Verwaltungsgericht Lüneburg
Urt. v. 15.05.2017, Az.: 3 A 156/16

Bibliographie

Gericht
VG Lüneburg
Datum
15.05.2017
Aktenzeichen
3 A 156/16
Entscheidungsform
Urteil
Referenz
WKRS 2017, 53876
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
[keine Angabe]

Amtlicher Leitsatz

Leitsatz

Aus der Gefahr einer Art. 3 EMRK widersprechenden Behandlung im Abschiebezielort folgt nicht zugleich, dass in jedem Fall neben Abschiebungsschutz nach § 60 Abs. 5 AufenthG auch subsidiärer Schutz nach § 60 Abs. 2 AufenthG i.V.m. § 4 AsylG i.V.m. §§ 3c bis 3e AsylG zuzuerkennen wäre.

Tatbestand:

Die 1970 bzw. 1977 in K. geborenen Kläger zu 1. und 2. sowie ihre in den Jahren 2000 bis 2009 im Iran geborenen Kinder sind afghanische Staatsangehörige, hazarischer Volkszugehörigkeit und schiitischer Religionszugehörigkeit. Nach eigenen Angaben reisten sie unter anderem über Griechenland und Österreich im Dezember 2015 in das Gebiet der Bundesrepublik Deutschland ein. Am 2. August 2016 stellten sie Asylanträge.

Bei seiner Anhörung durch das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (im Folgenden: Bundesamt) am 29. August 2016 gab der Kläger zu 1. an, dass er in Afghanistan zuletzt in einem von K. 35 Kilometer entfernten Dorf in dem Bezirk Char Kent gelebt habe. Im Jahr 1993 sei er in den Iran gezogen, wo er auch bis zu seiner Ausreise im November 2015 gelebt habe. Seine Mutter lebe weiterhin in K., ihr genauer Aufenthaltsort sei ihm aber nicht bekannt. Er sei drei Jahre zur Schule gegangen und habe Lesen und Schreiben gelernt. Im Iran habe er Metallformen zur Produktion von Schuhen hergestellt. Seine heutige Ehefrau sei im Jahr 1991 Ali, dem Sohn von L. M. versprochen worden. Er selbst sei dann mit ihr 1993 in den Iran gegangen, was N. verärgert habe. Zudem seien er und N. in entgegengesetzten politischen Parteien gewesen. Deshalb sei er in Afghanistan nicht mehr sicher. Sie hätten zunächst in O. gelebt, bis er festgestellt habe, dass N. ihn weiterhin verfolge. Er wisse, dass er weiterhin in Gefahr sei. Es sei das größte Verbrechen, einem anderen die Frau wegzunehmen, eine Verletzung der Ehre. N. würde ihn überall finden, weil er viel Macht habe, und ihn töten.

Die Klägerin zu 2. führte in ihrer Anhörung durch das Bundesamt am 29. August 2016 aus, dass sie zuletzt in der Stadt K. gelebt hätten, in der Straße P.. In Afghanistan würden keine weiteren Verwandten mehr leben. Sie habe bis zur vierten Klasse die Schule besucht. Sie sei Hausfrau gewesen und habe gelernt zu Schneidern. Sie seien 1993 geflohen, weil sie zwangsverheiratet habe werden sollen. Dem sie versprochen worden sei, sei der Sohn eines Freundes ihres Vaters gewesen. Er sei in einer Partei gewesen und habe viel Macht gehabt. Sie habe allerdings den Kläger zu 1. geliebt. Als ihr Vater gestorben sei, sei der Druck der Familie des Bräutigams höher geworden. Man habe sie schon zu dessen Familie holen wollen. Dann seien sie und der Kläger zu 1. in den Iran geflohen. Nach sieben Jahren hätten sie dann von Freunden erfahren, dass der andere weiterhin auf der Suche nach ihnen sei. Drohungen habe sie nie erhalten, sie hätten aber auch sehr schnell das Land verlassen.

Das Bundesamt lehnte mit Bescheid vom 12. September 2016 die Anträge auf Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft (Ziff. 1 des Bescheides), Asylanerkennung (Ziff.2) sowie auf subsidiären Schutz (Ziff. 3) ab und stellte fest, dass das Abschiebungsverbot des § 60 Abs. 5 AufenthG vorliegt.

Gegen diesen Bescheid haben die Kläger am 19. September 2016 Klage erhoben.

Mit Schriftsatz vom 26. September 2016 legten die Kläger ein durch den Kläger zu 1. unterzeichnetes Schreiben „Lebenslauf“ vor. Darin wird unter anderem ausgeführt, dass die Klägerin zu 2. von Geburt an einem anderen versprochen gewesen sei. Sie seien durch dessen Familie mit dem Tode bedroht worden. Sie hätten keinen Kontakt mehr zu in Afghanistan lebenden Verwandten. Eine Abschiebung würde dazu führen, dass seine Frau aus einer freiheitlichen Gesellschaft in ein Land müsste, in dem sie keinerlei Rechte haben würde.

Die Kläger beantragen,

die Beklagte unter Aufhebung von Ziffern 1 und 3 des Bescheides des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge vom 12. September 2016 zu verpflichten, den Klägern die Flüchtlingseigenschaft, hilfsweise subsidiären Schutz zuzuerkennen.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakten und der beigezogenen Verwaltungsvorgänge der Beklagten verwiesen.

Entscheidungsgründe

Das Gericht konnte gemäß § 102 Abs. 2 VwGO trotz Abwesenheit der Beklagten bzw. eines Vertreters der Beklagten in der mündlichen Verhandlung über die Klage entscheiden, weil die Beteiligten in der Ladung zum Termin auf diese Möglichkeit hingewiesen worden sind.

Die Klage ist zulässig, aber unbegründet. Der angefochtene Bescheid des Bundesamtes ist rechtmäßig und verletzt die Kläger daher nicht in ihren Rechten, § 113 Abs. 1 Satz 1, Abs. 5 Satz 1 VwGO. Die Kläger haben weder einen Anspruch auf Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft gemäß § 3 Abs. 1, Abs. 4 AsylG (dazu 1.) noch auf Zuerkennung subsidiären Schutzes nach § 60 Abs. 2 AufenthG i.V.m. § 4 Abs. 1 AsylG (dazu 2.).

1. Die von den Klägern dargelegten Umstände vermögen keinen Anspruch auf Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft (§ 3 Abs. 1, Abs. 4 AsylG) zu begründen.

Gem. § 3 Abs. 4 AsylG wird einem Ausländer, der Flüchtling nach § 3 Abs. 1 AsylG ist, die Flüchtlingseigenschaft zuerkannt, es sei denn, er erfüllt die Voraussetzungen des § 60 Abs. 8 Satz 1 des Aufenthaltsgesetzes (AufenthG) oder das Bundesamt hat nach § 60 Abs. 8 Satz 3 AufenthG von der Anwendung des § 60 Abs. 1 AufenthG abgesehen. Gem. § 3 Abs. 1 AsylG ist ein Ausländer Flüchtling im Sinne des Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953 II S. 559, 560), wenn er sich (1.) aus begründeter Furcht vor Verfolgung wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, politischen Überzeugung oder Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe (2.) außerhalb des Landes (Herkunftsland) befindet, (a)) dessen Staatsangehörigkeit er besitzt und dessen Schutz er nicht in Anspruch nehmen kann oder wegen dieser Furcht nicht in Anspruch nehmen will (b)) oder in dem er als Staatenloser seinen vorherigen gewöhnlichen Aufenthalt hatte und in das er nicht zurückkehren kann oder wegen dieser Furcht nicht zurückkehren will.

Maßgebend für die Beantwortung der Frage, ob sich ein Ausländer aus begründeter Furcht vor Verfolgung außerhalb seines Heimatlandes befindet, ist der Prognosemaßstab der beachtlichen Wahrscheinlichkeit, der voraussetzt, dass bei einer zusammenfassenden Würdigung des zur Prüfung gestellten Lebenssachverhalts die für eine Verfolgung sprechenden Umstände die dagegen sprechenden Tatsachen überwiegen - es kommt darauf an, ob in Anbetracht aller Umstände bei einem vernünftig denkenden, besonnenen Menschen in der Lage des Betroffenen Furcht vor Verfolgung hervorgerufen werden kann (Nds. OVG, Urt. v. 19.09.2016 - 9 LB 100/15 -, juris, S. 7 f. m.w.N.; Urt. v. 21.09.2015 - 9 LB 20/14 -, juris Rn. 30 m.w.N.). Es ist Sache des Ausländers, seine Gründe für eine Verfolgung in schlüssiger Form vorzutragen und das Gericht muss die volle Überzeugung von der Wahrheit des vom Asylsuchenden behaupteten individuellen Verfolgungsschicksals erlangen (Nds. OVG, Urt. v. 19.09.2016 - 9 LB 100/15 -, juris, S. 8; vgl. auch bereits BVerwG, Urt. v. 29.11.1977 - I C 33.71 -, juris Rn. 10; Beschl. v. 16.04.1985 - 9 C 109/84 -, juris Rn. 16). Dabei greift zugunsten eines Betroffenen eine tatsächliche Vermutung, dass sich frühere Handlungen und Bedrohungen bei einer Rückkehr in das Herkunftsland wiederholen werden (Nds. OVG, Urt. v. 23.11.2015 - 9 LB 106/15 -, juris, S. 8 m.w.N.; Urt. v. 21.09.2015 - 9 LB 20/14 -, juris Rn. 30 m.w.N.), ohne dass hierdurch jedoch der Wahrscheinlichkeitsmaßstab geändert würde (BVerwG, Urt. v. 07.09.2010 - 10 C 11/09 -, juris Rn. 14 f.; Urt. v. 17.04.2010 - 10 C 5/09 -, juris Rn. 19 f., 22 f.). Die Nachweiserleichterung, die einen inneren Zusammenhang zwischen erlittener Vorverfolgung und befürchteter erneuter Verfolgung voraussetzt, beruht zum einen auf der tatsächlichen Erfahrung, dass sich Verfolgung nicht selten und Pogrome sogar typischerweise in gleicher oder ähnlicher Form wiederholen, zum anderen widerspricht es dem humanitären Charakter des Asyls, demjenigen, der das Schicksal einer ernsthaften Schädigung bereits erlitten hat, wegen der meist schweren und bleibenden - auch seelischen - Folgen das Risiko einer Wiederholung aufzubürden (vgl. BVerwG, Urt. v. 17.04.2010 - 10 C 5/09 -, juris Rn. 21). Diese Vermutung kann widerlegt werden, indem stichhaltige Gründe die Wiederholungsträchtigkeit des Eintritts eines solchen Schadens entkräften (BVerwG, Urt. v. 17.04.2010 - 10 C 5/09 -, juris Rn. 23).

Das Gericht ist nicht davon überzeugt, dass die von den Klägern behauptete Furcht vor Verfolgung begründet ist und ihnen bei ihrer Rückkehr nach Afghanistan Verfolgungsmaßnahmen im Sinne von §§ 3, 3a AsylG drohen, die entsprechend § 3a Abs. 3 AsylG an Verfolgungsgründe nach §§ 3, 3b Abs. 1 AsylG anknüpfen.

a) Soweit die Kläger eine drohende Zwangsverheiratung der Klägerin zu 2. geltend machen, ist das Gericht nicht davon überzeugt, dass die Kläger zu 1. und 2. die von ihnen geschilderten Umstände so, wie von ihnen vorgetragen, tatsächlich erlebt haben. Ihre diesbezüglichen Angaben waren nicht anschaulich und widersprachen sich auch im Gang des Verfahrens, sind mithin nicht glaubhaft.

In der mündlichen Verhandlung konnte der Kläger zu 1. zwar auf Nachfrage des Gerichts nachvollziehbar schildern, wie er seine heutige Frau, die Klägerin zu 2., kennengelernt hat. Hinsichtlich der zurückliegenden drohenden Verheiratung der Klägerin zu 2. hat er jedoch lediglich angegeben, dass sie seit ihrer Kindheit einem anderen versprochen gewesen sei und diesen nicht gewollt habe. Weshalb sie trotz dieses frühen Versprechens dann in einem Alter von 17 oder 18 Jahren noch nicht verheiratet gewesen ist, konnte er nicht schlüssig erklären. Insoweit hat er lediglich erklärt, dass sie es wohl immer herausgezögert habe und nach dem Tod ihres Vaters ein Jahr abgewartet habe werden müssen. Auf weitere Nachfrage des Gerichts gab er dann an, dass es eine Vereinbarung gegeben habe, dass sie mit 18 Jahren verheiratet werde. Auf konkrete Nachfrage nach einer Verlobungsfeier gab er an, dass die Eltern beider Seiten zusammen gesessen und Kuchen gegessen hätten. Bei den Ausführungen des Klägers zu 1. fehlte völlig eine Beschreibung, wie er und seine Frau sich gefühlt haben und welche Gedanken sie hatten, angesichts ihrer Liebe zueinander, der angeblich drohenden Zwangsverheiratung und der zu erwartenden Sanktionen bei der Umsetzung ihres Vorhabens, die Verheiratung zu verhindern, obwohl diese Umstände sich erheblich auf sie ausgewirkt haben müssten. Auch in der Anhörung durch das Bundesamt fehlten Angaben hierzu. Auch auf Nachfrage, wie der Mann, dem die Klägerin zu 2. versprochen gewesen sei, reagiert habe, vermochte der Kläger zu 1. lediglich anzugeben, dass er ihnen ja nichts mehr habe antun können. Dies gilt gleichermaßen für die Angaben der Klägerin zu 2. in der mündlichen Verhandlung. Sie erklärte diesbezüglich in der mündlichen Verhandlung lediglich, dass die Familien zusammen Kuchen gegessen hätten und ihr Vater Geld und Grundstücke von der anderen Familie bekommen habe. Erst später habe sie dann davon erfahren, dass sie jemanden heiraten solle. Solange ihr Vater am Leben gewesen sei, habe sie das auch mitgemacht. Danach habe sie den anderen nicht mehr heiraten wollen. Auf Nachfrage des Gerichts erklärte die Klägerin, dass sie im Alter von 14 oder 15 Jahren ihren heutigen Mann kennengelernt habe und mit 16 oder 17 Jahren davon erfahren habe, dass sie den anderen heiraten solle. Im gleichen Alter habe sie dann auch Afghanistan verlassen. Hinsichtlich der Reaktion des anderen Mannes schilderte sie insoweit lediglich pauschal, dass er geäußert habe, dass er sie töten werde, wenn er sie erwischen würde. Einzelheiten dazu hat sie nicht angegeben und auf Nachfrage lediglich erklärt, dass er dies seinen Familienangehörigen so gesagt habe. Wie sie diese Information erhalten haben will, konnte sie in der mündlichen Verhandlung nicht schlüssig erklären. Insbesondere auch aus dem Mangel an entsprechenden Schilderungen ihres Innenlebens schließt das Gericht, nach dem persönlichen Eindruck, den das Gericht von den Klägern zu 1. und 2. in der mündlichen Verhandlung gewonnen hat, dass sich die Kläger zu 1. und zu 2. nicht in einer solchen Situation der drohenden Zwangsverheiratung der Klägerin zu 2. befunden haben.

Zudem sind die Angaben der Kläger zu 2. und 1. zum Teil auch widersprüchlich. So schilderte die Klägerin zu 2. in der mündlichen Verhandlung, dass sie noch sehr klein gewesen sei, als ihr Vater sie jemandem versprochen habe, so dass sie sich an die genauen Umstände nicht mehr so gut erinnern könne. In der Anhörung der Klägerin zu 2. durch das Bundesamt erklärte sie noch, dass sie dem anderen Mann zum Zeitpunkt, als sie Afghanistan verlassen hätten, seit ein oder zwei Jahren versprochen gewesen sei. Ebenso gab der Kläger zu 1. in der Anhörung durch das Bundesamt an, dass die Klägerin zu 2. ca. zwei Jahre vor ihrem Weggang in den Iran dem anderen versprochen worden sei. In dem eingereichten Lebenslauf wurde demgegenüber ausgeführt, dass die Klägerin zu 2. seit ihrer Geburt einem anderen versprochen gewesen sei.

Auf Nachfrage des Gerichts erklärte die Klägerin zu 2. zudem, dass zu dem Zeitpunkt als sie zwangsverheiratet habe werden sollen, noch ihre Mutter, ein Bruder und zwei Schwestern in Afghanistan gelebt hätten. Auf Nachfrage, weshalb der Mann, dem sie versprochen gewesen sei nach dem Weggang der Klägerin zu 2. und des Klägers zu 1. der Familie der Klägerin zu 2. nichts angetan habe, gab sie dann an, dass ihre Familie zeitlich schon vor ihr selbst in den Iran gegangen sei. Das Gericht sieht hierin eine Anpassung an den vorhergehenden Vorhalt, zum Versuch der Erklärung, weshalb ihrer Familie nach dem Weggang der Kläger zu 2. und 1. nichts passiert sei, und nicht eine glaubhafte Schilderung der tatsächlichen Gegebenheiten.

b) Soweit der Kläger zu 1. in der mündlichen Verhandlung erklärte, dass die Kläger wegen ihrer Volkszugehörigkeit zu den Hazara überall in Afghanistan in Gefahr seien, ist das Gericht nicht davon überzeugt, dass allein deswegen ihre vorgetragene Frucht vor Verfolgung begründet ist bzw. ihnen bei einer Rückkehr nach Afghanistan mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit Verfolgung im Sinne der §§ 3 ff. AsylG droht.

Konkrete, die Kläger selbst betreffende Umstände, aus denen die Gefahr einer Verfolgung resultieren könnte, wurden von ihnen nicht vorgetragen, zumal sie auch bereits mehr als 20 Jahre bzw. die Kläger zu 3. bis 6. sich noch nie in Afghanistan aufgehalten haben. Die Gefahr einer Verfolgung resultiert zudem auch nicht aus einer sogenannten Gruppenverfolgung von Angehörigen der Hazara. Eine Gefahr eigener Verfolgung kann sich auch aus gegen Dritte gerichtete Maßnahmen ergeben, wenn diese Dritten wegen eines Grundes des § 3b AsylG verfolgt werden, den der Kläger mit ihnen teilt, und wenn er sich mit ihnen in einer nach Ort, Zeit und Wiederholungsträchtigkeit vergleichbaren Lage befindet und deshalb seine eigene bisherige Verschonung von Verfolgungshandlungen im Sinne des § 3a AsylG als eher zufällig anzusehen ist (vgl. BVerfG, Beschl. v. 23.01.1991 - 2 BvR 902/85, 2 BvR 515/89, 2 BvR 1827/89 -, juris Rn. 36 zum Asylrecht; BVerwG, Urt. v. 21.04.2009 - 10 C 11/08 -, juris Rn. 13; Urt. v. 18.07.2006 - 1 C 15/05 -, juris Rn. 20; Nds. OVG, Beschl. v. 28.11.2014 - 8 LA 150/14 -, juris Rn. 13; offen gelassen ob die Grundsätze des BVerfG auch für den Flüchtlingsschutz gelten BVerwG, Beschl. v. 24.02.2015 - 1 B 31/14 -, juris Rn. 5). Die Annahme einer alle Gruppenmitglieder erfassenden gruppengerichteten Verfolgung durch Dritte setzt voraus, dass Gruppenmitglieder Rechtsgutsbeeinträchtigungen erfahren, aus deren Intensität und Häufigkeit jedes einzelne Gruppenmitglied die begründete Furcht herleiten kann, selbst alsbald ein Opfer solcher Verfolgungsmaßnahmen zu werden, sich somit jeder Angehörige der Gruppe sich ständig der Gefährdung an Leib, Leben oder persönlicher Freiheit ausgesetzt sieht (vgl. BVerfG, Beschl. v. 23.01.1991 - 2 BvR 902/85, 2 BvR 515/89, 2 BvR 1827/89 -, juris Rn. 38 zum Asylrecht). Es muss eine die Regelvermutung der Verfolgung rechtfertigende Verfolgungsdichte hinsichtlich der Gruppe vorliegen, was der Fall ist, wenn die Gefahr einer so großen Vielzahl von Eingriffshandlungen in asylrechtlich geschützte Rechtsgüter besteht, dass es sich dabei nicht mehr nur um vereinzelt bleibende individuelle Übergriffe oder um eine Vielzahl einzelner Übergriffe handelt (BVerwG, Urt. v. 21.04.2009 - 10 C 11/08 -, juris Rn. 13; Urt. v. 18.07.2006 - 1 C 15/05 -, juris Rn. 20). Die Verfolgungshandlungen müssen - sofern kein (staatliches) Verfolgungsprogramm vorliegt - im Verfolgungszeitraum und Verfolgungsgebiet auf alle sich dort aufhaltenden Gruppenmitglieder zielen und sich in quantitativer und qualitativer Hinsicht so ausweiten, wiederholen und um sich greifen, dass daraus für jeden Gruppenangehörigen nicht nur die Möglichkeit, sondern ohne weiteres die aktuelle Gefahr eigener Betroffenheit entsteht (BVerwG, Urt. v. 18.07.2006 - 1 C 15/05 -, juris Rn. 20; Nds. OVG, Beschl. v. 28.11.2014 - 8 LA 150/14 -, juris Rn. 13). Ob die Voraussetzungen für eine Gruppenverfolgung in einem bestimmten Herkunftsstaat vorliegen, ist aufgrund einer wertenden Betrachtung im Sinne der Gewichtung und Abwägung aller festgestellten Umstände und ihrer Bedeutung zu entscheiden, wobei alle gleichgearteten, auf eine nach denselben Merkmalen zusammengesetzte Gruppe bezogenen Verfolgungsmaßnahmen zur Größe dieser Gruppe in Beziehung gesetzt werden müssen, weil eine bestimmte Anzahl von Eingriffen, die sich für eine kleine Gruppe von Verfolgten bereits als bedrohlich erweist, gegenüber einer großen Gruppe vergleichsweise geringfügig erscheinen kann (BVerwG, Urt. v. 01.02.2007 - 1 C 24/06 -, juris Rn. 8). Dabei reicht es aus, die ungefähre Größenordnung der Verfolgungsschläge zu ermitteln und sie in Beziehung zur Gesamtgruppe der von Verfolgung Betroffenen zu setzen (BVerwG, Urt. v. 21.04.2009 - 10 C 11/08 -, juris Rn. 19), sofern zahlenmäßige Feststellungen möglich sind (BVerwG, Beschl. v. 24.02.2015 - 1 B 31/14 -, juris Rn. 10). Sofern solche Verfolgungen regional oder lokal begrenzt sind, können die verfolgungsfreien Räume eine inländische Fluchtalternative darstellen (vgl. BVerfG, Beschl. v. 23.01.1991 - 2 BvR 902/85, 2 BvR 515/89, 2 BvR 1827/89 -, juris Rn. 39 zum Asylrecht; BVerwG, Urt. v. 21.04.2009 - 10 C 11/08 -, juris Rn. 23; Urt. v. 18.07.2006 - 1 C 15/05 -, juris Rn. 20). Dies gilt unabhängig davon, ob es sich um eine staatliche Verfolgung oder eine solche durch private Akteure handelt (BVerwG, Urt. v. 18.07.2006 - 1 C 15/05 -, juris Rn. 21; OVG Hamburg, Urt. v. 22.04.2010 - 4 Bf 220/03.A -, juris Rn. 62).

Unter Berücksichtigung dieser Maßstäbe sowie der dem Gericht vorliegenden Erkenntnismittel gelangt das Gericht nicht zu der Überzeugung, dass Hazara einer an ihre Volks- oder Religionszugehörigkeit anknüpfende gruppengerichteten Verfolgung ausgesetzt sind (so auch Bay. VGH, Beschl. v. 20.01.2017 - 13a ZB 16.30996 -, juris Rn. 11 f.; Beschl. v. 04.01.2017 - 13a ZB 16.30600 -, juris Rn. 6; Beschl. v. 19.12.2016 - 13a ZB 16.30581 -, juris Rn. 4; VG Düsseldorf, Urt. v. 05.01.2017 - 18 K 2043/15.A -, juris Rn. 30 m.w.N.; VG Greifswald, Urt. v. 02.12.2016 - 3 A 1400/16 -, juris Rn. 26; VG Augsburg, Urt. v. 07.11.2016 - Au 5 K 16.31853 -, juris Rn. 33; VG Würzburg, Urt. v. 28.10.2016 - W 1 K 16.31834 -, juris Rn. 19). Die hierfür erforderliche Verfolgungsdichte ist nicht gegeben.

Angehörige der Hazara stellen ungefähr 10 % der Bevölkerung sowie der Armee- und Polizeiangehörigen und sind vor allem in den Provinzen Bamiyan, Daikundi und Ghazni in Zentralafghanistan vertreten (Republik Österreich, Länderinformationsblatt der Staatendokumentation Afghanistan, v. 21.01.2016, Stand: 05.10.2016, S. 163 f.; vgl. auch zu weiteren Distrikten ACCORD, Anfragebeantwortung zu Afghanistan: Lage der Hazara, Zugang zu staatlichem Schutz und Hintergründe des Konflikts zwischen Kuchis und Hazara v. 02.09.2016, S. 17). In Bamiyan besteht die Bevölkerung zu 67 % aus Hazara (ACCORD, Anfragebeantwortung zu Afghanistan: Aktuelle Situation der Volksgruppe der Hazara v. 27.06.2016, S. 2). Die meisten Hazara in Kabul leben in dem überbevölkerten Gebiet Dasht-e Barchi (UNHCR-Richtlinien zur Feststellung des internationalen Schutzbedarfs afghanischer Asylsuchender v. 19.04.2016, S. 87 f. Fn. 492). Auch bei den Angehörigen der vorwiegend schiitischen (vgl. auch ACCORD, Afghanistan, Dokumentation des Expertengespräches mit Thomas R. und Michael D. v. 04.05.2016, S. 7) Gruppe der Hazara ist - wie auch sonst in Afghanistan - ethnische Zugehörigkeit und Religion oftmals untrennbar miteinander verbunden (UNHCR-Richtlinien zur Feststellung des internationalen Schutzbedarfs afghanischer Asylsuchender v. 19.04.2016, S. 59). Hazara sind tendenziell optisch als ihrer Volksgruppe zugehörig zu erkennen, auch wenn es Ausnahmen gibt (ACCORD, Afghanistan, Dokumentation des Expertengespräches mit Thomas R. und Michael D. v. 04.05.2016, S. 7).

Die auch in Afghanistan tätige Anthropologin Melissa C. K., die sich mit dem Volk der Hazara beschäftigt, teilt im August 2016 auf Anfrage von ACCORD mit, dass die Provinzen Bamiyan und Daikundi größtenteils sicher seien; gefährlich seien allerdings (etwa berufsbedingte oder medizinisch veranlasste) Reisen aus diesen Gebieten in größere Städte (ACCORD, Anfragebeantwortung zu Afghanistan: Lage der Hazara, Zugang zu staatlichem Schutz und Hintergründe des Konflikts zwischen Kuchis und Hazara v. 02.09.2016, S. 9 f.). Auch in der Provinz Wardak gebe es zwei Distrikte mit Hazara Mehrheiten, die zu großen Teilen sicher seien; in der Provinz Ghazni seien Hazara dagegen - bis auf wenige sichere Distrikte, wie etwa Jaghori - sehr gefährdet (ACCORD, Anfragebeantwortung zu Afghanistan: Lage der Hazara, Zugang zu staatlichem Schutz und Hintergründe des Konflikts zwischen Kuchis und Hazara v. 02.09.2016, S. 10). Am stärksten gefährdet seien männliche Hazara (ACCORD, Anfragebeantwortung zu Afghanistan: Lage der Hazara, Zugang zu staatlichem Schutz und Hintergründe des Konflikts zwischen Kuchis und Hazara v. 02.09.2016, S. 14). Im Jahresbericht der Unterstützungsmission der Vereinten Nationen für Afghanistan (UNAMA) für das Jahr 2015 wird ausgeführt, dass es einen starken Anstieg bei Entführungen und Tötungen von Hazara gegeben habe (ACCORD, Anfragebeantwortung zu Afghanistan: Lage der Hazara, Zugang zu staatlichem Schutz und Hintergründe des Konflikts zwischen Kuchis und Hazara v. 02.09.2016, S. 2). Nach dem Bericht der Schweizerischen Flüchtlingshilfe Afghanistan: Update, Die Aktuelle Sicherheitslage, vom 30. September 2016 (S. 22) halte auch im Jahr 2016 die Zunahme von Übergriffen, Entführungen und Ermordungen Angehöriger der Hazara an; Hazara würden sich zudem mit sozialer Diskriminierung konfrontiert sehen und häufig Opfer von Erpressung, illegaler Besteuerung, Zwangsrekrutierung und -arbeit sowie psychischen Übergriffen werden (vgl. auch UNHCR-Richtlinien zur Feststellung des internationalen Schutzbedarfs afghanischer Asylsuchender v. 19.04.2016, S. 87, S. 59 Fn. 327, 328). Hinsichtlich der Provinz Uruzgan geht die Schweizerische Flüchtlingshilfe davon aus, dass die Taliban die Hazara vermehrt unter Druck setzen, sich ihnen anzuschließen oder sie zu unterstützen, insbesondere in den Gebieten Palan und Shashpar (ACCORD, Anfragebeantwortung zu Afghanistan: Lage der Hazara, Zugang zu staatlichem Schutz und Hintergründe des Konflikts zwischen Kuchis und Hazara v. 02.09.2016, S. 13). Kämpfe seien dort von dem ethnischen Konflikt zwischen Hazara und Paschtunen beeinflusst (ACCORD, Anfragebeantwortung zu Afghanistan: Lage der Hazara, Zugang zu staatlichem Schutz und Hintergründe des Konflikts zwischen Kuchis und Hazara v. 02.09.2016, S. 13).

In dem Lagebericht des Auswärtigen Amtes vom 19. Oktober 2016 wird davon ausgegangen, dass sich die Lage der ca. 3.000.000 Hazara in Afghanistan (die 90 % der schiitischen Bevölkerung dort ausmachen) grundsätzlich verbessert hat, auch wenn sie in der öffentlichen Verwaltung weiterhin unterrepräsentiert sind, was aber auch noch eine Nachwirkung vergangener Zeiten sein könnte (S. 9). Auch die UNHCR geht in ihren Richtlinien zur Feststellung des internationalen Schutzbedarfs afghanischer Asylsuchender vom 19. April 2016 (S. 87, 59) davon aus, dass die Hazara seit dem Ende des Taliban Regimes im Jahr 2001 erhebliche politische und wirtschaftliche Fortschritte gemacht hätten, zumal die Anzahl der schiitischen Parlamentsmitglieder in etwa dem Anteil der Schiiten in der Bevölkerung entspreche. Im Oktober 2015 berichtete das US-Außenministerium, dass die Diskriminierung von Schiiten durch Sunniten deutlich abgenommen habe und aus Kabul sowie aus größeren Randgebieten keine Vorfälle mehr gemeldet worden seien, wenn es auch zu nicht offizieller Diskriminierung und schlechterer Behandlung gekommen sei (UNHCR-Richtlinien zur Feststellung des internationalen Schutzbedarfs afghanischer Asylsuchender v. 19.04.2016, S. 59 Fn. 326). In Herat seien große Teile der Bevölkerung Schiiten und sowohl schiitische als auch sunnitische Führer würden von einem weitgehend harmonischen Zusammenleben berichten (UNHCR-Richtlinien zur Feststellung des internationalen Schutzbedarfs afghanischer Asylsuchender v. 19.04.2016, S. 59 Fn. 326). Nach dem Länderinformationsblatt der Staatendokumentation Afghanistan vom 21. Januar 2016 mit Stand 5. Oktober 2016 (S. 163) haben sich die Hazara ökonomisch und politisch durch Bildung verbessert und würden den Weg in unterschiedliche Sektoren der afghanischen Wirtschaft einschlagen, die besonders gut bezahlt würden, auch Frauen. Nach den Angaben einer anonymen Quelle seien sie entgegen ihrer eigenen Wahrnehmung keiner gezielten Diskriminierung ausgesetzt (Republik Österreich, Länderinformationsblatt der Staatendokumentation Afghanistan, v. 21.01.2016, Stand: 05.10.2016, S. 164). In den Anmerkungen der UNHCR zur Situation in Afghanistan auf Anfrage des deutschen Bundesministeriums des Innern von Dezember 2016 (S. 5 f.) wird berichtet, dass Hazara-Familien aufgrund ihrer ethnischen Zugehörigkeit als Binnenflüchtlinge in der vergleichsweise ruhigen Provinz Bamiyan (vgl. auch ACCORD, Anfragebeantwortung zu Afghanistan: Lage der Hazara, Zugang zu staatlichem Schutz und Hintergründe des Konflikts zwischen Kuchis und Hazara v. 02.09.2016, S. 12 f.) aufgenommen wurden, nachdem im Herbst 2016 Dörfer von Hazara im Rahmen der Taliban-Aufstände gegen regierungsnahe Kräfte angegriffen worden sind. Daneben sei die Vertreibung auch in Richtung der Provinz Balch und Masar-e Scharif erfolgt. In Bamiyan erhalten 10 % der Haushalte Strom durch eine staatliche Solaranlage, die Arbeitslosenquote liegt bei 60 % und der Kartoffelanbau ist die wichtigste Einnahmequelle (vgl. www.srf.ch, Das Volk der Hazara will mehr Licht, v. 16.03.2017). Ob die geplante über Bamiyan laufende Hochspannungsleitung auch Bamiyan mit Strom versorgen werde, ist noch ungewiss (www.tt.com, Organisation für Migration und EU helfen Rückkehrern in Afghanistan, v. 14.03.2017).

Anfang des Jahres 2015 wurden Dutzende männliche Angehörige der Hazara von ISIS-Kämpfern entführt (UNHCR-Richtlinien zur Feststellung des internationalen Schutzbedarfs afghanischer Asylsuchender v. 19.04.2016, S. 87 f. Fn. 492). Im Februar 2015 wurden 55 Hazara im Distrikt Kajran, Provinz Daykundi entführt (ACCORD, Anfragebeantwortung zu Afghanistan: Lage der Hazara, Zugang zu staatlichem Schutz und Hintergründe des Konflikts zwischen Kuchis und Hazara v. 02.09.2016, S. 4), auf der Fernstraße zwischen Kabul und Kandahar 31; vier von Ihnen wurden enthauptet, die weiteren später wieder freigelassen (Lagebericht des Auswärtigen Amtes v. 19.10.2016, Stand: September 2016; vgl. auch ACCORD, Anfragebeantwortung zu Afghanistan: Lage der Hazara, Zugang zu staatlichem Schutz und Hintergründe des Konflikts zwischen Kuchis und Hazara v. 02.09.2016, S. 2, 3). Im August 2015 wurden drei Männer im Distrikt Nawur entführt und getötet, im September 13 in der Provinz Balch erschossen und im November sieben Angehörige der Hazara, unter ihnen auch Frauen sowie ein Kind entführt und enthauptet, was zu Protesten in Kabul und weiteren Städten führte (UNHCR-Richtlinien zur Feststellung des internationalen Schutzbedarfs afghanischer Asylsuchender v. 19.04.2016, S. 87 f. Fn. 492; vgl. auch ACCORD, Anfragebeantwortung zu Afghanistan: Lage der Hazara, Zugang zu staatlichem Schutz und Hintergründe des Konflikts zwischen Kuchis und Hazara v. 02.09.2016, S. 3, 4, 6). Dem folgten weitere Entführungen in den Provinzen Ghazni und Farah (Lagebericht des Auswärtigen Amtes v. 19.10.2016, Stand: September 2016). Im November 2015 wurden 24 Hazara nach einem Streit mit den Taliban um Schafe entführt (ACCORD, Anfragebeantwortung zu Afghanistan: Lage der Hazara, Zugang zu staatlichem Schutz und Hintergründe des Konflikts zwischen Kuchis und Hazara v. 02.09.2016, S. 5). Nach dem Jahresbericht der UNAMA wurden 2015 insgesamt 146 Hazara bei 20 Vorfällen in ethnisch gemischten Gebieten in den Provinzen Ghazni, Balch, Sar-e Pul, Faryab, Uruzgan, Baghlan, Wardak, Jawzjan und Ghor getötet (ACCORD, Anfragebeantwortung zu Afghanistan: Lage der Hazara, Zugang zu staatlichem Schutz und Hintergründe des Konflikts zwischen Kuchis und Hazara v. 02.09.2016, S. 2). Von 146 entführten Hazara seien 118 wieder freigelassen worden; 15 seien getötet worden oder in Geiselhaft verstorben (ACCORD, Anfragebeantwortung zu Afghanistan: Lage der Hazara, Zugang zu staatlichem Schutz und Hintergründe des Konflikts zwischen Kuchis und Hazara v. 02.09.2016, S. 2). Im März 2016 wurden in der Provinz Sar-e Pul 11 und im Juni 17 Hazara entführt; letztere wurden nach wenigen Tagen wieder freigelassen (ACCORD, Anfragebeantwortung zu Afghanistan: Lage der Hazara, Zugang zu staatlichem Schutz und Hintergründe des Konflikts zwischen Kuchis und Hazara v. 02.09.2016, S. 6 f.). Auch in der Provinz Kunduz gab es Entführungen von Hazara (ACCORD, Anfragebeantwortung zu Afghanistan: Lage der Hazara, Zugang zu staatlichem Schutz und Hintergründe des Konflikts zwischen Kuchis und Hazara v. 02.09.2016, S. 7). Am 6. Juli 2016 töteten Taliban 22 Polizisten, die Angehörige der Hazara waren (ACCORD, Anfragebeantwortung zu Afghanistan: Lage der Hazara, Zugang zu staatlichem Schutz und Hintergründe des Konflikts zwischen Kuchis und Hazara v. 02.09.2016, S. 15 f.). Bei einem Angriff auf eine Kundgebung in Kabul am 23. Juli 2016, zu dem sich der IS bekannte (Norwegian Country of Origin Information Centre, Landinfo, Report Afghanistan: Hazaras and Afghan insurgent groups v. 03.10.2016, S. 25), starben 80 Personen (UNHCR, Anmerkung zur Situation in Afghanistan auf Anfrage des deutschen Bundesministeriums des Innern, v. 12/2016, S. 6; ACCORD, Anfragebeantwortung zu Afghanistan: Lage der Hazara, Zugang zu staatlichem Schutz und Hintergründe des Konflikts zwischen Kuchis und Hazara v. 02.09.2016, S. 8). Da es Gerüchte gebe, dass weitere Anschläge geplant seien, hält Melissa C. K. Kabul für unsicher für Hazara (ACCORD, Anfragebeantwortung zu Afghanistan: Lage der Hazara, Zugang zu staatlichem Schutz und Hintergründe des Konflikts zwischen Kuchis und Hazara v. 02.09.2016, S. 10). Weiterhin kommt es in der Provinz Bamiyan zu gezielten Angriffen auf Hazara durch regierungsfeindliche Kräfte entlang der Hauptverkehrsstraßen; unsicher sind insoweit die Route von Kabul über die Provinz Parwan sowie die Straße über Maidan Wardak (UNHCR, Anmerkung zur Situation in Afghanistan auf Anfrage des deutschen Bundesministeriums des Innern, v. 12/2016, S. 6; vgl. auch ACCORD, Anfragebeantwortung zu Afghanistan: Lage der Hazara, Zugang zu staatlichem Schutz und Hintergründe des Konflikts zwischen Kuchis und Hazara v. 02.09.2016, S. 11 „Todesstraße“). Nach dem Norwegian Country of Origin Information Centre könnte die hohe Anzahl von betroffenen Hazara, insbesondere auf den gefährlichen Straßen aber auch auf andere Umstände als ihre Ethnie zurückzuführen sein, etwa darauf, dass sie überdurchschnittlich viel herumreisen und dabei Straßen nutzen würden; darüber hinaus würde ein großer Anteil von Hazara in Stadtzentren leben und in höheren Positionen tätig sein, weshalb sie auch mehr Geld verdienen würden (Landinfo, Report Afghanistan: Hazaras and Afghan insurgent groups v. 03.10.2016, S. 18 f.).

Mittlerweile kommt es zu Verhandlungen zwischen Gruppen der Hazara und der Taliban, durch die bereits einige Angelegenheiten geklärt werden konnten; in Ghazni haben die Taliban und die Hazaras einen Nichtangriffspakt geschlossen, auf der Grundlage, dass den Taliban erlaubt wurde, bestimmte Straßen durch die Gebiete der Hazara zu nutzen (Norwegian Country of Origin Information Centre, Landinfo, Report Afghanistan: Hazaras and Afghan insurgent groups v. 03.10.2016, S. 18 f., vgl. auch S. 20 f.). Zum Teil arbeiten Hazara auch mit den Taliban zusammen oder sind ihnen angehörig (EASO Country of Origin Information Report: Afghanistan Recruitment by armed groups, v. Sept. 2016, S. 19). Der IS, der hauptsächlich in der Provinz Nangarhar operiert (Norwegian Country of Origin Information Centre, Landinfo, Report Afghanistan: Hazaras and Afghan insurgent groups v. 03.10.2016, S. 23) hat im Juli 2016 in Kabul zwar gezielt Hazara angegriffen, die Kapazitäten für weitere Angriffe gegen Hazara in von Nangarhar entfernten Gebieten, dürften aber eher gering sein (Norwegian Country of Origin Information Centre, Landinfo, Report Afghanistan: Hazaras and Afghan insurgent groups v. 03.10.2016, S. 25 f.). Eine Rekrutierung von Hazara durch die Taliban findet nur in Ausnahmefällen statt (ACCORD, Afghanistan, Dokumentation des Expertengespräches mit Thomas R. und Michael D. v. 04.05.2016, S. 22).

2. Die Kläger haben auch keinen Anspruch auf Zuerkennung subsidiären Schutzes gem. § 60 Abs. 2 AufenthG i.V.m.§ 4 Abs. 1 Satz 1 AsylG, weil sie keine stichhaltigen Gründe für die Annahme vorgebracht hat, dass ihm im Herkunftsland ernsthafter Schaden im Sinne des § 4 Abs. 1 Satz 1, Satz 2 AsylG durch einen in § 4 Abs. 3 AsylG i.V.m. § 3c AsylG genannten Akteur droht. Prognosemaßstab für den Schaden ist die beachtliche Wahrscheinlichkeit (OVG NRW, Urt. v. 26.08.2014 - 13 A 2998/11.A -, juris Rn. 34).

Das Gericht ist nicht davon überzeugt, dass die Kläger bei einer Rückkehr nach Afghanistan und aufgrund einer vor mehr als 20 Jahren abgewendeten Zwangsverheiratung eine unmenschliche oder erniedrigende Behandlung im Sinne des § 4 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 AsylG erwartet (dazu a)). Auch droht den Klägern bei einer Rückkehr nicht mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit eine Verletzung ihrer Unversehrtheit im Rahmen eines innerstaatlichen bewaffneten Konfliktes gem. § 4 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 AsylG (dazu b)). Aus dem Umstand, dass das Bundesamt für die Kläger ein Abschiebungsverbot nach § 60 Abs. 5 AufenthG festgestellt hat, folgt nicht, dass ihnen im Hinblick auf Art. 3 EMRK deshalb auch subsidiärer Schutz zuzuerkennen wäre (dazu c)).

a) Wie oben bereits ausgeführt ist das Gericht nicht davon überzeugt, dass die Klägerin zu 2. vor mehr als 20 Jahren zwangsweise verheiratet hatte werden sollen und den Klägern deshalb bei einer Rückkehr nach Afghanistan mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit ein Schaden im Sinne des § 4 Abs. 1 Satz1, Satz 2 Nr. 2 AsylG droht. Die Angaben der Kläger zu 1. und 2. waren insoweit nicht glaubhaft.

b) Die Kläger haben auch keinen Anspruch auf Anerkennung als subsidiär Schutzberechtigte infolge einer ernsthaften individuellen Bedrohung ihres Lebens oder ihrer Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konflikts (§ 4 Abs. 1 Satz 1, Satz 2 Nr. 3 AsylG). Für eine solche Annahme müssen stichhaltige Gründe vorliegen (Nds. OVG, Urt. v. 19.09.2016 - 9 LB 100/15 -, juris; Beschl. v. 26.08.2016 - 9 ME 146/16 -, n.v.). Bezugspunkt für die Gefahrenprognose ist der tatsächliche Zielort des Betroffenen bei einer Rückkehr, damit in der Regel seine Herkunftsregion, in die er typischerweise zurückkehren wird (vgl. BVerwG, Urt. v. 31.01.2013 - 10 C 15/12 -, juris Rn. 13, 16; Urt. v. 17.11.2011 - 10 C 13/10 -, juris Rn.16). Hiervon zu unterscheiden ist die Frage, ob er auf internen Schutz in einer anderen Region des Landes verwiesen werden kann (BVerwG, Urt. v. 31.01.2013 - 10 C 15/12 -, juris Rn. 14, 19, 32; vgl. auch OVG NRW, Beschl. v. 09.03.2017 - 13 A 2575/16.A -, juris Rn. 17), vgl. § 3 e AsylG.

Ein innerstaatlicher bewaffneter Konflikt im Sinne des § 4 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 AsylG liegt jedenfalls vor, wenn bewaffnete Konflikte im Hoheitsgebiet eines Staates zwischen dessen Streitkräften und abtrünnigen Streitkräften oder anderen organisierten Gruppen stattfinden, die unter einer verantwortlichen Führung eine solche Kontrolle über einen Teil des Hoheitsgebietes des Staates ausüben, dass sie anhaltende, koordinierte Kampfhandlungen durchführen (und das Zusatzprotokoll II vom 8. Juni 1977 - zu den Genfer Abkommen vom 12. August 1949 über den Schutz der Opfer nicht internationaler bewaffneter Konflikte (BGBl 1990 II S. 1550 <1637>) anzuwenden haben), nicht hingegen bereits bei Fällen innerer Unruhen und Spannungen wie Tumulte, vereinzelt auftretende Gewalttaten und anderen ähnlichen Handlungen (BVerwG, Urt. v. 27.04.2010 - 10 C 4/09 -, juris Rn. 23). Aber auch etwa Bürgerkriege und Guerilla-Kämpfe können einen bewaffneten Konflikt im Sinne des § 4 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 AsylG darstellen, wenn sie ein gewisses Maß an Intensität und Dauerhaftigkeit aufweisen (BVerwG, Urt. v. 27.04.2010 - 10 C 4/09 -, juris Rn. 23). Für das Vorliegen eines bewaffneten Konflikts kann es hinsichtlich des Organisationsgrades bei einer Gesamtwürdigung der Umstände auch genügen, dass die Konfliktparteien in der Lage sind, anhaltende und koordinierte Kampfhandlungen von solcher Intensität und Dauerhaftigkeit durchzuführen, dass die Zivilbevölkerung davon typischerweise erheblich in Mitleidenschaft gezogen wird. Entsprechendes dürfte auch für das Erfordernis gelten, dass die den staatlichen Streitkräften gegenüberstehende Konfliktpartei eine effektive Kontrolle über einen Teil des Staatsgebietes ausüben muss (BVerwG, Urt. v. 27.04.2010 - 10 C 4/09 -, juris Rn. 23).

Vorliegend kann dahinstehen, ob in der Heimatprovinz der Kläger ein innerstaatlicher bewaffneter Konflikt im Sinne des § 4 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 AsylG herrscht, weil jedenfalls nicht mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit ihr Leben oder ihre Unversehrtheit in der Provinz Balch infolge willkürlicher Gewalt bedroht sind. In der Region von Masar-e Scharif geht nicht für eine Vielzahl von Zivilpersonen eine allgemeine Gefahr aus, die sich in der Person der Kläger so verdichtet, dass sie für diese eine erhebliche individuelle Gefahr (vgl. BVerwG, Urt. v. 17.11.2011 - 10 C 13/10 -, juris Rn. 17) bzw. Bedrohung im Sinne des § 4 Abs. 1 Satz 1, Satz 2 Nr. 3 AsylG darstellt.

Eine derartige Individualisierung kann sich bei einem hohen Niveau willkürlicher Gewalt für die Zivilbevölkerung aus gefahrerhöhenden Umständen in der Person des Betroffenen ergeben, wie etwa einer berufsbedingten Nähe zu einer Gefahrenquelle oder einer bestimmten religiösen Zugehörigkeit (BVerwG, Urt. v. 17.11.2011 - 10 C 13/10 -, juris Rn. 18; Nds. OVG, Urt. v. 19.09.2016 - 9 LB 100/15 -, juris). Wenn solche individuellen gefahrerhöhenden Umstände fehlen, kann eine entsprechende Individualisierung ausnahmsweise auch bei einer außergewöhnlichen Situation eintreten, die durch einen so hohen Gefahrengrad gekennzeichnet ist, dass praktisch jede Zivilperson allein aufgrund ihrer Anwesenheit in dem betroffenen Gebiet einer ernsthaften individuellen Bedrohung ausgesetzt wäre (BVerwG, Urt. v. 17.11.2011 - 10 C 13/10 -, juris Rn. 19 m.w.N.; OVG NRW, Beschl. v. 09.03.2017 - 13 A 2575/16.A -, juris Rn. 13; Nds. OVG Urt. v. 19.09.2016 - 9 LB 100/15 -, juris; Beschl. v. 26.08.2016 - 9 ME 146/16 -, n.v.; Beschl. v. 14.04.2016 - 9 LA 57/16 -, n.v.; Beschl. v. 28.09.2015 - 9 LA 247/14 -, n.v.). Dies setzt aber ein besonders hohes Niveau willkürlicher Gewalt voraus (BVerwG, Urt. v. 17.11.2011 - 10 C 13/10 -, juris Rn. 19; Nds. OVG, Urt. v. 19.09.2016 - 9 LB 100/15 -, juris; Beschl. v. 14.04.2016 - 9 LA 57/16 -, n.v.; Beschl. v. 28.09.2015 - 9 LA 247/14 -, n.v.). Permanente Gefährdungen der Bevölkerung und schwere Menschenrechtsverletzungen im Rahmen eines innerstaatlichen Konflikts reichen für sich allein nicht aus (BVerwG, Urt. v. 13.02.2014 - 10 C 6/13 -, juris Rn. 24; Nds. OVG, Urt. v. 19.09.2016 - 9 LB 100/15 -, juris; Beschl. v. 28.09.2015 - 9 LA 247/14 -, n.v.). Dies gilt auch bei heftigen Auseinandersetzungen zwischen der afghanischen Armee und aufständischen Gruppen, die auch die Zivilbevölkerung durch Massenentführungen, Vertreibungen, Kämpfe in bewohnten Gebieten oder Angriffe auf Dörfer im Mitleidenschaft ziehen (Nds. OVG, Beschl. v. 14.04.2016 - 9 LA 57/16 -, n.v.). Für die Bestimmung der Gefahrendichte hat eine quantitative Ermittlung der Verletzten und getöteten Zivilpersonen im Verhältnis zur Einwohnerzahl (Gewaltniveau) und daneben auch eine wertende Gesamtbetrachtung jedenfalls auch im Hinblick auf die medizinische Versorgungslage zu erfolgen (BVerwG, Urt. v. 17.11.2011 - 10 C 13/10 -, juris Rn. 23; Nds. OVG, Urt. v. 19.09.2016 - 9 LB 100/15 -, juris; Beschl. v. 26.08.2016 - 9 ME 146/16 -, n.v.; Nds. OVG, Beschl. v. 28.09.2015 - 9 LA 247/14 -, n.v.). Das Risiko einer Zivilperson von 1:800 (bezogen auf ein Jahr) verletzt oder getötet zu werden ist dabei weit von der Schwelle der beachtlichen Wahrscheinlichkeit eines ihr drohenden Schadens entfernt (BVerwG, Urt. v. 17.11.2011 - 10 C 13/10 -, juris Rn. 23; vgl. auch Nds. OVG, Urt. v. 19.09.2016 - 9 LB 100/15 -, juris; Beschl. v. 28.09.2015 - 9 LA 247/14 -, n.v.). In diesem Fall vermag sich auch eine wertende Gesamtbetrachtung regelmäßig im Ergebnis nicht auszuwirken (Bay. VGH, Beschl. v. 17.01.2017 - 13a ZB 16.30182 -, juris Rn. 7 m.w.N.).

Bei den Klägern liegen keine solchen persönlichen gefahrerhöhenden Umstände vor und in der Provinz Balch ist auch nicht praktisch jede Zivilperson einer ernsthaften individuellen Bedrohung ausgesetzt. Auch in Balch bzw. Masar-e Scharif kommt es zwar zu Anschlägen, von denen auch Zivilpersonen betroffen sind. Die Wahrscheinlichkeit für Zivilperson dort verletzt oder getötet zu werden ist jedoch nicht so hoch, dass jeder Zivilperson aus Balch oder der Region Masar-e Scharif subsidiärer Schutz zuzuerkennen wäre.

Nach dem Lagebericht des Auswärtigen Amtes mit Stand September 2016 (S. 4 unter Verweis auf den UNAMA-Bericht von Juli 2016 über den Schutz von Zivilisten im bewaffneten Konflikt) hat es in Afghanistan im ersten Halbjahr 2016 mit 1.601 getöteten und 3.565 verletzten Zivilisten einen Anstieg von 4 % gegenüber dem Vorjahreszeitraum gegeben, mit der Folge der höchsten Zahl seit Beginn der Erfassungen im Jahr 2009. Ende 2015 hatte die Anzahl der zivilen Opfer mit 11.002 einen neuen Höchststand erreicht (Schweizerische Flüchtlingshilfe, Afghanistan: Update, Die aktuelle Sicherheitslage v. 30.9.2016, S.6). 70 % der Opfer werden den Taliban und anderen bewaffneten Gruppen zugerechnet, was insoweit einen Rückgang um 3 % gegenüber dem Vorjahreszeitraum bedeutet (Amnesty Report 2016 Afghanistan, S. 1, 2), auch wenn die Opferzahl insgesamt um 4 % gestiegen ist (Schweizerische Flüchtlingshilfe, Afghanistan: Update, Die aktuelle Sicherheitslage v. 30.9.2016, S. 6). Im ersten Halbjahr 2016 hat die Verantwortlichkeit regierungsfeindlicher Gruppen für zivile Opfer 60 % (966 Tote und 2.116 Verletzte) betragen, was eine Zunahme um 11 % gegenüber dem Vorjahr bedeutet (Kurzinformation der Staatendokumentation Afghanistan, Aktualisierung der Sicherheitslage in Afghanistan - Q3.2016, Republik Österreich Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl, vom 19.09.2016). Im Zeitraum Mitte Mai bis Mitte August 2016 konzentrierten sich die Taliban darauf, die Regierungskontrolle in den Provinzen Baghlan, Kunduz, Takhar, Faryab, Jawzjan und Uruzgan zu bekämpfen (Kurzinformation der Staatendokumentation Afghanistan, Aktualisierung der Sicherheitslage in Afghanistan - Q3.2016, Republik Österreich Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl, v 19.09.2016). 68,1 % der landesweiten Vorfälle konzentrierten sich auf die südlichen, südöstlichen und östlichen Regionen (Kurzinformation der Staatendokumentation Afghanistan, Aktualisierung der Sicherheitslage in Afghanistan - Q3.2016, Republik Österreich Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl, vom 19.09.2016), im vierten Quartal noch 66 %; die Anzahl der sicherheitsrelevanten Vorfälle erhöhte sich gegenüber dem Vergleichszeitraum im Vorjahr um 9 %, in den Monaten Januar bis Oktober um 22 % (Kurzinformation der Staatendokumentation Afghanistan, Aktualisierung der Sicherheitslage in Afghanistan - Q4.2016, Republik Österreich Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl, v. 19.12.2016). Im Herbst 2016 übten die Taliban ohne anhaltenden Erfolg Druck auf die Provinzhauptstädte von Helmand, Uruzgan, Farah und Kunduz aus (Kurzinformation der Staatendokumentation Afghanistan, Aktualisierung der Sicherheitslage in Afghanistan - Q4.2016, Republik Österreich Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl, v. 19.12.2016). Auch Anfang Januar 2017 griffen die Taliban erneut Helmand an (Neue Züricher Zeitung, Online-Ausgabe v. 02.01.2017). Am 5. Mai 2017 eroberten die Taliban in der Provinz Kunduz den Distrikt Kala-i-Sal (Handelsblatt, Taliban erobern Distrikt nahe Kundus, v. 06.05.2017). Am 06. Mai 2017 haben die Taliban den Distrikt Zibak in der Provinz Badakhshan eingenommen; in der Provinz Nuristan belagern die Tailban den Distrikt Want Waigal (Bundesamt für Migration und Flüchtlinge, Briefing Notes v. 08.05.2017). Die Sicherheitskräfte gehen weiterhin gegen die Taliban und IS-Kämpfer vor (Kurzinformation der Staatendokumentation Afghanistan, Aktualisierung der Sicherheitslage in Afghanistan - Q3.2016, Republik Österreich Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl, v. 19.09.2016). So konnten sie auch die Bezirkshauptstadt von Kala-i-Sal nach wenigen Tagen zurückerobern (www.handelsblatt.com, Regierung erobert Bezirkszentrum von Taliban, v. 16.05.2017). Die Bevölkerungszentren und Hauptverkehrsstraßen in Afghanistan werden von den afghanischen Sicherheitskräften (ANDSF), abgesehen von kurzzeitigen Störungen durch die regierungsfeindlichen Kräfte, kontrolliert, wenn die ANDSF auch Defizite unter anderem in der Führung, strategischer und taktischer Planungsfähigkeit, Aufklärung und technischer Ausstattung aufweisen (Lagebericht des Auswärtigen Amtes, Stand: September 2016, S. 6). So behält die afghanische Regierung die Kontrolle über Kabul, größere Transitrouten, die Provinzhauptstädte, fast alle Distriktszentren (Länderinformationsblatt der Staatendokumentation Afghanistan, Bundesrepublik Österreich Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl, vom 21.01.2016, aktualisiert am 29.07.2016, S. 38; vgl. für Kabul auch Nds. OVG, Beschl. v. 27.04.2016 - 9 LA 46/16 -, n.v.) und die größeren Provinzzentren (Schweizerische Flüchtlingshilfe, Afghanistan: Update, Die aktuelle Sicherheitslage v. 30.9.2016, S. 3). Die Provinzhauptstädte konnten auch im vierten Quartal 2016 gesichert werden, wenn es auch zu intensiven bewaffneten Zusammenstößen gekommen ist (Kurzinformation der Staatendokumentation Afghanistan, Aktualisierung der Sicherheitslage in Afghanistan - Q4.2016, Republik Österreich Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl, vom 19.12.2016). Dort leben ca. zwei Drittel der afghanischen Bevölkerung (BT-Drs. 18/10336, 18. Wahlperiode 16.11.2016, Frage Nr. 14). Allerdings standen bis Mitte November 2016 lediglich 233 von 407 Distrikten unter Kontrolle oder Einfluss der Regierung, mithin 15 % weniger als im Jahr 2015; die Aufständischen üben Anfang des Jahres 2017 in 41 Distrikten in 15 Provinzen (insbesondere in Helmand, Uruzgan, Kandahar und Zabul) die Kontrolle oder ihren Einfluss aus, die übrigen sind umkämpft (Bundesamt für Migration und Flüchtlinge, Briefing Notes, v. 06.02.2017). Von den ca. 32 Millionen Einwohnern Afghanistans leben ca. 20,4 Millionen in Gebieten unter Regierungskontrolle bzw. -einfluss und 2,5 Millionen in von Aufständischen beeinflussten Gebieten (Bundesamt für Migration und Flüchtlinge, Briefing Notes, v. 06.02.2017). In den meisten der sieben Bezirke in der Provinz Kundus hält die Regierung lediglich mehr das Bezirkszentrum; die Eroberung von Kunduz ist ein Hauptziel der Taliban (www.handelsblatt.com, Regierung erobert Bezirkszentrum von Taliban, v. 16.05.2017). Die Taliban kontrollieren etwa auch den Kunduz-Khanabad Highway (Bundesamt für Migration und Flüchtlinge, Briefing Notes v. 08.05.2017). Die afghanischen Sicherheitskräfte sind im Allgemeinen fähig, die größeren Bevölkerungszentren effektiv zu beschützen bzw. verwehren es den Taliban, für einen längeren Zeitraum Einfluss in einem Gebiet zu halten (Länderinformationsblatt der Staatendokumentation Afghanistan, Bundesrepublik Österreich Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl, vom 21.01.2016, aktualisiert am 29.07.2016, S. 38), bedürfen aber der Unterstützung durch internationale Sicherheitskräfte, die auch erfolgt (Schweizerische Flüchtlingshilfe, Afghanistan: Update, Die aktuelle Sicherheitslage v. 30.9.2016, S. 4). Eine Koalition von 40 Staaten leistet weiterhin Ausbildung, Beratung und Unterstützung; auch die USA sind weiterhin mit einer Anti-Terror-Mission in Afghanistan präsent (Lagebericht des Auswärtigen Amtes, Stand: September 2016, S. 6; vgl. etwa n-tv.de, IS-Anführer stirbt bei US-Drohnenangriff v. 19.11.2016). Auch Deutschland hat den Einsatz der Bundeswehr in Afghanistan verlängert (www.handelsblatt.com, Regierung verlängert Afghanistan Einsatz v. 15.12.2016). 941 Soldaten der Bundeswehr beraten im April 2017 die afghanischen Sicherheitskräfte, bilden sie aus, unterstützen die Führung und leisten logistische Hilfe (www.zeit.de, Was macht die Bundeswehr in Afghanistan?, v. 22.04.2017). 13.000 internationale Soldaten werden in Afghanistan stationiert bleiben (Schweizer Flüchtlingshilfe, Afghanistan: Update Die aktuelle Sicherheitslage vom 30.09.2016, S. 6; vgl. auch www.wallstreet-online.de, Nato-Chef Stoltenberg erwägt Truppen-Aufstockung in Afghanistan, v. 30.04.2017), allein 8.400 Soldaten der US-Streitkräfte (vgl. www.tt.com, US-Behörde: Afghanische Armee musste 2016 noch höhere Verluste hinnehmen, v. 01.02.2017). Die Truppenstärke der afghanischen Nationalarmee (ANA) betrug Mitte des Jahres 2015 etwa 157.000 (Länderinformationsblatt der Staatendokumentation Afghanistan, Bundesrepublik Österreich Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl, vom 21.01.2016, aktualisiert am 05.10.2016, S. 137), die der afghanischen Sicherheitskräfte Anfang des Jahres 2017 insgesamt 316.000 (www.tt.com, US-Behörde: Afghanische Armee musste 2016 noch höhere Verluste hinnehmen, v. 01.02.2017) bzw. 352.000 (www.handelsblatt.de, Mehr Spezialkräfte im Kampf gegen die Taliban, v. 03.04.2017). 7 % davon sind Eliteeinheiten, die rund 40 % aller Gefechte bestritten hätten; das afghanische Militär will die Zahl dieser Spezialkräfte bis 2020 verdoppeln (www.handelsblatt.de, Mehr Spezialkräfte im Kampf gegen die Taliban, v. 03.04.2017). Von Januar bis November 2016 wurden 6.785 Soldaten und Polizisten getötet sowie 11.777 verletzt, mithin 35 % mehr als im Vorjahr (www.tt.com, US-Behörde: Afghanische Armee musste 2016 noch höhere Verluste hinnehmen, v. 01.02.2017). Der US-Präsident hat mehr Unterstützung für die Sicherheit Afghanistans angekündigt (www.zeit.de, Trump will Afghanistan stärker unterstützen v. 03.12.2016). Anfang des Jahres 2017 entsandten die Vereinigten Staaten von Amerika rund 300 Marinesoldaten in die Provinz Helmand, um die einheimischen Sicherheitskräfte im Kampf gegen die Taliban auszubilden (www.faz.net, Amerika schickt Marinesoldaten nach Afghanistan, v. 07.01.2017; www.berlinjournal.biz, 300 US-Soldaten auf dem Weg nach Afghanistan, v. 20.04.2017). Nach einem Bericht des amerikanischen Pentagons haben die afghanischen Streitkräfte - wenn auch unbeständige - Fortschritte gemacht; sie konnten mehrere große Taliban-Angriffe abwehren und verlorenes Territorium rasch wieder zurückgewinnen (Kurzinformation der Staatendokumentation Afghanistan, Aktualisierung der Sicherheitslage in Afghanistan - Q4.2016, Republik Österreich Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl, v. 19.12.2016). Alle acht Angriffe der Taliban auf Städte sind gescheitert (www.tt.com, US-Behörde: Afghanische Armee musste 2016 noch höhere Verluste hinnehmen, v. 01.02.2017). Die afghanischen Sicherheitskräfte führten zahlreiche Militäroperationen durch und konnten auch die Schlüsselbereiche des Distrikts Ghormach von den Taliban wieder zurück erobern; mit einer groß angelegten Militäroperation soll die Provinz Kunduz von Aufständischen befreit werden (Kurzinformation der Staatendokumentation Afghanistan, Aktualisierung der Sicherheitslage in Afghanistan - Q4.2016, Republik Österreich Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl, v. 19.12.2016). In den Provinzen Nangarhar und Kunar wurden Operationen gegen den „Islamischen Staat in der Provinz Khorasan“ (ISIL-KP) durchgeführt (Kurzinformation der Staatendokumentation Afghanistan, Aktualisierung der Sicherheitslage in Afghanistan - Q4.2016, Republik Österreich Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl, vom 19.12.2016). In den Monaten November, Dezember 2016 und Januar 2017 gab es in Nangarhar 81 Militäroperationen, bei denen 251 Aufständische getötet und 184 gefangen genommen wurden (Bundesamt für Migration und Flüchtlinge, Briefing Notes v. 23.01.2017).

Anfang Januar 2017 wurde bei einem Sondereinsatz des afghanischen Geheimdienstes ein führender Al-Kaida Kommandeur getötet (orf.at, Führender Al-Kaida-Kommandeur in Afghanistan getötet, v. 19.02.2017). Mitte Januar 2017 zerstörten Sicherheitskräfte eine Bombenwerkstatt der Taliban in Balch (Bundesamt für Migration und Flüchtlinge, Briefing Notes v. 23.01.2017). Ende Januar wurden in zahlreichen Provinzen Anti-Terror-Operationen gegen die Taliban und den IS durchgeführt (deutsch.rt.com, Top-Funktionär der Taliban in Afghanistan getötet, v. 28.01.2017; www.zeit.de, Afghanischer Polizist tötet acht Kollegen, v. 03.02.2017). Allerdings starben in den ersten acht Wochen des Jahres 2017 auch 807 Mitglieder der afghanischen Sicherheitskräfte (www.zeit.de, US-Bericht: Hohe Verluste unter afghanischen Sicherheitskräften in Wintermonaten, v. 01.05.2017). Ende Februar  wurden bei einem US-Luftangriff ein Taliban-Anführer und neun Kämpfer in der Provinz Kunduz getötet (www.spiegel.de,Taliban-Anführer durch US-Luftangriff getötet, v. 27.02.2017). In Laghman konnten Versuche der Taliban, zwei Distriktszentren zu erobern, abgewehrt werden (Bundesamt für Migration und Flüchtlinge, Briefing Notes v. 06.03.2017). Ende März töteten US-Streitkräfte einen Anführer von Al-Kaida (www.zeit.de, Al-Kaida-Anführer in Afghanistan bei US-Angriff getötet, v. 26.03.2017). Auch am Kampf gegen den IS in Afghanistan beteiligen sich die US-Streitkräfte (vgl. www.zeit.de, US-Soldat bei Anti-IS-Einsatz in Afghanistan getötet, v. 09.04.2017). Durch eine im April von den US-Streitkräften in Nangarhar auf ein Tunnelsystem abgeworfene Bombe starben mindestens 94 IS Kämpfer (www.zeit.de, US-Bombe soll 94 IS-Kämpfer getötet haben, v. 15.04.2017). Die Zahl der IS Kämpfer in Afghanistan wird vom Pentagon auf 1000 geschätzt (www.merkur.de, Pentagon: IS-Anführer in Afghanistan vermutlich getötet, v. 28.04.2017). Bei einem Angriff afghanischer und US-Truppen in der Provinz Nangarhar wurden der Anführer des IS in Afghanistan, weitere hohe Vertreter und 35 Kämpfer getötet (www.spiegel.de, Armee meldet Tod von IS-Anführern“, v. 07.05.2017). Ende April wurden bei Anti-Terror-Operationen in Afghanistan mindestens 43 Extremisten getötet (deutsch.rt.com, Afghanistans Sicherheitskräfte töten mindestens 43 Terroristen, v. 30.04.2017).

Dennoch lassen sich selbst in Kabul Anschläge mit Toten und Verletzten nicht gänzlich vermeiden, so gab es in der ersten Jahreshälfte 2016 elf Vorfälle mit 107 Toten (vgl. Schweizer Flüchtlingshilfe, Schnellrecherche der SFH-Länderanalyse vom 6. Juni 2016 zu Afghanistan: Sicherheitslage in der Stadt Kabul, S. 3, 4). Zwischen Mitte Mai und Mitte August 2016 kam es zu zwei High-Profile Angriffen in Kabul (Kurzinformation der Staatendokumentation Afghanistan, Aktualisierung der Sicherheitslage in Afghanistan - Q3.2016, Republik Österreich Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl, vom 19.09.2016). Mitte September kam es zu jeweils einem Anschlag auf Polizeiangehörige in Kabul und Kapisa und einem Angriff in einem Krankenhaus in Kandahar (Bundesamt für Migration und Flüchtlinge, Briefing Notes vom 19.09.2016). Im Oktober verübte der IS einen Anschlag auf Pilger in einer schiitischen Moschee mit 18 getöteten und 40 verletzten Personen (Amnesty Report 2017 Afghanistan, S. 2). Im November 2016 wurden bei einem Anschlag auf eine Moschee in Kabul 27 Menschen getötet (www.tagesspiegel.de, „IS bekennt sich zu Anschlag auf eine Moschee in Kabul v. 21.11.2016). Bei einem Anschlag auf das deutsche Konsulat in Masar-e Scharif starben acht Menschen (www.tagesspiegel.de, Acht Tote bei Taliban-Angriff auf deutsches Konsulat v. 11.11.2016). Bei einem Selbstmordanschlag vor einem Fahrzeug afghanischer Sicherheitskräfte am 16. November 2016 in Kabul starben vier Menschen (Zeit-Online v. 16.11.2016) und bei einem Bombenanschlag auf das deutsche Generalkonsulat in Kabul sechs Menschen (Berliner Morgenpost v. 11.11.2016). In Kunduz und Kabul starben im Dezember Aufständische deren Sprengstoff vorzeitig explodierte (Bundesamt für Migration und Flüchtlinge, Briefing Notes vom 12.12.2016 und 19.12.2016). Zudem wurden in Kunar ein Kommandant der Grenzpolizei und sein Leibwächter bei einem Bombenanschlag getötet und in Badakshan ein Mädchen bei einem Überfall auf einen Bus, in Zabul starben zwei Kinder bei einer Explosion und in Kandahar wurden fünf Mitarbeiterinnen des Flughafens auf dem Weg zur Arbeit von Unbekannten erschossen (Bundesamt für Migration und Flüchtlinge, Briefing Notes vom 19.12.2016). In Nangarhar und Jalalabad konnte die Polizei hingegen im Dezember Anschläge verhindern (Bundesamt für Migration und Flüchtlinge, Briefing Notes vom 12.12.2016 und 19.12.2016). Ende Dezember starb ein Mann bei einem Bombenanschlag in Kandahar (Bundesamt für Migration und Flüchtlinge, Briefing Notes v. 09.01.2017). Auch kam es zu Anschlägen auf Parlamentarier (www.spiegel.de, Anschlag auf Parlamentarier - Sohn verletzt v. 28.12.2016; Waiblinger Kreiszeitung, dpa, Elf Tote bei Überfall auf Parlamentarier in Kabul v. 22.12.2016). Im Dezember 2016 starben in Paktika zwei Frauen durch eine Straßenbombe, wurde in Herat ein Geistlicher erschossen und richteten die Taliban in Parwan vier Zivilisten als Spione hin (Bundesamt für Migration und Flüchtlinge, Briefing Notes vom 12.12.2016). Im vierten Quartal 2016 kam es bis Mitte November zu zwei High-Profile-Angriffen, zum einen auf das Verteidigungsministerium in Kabul, zum anderen auf den Bagram (US-)Militärflugplatz in der Provinz Parwan (Kurzinformation der Staatendokumentation Afghanistan, Aktualisierung der Sicherheitslage in Afghanistan - Q4.2016, Republik Österreich Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl, vom 19.12.2016). Insgesamt sind nach einem Bericht der UN in Afghanistan im Jahr 2016 1.963 Menschen bei Selbstmordanschlägen verletzt oder getötet worden, mithin 7 % mehr als im Jahr 2015; in Kabul habe es einen Anstieg um 75 % gegeben, mit 1.514 verletzten oder getöteten Zivilpersonen bei 16 Anschlägen (www.handelsblatt.de, Mindestens 22 Tote bei Anschlag vor Gericht in Kabul, v. 07.02.2017). Insgesamt wurden im Jahr 2016 durch die UNAMA 11.418 verletzte und getötete Zivilpersonen gezählt, mithin 384 mehr als im Jahr 2015 (Afghanistan Annual Report on Protection of Civilians in Armed Conflict: 2016, v. Februar 2017, S. 11). Die Zahl der von der UNAMA gezählten getöteten oder verletzten Kinder ist um 24 % auf 3.512 gestiegen (Bundesamt für Migration und Flüchtlinge, Briefing Notes, v. 06.02.2017).

Anfang Januar 2017 wurden bei zwei Bombenanschlägen vor dem Parlament in Kabul mehr als 20 Personen getötet worden (www.morgenpost.de, Bis zu 50 Tote bei drei Anschlägen in Afghanistan, v. 10.01.2017), bei einer weiteren Bombenexplosion gab es keine Verletzten (Bundesamt für Migration und Flüchtlinge, Briefing Notes v. 09.01.2017). In Logar explodierte eine Bombe und in Nangarhar wurden bei einem Bombenanschlag acht Menschen verletzt sowie ein Arzt niedergeschossen (Bundesamt für Migration und Flüchtlinge, Briefing Notes v. 09.01.2017). In Kunduz wurden ein Vertreter der Sikhs und der Hindus erschossen (Bundesamt für Migration und Flüchtlinge, Briefing Notes v. 09.01.2017). Anfang Januar 2017 griffen Taliban in der Provinz Badakhshan einen Sicherheitskonvoi an (www.trt.net.tr, Taliban-Terror in Afghanistan v. 04.01.2017) und beschossen einen Bundeswehrhubschrauber (www.spiegel.de, Hubschrauber der Bundeswehr beschossen, v. 05.01.2017; Bundesamt für Migration und Flüchtlinge, Briefing Notes v. 09.01.2017). In Faryab erschlugen Taliban einen Mann, in Logar wurde ein Anschlag auf einen Distriktspolizeichef verübt, in Ghazni wurde ein Mitarbeiter der Schulbehörde erschossen und in Helmand eine Polizistin; in Baghlan wurden Minenarbeiter getötet (Bundesamt für Migration und Flüchtlinge, Briefing Notes v. 09.01.2017). Weitere Bombenanschläge gab es in Jalalabad, Parwan und in Faryab (Bundesamt für Migration und Flüchtlinge, Briefing Notes v. 09.01.2017). Bei einer Explosion im Haus des Governeurs der Provinz Kandahar starben 11 Menschen (www.morgenpost.de, Bis zu 50 Tote bei drei Anschlägen in Afghanistan, v. 10.01.2017; Bundesamt für Migration und Flüchtlinge, Briefing Notes v. 16.01.2017), bei einem Anschlag auf ein Gästehaus der Sicherheitskräfte in Lashkar Gah (Helmand) starben sechs Personen (de.sputniknews.com, Afghanistan: Selbstmord-Anschlag auf Militärobjekt - Tote und Verletzte, v. 10.01.2017; Bundesamt für Migration und Flüchtlinge, Briefing Notes v. 16.01.2017). In Herat wurde ein Mitarbeiter eines Telekommunikationsunternehmens von den Taliban getötet und in Ferat zwei Frauen durch eine Explosion einer Bombe am Straßenrand (Bundesamt für Migration und Flüchtlinge, Briefing Notes v. 16.01.2017). Mitte Januar wurden in Nangarhar durch einen am Straßenrand versteckten Sprengsatz mehrere Zivilpersonen getötet (www.zeit.de, Sieben Zivilisten sterben durch Sprengsatz in Ost-Afghanistan, v. 15.01.2017), im Distrikt Kot wurde ein Polizist und elf Studenten getötet sowie 65 Häuser von IS-Kämpfern in Brand gesetzt und in Baghlan ein Regierungsmitarbeiter bei einem Anschlag verletzt (Bundesamt für Migration und Flüchtlinge, Briefing Notes v. 16.01.2017). Bei einem Häuserkampf zwischen den Taliban und US-Truppen in der Provinz Kunduz starben 33 Zivilpersonen (www.handelsblatt.de, 33 Zivilisten bei Gefecht mit Taliban getötet, v. 12.01.2017). Am 16. Januar 2017 setzten IS-Kämpfer in Kot (Nangarhar) weitere 20 Häuser in Brand (Bundesamt für Migration und Flüchtlinge, Briefing Notes v. 23.01.2017). Weiter starben in Kabul zwei Polizisten bei einem Bombenanschlag und in Farah zwei Kinder (Bundesamt für Migration und Flüchtlinge, Briefing Notes v. 23.01.2017). Ende Januar 2017 griffen Taliban das Polizeihauptquartier und das Bezirkszentrum von Sangin in der Provinz Helmand an (www.handelsblatt.de, Taliban stürmen berüchtigtes Bezirkszentrum, v. 30.01.2017), in Lashkar Gah starb ein Zivilist bei einem Raketenangriff und in Zabul starben bei einem Bombenanschlag 30 Militärangehörige (Bundesamt für Migration und Flüchtlinge, Briefing Notes, v. 06.02.2017). In Ghazni explodierte eine Bombe, tötete einen Zivilisten und verletzte zwei weitere Personen (Bundesamt für Migration und Flüchtlinge, Briefing Notes, v. 30.01.2017). In Helmand wurde eine Klinik in Brand gesteckt und in Kandahar kam es zu einem Zwischenfall an der Grenze zu Pakistan (Bundesamt für Migration und Flüchtlinge, Briefing Notes, v. 30.01.2017). In Logar wurde ein 19-jähriger von den Taliban enthauptet und in Zabul starben zwei Kinder bei der Explosion eines Blindgängers (Bundesamt für Migration und Flüchtlinge, Briefing Notes, v. 30.01.2017). Am 1. Februar meldete Khaama Press einen Raketenangriff der Taliban auf die Verkehrsbehörde in Lashkar Gah und Angriffe auf Sicherheitsposten in Sangin (www.khaarma.com, Taliban attack Lashkar Gah with rockets following Abdullah’s visit). Die US-Streitkräfte flogen daraufhin eine Serie von Luftangriffen auf die Taliban in Helmand (www.handelsblatt.de, USA verstärken Luftangriffe auf Taliban v. 01.02.2017). Dabei soll es auch zu Opfern unter der Zivilbevölkerung gekommen sein (www.taz.de, Haben US-Soldaten Zivilisten getötet?, v. 10.02.2017). Dennoch eroberten die Taliban schließlich Ende März Sangin (derstandard.at, Taliban erobern strategisch wichtigen Bezirk Afghanistans, v. 23.03.2017). Im Distrikt Rodat in der Provinz Nangarhar liefern sich Einwohner Kämpfe mit dem IS und in Khost City starben fünf Polizisten sowie drei Schüler bei Bombenanschlägen; der Gouverneur von Kunar überlebte einen Angriff der Taliban (Bundesamt für Migration und Flüchtlinge, Briefing Notes, v. 06.02.2017). Anfang Februar 2017 tötete ein Polizist im Norden Afghanistans acht Kollegen (www.zeit.de, Afghanischer Polizist tötet acht Kollegen, v. 03.02.2017). Bei einem Selbstmordanschlag in Kabul wurden 22 Zivilpersonen getötet und 41 verletzt (www.handelsblatt.com, Mindestens 22 Tote bei Anschlag vor Gericht in Kabul, v. 07.02.2017) und in der Provinz Dschausdschan wurden sechs Mitarbeiter des Roten Kreuzes erschossen, zwei entführt (www.n-tv.de, Sechs Tote bei Überfall in Afghanistan IS soll Rot-Kreuz-Mitarbeiter ermordet haben, v. 08.02.2017). Bei einem Autobombenanschlag in Lashkar Gah sind mehr als 20 Soldaten verletzt oder getötet worden (www.orf.at, Tote und Verletzte bei Attentat in Afghanistan, v. 11.02.2017). Mitte Februar griffen Taliban in der Provinz Faryab das Dorf Gorsad an (www.merkur.de, Afghanistan: Zehn Tote bei Gefechten mit Taliban, v. 15.02.2017). In der Provinz Nangarhar starben bei einem Angriff auf einen Armeeposten im Bezirk Deh Bala 18 Soldaten und 40 IS-Kämpfer (www.n-tv.de, Gefechte im Osten Afghanistans IS-Kämpfer töten 18 Soldaten, v. 17.02.2017). Am 20. Februar 2017 wurde ein Wohnhaus in Laghman angegriffen und zehn Mitglieder einer Familie, darunter auch Frauen und Kinder, getötet (Bundesamt für Migration und Flüchtlinge, Briefing Notes v. 27.02.2017). Einen Tag später wurde der Sohn eines Polizeichefs und ein Polizist in Faryab erschossen; in Ghazni und Sar-e-Pul konnten hingegen Anschläge verhindert werden (Bundesamt für Migration und Flüchtlinge, Briefing Notes v. 27.02.2017). In der Provinz Paktika wurden bei einem Bombenanschlag vier Menschen und in Laghman zwei Schüler durch eine Rakete, die eine Schule traf, getötet (Bundesamt für Migration und Flüchtlinge, Briefing Notes v. 27.02.2017). Am 24. Februar 2017 wurden neun Mitglieder der Lokalpolizei, ein Kommandeur und seine Frau getötet, als sie eine Moschee verließen bzw. zum Anschlagsort hineilten (www.handelsblatt.com, Mindestens 13 Tote bei Angriffen von Extremisten, v. 25.02.2017). Ende Februar starteten die Taliban einen Angriff auf ein Bezirkszentrum in der Provinz Baghlan und überfielen einen Sicherheitsposten in der Provinz Helmand (www.nzz.ch, Taliban greifen Stadt Talawa Barfak an, v. 28.02.2017). Am 28. Februar 2017 wurden zwei Stammesälteste in Jalalabad ermordet, in der Provinz Nangarhar wurden acht Menschen, darunter zwei Kinder, bei einem Bombenanschlag verletzt und in Helmand auf dem Kandahar-Helmand Highway wurde ein Polizist durch eine Sprengfalle getötet (Bundesamt für Migration und Flüchtlinge, Briefing Notes v. 06.03.2017). In Kabul wurden zwei Anschläge verübt und in Laghman bei einem Angriff auf das Haus eines Polizeikommandeurs mindestens drei Personen getötet (derstandard.at, Taliban stürmen Bezirkszentrum in Nordafghanistan, v. 01.03.2017). Ziele der Angriffe in Kabul waren eine Polizeistation und ein Haus des Geheimdienstes (www.nwzonline.de, Serie von Talibanangriffen erschüttert Afghanistan, v. 02.03.2017). Dabei wurden 16 Personen getötet und 104 verletzt, darunter Frauen und Kinder (Bundesamt für Migration und Flüchtlinge, Briefing Notes v. 06.03.2017). Auf dem Paktia-Ghazni Highway haben Taliban Checkpoints errichtet und fordern Zoll (Bundesamt für Migration und Flüchtlinge, Briefing Notes v. 06.03.2017). Am 4. März wurde in Kandahar ein Parlamentsabgeordneter angeschossen und in der Provinz Farah starben mindestens acht Zivilpersonen, als ihr Wagen auf eine Bombe fuhr (Bundesamt für Migration und Flüchtlinge, Briefing Notes v. 06.03.2017). Anfang März kamen bei einem Angriff des IS auf ein Militärkrankenhaus 50 Menschen ums Leben (www.tagesspiegel.de, Schwere Explosion in Kabul, v. 13.03.2017). Wenige Tage später wurde der Militärflughafen in Khost angegriffen (de.sputniknews.com, Afghanistan: Bewaffnete stürmen Militärflughafen - Kämpfe dauern an, v. 11.03.2017). In der Provinz Sabl im Bezirk Naschwar wurden acht Polizisten von Kollegen getötet (www.zeit.de, Acht afghanische Polizisten bei sogenannter Insider-Attacke getötet, v. 11.03.2017). Am 13. März wurden bei der Explosion eines Kleinbusses acht Menschen getötet (www.tagesspiegel.de, Schwere Explosion in Kabul, v. 13.03.2017). Am 22. März tötete ein Polizist neun seiner Kollegen (derstandard.at, Taliban erobern strategisch wichtigen Bezirk Afghanistans, v. 23.03.2017). Bei einem Autobombenanschlag auf eine Wache in Helmand wurden sechs Sicherheitskräfte getötet und weitere verletzt (www.trt.net.tr, Selbstmordanschlag in Afghanistan, v. 21.03.2017). In Farah starben acht Polizisten bei einem Angriff der Taliban auf einen Wachposten (www.trt.net.tr, Taliban-Angriff in Afghanistan, v. 27.03.2017). Bei einem Angriff auf einen Armeeposten in Kandahar wurden mindestens fünf Soldaten und 22 Talibankämpfer getötet, 17 Soldaten werden zudem vermisst (www.spiegel.de, Mindestens 27 Tote nach Überfall auf Armeeposten, v. 28.03.2017).

Im ersten Quartal 2017 gab es nach einem Bericht der UNAMA insgesamt 2181 zivile Opfer, 715 Tote und 1466 Verletzte, davon 210 getötete - 17 Prozent mehr als im entsprechenden Vorjahreszeitraum - und 525 verletzte Kinder (www.zeit.de, UNO: Ein Drittel der zivilen Todesopfer in Afghanistan Kinder, v. 27.04.2017).

Am 1. April 2017 wurde ein Mitglied des Provinzrates von Kapisa bei einem Bombenanschlag getötet, in Parwan kamen mehrere Menschen bei Landstreitigkeiten ums Leben und einen Tag später starben in Khost drei afghanische Soldaten und sechs Schüler bei einem Autobombenanschlag (Bundesamt für Migration und Flüchtlinge, Briefing Notes, v. 03.04.2017). Bei einem Angriff Aufständischer auf zwei Dörfer in Darzab in der Provinz Dschuzdschan sind 13 Anhänger des IS von Sicherheitskräften getötet worden (german.cri.cn, 13 IS-Milizen in Afghanistan getötet, v. 11.04.2017). In Kunar sollen innerhalb von 24 Stunden 70 Raketen aus Pakistan eingeschlagen sein (Bundesamt für Migration und Flüchtlinge, Briefing Notes, v. 03.04.2017). Im Bezirk Schimtal in der Provinz Balch starben neun Polizisten durch eine Bombe (www.salzburg.com, Bombenanschlag im Norden Afghanistans: Neun Polizisten tot, v. 09.04.2017). Vier Kinder starben beim Spielen mit einem Mörsergeschoss in Kasaban, Bezirk Tschrdara, Provinz Kunduz (www.abendblatt.de, Vier Kinder beim Spielen mit Mörser in Afghanistan getötet, v. 11.04.2017). In Kabul zündete ein Selbstmordattentäter in der Nähe des Präsidentenpalastes seine Sprengstoffweste inmitten von Ministeriumsangestellten (www.trt.net, Fünf Tote bei Selbstmordanschlag in Afghanistan, v. 12.04.2017). Bei einem Anschlag in der Provinz Kunduz wurde ein Armeegeneral getötet und bei einem Angriff der Taliban in Sar-i Pul seien drei Frauen und ein Kind erschossen worden (www.berliner-zeitung.de, Fünf Tote bei Taliban-Angriffen in Afghanistan, v. 17.04.2017). In der Provinz Helmand wurden durch eine Bombe am Straßenrand elf Zivilisten getötet und in der Provinz Ghazni zwei Frauen und zwei Kinder durch eine Rakete (www.tt.com, Mehr als 100 Tote in Afghanistan über Ostern, v. 17.04.2017). Bei einem Angriff der Taliban auf einen Armee-Stützpunkt in der Provinz Balch wurden 140 Soldaten getötet und 160 verletzt (www.spiegel.de, Taliban töten 140 Soldaten, v. 22.04.2017). Anfang Mai starben bei einem Selbstmordanschlag auf einen Militärkonvoi in Kabul acht Zivilpersonen (www.spiegel.de, Acht Tote bei Bombenanschlag in Kabul, v. 03.05.2017). Bei Gefechten an der afghanisch-pakistanischen Grenze wurden mehrere Menschen getötet und mehr als 70 verletzt (derstandard.at, Drei Tote bei Gefechten an afghanische-pakistanischer Grenze, v. 05.05.2017). Am 7. Mai wurde der Medienberater des Gouverneurs von Kandahar erschossen; einen Tag später starb in Khost eine Zivilperson durch einen Bombenanschlag (Bundesamt für Migration und Flüchtlinge, Briefing Notes v. 08.05.2017). Der Vorsitzende des Mullah-Rates der nordostafghanischen Provinz Parvan wurde durch eine Bombe während seines Religionsunterrichts getötet (www.tt.com, Hoher Religionsgelehrter in Afghanistan mit Matratzenbombe getötet, v. 09.05.2017). In Faryab starben bei Kämpfen zwischen den Taliban und dem IS 90 Kämpfer auf beiden Seiten, auch kam es zu Zusammenstößen in Nangarhar, bei den auch Zivilpersonen getötet wurden (Bundesamt für Migration und Flüchtlinge, Briefing Notes v. 08.05.2017).

Anschlagsziele sind in erster Linie Regierungsinstitutionen und internationale Einrichtungen, dennoch kommt es (auch) zu Opfern unter der Zivilbevölkerung (vgl. Schweizer Flüchtlingshilfe, Schnellrecherche der SFH-Länderanalyse vom 6. Juni 2016 zu Afghanistan: Sicherheitslage in der Stadt Kabul, S. 4), wenn auch die Taliban in der Erklärung zur Frühlingsoffensive 2015 angegeben haben, solche reduzieren zu wollen (UNHCR-Richtlinien zur Feststellung des internationalen Schutzbedarfs afghanischer Asylsuchender v. 19.04.2016, S. 39 Fn. 209). Im Jahr 2015 wurden 1.335 Zivilpersonen durch gezielte Tötungen bzw. Tötungsversuche verletzt oder getötet (UNHCR-Richtlinien zur Feststellung des internationalen Schutzbedarfs afghanischer Asylsuchender v. 19.04.2016, S. 38). Zwischen Februar und Mai 2016 gingen die gezielten Tötungen um 37 % gegenüber dem Vergleichszeitraum des Vorjahres zurück (ecoi.net-Themendossier: Allgemeine Sicherheitslage in Afghanistan & Chronologie für Kabul v. 30.09.2016). In der Erklärung der Taliban vom 12. April 2016 zum Ausruf der jährlichen Offensive sprachen sie anders als in vergangenen Jahren keine expliziten Drohungen mehr gegen zivile Regierungsbeamte aus (ecoi.net-Themendossier: Allgemeine Sicherheitslage in Afghanistan & Chronologie für Kabul v. 30.09.2016). Die Taliban reklamieren allerdings 16 Angriffe im Jahr 2016 auf Justizmitarbeiter, Anwälte und Gerichte (www.handelsblatt.com, Mindestens 22 Tote bei Anschlag vor Gericht in Kabul, v. 07.02.2017). Die Taliban haben ihre Taktik auf großangelegte Angriffe insbesondere in städtischen Gebieten umgestellt (UNHCR, Anmerkung zur Situation in Afghanistan auf Anfrage des Deutschen Bundesministeriums des Innern, v. Dez. 2016, S. 3). Seit April 2016 hat sich die Sicherheitslage aus Sicht des UNHCR weiter rapide verschlechtert (UNHCR, Anmerkung zur Situation in Afghanistan auf Anfrage des Deutschen Bundesministeriums des Innern, v. Dez. 2016, S.  3). Am 22. September 2016 vereinbarte die afghanische Regierung mit der Mujahedin-Rebellengruppe Hezb-e Islami ein Friedensabkommen (Kurzinformation der Staatendokumentation Afghanistan, Unterzeichnetes Friedensabkommen mit Gulbuddin Hekmatyar Anführer der großen Mujahedin-Rebellengruppe Hezb-e Islami, Republik Österreich Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl, vom 05.10.2016; vgl. auch www.taz.de, „Schlächter von Kabul“ findet Frieden, v. 05.02.2017). Hekmatjar hielt im April 2017 in der östlichen Provinz Laghman vor Anhängern erstmals seit 2001 eine Rede und rief vor allem die aufständischen Taliban auf, den Krieg gegen die Regierung zu beenden (www.focus.de, Afghanistan begrüßt Rückkehr des "Schlächters von Kabul", v. 29.04.2017). In der Mitteilung der Taliban zur Frühlingsoffensive 2017 kündigten sie an, ihre Angriffe auf afghanische und ausländische Truppen verstärken zu wollen (deutsch.rt.com, Taliban kündigen Frühlingsoffensive in Afghanistan an, v. 28.04.2017). In Einzelfällen kommt es auch zu Bedrohungen von Regierungs- und Behördenmitarbeiter, Menschenrechtsanwälten, Mitarbeitern ausländischer Organisationen und Journalisten (Lagebericht des Auswärtigen Amtes, Stand: September 2016, S. 5). Auch Würdenträger, Stammesälteste und Religionsgelehrte sind Ziel von Anschlägen der gewaltbereiten Opposition (Lagebericht des Auswärtigen Amtes, Stand: September 2016, S. 7). 13 % aller Anschläge gegen Zivilpersonen richten sich gegen Zivilisten, die für die afghanische Regierung oder internationale Organisation arbeiten (Lagebericht des Auswärtigen Amtes, Stand: September 2016, S. 20). Anfang März 2017 riefen die Taliban ihre Kämpfer allerdings dazu auf, Entwicklungshelfern die notwendige Sicherheit zu bieten, nachdem sie bereits auch schon im November 2016 Schutz für Entwicklungshilfeprogramme versprochen hatten (www.handelsblatt.de, Taliban bitten um Hilfe für Afghanen, v. 06.03.2017). In einer weiteren von den Taliban im Internet veröffentlichten Erklärung heißt es, dass die Sicherheit von Mitarbeitern internationaler Hilfsorganisationen garantiert werde (www.deutschlandfunk.de, Taliban rufen zu internationaler Hilfe auf, v. 05.04.2017). Die Zahl der Mordanschläge ist im Zeitraum Mitte Mai bis Mitte August 2016 um 6,2 % gegenüber dem Vorjahr zurück gegangen, wenngleich sich die sicherheitsrelevanten Vorfälle um 4,7 % erhöht haben (Kurzinformation der Staatendokumentation Afghanistan, Aktualisierung der Sicherheitslage in Afghanistan - Q3.2016, Republik Österreich Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl, vom 19.09.2016). Im vierten Quartal 2016 wurden 183 Mordanschläge registriert, was einen Rückgang von 32 % gegenüber dem Vergleichszeitraum 2015 zum Ausdruck bringt; auch die Zahl der Entführungen hat mit 99 gegenüber dem Vorjahr (109) abgenommen (Kurzinformation der Staatendokumentation Afghanistan, Aktualisierung der Sicherheitslage in Afghanistan - Q4.2016, Republik Österreich Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl, vom 19.12.2016). Ende Dezember 2016 wurden mehrere Entführer in Herat zum Tode verurteilt (Bundesamt für Migration und Flüchtlinge, Briefing Notes v. 09.01.2017). Anfang Januar 2017 entführten Taliban in Kandahar 10 Arbeiter (Bundesamt für Migration und Flüchtlinge, Briefing Notes v. 09.01.2017) und Mitte Januar wurden im Osten Afghanistans durch mutmaßliche Anhänger des Islamischen Staates 13 Lehrer einer Religionsschule entführt (www.salzburg.com, IS verschleppt 13 Lehrer im Osten Afghanistans, v. 15.01.2017; Bundesamt für Migration und Flüchtlinge, Briefing Notes v. 16.01.2017). Mitte Januar 2017 wurden in Kunduz ein Richter des Militärgerichts und in Parwan ein Mitarbeiter des Gesundheitsministeriums entführt (Bundesamt für Migration und Flüchtlinge, Briefing Notes v. 23.01.2017). Ein entführter Straßenarbeiter wurde Anfang Februar 2017 in Nimroz getötet (Bundesamt für Migration und Flüchtlinge, Briefing Notes, v. 06.02.2017). Zwei Ärzte wurden in Badghis entführt (Bundesamt für Migration und Flüchtlinge, Briefing Notes, v. 06.02.2017). Mitte Februar entführten Taliban 52 Bauern, um Lösegeld zu erpressen (www.merkur.de, Afghanistan: Zehn Tote bei Gefechten mit Taliban, v. 15.02.2017). Ende Februar wurden in Logar fünf Mitarbeiter einer Straßenbaufirma entführt (Bundesamt für Migration und Flüchtlinge, Briefing Notes v. 27.02.2017). Anfang März konnten 28 Zivilpersonen und vier Sicherheitskräfte in Helmand aus der Gefangenschaft der Taliban befreit werden (www.tagesspiegel.de, Schwere Explosion in Kabul, v. 13.03.2017). Am 28. April entführten Taliban sieben Reisende in Herat (Bundesamt für Migration und Flüchtlinge, Briefing Notes v. 08.05.2017). Auch kommt es immer wieder zu Exekutionen durch nicht-staatliche Akteure, vor allem auch durch Aufständische, die sich auf traditionelles Recht berufen und die Vollstreckung der Todesstrafe mit dem Islam legitimieren, für ein aus ihrer Sicht fehlerhaftes Verhalten (Lagebericht des Auswärtigen Amtes, Stand: September 2016, S. 20). So richteten Taliban am 19. Dezember 2016 eine Frau hin, weil sie nach dem Weggang ihres Mannes in den Iran einen anderen Mann geheiratet hatte und sich ihr früherer Ehemann an die Taliban gewandt hatte (Bundesamt für Migration und Flüchtlinge, Briefing Notes v. 19.12.2016). Im ersten Halbjahr 2016 wurden durch die UNAMA 26 Fälle dokumentiert, vor allem in den Provinzen Farah und Badghis (Amnesty Report 2017 Afghanistan, S. 4), die Vereinten Nationen dokumentierten im Jahr 2016 41 Bestrafungsaktionen, bei denen 38 Menschen starben (www.spiegel.de, Taliban hacken vermeintlichem Dieb Hand und Fuß ab, v. 14.03.2017). Anfang des Jahres 2017 wurden sechs Männer in Ghazni durch die Taliban für Diebstahl bzw. Ehebruch mit Peitschenhieben bestraft (www.spiegel.de, 39 Peitschenhiebe - Taliban bestrafen mehrere Männer v. 03.01.2017; Bundesamt für Migration und Flüchtlinge, Briefing Notes v. 09.01.2017). Auch gibt es Berichte über Gefängnisse von Aufständischen in der Provinz Kunduz (Bundesamt für Migration und Flüchtlinge, Briefing Notes v. 09.01.2017). Im Februar 2017 wurde im Osten Afghanistans ein junges Paar wegen einer außerehelichen Beziehung getötet (www.zeit.de, Wütende Menge tötet junges Paar in Afghanistan wegen außerehelicher Beziehung, v. 12.02.2017). Im März hackten die Taliban einem vermeintlichen Dieb eine Hand und einen Fuß ab (www.spiegel.de, Taliban hacken vermeintlichem Dieb Hand und Fuß ab, v. 14.03.2017).

In der nördlichen Region Afghanistans, zu der neben Balch (Einwohnerzahl: ca. 1.335.626; jeweils nach dem Länderinformationsblatt der Staatendokumentation Afghanistan, Bundesrepublik Österreich Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl, vom 02.03.2017, aktualisiert am 11.05.2017), Faryab (Einwohnerzahl: ca. 1.015.335), Sar-i Pul (Einwohnerzahl: ca. 569.043), Jawzjan (auch als Dschuzdschan bezeichnet, Einwohnerzahl: ca. 549.900) und Samangan (Einwohnerzahl: ca. 394.487) zählen (UNAMA, Afghanistan Annual Report on Protection of Civilians in Armed Conflict: 2016, v. Februar 2017, S.  2; UNHCR, Anfragebeantwortung vom 12.05.2016, S. 8) wurden im Jahr 2016 von der UNAMA 1.362 verletzte oder getötete Zivilpersonen gezählt (Afghanistan Annual Report on Protection of Civilians in Armed Conflict: 2016, v. Februar 2017, S.  21). Im Hinblick auf die Einwohnerzahl von ca. 3,85 Millionen ergibt sich daraus ein Verhältnis von 1:2826. Bei einer Verdreifachung der Anzahl der von der UNAMA registrierten verletzten und getöteten Zivilpersonen aufgrund einer hohen Dunkelziffer (vgl. hierzu Nds. OVG, Urt. v. 07.09.2015 - 9 LB 98/13 -, juris Rn. 65) ergibt sich eine Wahrscheinlichkeit von 1:942.

Anhaltspunkte dafür, dass innerhalb der Region gerade in der Provinz Balch ein unverhältnismäßig hoher Anteil an verletzten oder getöteten Zivilpersonen zu verzeichnen wäre, aus dem eine besonders hohe Gefährdung von Zivilpersonen im Sinne einer beachtlichen Wahrscheinlichkeit resultieren könnte, sind nicht gegeben. Die Provinz Balch wird vielmehr als eine der friedlichsten und sichersten Orte Afghanistans betrachtet, wenngleich bewaffnete Aufständische versuchen, die Region zu destabilisieren und es daher zu Zusammenstößen kommt (vgl. Länderinformationsblatt der Staatendokumentation Afghanistan, Bundesrepublik Österreich Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl, vom 02.03.2017, aktualisiert am 11.05.2017, S. 38). Balch ist in Bezug auf Angriffe Aufständischer die sicherste Provinz in Nordafghanistan, da der dortige tadschikisch-stämmige Gouverneur und ehemalige Warlord N. sein Machtmonopol bis in die abgelegensten Winkel der Provinz ausübt (Länderinformationsblatt der Staatendokumentation Afghanistan, Bundesrepublik Österreich Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl, vom 02.03.2017, aktualisiert am 11.05.2017, S. 38). Dennoch kam es etwa - wie oben bereits ausgeführt - unter anderem im November 2016 zu einem Angriff auf das deutsche Konsulat und im April 2017 zu einem Angriff auf einen Armeestützpunkt.

Nach und trotz alledem ist es angesichts der Bevölkerungszahl auf der einen und den Verletzten und getöteten Zivilpersonen auf der anderen Seite für eine Zivilperson in Balch und der Region Masar-e Scharif nicht beachtlich wahrscheinlich, aufgrund eines sicherheitsrelevanten Vorfalls verletzt oder getötet zu werden (vgl. auch Bay. VGH, Beschl. v. 04.04.2017 - 13a ZB 17.30231 -, juris Rn. 10; VG Würzburg, Urt. v. 17.03.2017 - W 1 K 16.30736 -, juris Rn. 43).

c) Soweit die Kläger in der mündlichen Verhandlung ausgeführt haben, dass ihnen jedenfalls der subsidiäre Schutzstatus bereits deshalb zuzuerkennen sei, weil das Bundesamt in dem angegriffenen Bescheid festgestellt habe, dass bei einer Abschiebung einer Familie mit minderjährigen Kindern ohne unterstützendes Umfeld in Afghanistan die erhöhte Gefahr einer Verletzung des Art. 3 EMRK bestehe, so dass ein Abschiebungsverbot nach § 60 Abs. 5 AufenthG festzustellen sei, teilt das Gericht diese Auffassung nicht.

Das Gericht ist insoweit bereits nicht an die Beurteilung des Bundesamtes zu dem Vorliegen der Voraussetzungen einer mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit drohenden Verletzung von Art. 3 EMRK gebunden. Selbst wenn die Kläger bei einer Rückkehr nach Afghanistan Gefahr laufen würden, aufgrund der dortigen humanitären Verhältnisse einer Art. 3 EMRK widersprechenden Behandlung ausgesetzt zu werden - wofür vorliegend einiges spricht -, würde daraus allerdings auch nicht ohne Weiteres folgen, dass - über Art. 60 Abs. 5 AufenthG hinaus - subsidiärer Schutz nach § 60 Abs. 2 AufenthG i.V.m. § 4 AsylG i.V.m. §§ 3c bis 3e AsylG (vgl. § 4 Abs. 3 Satz 1 AsylG) zu gewähren wäre (a.A. VG Sigmaringen, Urt. v. 27.01.2017 - A 2 K 2571/16 -, asyl.net, UG S. 6).

Nach § 60 Abs. 5 AufenthG darf ein Ausländer nicht abgeschoben werden, soweit sich aus der Anwendung der Konvention vom 4. November 1950 zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (BGBl. 1952 II S. 685) ergibt, dass die Abschiebung unzulässig ist. Nach Art. 1 EMRK sichern die Hohen Vertragsschließenden Teile allen ihrer Herrschaftsgewalt unterstehenden Personen die in Abschnitt I der Konvention niedergelegten Rechte und Freiheiten (Art. 2 bis 18) zu. Nach Art. 2 Abs. 1 Satz 1 EMRK ist das Recht jedes Menschen auf Leben geschützt, nach Art. 3 EMRK darf niemand der Folter oder unmenschlicher oder erniedrigender Strafe oder Behandlung unterworfen werden. Art. 60 Abs. 2 Satz 1 AufenthG bestimmt, dass ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden darf, in dem ihm der in § 4 Absatz 1 des Asylgesetzes bezeichnete ernsthafte Schaden droht. Nach § 4 Abs. 1 Satz AsylG ist ein Ausländer subsidiär Schutzberechtigter, wenn er stichhaltige Gründe für die Annahme vorgebracht hat, dass ihm in seinem Herkunftsland ein ernsthafter Schaden droht, wobei (§ 4 Abs. 1 Satz 2 AsylG) als ernsthafter Schaden gilt: 1. die Verhängung oder Vollstreckung der Todesstrafe, 2. Folter oder unmenschliche oder erniedrigende Behandlung oder Bestrafung oder 3. eine ernsthafte individuelle Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit einer Zivilperson infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen bewaffneten Konflikts. Damit deckt sich der Wortlaut des Art. 3 EMRK und des § 4 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 AsylG. Dementsprechend orientiert sich die Auslegung von § 4 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 AsylG auch an der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte (EGMR) zu Art. 3 EMRK (vgl. etwa Nds. OVG, Urt. v. 19.09.2016 - 9 LB 100/15 -, juris Rn. 52 m.w.N.).

Unterschiede bestehen aber insoweit, als § 60 Abs. 2 AufenthG i.V.m. § 4 Abs. 3 Satz 1 AsylG i.V.m. § 3c bis 3e AsylG weitere Voraussetzungen für die Zuerkennung subsidiären Schutzes vorsieht, so etwa auch, dass die Gefahr eines ernsthaften Schadens (vgl. § 4 Abs. 3 Satz 2 AsylG) (nur) von einem in § 3c AsylG genannten Akteur ausgehen kann. Dies entspricht auch Art. 6 der Richtlinie 2011/95/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 13. Dezember 2011 „über Normen für die Anerkennung von Drittstaatsangehörigen oder Staatenlosen als Personen mit Anspruch auf internationalen Schutz, für einen einheitlichen Status für Flüchtlinge oder für Personen mit Anrecht auf subsidiären Schutz und für den Inhalt des zu gewährenden Schutzes“, ABl. 337/9, deren subsidiärer Schutz (vgl. Art. 15 der RL) in das AsylG übernommen wurde (vgl. Bergmann/Dienelt, Ausländerrecht, Kommentar, 11. Auflage 2016, AsylG, § 4 Rn. 1). Damit sind nach Auffassung des Gerichts - anders als bei § 60 Abs. 5 AufenthG - etwa solche Gefahren als Anknüpfungspunkt für die Zuerkennung subsidiären Schutzes in der Regel ausgeschlossen, die im Herkunftsstaat / Abschiebungszielstaat allgemein, mithin unabhängig von der Verantwortlichkeit eines in § 3c AsylG genannten Akteurs bestehen, wie etwa grundsätzlich - wie vorliegend - die humanitäre Lage.

Dem steht auch nicht entgegen, dass der EGMR Art. 3 EMRK - der (grundsätzlich nur) vor den dort genannten Behandlungsweisen durch vorsätzlich vorgenommene Maßnahmen der öffentlichen Gewalt des Empfangsstaates oder nichtstaatlicher Organisationen in diesem Staat, sofern die Behörden außerstande sind, dem Betroffenen einen angemessenen Schutz zu gewähren, schützt - wegen des absoluten Charakters des Schutzes auch dann anwendet, wenn die Gefahr einer verbotenen Behandlung im Abschiebungszielstaat von Faktoren herrührt, die weder unmittelbar noch mittelbar durch die Verantwortung der staatlichen Behörden dieses Staates ausgelöst sind (vgl. EGMR (Große Kammer), Urt. v. 27.05.2008 - 26565/05 N./Vereinigtes Königreich -, NVwZ 2008, 1334 [1335] [EGMR 27.05.2008 - EGMR (Große Kammer) Nr. 26565/05]; EGMR, Urt. v. 02.05.1997 - 146/1996/767/964 -, NVwZ 1998, 161 [162]). Dieser Grundsatz des EGMR betrifft die Auslegung des Art. 3 EMRK und schließt grundsätzlich nicht aus, dass trotz der Gefahr einer Art. 3 EMRK widersprechenden unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung, subsidiärer Schutz dennoch aufgrund anderer Vorschriften ausgeschlossen ist, soweit und solange der Schutz vor einer solchen im Widerspruch zu Art. 3 EMRK stehenden Behandlung im nationalen Recht gewährleistet ist. Für den Bereich der humanitären Bedingungen im Abschiebungszielort ist dies durch Art. 60 Abs. 5 AufenthG der Fall. Ein Ausschluss der Gewährung subsidiären Schutzes für die Fälle, in denen der drohende ernsthafte Schaden nicht von einem in § 4 Abs. 3 Satz 1 AsylG i.V.m. § 3c AsylG genannten Akteur herrührt, sondern aus der allgemeinen humanitären Lage resultiert, beeinträchtigt den vom EGMR verlangten absoluten Charakter des Schutzes durch Art. 3 EMRK nicht, weil eine drohende Verletzung von Art. 3 EMRK über ein Abschiebungsverbot nach § 60 Abs. 5 AufenthG ausgeschlossen wird. Dies gilt auch, soweit das BVerwG (Urt. v. 13.01.2013 - 10 C 15/12 -, juris Rn. 36) ausgeführt hat, dass der sachliche Regelungsbereich des § 60 Abs. 5 AufenthG - soweit dort die völkerrechtliche Verpflichtung der Bundesrepublik Deutschland wiederholt wird, bei aufenthaltsbeendenden Maßnahmen die Gefahr der unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung oder Bestrafung zu berücksichtigen (Art. 3 EMRK) - zwar weitgehend identisch mit dem unionsrechtlichen Abschiebungsverbot nach § 60 Abs. 2 AufenthG (i.V.m. § 4 AsylG) ist und über diesen, soweit Art. 3 EMRK in Rede steht, jedenfalls nicht hinausgeht, so dass in der Sache divergierende Bewertungen kaum denkbar seien. Hieraus folgt wiederum lediglich, dass bei der Gefahr einer Art. 3 EMRK widersprechenden Behandlung im Rahmen des § 60 Abs. 5 AufenthG, von einer solchen grundsätzlich auch bei der Prüfung des Vorliegens der Voraussetzungen des § 60 Abs. 2 AufenthG i.V.m. § 4 Abs. 1 Satz 1, Satz 2 Nr. 2 AsylG auszugehen ist. Und auch nur insoweit kommen abweichende Beurteilungen zwar kaum in Betracht. Nicht ausgeschlossen ist hierdurch jedoch, dass subsidiärer Schutz letztlich trotz einer drohenden Verletzung von Art. 3 EMRK deshalb nicht zuerkannt wird, weil die Gefahr nicht von einem in § 4 Abs. 3 Satz 1 AsylG i.V.m. § 3c AsylG genannten Akteur ausgeht und Schutz (lediglich) über das Abschiebungsverbot des § 60 Abs. 5 AufenthG gewährt wird.

3. Aufgrund der Feststellung eines Abschiebungsverbotes nach § 60 Abs. 5 AufenthG durch das Bundesamt kommt es nicht mehr darauf an, ob (auch) die Voraussetzungen eines Abschiebungsverbotes nach § 60 Abs. 7 AufenthG vorliegen, weil es sich bei dem nationalen Abschiebungsschutz (§ 60 Abs. 5 oder 7 Satz 1 oder 2 AufenthG) insoweit um einen einheitlichen, nicht weiter teilbaren Verfahrensgegenstand mit mehreren Anspruchsgrundlagen handelt (vgl. BVerwG, Urt. v. 29.09.2011 - 10 C 23/10 -, juris Rn. 15; VG München, Urt. v. 15.03.2017 - M 17 K 16.35002 -, juris Rn. 21; vgl. auch  BVerwG, Urt. v. 29.06.2015 - 1 C 2/15 -, juris Rn. 14).

4. Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO i.V.m. § 83b AsylG. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.