält ferner die Möglichkeit, die freie Arztwahl zu beschränken (so ausdrücklich die Begründung zum inhaltsgleichen § 3 des Regierungsentwurfs, BT-Drs. 12/4451, S. 9; GK-AsylbLG, a.a.O., § 4 Rz. 162). Aus diesen beiden Handlungsmaximen folgt - was das Verwaltungsgericht nicht erwogen hat - die Befugnis der Behörde, den Leistungsberechtigten auf eine (zumutbare) kostengünstigere Möglichkeit zu verweisen, wenn eine stationäre Behandlung in verschiedenen Krankenhäusern zu nicht nur unwesentlich unterschiedlichen Kosten durchgeführt werden kann. Wenn der Leistungsberechtigte sich vor einer stationären Behandlung nicht an die Behörde wendet und dieser Gelegenheit gibt, über die Leistungsgewährung zu entscheiden, führt das zwar, wie oben gesagt, nicht zu einem Anspruchsverlust. Das bedeutet aber nicht, dass der Leistungsberechtigte den Sicherstellungsauftrag der Behörde dadurch "unterlaufen" kann, dass er von sich aus eine teurere Behandlung in Anspruch nimmt. In diesem Fall geht sein Anspruch auf Leistungsgewährung nur auf eine Leistung in der Höhe, wie sie dem Sicherstellungsauftrag der Behörde entspricht.
Der Einwand des Beklagten, eine solche Kappung des Leistungsanspruchs der Höhe nach verstoße gegen das "Bedarfsdeckungsprinzip", demzufolge die Leistung zur Deckung des vollständigen Bedarfs ausreichen müsse, also Teilleistungen nicht möglich seien, greift nicht durch. Das Bedarfsdeckungsprinzip ist - erstens - ein Prinzip des Sozialhilferechts und wegen der oben erwähnten Unterschiede der Leistungsstrukturen des AsylbLG und des BSHG nicht ohne Weiteres auf das AsylbLG übertragbar. Das Bedarfsdeckungsprinzip gilt - zweitens - selbst im Sozialhilferecht nicht ausnahmslos, wie die Regelung des § 3 Abs. 1 Satz 3 der Verordnung zur Durchführung des § 22 BSHG (RegelsatzVO) zeigt. Das AsylbLG enthält - drittens - nicht eine differenzierte und am Individualisierungsgrundsatz sowie den Wünschen des Hilfeempfängers ausgerichtete Beschreibung der zu gewährenden Hilfen, wie sie § 3 Abs. 1 und 2 BSHG für den Bereich des Sozialhilferechts zu entnehmen ist, sondern umschreibt Umfang und Form der Leistungsgewährung eigenständig in §§ 3 ff. AsylbLG. Die Leistungen sind danach im Vergleich zum BSHG geringer, sie sind weitgehend pauschalisiert und vorrangig als Sachleistung zu erbringen. Das AsylbLG schließt es deshalb nicht aus, dem Leistungsberechtigten nur Leistungen zu gewähren, die zwar geeignet sind, den notwendigen Bedarf zu decken, aber hinter dem von dem Leistungsberechtigten gewünschten Umfang zurück bleiben. Umgekehrt bietet das AsylbLG aber auch nicht eine Grundlage dafür, die Leistung ganz zu versagen, wenn sie nicht zur Deckung des Bedarfs, wie ihn der Leistungsberechtigte selbst sieht, ausreicht, insoweit dann also nur eine Art Zuschuss ist.
Für die ärztliche Behandlung der Klägerin hat das Kreiskrankenhaus Leer 6.874,91 DM berechnet (ein Pflegesatz ist in dieser Rechnung nicht enthalten). Das Krankenhaus R. in W. hätte nach derselben Fallpauschale 15.010, die das Kreiskrankenhaus L. angesetzt hat, Kosten in Höhe von 5.655,44 DM berechnet. Hinzu gekommen wäre eine gesonderte Belegarztrechnung von rd. 300,-- DM. Unter Berücksichtigung von Fahrtkosten - geschätzt 40,-- DM - hätten sich damit bei einer Behandlung der Klägerin in W. Gesamtkosten von 5.995,44 DM, also rd. 6.000,-- DM ergeben. Der Beklagte macht geltend, er hätte bei rechtzeitiger Kenntnis von der Notwendigkeit der Operation die Klägerin an dieses Krankenhaus verwiesen. Wie oben ausgeführt, ist der Beklagte grundsätzlich berechtigt, einen nach dem AsylbLG Leistungsberechtigten auf die kostengünstigste Behandlungsmöglichkeit zu verweisen. Nach der Auskunft des Krankenhauses R. hätte die damalige Auslastung des Krankenhauses im Januar 1998 eine Aufnahme und Behandlung der Klägerin zugelassen. Es wäre der Klägerin auch zuzumuten gewesen, die Behandlung dort durchführen zu lassen. Anhaltspunkte dafür, dass die Operation dort nicht in gleicher Qualität wie im Kreiskrankenhaus Leer ausgeführt worden wäre, liegen nicht. Einen allgemeinen Erfahrungssatz, dass die medizinische Versorgung in einem Krankenhaus durch Belegärzte weniger gut wäre als eine Versorgung durch dort angestellte Ärzte, gibt es nicht. Auch von der Entfernung her - W. ist von L. etwa 10 km entfernt - wäre es der Klägerin zuzumuten gewesen, die Operation im Krankenhaus R. durchführen zu lassen.